Amazon: Was ist beim Verkauf auf Amazon zu beachten?

Amazon: Was ist  beim Verkauf auf Amazon zu beachten?
Stand: 20.07.2021 19 min 2

Was viele Amazon-Händler nicht wissen: Wenn sie Waren auf der Plattform Amazon anbieten, lauern viele Abmahngefahren. Diese liegen vor allem in der Nutzung der Plattform Amazon selbst. Wir haben die wichtigsten Fallstricke zusammengestellt.

1. Keine doppelte Artikelseite anlegen

Das Grundprinzip des Amazon „Marketplace“ stellt das sog. „Anhängen“ dar, das funktioniert so:

Der erste Anbieter eines Produkts erstellt mit Hilfe einer von Amazon bereitgestellten Maske eine Katalogseite, auf der dieser Produktinformationen wie Produktname, Hersteller und Marke eintragen und Bilder hochladen kann. Möchte ein weiterer Händler ein identisches Produkt auf Amazon anbieten, kann er sich einfach an das bereits bestehende Angebot „anhängen“. Das führt dazu, dass es grundsätzlich für jeden Artikel nur eine einzige Produktseite gibt, auf der dann die Gesamtzahl der Angebote für das Produkt – aufgeteilt in neu und gebraucht – angezeigt wird.

Den anhängenden Verkäufern ist es dabei technisch möglich, die Katalogseite ohne Zustimmung des ursprünglichen Erstellers nachträglich zu ändern. Dadurch soll sich für Kaufinteressenten die Attraktivität des „Marketplace“ steigern, da dieser es den Interessenten ermöglicht, auf diesem Wege die Preise und Konditionen der einzelnen Händler für ein bestimmtes Angebot ohne Weiteres vergleichen zu können.

In einem Hinweisbeschluss hat das OLG Hamm (Beschluss vom 20.10.2016, Az.: I-4 O 80/16) die Rechtsansicht geäußert, dass die Neuanlage einer weiteren Artikeldetailseite für ein bereits über eine Artikeldetailseite auf der Internetplattform Amazon angebotenes Produkt unzulässig sei.

Weshalb die Doppelanlage eines Artikels unzulässig sein soll, begründet das Gericht wie folgt:

"Durch die Neuanlage einer weiteren Artikeldetailseite für ein bereits über eine Artikeldetailseite auf der Internetplattform Amazon angebotenes Produkt hat die Beklagte bei den Betrachtern der neu angelegten Seite den unzutreffenden und damit auch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 UWG irreführenden Eindruck erweckt, sie sei die einzige Anbieterin für dieses Produkt. Die Mitglieder des Senats können als Teil der angesprochenen Verkehrskreise dessen Verständnis der streitgegenständlichen Artikeldetailseite selbst beurteilen. Die Nutzer der Internetplattform Amazon, zumindest aber ein nicht unerheblicher Teil dieser Nutzer gehen davon aus, dass Amazon für jedes Produkt nur eine Artikeldetailseite bereit hält und dementsprechend alle Anbieter dieses Produktes über die Artikeldetailseite aufzufinden sind."

Weitere Informationen können Sie hier nachlesen.

Tipp der IT-Recht Kanzlei: Wir raten Amazon-Händlern von der Neuanlage einer Artikeldetailseite für ein bereits über eine Artikeldetailseite auf der Plattform Amazon angebotenes Produkt dringend ab. Wenn Händler sich an bestehende Angebote angehängt haben oder erstmalig anhängen möchten, muss kontrolliert werden, ob es zu dem Produkt eventuell mehrere Artikelanlagen gibt und - falls dies der Fall sein sollte - sich an die älteste Artikelanlage anhängen.

2. Durch das "Anhängen" kann eine Täuschung über die betriebliche Herkunft hervorgerufen werden

Auch diese Gefahr nimmt seinen Ursprung in der Möglichkeit, sich an ein bestehendes Amazon-Angebot anzuhängen. Dieses Anhängen an ein Amazon-Angebot kann nach Ansicht des LG Bochum irreführend sein, da hierin eine Täuschung über die betriebliche Herkunft zu sehen sein könne. Das LG Bochum hatte bereits im Jahre 2012 so entschieden (Urteil vom 21.07.2011, Az.: I-14 O 98/11) und hat erst jüngst diese Rechtsprechung erneuert (Beschluss vom 18.05.2017, Az.: I-14 O 94/17).

Unterhalb der Artikelüberschrift ist die Möglichkeit durch Amazon eröffnet, dass der Ersteller eines Amazon-Artikels die Angabe "von (...)" ausfüllt. Im Fall aus dem Jahr 2017 hatte ein Amazon-Händler hier seinen Geschäftsnamen eingetragen, so dass unterhalb der angebotenen Ware der Hinweis "von K(...) Center W(...)" erschien.

Ein anderer Amazon-Händler hing sich an dieses Angebot an und wurde sodann abgemahnt. Die Begründung: Mit der Verwendung der Formulierung "von K(...) Center W(...)" würde der angesprochene Verkehrskreis erwarten, eine Ware durch den benannten Geschäftsbetrieb zu erhalten. Würde hingegen ein anderer Händler diese Ware versenden, läge damit eine Irreführung über die betriebliche Herkunft vor. Eine solche Täuschung über die betriebliche Herkunft sei sodann unzulässig gemäß § 5 UWG.

Auch das LG Essen und das LG Düsseldorf haben im Anhängen an ein bestehendes Amazon-Angebot unter bestimmten Voraussetzungen eine Irreführung über die betriebliche Herkunft angenommen.

Tipp der IT-Recht Kanzlei: Aufgrund dieser Rechtsprechung sollten Amazon-Händler genau prüfen, welche Angaben beim "von"-Hinweis gegeben werden. Steht in diesem Hinweis der Name eines anderen Händlers, läuft der sich Anhängende Gefahr, wegen der Täuschung über die betriebliche Herkunft abgemahnt zu werden. Grundsätzlich könnte man in diesem Fall erwägen, einen neuen Artikel auf Amazon anzulegen, weil welchem sodann nicht die Geschäftsbezeichnung der Konkurrenz mitgeteilt wird, gerade dies soll aber nach der Rechtsprechung des OLG Hamm aber ebenfalls unzulässig sein (siehe oben unter Punkt 1. - ein Dilemma für betroffene Amazon-Händler).

3. Durch das "Anhängen" kann eine Markenverletzung hervorgerufen werden

Wie vorstehend bereits erwähnt ist das Anhängen an bestehende Amazon-Artikel mit Vorsicht zu genießen. Zwar erlaubt das Prinzip-Amazon, bei dem grds. mehrere Händler einen Artikel anbieten sollen und dürfen, das Anhängen an Bestandsartikel - aber das in Grenzen. Eine Grenze ist das Anhängen an Markenartikel bzw. an Artikel, die den Händlernamen enthalten (meist in der Unterüberschrift unter „von").

Exkurs Markenrecht: Wer unter einem eingetragenen Markenzeichen Ware anbietet, muss sicherstellen, dass er auch die original Markenware liefern kann. In den Anhänge-Fällen ist das oft nicht gegeben. Denn hier hängt sich meist ein Anbieter an, der möglicherweise einen ähnlichen oder optisch sogar fast identischen Artikel liefern kann, aber eben nicht das Markenprodukt. Dies wird dann als klassischer Markenverstoß gewertet und entsprechend den hohen Gegenstandswerten im Markenrecht teuer abgemahnt.

Tipp der IT-Recht Kanzlei: Amazon-Händler sollten genau prüfen, welche Angaben beim "von"-Hinweis der Artikelunterschrift bei Amazon angegeben werden und ob es sich insgesamt um einen Markenartikel handelt, an den sie sich anhängen wollen. Steht in diesem von-Hinweis der Name eines anderen Händlers oder dort oder in den Artikelmerkmalen eine Marke, läuft der sich anhängende Händler Gefahr, wegen der Täuschung über die betriebliche Herkunft der angebotenen Ware wettbewerbsrechtlich abgemahnt zu werden.

In diesem Zusammenhang ist auch die Rechtsprechung des LG Mannheim interessant. Das Gericht urteilte, dass auf Amazon eine „von (…)"- Angabe mit einer eigenen Marke bei gebrandeten No-Name-Produkten unzulässig sei.

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4. Foto-Falle auf Amazon

Die dritte Gefahrenquelle, die aus der Anhänge-Problematik auf der Plattform Amazon resultiert ist die "Foto-Falle". Beim Anhängen an ein bestehendes Angebot kann es passieren, dass Amazon selbst oder ein Dritter (der die Schreib- und Änderungsrechte an dem Artikel besitzt) ein Produktbild in das Amazon-Angebot einbindet, obschon hierfür keine Nutzungsrechte des Rechtsinhabers vorliegen. Auch bei Erstellung eines Amazon-Artikels läuft der Händler Gefahr, dass nachträglich von dritter Seite ein Produktbild ohne sein Wissen und Wollen eingebunden wird.

In diesem Fall vertritt das LG Köln (mit Urteil vom 16.06.2016, Az.: 14 O 355/14 und Urteil vom 13.07.2017, Az.: 14 O 77/17) die rechtliche Ansicht, dass der das Produktfoto verwendende Amazon-Händler sich dieses zu eigen mache.

Die Gefahr der Einbindung eines fremden Produktbilds ist immer gegeben, vor allem weiß ein Amazon-Händler nie, wer augenblicklich die Schreiberechte an der jeweiligen Produktbeschreibung hat.

Das OLG München vertritt übrigens die rechtliche Ansicht, dass eine Verantwortlichkeit des Amazon-Händlers nicht gegeben sei, wenn dieser ein unlizensiertes Produktbild bei Amazon nutzt.

Allerdings entschied das OLG Frankfurt a.M. unlängst, dass Amazon-Seller für die automatische Zuordnung von Produktbildern durch Amazon haften.

Tipp der IT-Recht Kanzlei: Eine echte Schwachstelle der Plattform Amazon! Hier bleibt den Händlern nichts weiter übrig, als bei einer verdächtigen Änderung der Produktbilder Rückfragen an Amazon zu stellen verbunden mit der Auskunftbitte, wer die Änderung veranlasst hat. Händler müssen hier nach Möglichkeit versuchen die Berechtigung der Produktbilderverwendung abzuklären. Es bleibt zu hoffen, dass hinsichtlich der urherrechtlichen Verantwortlichkeit in diesen Fallgestaltungen eine baldige Klärung durch den BGH erfolgen wird.

5. Die Falschlieferung beim Service "Versand-durch-Amazon"

Nach neuster Rechtsprechung kann bereits die einmalige Falschlieferung an einen Verbraucher ein abmahnfähiger Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sein. Dies gilt auch dann, wenn der Versand gar nicht durch den Webshop selbst, sondern einen unabhängigen Versanddienstleister (z.B. Amazon) erfolgt. Webshops, die die Bestellabwicklung und den Versand anderen Unternehmen wie beispielsweise dem „Fulfillment by Amazon“ überlassen, sind auf die Zuverlässigkeit dieses Dienstleisters angewiesen. Versendet der Dienstleister falsche Waren an die Kunden, so wird dies im Ergebnis dem Webshop negativ angerechnet; dieser bleibt im Außenverhältnis gegenüber seinen Kunden verantwortlich.

Probleme können zudem auch dadurch auftreten, dass Retouren, etwa aufgrund von Reklamationen oder nach Ausübung des Verbraucherwiderrufsrechts, durch die Versanddienstleister von Amazon & Co aus Versehen den Lagerbeständen von anderen Webshops zugeordnet werden. Wird die (intakte) Ware nun durch diesen anderen Webshop (erneut) verkauft, wird technisch gesehen Eigentum des ersten Webshops an den Kunden gesendet.

Der EuGH (Urteil vom 16. April 2015, Az. C 388/13) hält nach gängiger Lesart bereits eine einmalige „falsche“ geschäftliche Handlung gegenüber einem Verbraucher für einen möglichen Wettbewerbsverstoß.

Zwar ging es in dem vom EuGH zu entscheidenden Fall nicht um die Falschlieferung einer Ware, sondern um die falsche Auskunft eines Dienstleisters über die Vertragsbeziehung zwischen dem Unternehmen und dem anfragenden Kunden. Allerdings weist der EuGH in seinem Urteil deutlich darauf hin, dass nach der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken grundsätzlich eine einmalige geschäftliche Handlung gegenüber einem Verbraucher im Anwendungsbereich der Richtlinie für einen Wettbewerbsverstoß genügt und es dabei u.a. nicht auf die Frage ankommt, ob der Unternehmer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.

Weitere Informationen können Sie in unserem gesonderten Beitrag nachlesen.

6. Haftung für Wettbewerbsverstöße ausgelöst durch Amazon oder Dritte

Nach der Rechtsprechung des BGH haftet der Amazon-Händler für Wettbewerbsverstöße in seinen Amazon-Angeboten, auch wenn diese nicht vom Händler selbst, sondern durch Amazon oder Dritten verursacht worden sind. Ein Händler, der auf einer Internet-Handelsplattform in seinem Namen ein Verkaufsangebot veröffentlichen lässt, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber die Angabe und Änderung der unverbindlichen Preisempfehlung vorbehalten ist, haftet als Täter für den infolge unzutreffender Angabe der Preisempfehlung irreführenden Inhalt seines Angebots.

Gegenstand des Verfahrens war ein Angebot auf der Plattform Amazon, hier wurde eine Uhr (Auslaufmodell) zu einem Kaufpreis von 19,90 Euro angeboten. Über der Preisangabe war der Hinweis "Unverbind. Preisempfehlung" und dahinter eine durchgestrichene Angabe "EUR 39,90" angebracht.

BGH-Haftung für Verstöße Dritter auf amazon

Nach der Sachverhaltsfeststellung hatte Amazon die unverbindliche Preisempfehlung beim gegenständlichen Amazon-Angebot eingebunden. Problematisch war allerdings, dass die angegebene unverbindliche Preisempfehlung im Angebotszeitpunkt tatsächlich nicht bestanden hat.

Die Werbung mit der unverbindlichen Preisempfehlung für das beworbene Uhrenmodell ist nach Ansicht des BGH damit mangels fortbestehender Preisempfehlung des Herstellers irreführend gewesen, weil es sich um ein Auslaufmodell gehandelt habe, das seinerzeit zwar noch habe geliefert werden können, aber in den Fachhandels- und Endkundenportalen nicht mehr angeboten und in den Fachhandelspreislisten seit April 2012 nicht mehr aufgeführt worden sei.

Obwohl der Amazon-Händler selbst das streitige Angebot nicht mit der UVP-Angabe versehen hatte, bejahte der BGH die Verantwortlichkeit mit der nachstehenden Begründung:

"Schuldner der in § 8 Abs. 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, Der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt (…)."

Das Gericht führt sodann weiter aus:

"Das Kriterium der Adäquanz dient im Rahmen der Feststellung des Zurechnungszusammenhangs dem Zweck, diejenigen Kausalverläufe auszugrenzen, die dem Schädiger billigerweise nicht mehr zugerechnet werden können. Nach ständiger Rechtsprechung besteht im Deliktsrecht ein adäquater Zusammenhang zwischen Tatbeitrag und hat Erfolg, wenn eine Tatsache im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassen Umständen Herbeiführung eines Erfolges geeignet ist (...). (...) Nach diesem Maßstab ist die Einstellung des Angebots der Uhr der Marke Casio auf der Internetplattform von Amazon durch die Beklagte adäquat kausal für die Irreführung des angesprochenen Publikums gewesen. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist im Rahmen eines Angebots auf der Internetplattform www.amazon.de die Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung ebenso wie ihre Veränderung nur dem Plattformbetreiber selbst, nicht aber dem plattformnutzenden Händler möglich. Mit der Nutzung der Plattform das der Händler im eigenen Namen ein Angebot veröffentlichen, obwohl dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil die Plattformbetreiber die Angabe und Änderung der unverbindlichen Preisempfehlung vorbehalten ist. Diese Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung führt - wie dem objektiven Betrachter im Vorhinein ohne weiteres erkennbar ist - im Falle der Hinzufügung einer unzutreffenden Hersteller Preisempfehlung zum irreführenden Gehalt des vom Händler eingestellten Angebots. Bei wertender Betrachtung liegt es aber keinesfalls außerhalb der Lebenserfahrung, dass es zur Einstellung falscher Hersteller Preisempfehlungen kommt, so das ein entsprechender Fehler des Plattformbetreibers nicht als völlig ungewöhnliche und unsachgemäße Handlungsweise angesehen werden kann, die die Adäquanz entfallen ließe. Dass der Plattformbetreiber selbst fehlerhafte Angaben für möglich hält, folgt nicht zuletzt daraus, dass er den Händler nach den - auch insoweit von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen die Pflicht auferlegt, die für sein Angebot angezeigten Produktinformationen und deren Rechtmäßigkeit regelmäßig zu kontrollieren. (...)"

Besonders wichtig sind die Ausführungen des BGH sodann zur Gefahr, wenn auf Amazon verkauft werden soll:

"Die Zurechnung der Gefahr, in dieser Konstellation für falsche Angaben Dritter zu haften, stellt deshalb keine völlig unvorhersehbare Rechtsfolge dar, weil sie gleichsam die Kehrseite der an den Händlern in Anspruch genommenen Vorteile eine internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Preistransparenz vermittelnden Verkaufsplattform darstellt. Wenn es (...) Zur Wahrung der Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit des Produktangebots im Internetportal erforderlich ist, identische Produkte unter eine Identifikationsnummer aufzulisten, und Händler sich in diesem Zusammenhang einer inhaltlichen Einflussnahme Möglichkeit des Plattformbetreibers unterwerfen, müssen sie auch mit der hiermit potenziell verbundenen Verfälschung ihres Angebots rechnen."

In Bezug auf die Überwachungs- und Prüfplichten hatte der BGH (Urteil vom 03.03.2016, Az.: I ZR 140/14) auch in einer weiteren Entscheidung (zur Plattform Amazon) das Nachstehende hervorgehoben:

"Händler, die auf der Internet-Verkaufsplattform Amazon-Marketplace Produkte zum Verkauf anbieten, trifft eine Überwachungs- und Prüfungspflicht auf mögliche Veränderungen der Produktbeschreibungen ihrer Angebote, die selbständig von Dritten vorgenommen werden, wenn der Plattformbetreiber derartige Angebotsänderungen zulässt.“

Im Zusammenhang mit den Prüfungs- und Überwachungspflichten haben zudem auch

geurteilt und hierbei festgehalten, dass den Amazon-Händler eine werktägliche Prüfungspflicht in Bezug auf die eigenen Angebote treffe.

Tipp der IT-Recht Kanzlei: Amazon-Händler haften nach dieser Rechtsprechung für die Wettbewerbsverstöße, die durch Amazon oder andere Dritte begangen werden, da im Einstellen bzw. Anhängen an ein Angebot eine adäquate Kausalität zum Rechtsverstoß gegeben. Der Amazon-Händler übernimmt die Gewähr für die Richtigkeit der von Amazon vorgenommen Angaben, indem er Amazon die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Erscheinungsbild der Angebote einräumt und ohne sich hierbei ein vertragliches Entscheidungs- oder Kontrollrecht vorzubehalten.

7. Wesentliche Merkmale auf der Bestellabschlussseite werden nicht angezeigt

Die Nennung der wesentlichen Merkmale der Kaufsache (Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB) hat gemäß § 312 j Abs. 2 BGB „unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt“ zu erfolgen.

Im Rahmen des Verkaufs von Sonnenschirmen hob das OLG Hamburg mit seinem Beschluss vom 13.08.2014 (Az.: 5 W 14/14) den Beschluss der Vorinstanz (LG Hamburg), welcher die Angabe der wesentlichen Merkmale innerhalb der Angebotsseite genügen ließ, auf, und vertrat die Ansicht, dass auf Amazon die wesentlichen Merkmale nicht unmittelbar vor der Möglichkeit zur Bestellaufgabe angegeben werden (können).

Auch das OLG München entschied, dass auf der Plattform Amazon die wesentlichen Merkmale auf der bestellabschließenden Seite (technisch bedingt) nicht angezeigt werden, dies stellt nach Ansicht der Münchner Richter einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß dar (OLG München, Urteil vom 31.01.2019, Az.: 29 U 1582/18).

Der BGH beschäftigte sich mit der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das vorbenannte Urteil des OLG München. Der BGH wies mit Beschluss vom 28.11.2019 unter dem Az.: I ZR 43/19 die Nichtzulassungsbeschwerde Amazons ab. Der BGH stellte damit (indirekt) fest, dass die von Amazon gewählte Gestaltung des Checkouts „zweifelsfrei“ nicht den gesetzlichen Vorgaben genügt.

Abzuwarten bleibt, ob Amazon auf die Rechtsprechung reagieren wird. Die Infrastruktur von Amazon ermöglicht es dem Händler nicht, die geforderten wesentlichen Merkmale unmittelbar vor dem Abschicken der Bestellung bereitzustellen. Eine Nachbesserung von Seiten Amazons ist unumgänglich, wenn die Abmahngefahr für verkaufende Händler ausgeschlossen werden soll.

8. Das Ändern einer fremden Amazon-Artikelbeschreibung kann unzulässig sein

Das LG Düsseldorf (Urteil vom 09.08.2017, Az.: 2a O 45/17) entschied, dass der Beklagte durch Abändern der Angebotsbeschreibung und Ersetzen des eigenen Markenzeichens mit dem des Klägers Letzteren wettbewerbswidrig behindere.

In der Abänderung des fremden Angebots hinsichtlich des Produktkenn- bzw. Markenzeichens liege eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten des jeweiligen Angebotsbesitzers, welche über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgehe.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung des OLG Oldenburg (Urteil vom 06.05.2010, Az. 1 W 17/10), in welcher das Gericht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das mutwillige Abändern der Artikelbeschreibung (in ein Markenprodukt) und das daraufhin erfolgte Anschwärzen des No-Name Anbieters bei Amazon einen Behinderungswettbewerb darstellt.

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 27.10.2011 (Az.:6 U 179/10) entschieden, dass es rechtsmissbräuchlich ist, wenn ein Markeninhaber eine Markenverletzung selbst provoziert hat. Im entschiedenen Fall hatte der Markeninhaber die bestehende Produktbeschreibung nachträglich um den geschützten Markennamen ergänzt, ohne den mitnutzenden Mitbewerber auf diese Ergänzung hinzuweisen. Eine daraufhin ausgesprochene Abmahnung des abändernden Amazon-Händlers wertete das Gericht als rechtsmissbräuchlich.

9. Übersendete Bestellbestätigungen genügen nicht den gesetzlichen Anforderungen

Online-Händler müssen die sog. nachvertraglichen Informationspflichten erfüllen. Dies betrifft etwa die Pflicht zur Übermittlung der Widerrufsbelehrung, des Widerrufformulars und der AGB des Händlers auf einem dauerhaften Datenträger an den Verbraucher.

Diese Pflicht kann dadurch erfüllt werden, dass der Händler dem Verbraucher die für den Vertrag relevanten Rechtstexte per E-Mail oder in ausgedruckter Form als Beilage zur Warensendung übermittelt.

Die nachvertragliche Informationspflicht des Online-Händlers umfasst auch die Pflicht, dem Verbraucher eine Zusammenfassung seiner Bestellung auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Dies betrifft insbesondere den Vertragsgegenstand, also die wesentlichen Merkmale der Ware und/oder Dienstleistung, die der Verbraucher bestellt hat.

Amazon versendet (auch bei Marketplace-Bestellungen) häufiger Bestellbestätigungen ohne Bestelldetails und ohne Rechtstexte der Marketplace-Händler.

Betroffene Händler sollten Amazon auffordern, die Bestätigungs-E-Mails wieder wie früher mit den Bestelldetails zu versehen und diese nicht bloß über einen Link auf die Website von Amazon bereitzustellen.

Dies gilt insbesondere für solche Händler, die ihre Waren direkt über Amazon versenden (FBA) und somit keine Möglichkeit haben, die erforderlichen Informationen noch der Warensendung beizufügen.

Amazon-Händler, die ihre Waren selbst versenden, können die fehlenden Informationen immerhin noch der Warensendung beifügen, bevor sie diese an den Kunden versenden. Dies erhöht den Aufwand für die Händler allerdings erheblich, woran eigentlich auch Amazon kein Interesse haben dürfte.

Weitere Informationen zu diesem Thema können Sie hier nachlesen.

10. Kritische „In-den-Warenkorb“-Funktion im Rahmen des Produktvergleichs

Auf Amazon werden Artikel in einer Vergleichsübersicht („Mit ähnlichen Produkten vergleichen“) zusammen mit einem Warenkorb-Button dargestellt:

Amazon in-den-Warenkorbfunktion auf Übersichtsseite

Klickt der Kunden den Warenkorb-Button an, wird der betreffende Artikel umgehend in den virtuellen Warenkorb gelegt, ohne dass der betreffende Kunde weitere Informationen zum Artikel erhalten hat.

Durch das Anklicken des Warenkorb-Symbols auf der Produktübersicht wird dieser Vorgang als „Einleitung des Bestellvorgangs“ qualifiziert (BGH, Urteil vom 16.7.2009 – Az. I ZR 50/07). Zudem ist in dieser Artikelanzeige von einem konkreten Produktangebot auszugehen, das sich aus der Kombination von Bestellungsvorbereitungsmöglichkeit und Informationen über Preis und Kaufgegenstand ergibt.

An das Vorliegen von Angeboten im E-Commerce werden allgemeine und (teilweise) besondere produktspezifische Informationspflichten geknüpft.

Bevor der Kunde die Ware in den virtuellen Warenkorb legen kann, muss dieser auf der Plattform Amazon informiert werden über

  • den Umsatzsteuer- und Versandkostenhinweis
  • Grundpreis (sofern ein grundpreispflichtiger Artikel vorliegt)
  • wesentlichen Eigenschaften der Ware
  • die Liefer- und Leistungsbedingungen und
  • evtl. produktspezifische besondere Informationspflichten (z.B. Textil- und Lebensmittelkennzeichnung, Spielzeugwarnhinweise, energieverbrauchsrelevante Informationen, etc.)

Da Amazon-Händler dieser allgemeinen (und besonderen) Informationspflichten in der Vergleichsseite nicht erfüllen können, resultiert hierdurch eine erhebliche Gefahr für Amazon-Händler. Auch hier bleibt nur zu hoffen, dass Amazon entsprechend nachbessern wird.

11. Weitere Stolperfallen auf Amazon im Überblick

Die möglichen Stolperfallen auf Amazon sind leider zahlreich. Einige Stolperfallen können Online-Händler gut in den Griff bekommen, bei anderen hingegen ist auf die Nachbesserung seitens Amazon zu hoffen.

Nachstehend listen wir Ihnen noch eine Übersicht mit weiteren Themenkreisen auf, die Sie als Amazon-Händler zumindest einmal gehört haben sollten.

Amazon fordert Entfernung von Impressums-Pflichtangaben: Mehrere Mandanten der IT-Recht Kanzlei berichteten, dass Amazon in deren Rechtstexte eingreift und wichtige Pflichtangaben entfernt bzw. nachdrücklich zu Entfernung von Pflichtangaben im Impressum auffordert. Dadurch setzt Amazon seine Verkäufer einer erheblichen Abmahngefahr aus. Auch hier hilft nur: Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Rechtstexte auf Vollständigkeit.

Amazon löscht Angaben zu den Versandkosten: Amazon scheint bei einigen Händlern die von diesen hinterlegten Versandkosteninformationen zu löschen. Unsere Anleitung ermöglicht es Amazon-Händlern weiterhin rechtssicher über Amazon zu verkaufen.

Amazon zeigt bei fehlendem Grundpreis einige Produktkategorien nicht mehr an!: Auch auf Amazon müssen nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche verkaufte Produkte grundsätzlich sowohl mit dem Gesamtpreis als auch dem Grundpreis gekennzeichnet werden. Marketplace-Händler, die gegen die Vorgaben der Preisangabenverordnung verstoßen, setzen sich einer Abmahngefahr aus. Nun zeigt Amazon seit dem 31.03.2021 Produkte gewisser Waren-Kategorien überhaupt erst nicht mehr an, sofern eine Grundpreisangabe fehlt.

Händler haften für versehentliche Fehlsortierung von Amazon: Wenn Amazon Produkte falsch einordnet, haftet der dahinterstehende Händler für dieses Versehen. Das ergibt sich aus der Entscheidung des Landgerichts Freiburg (LG Freiburg, Urt. v. 07.08.2017 - Az.: 12 O 141/15 - noch nicht rechtskräftig, Verfahren wird in der Berufung vor dem OLG Karlsruhe (Az.: 4 U 134/17) geführt).

TIPP: Professionelle Amazon-AGB, Widerrufsbelehrung & Co. der IT-Recht Kanzlei

Die IT-Recht Kanzlei bietet Online-Händlern, die Waren über Amazon vertreiben, eine Widerrufsbelehrung mit AGB und Datenschutzerklärung im Paket für folgende Länder an:

Hinweis: Sie möchten rechtssicher auf dem Marketplace von Amazon handeln? Gerne stellen wir Ihnen unsere Rechtstexte für Amazon.de, Amazon.co.uk, Amazon.it und Amazon.es zur Verfügung. Informieren Sie sich hier.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle: Tattoboo / shutterstock.com

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2 Kommentare

J
Jan 28.07.2021, 09:20 Uhr
Rechtsicheres Verkaufen einfach nicht möglich
Vielen Dank für diese Übersicht. Im Grunde zeigt sich, dass rechtssicheres Verkaufen über Amazon nicht möglich ist. Amazon scheint sich scheinbar selbst nicht für die Rechtsprechung in den einzelnen Marketplace-Ländern zu interessieren - bislang ohne für mich wahrnehmbare Konsequenzen. Ein unfairer Wettbewerbsvorteil.

Der Grundgedanke in der Rechtsprechung ist für mich nachvollziehbar, wenn ich als Händler allerdings dafür haften kann, dass Amazon ohne jedes Zutun von meiner Seite eine unverbindliche Preisempfehlung einblendet (deren Höhe mir schleierhaft ist), widerspricht das meinem persönlichen Gerechtigkeitsempfinden.
A
A. Hagemann 28.07.2021, 08:24 Uhr
E-Commerce Manager
Vielen Dank für diesen sehr aufschlussreichen Artikel.
Bei einer derart eklatanten Berücksichtigung des deutsches Rechts, stellt sich die Frage, wie Amazon selbst die rechtlichen Anforderungen für den Vertrieb der eigenen Waren gewährleisten kann? Interessant ist, dass sämtliche rechtliche Risiken bei den Händlern, aber nicht bei der Plattform liegen. Das bestärkt einmal mehr meine Entscheidung, uns von Amazon zurückgezogen zu haben. Zumal die den Händlern aufgezwungenen Prozesse willkürlich und teils rechtswidrig sind. Die einzige Option ist, sich nach anderen Alternativen umzusehen.

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