Abmahnung 2.0.: Das 1. Jahr in der neuen Abmahnwelt

Nun ist es fast 1 Jahr her, dass das Gesetz gegen das Abmahnunwesen in Kraft getreten ist. Und es hat sich einiges getan: So haben sich die Abmahnthemen leicht geändert und die Anzahl der Abmahner hat sich gefühlt reduziert. Was aber noch beim Alten ist: Es gibt weiterhin zahlreiche wettbewerbsrechtliche Abmahnungen - viele davon ausgesprochen von den immergleichen Wettbewerbsvereinen.
Inhaltsverzeichnis
- ABMAHNRANKING: DIE TOP 5
- WETTBEWERBSRECHT
- 1. Verpackungsgesetz: Fehlende Registrierung
- 2. Uhren: Keine Registrierung iSd. ElektroG
- 3. Fehlerhafte Widerrufsbelehrung
- 4. Werbung mit "bekömmlich" / "antibakteriell"
- 5."Versicherter Versand" - Werbung mit Selbstverständlichkeiten
- MARKENRECHT
- URHEBERRECHT
- 1. Bilderklau
- 2. Textklau
ABMAHNRANKING: DIE TOP 5
Wir haben die Abmahnungen der letzten Monate mal geordnet und würden die Top 5 der Abmahnthemen im Wettbewerbsrecht dabei wie folgt zusammenfassen:
1. Verpackungsgesetz: Fehlende Registrierung
2. Uhren: Keine Registrierung iSd. ElektroG
3. Fehlerhafte Widerrufsbelehrung
4. Irrführende Werbung: Bekömmlich, Antibakteriell
5. Werbung mit "versicherter Versand
Abmahnungen mit diesen Themen lagen uns fast täglich vor.
WETTBEWERBSRECHT
Die wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen machen sicherlich einen Großteil der ausgesprochenen Abmahnungen aus. Die meisten Abmahnungen werden hier nunmehr von Wettbewerbsvereinen ausgesprochen. Dies ist mit dem 01.12.2021 aber für diese nurmehr möglich, sofern sei es auf die Lister der eingetragenen Wirtschaftsverbände geschafft haben und damit für Abmahnungen aktivlegitimiert sind.
In der aktuell (Stand: 22.11.2021) abrufbaren Liste (dortiger Datenstand: 17.11.2021) ist der IDO (vollständige Bezeichnung: „IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V.“) allerdings nicht aufgeführt.
Unter diesem Stand der Liste finden sich dort ausschließlich die folgenden Wirtschaftsverbände eingetragen:
- Berufsverband des Deutschen Münzenfachhandels e.V.
- Mitteldeutscher Verein zur Förderung des lauteren Wettbewerbs und des Energiekundenschutzes e.V. (Mitteldeutsche WettbewerbsAllianz – MWA)
- Schutzverband Deutscher Wein e.V
- Verband Sozialer Wettbewerb e.V
- Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e. V.
- Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V
Was das für den IDO bedeutet und wie es jetzt weitergehen kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Bei den Mitbewerberabmahnung hat sich gezeigt, dass sich diese auf einige wenige abmahnende Händler reduziert hat.
Und nun die meistabgemahnten Themen der letzten Zeit im Wettbewerbsrecht:
1. Verpackungsgesetz: Fehlende Registrierung
Keine Woche ohne derartige Abmahnungen. Daher ist dies mittlerweile schon ein Klassiker: Der Verstoß gegen die Registrierungspflicht des Verpackungsgesetzes - dabei geht es meist um die gleiche Abmahnkanzlei (Rechtsanwalt Sandhage) und immer unterschiedliche Abmahner (Wetega UG, iOcean UG, Juwelier Chronotage GmbH u.a.). Das Besondere hieran:
Der vorgenannt abmahnende Rechtsanwalt fordert nicht direkt eine Unterlassungserklärung, sondern nur den Nachweis der Registrierung. Gleichwohl wird ein Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht, falls der Registrierungsnachweis nicht erbracht werden kann. Auch das ist also nicht die klassische Abmahnung mit Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung...
Inhaltlich ist davon abgesehen natürlich was dran: Schon seit dem 01.01.2019 gilt das "neue" Verpackungsgesetz. Offensichtlich ist ein Großteil der Onlinehändler den neuen Pflichten, v.a. der Registrierungspflicht, aber bislang noch nicht nachgekommen.
Tipps für die Umsetzung der Vorschriften des Verpackungsgesetzes in Sachen Registrierung finden Sie in diesem aktuellen Beitrag. Mehr zum Thema Verpackungsgesetz ganz Allgemein gibt's in diesem ausführlichen Leitfaden.
Übrigens: Das Verpackungsgesetz wird seit Juli diesen Jahres novelliert - Infos zu den ersten Änderungen finden Sie in diesem ausführlichen Beitrag.
Tipp für Mandanten der IT-Recht Kanzlei: Wer bereits lizenzierte Verpackung verwendet, sollte sich absichern - hier finden Sie ein Muster für eine entsprechende Vereinbarung.
2. Uhren: Keine Registrierung iSd. ElektroG
Bei diesen häufigen Abmahnungen geht es um einen Verstoß gegen die Vorschriften des Elektrogesetzes - meist im Zusammenhang mit Wanduhren. Diese sind als Elektrogeräte einzustufen. Das Gesetz schreibt vor, dass der Hersteller vor Inverkehrbringen von Elektrogeräten verpflichtet ist, sich bei der zuständigen Behörde mit der Geräteart und Marke registrieren zu lassen. Dieses Register der zuständigen Stiftung EAR ist öffentlich einsehbar. Stellt sich heraus, dass sich der Hersteller nicht oder falsch registriert hat, hat auch der anbietende Händler ein Problem. Denn das Anbieten von Elektrogeräten nicht registrierter Hersteller stellt ein abmahnbares Verhalten des Händlers dar.
Tipp: Diese Abmahnungen sind nichts Neues - wir haben uns in diesem Beitrag mit dem Thema (batteriebetriebene) Uhren und ElektroG schon mal auseinandergesetzt.
3. Fehlerhafte Widerrufsbelehrung
Immer noch recht häufig werden fehlerhafte Rechtstexte wie die fehlerhafte oder fehlende Widerrufsbelehrung abgemahnt wurden. Ein Grund mehr hier auf rechtssichere Texte zu setzen.
Bei den Abmahnungen rund um das Thema Widerrufsbelehrung geht es meist um folgende Verstöße:
- Nicht korrekt formatierte Widerrufsbelehrung bzw. Muster-Widerrufsformular
- kein Widerrufsformular
- Fehlende Telefonnummer in Widerrufsbelehrung
- Telefonnummer im Muster-Widerrufsformular
- eBay: Widersprüchliche Angaben zu Widerrufsfrist
Tipp für Mandanten der IT-Recht Kanzlei: Wir haben in diesem Beitrag exklusiv für unsere Mandanten die vorgenannten Abmahnthemen in Bereich Widerrufsbelehrung mal genauer beleuchtet.
4. Werbung mit "bekömmlich" / "antibakteriell"
Die Werbung ist eines der neuen Lieblingsthemen der Abmahner - denn diese Abmahnungen funktionieren auch nach der neuen Gesetzeslage recht gut: Spitzenreiter hierbei waren die Abmahnungen mit dem Schlagwort "bekömmlich". In der Sache berechtigt: Es ist auch gerichtlich bestätigt, dass eine solche Werbung wohl wettbewerbswidrig ist. Hier noch der der Hinweis auf unseren Beitrag zum Thema.
Ebenso sehr beliebt: Die irreführende Werbung mit dem Schlagwort "antibakteriell" - ua. etwa für Socken. Vorwurf: Eine Werbung mit einem solchen Schlagwort setze voraus, dass das Produkt zuvor mit einem Biozid behandelt worden sei. Davon könne bei Socken nicht ausgegangen werden. Im Mittelpunkt der Abmahnung steht hier die Biozid-VO. Die Abmahnung steht nach Auffassung der IT-Recht Kanzlei auf wackligen Beinen - wir haben uns in diesem Beitrag mal ausführlich mit dem Thema beschäftigt.
Tipp: In diesem ausführlichen Beitrag finden Sie die meistabgemahnten Begriffe der Werbung.
5."Versicherter Versand" - Werbung mit Selbstverständlichkeiten
Und nochmal die Werbung: Hier geht es um den Versicherten Versand: - mithin also etwa um folgende (und ähnliche) Formulierungen:
„..verschicke ich die Artikel nur versichert..."
Die ständige Rechtsprechung geht davon aus, dass die Werbung mit "versicherten Versand" im Online-Handel eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten und damit unzulässig ist, weil das Transportrisiko bei Verbrauchsgüterkäufen schon per Gesetz den Unternehmer trifft. Der Verkäufer trägt stets das Risiko des zufälligen Untergangs, der Beschädigung oder des Verlusts der Ware. Macht ein Online-Händler in seinem Angebot insofern auf diese gesetzliche Bestimmung der Risikoübernahme in einer Weise aufmerksam, die dem Kunden suggeriert, er erhalte eine zusätzliche, vom Verkäufer gewährte (besondere) Serviceleistung, stellt dies grds. eine unlautere geschäftliche Handlung dar.
MARKENRECHT
Im Bereich Markenrecht wird durchgehend fast so viel abgemahnt wie im Wettbewerbsrecht. Dabei geht es immer um die folgenden, klassischen Abmahn-Konstellationen:
1. Tatort Amazon: Vermeiden Sie es sich an Amazon-Angebote dranzuhängen, wenn der Ursprungsartikel markenrechtlich geschützt ist, dies dem Angebot zu entnehmen ist und Sie lediglich einen (wenngleich identischen) No-Name-Artikel anbieten.
2. Gebräuchliche Begriffe: Verwenden Sie keine Zeichen, die zwar möglicherweise bei den Fachkreisen als gebräuchlich und beschreibend für eine bestimmte Ware angesehen werden, aber markenrechtlich dennoch geschützt sind (aktuelle Beispiele: "Alcantara", "Spinning", "Hacky Sack"). Mehr Informationen hierzu finden Sie in diesem Beitrag. Tipp: Und hier können Sie nachsehen, ob eine Marke bereits eingetragen ist.
3. Plagiatsfälle: Verwenden Sie geschützte Markenzeichen nur zur Bewerbung von Originalware/ lizenzierter Ware und prüfen Sie stets vorab, ob es sich tatsächlich um Originalware handelt (aktuelle Beispiele: "Mensch Ärgere dich nicht", SAM, MO).
4. Markennennung: Verwenden Sie geschützte Markenzeichen im Onlineshop insbesondere nicht als Kategorie, Unterkategorie oder bei der überblicksmäßigen Zusammenstellung gehandelter Markenwaren, sofern Sie die Originalware der Markenhersteller nicht tatsächlich ständig anbieten - hier unser Beitrag.
5. Parallelimport: Überprüfen Sie selbst bei Originalware die Herkunftsquelle der Ware – sollte diese außerhalb der EU liegen, kann es trotz Originalität der Ware zu einer Markenverletzung durch Parallelimport kommen.
6. Ersatzteil: Sofern Sie auf den Verwendungszweck eines No-Name-Ersatzteils für Markenware (etwa Drucker, Staubsauger etc.) hinweisen wollen, nennen Sie den Markennamen nur soweit zwingend für die Verwendung notwendig und stellen Sie formulierend klar, dass es sich nicht um ein Original-Ersatzteil handelt und für welches Originalgerät es einsetzbar ist („passend für“ etc.).
7. Adwords: Die Buchung geschützter Zeichen als keywords bei Google Adwords ist zwar aus markenrechtlicher Hinsicht mittlerweile unter Ausnahmen grds. zulässig. Aber: Vermeiden Sie stets die Verwendung von geschützten Kennzeichen im Anzeigentext – und: Die Anzeige darf nicht den Eindruck erwecken, als wenn Sie vom Markeninhaber stammt. Achten Sie hierauf insbesondere bei der Verwendung bekannter Zeichen (ggf. müsste hier auf ein Fehlen der wirtschaftlichen Verbindung gesondert hingewiesen werden).
8. Markenvergleich: Verwenden Sie geschützte Markenzeichen nicht, um auf vergleichbare Waren/Dienstleistungen Ihrer Angebote hinzuweisen.
9. Metatags: Vermeiden Sie die Verwendung geschützter Zeichen als Metatags in Ihrer Shopseite, sofern Sie keine Originalware anbieten oder anderweitig laufenden Geschäftsbeziehungen zum Zeicheninhaber pflegen und die Metatags vornehmlich dazu dienen sollen, das Suchmaschinenergebnis zu beeinträchtigen.
10. Sport: Achten Sie bei der Verwendung von Begrifflichkeiten sportlicher Großereignisse (wie etwa der FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft oder Olympia), dass es sich auch dabei um geschützte Markenzeichen bzw. Schutz durch OlympiaSchG handelt und diese nur mit Genehmigung der Rechteinhaber verwendet werden dürfen.
Und hier nun ein exemplarischer Ausschnitt der zuletzt abgemahnten Marken:
- Bumpli
- Pyrex
- Coco blanco
- Westfalenstadion
- BVB
- tado
- M-Marke
- Crossfit
- CeraWhite
- Ligabier
- Ligakasten
- Tielbürger
- Mensch ärgere Dich nicht
- FRIDA KAHLO
- SCHMUDDELWEDDA
- Audi
- KODRA
Wen interessiert welche Begriffe so abgemahnt wurden: In unserer Blacklist führen wir die in letzter Zeit am häufigsten abgemahnten Markenbegriffe auf und geben damit einen guten Überblick über die no-go-Zeichen - zur Vermeidung einer eigenen Abmahnung – exklusiv für unsere Mandanten.
URHEBERRECHT
Und schließlich wird auch weiterhin vermehrt Urheberrecht abgemahnt: Dabei geht es letztlich vornehmlich um 2 Themengebiete: Bilder- und Textklau bzw. rechtlich korrekt ausgedrückt: die unberechtigte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke.
1. Bilderklau
Meist geht es hier um die Verwendung von Produktfotos. Fehlt die Erlaubnis des Urhebers bzw. Rechteinhabers des betroffenen Bildes, stellt dies grds. eine Verletzung der Rechte des Urhebers/Rechteinhabers des geschützten Materials dar und löst entsprechende urheberrechtliche Ansprüche aus, die dann in einer Abmahnung durchgesetzt werden können. Neben Unterlassung und Auskunft hinsichtlich der Nutzung droht Schadensersatz, der sich bei fehlender Urhebernennung auch verdoppeln kann - allerdings nur, wenn auch der Urheber dieses Recht geltend macht.
Achtung: Oft wird vergessen bei rechtmäßig bezogenen Bildern von Bilddatenbanken den Urheber nicht oder falsch zu nennen, auch deswegen wird immer wieder abgemahnt. Hier finden Sie einen übersichtlichen Beitrag zur Nutzung von Bilddatenbanken.
Und Sie finden hier einen guten Überblick zum Thema Bilderklau.
2. Textklau
Seltener als das Thema Bilderklau, ist der Textklau. Etwa in Form von Produktbeschreibungen oder bei Rechtstexten wie AGB oder Datenschutzerklärungen. Beim urheberrechtlichen Schutz von Texten stellt sich immer die Frage, ob dieser schutzfähig ist - das hängt sehr vom Inhalt des Textes ab (bei Bildern stellt sich diese Frage nicht, da diese immer geschützt sind). Es muss eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht worden sein - bei Gedichten ist dies sicherlich eher zu bejahen als bei reinen Artikelbeschreibungen. Was aber nicht heißen muss, dass Artikelbeschreibungen per se vom Urheberschutz ausgenommen sind. Hier kommt es einmal mehr sehr auf den Einzelfall an.
Wer mehr zum Thema Abmahnungen erfahren will: Wir veröffentlichen wöchentlich und zusammengefasst monatlich in unserem Abmahnradar die aktuellen Abmahnungen.
Zum Schluss noch ein Tipp für Mandanten der IT-Recht Kanzlei in Sachen Abmahnungen:
Sie finden neben den klassischen Abmahnfallen im Mandantenportal auch eine ausführliches Zusammenstellung über die meistabgemahnten Begriffe in der Werbung und die Abmahnklassiker an sich.
Und noch ein Tipp: Die IT-Recht Kanzlei hat den Radar mobil gemacht - und informiert über eine eigene App mittels Push-Nachrichten über wichtige Abmahnthemen. So gibt's wirklich keine Ausreden mehr. Hier kann die Abmahnradar-App bezogen werden:
Die Nutzung der App ist natürlich kostenlos.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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