Das ist alles nur geklaut!? – Zur unberechtigten Bildnutzung im Internet
Bilderklau im Internet ist kein Kavaliersdelikt. Wer fremde Bilder nutzen will, braucht wie im richtigen Leben die Zustimmung des Rechteinhabers. Fehlt diese, wird es unangenehm: Es droht eine kostenintensive Abmahnung wegen Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen. Was genau warum auf die betroffenen Händler zukommt, erklärt der nachfolgende Beitrag...
Bilder - sagen mehr als 1000 Worte
Was wäre eine Angebotsseite bei eBay oder anderen Verkaufsplattformen im Internet ohne die entsprechenden Bilder zur Artikelbeschreibung? Der Kaufentschluss entsteht bei vielen Kunden erst mit der visuellen Wahrnehmung des begehrten Artikels in Bildform. Je professioneller die visuelle Darstellung des beworbenen Artikels, um so höher sind auch die Verkaufschancen des jeweiligen Händlers.
Daher investieren einige Online-Händler viel Zeit und Geld in die bildliche Darstellung der von ihnen angebotenen Artikel. Sei es, dass mit viel Aufwand die Fotos selber hergestellt werden. Sei es, dass durch die Beauftragung eines professionellen Fotografen eine nicht unerhebliche Summe investiert wird. Um so ärgerlicher ist es, wenn sich später diese Bilder bei einem anderen Anbieter finden lassen.
Dies muss sich der Händler jedoch nicht gefallen lassen. Denn die von ihm selbst oder von Dritten in seinem Auftrag angefertigten Bilder unterliegen dem Schutz des Urheberrechts. Hat der Händler die Artikelbilder selbst angefertigt, so ist er selbst Urheber im Sinne des § 7 UrhG. Hat er die Bilder von einem beauftragten Dritten, beispielsweise einem Fotografen, anfertigen lassen, so geht mit dessen Beauftragung in der Regel auch die vertragliche Übertragung sämtlicher Nutzungsrechte dieses Bildmaterials auf den Händler über. In diesem Fall ist der Händler zwar nicht selbst Urheber, er kann jedoch als Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte fast alle Rechte geltend machen, die auch ein Urheber geltend machen könnte.
Zu den wichtigsten Ansprüchen im Falle einer Urheberrechtsverletzung zählen hierbei die in §§ 97, 101 UrhG aufgelisteten Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz.
Ziemlich teuer: Die Abmahnung
Mit dem Unterlassungsanspruch kann der Rechteinhaber gegen den Verletzer das Verbot durchsetzen, das urheberrechtlich geschützte Bildmaterial ohne seine Zustimmung zu nutzen. Zur Prozessvermeidung wird zunächst im Rahmen einer urheberrechtlichen Abmahnung der Verletzer aufgefordert innerhalb einer bestimmten Frist eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Bleibt eine entsprechende Reaktion aus, so kann der Rechteinhaber seinen Unterlassungsanspruch schließlich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes oder im Rahmen einer Hauptsacheklage gerichtlich durchsetzen. Die Kosten der Abmahnung hat dabei regelmäßig der Verletzer zu erstatten.
Die Abmahnkosten bei derartigen urheberrechtlichen Verstößen werden von den Gerichten mit unterschiedlich hohe Kosten angesetzt. Dabei ist für die Berechnung der Gesamtkosten jeglicher anwaltlichen Tätigkeit der sogenannte Streitwert maßgeblich. Dieser kann je nach Nutzung des Bildes variieren und wird in der Rechtsprechung uneinheitlich bewertet - hier ein paar nicht abschließende Beispiele der Rechtsprechung:
Während das OLG Hamm (Beschluss vom 13.09.2012, Az. I – 22 W 58/12) und das OLG Braunschweig (Beschluss vom 14.10.2011, Az. 2 W 92/11) bei Verwendung der Fremdbilder für einen Privatverkauf im Internet den Streitwert auf das Doppelte des vom Antragstellers angegebenen Lizenzsatzes festgesetzt haben, hat das OLG Köln (Beschluss vom 22.11.2011, Az. 6 W 256/11) den Streitwert für die unberechtigte Benutzung des Lichtbildes durch privat oder kleingewerblich tätige Dritte rapide gesenkt. Es erachtet nun in bestimmten Fällen einen Wert von 3.000 EUR statt den früheren 6.000 EUR für angemessen. Andrerseits hat das selbe Gericht (OLG Köln vom 06.03.2015, Az: 6 W 15/15) später in gewerblichem Kontext wieder auf einen Gegenstandswert von 6.000 EUR pro Bild umgeschwenkt. Für ebenfalls relativ hohe Streitwerte haben sich die Gerichte in München ausgelassen: Das OLG München wies in seiner Entscheidung ( Beschl. v. 10.04.2015 - Az.: 6 W 2204/14) auf seine Rechtsprechung der Vergangenheit hin: 6.000,- EUR (OLG München, Beschl. v. 21.6.2011 - 6 W 435/11), 9.000,- EUR (OLG München, Beschl. v 16.12.2009 - 6 W 2266/11 - bei 2 Fotos) und 10.000,- EUR (OLG München, Beschl. v. 21.6.2001 - 6 W 1049/11 - bei gewerblicher Nutzung 1 Fotos).
Auch das OLG Nürnberg (Beschluss vom 04.02.2013, Az.: 3 W 81/13) hat für den Streitwert im privaten Online-Bereich seine Rechtsprechung revidiert und entschieden, dass pro Bild der doppelte Wert festzusetzen sei, den der Rechteinhaber bekommen würde, wenn er das Foto lizensiert hätte. Im vorliegenden Fall legte das Gericht einen Wert pro Bild von 300,- EUR fest. Dabei ging es jedoch nur um Lichtbilder, nicht um Lichtbildwerke, also Fotos, die eine urheberrechtliche Schöpfungshöhe erreichen.
Update: Der BGH hat sich kürzlich für einen Gegenstandswert von 6.000 EUR bei Verletzung von professionellem Bildmaterial ausgesprochen. Damit dürfte dies zumindest bei Fotos professioneller Fotografen eine Art Regelstreitwert sein.
Wir sehen, dass hier viele Meinungen und Werte vertretbar sind - das gibt Raum für die Verteidigung bei Abmahnungen.
Im Regelfall dürfte der Streitwert zwischen ca. 3.000 und 6.000 EUR liegen, sodass sich die durchschnittlichen anwaltlichen Abmahnkosten auf bis zu 546.69 EUR inkl. USt belaufen - sofern es lediglich um 1 Bild geht.
Auch das noch: Schadensersatz
Grundsätzlich kommt bei schuldhaft begangenen Urheberrechtsverletzungen auch immer ein Schadensersatzanspruch des Verletzten in Betracht. Für die Höhe des Schadensersatzes sind in der Rechtsprechung drei Berechnungsarten anerkannt:
• Ersatz der erlittenen Vermögenseinbuße einschließlich des entgangenen Gewinns
• Zahlung einer angemessenen Lizenz
• Herausgabe des Verletzergewinns
Dieser Schadensersatzanspruch wird im Wege des Auskunftsanspruches vorbereitet - hier hat der Abmahner Anspruch auf Auskunft über den Verletzungsumfang und kann insbesondere verlangen, Auskunft über die Nutzungsdauer erteilt zu bekommen.
Und dann ist die Höhe zu berechnen. Da in den typischen Fällen von „Bilderklau” der Nachweis eines konkret entstandenen Schadens bzw. die konkrete Bestimmung des Verletzergewinns naturgemäß sehr schwierig ist, behilft man sich in derartigen Fällen zumeist mit der Geltendmachung einer angemessenen Lizenz. Diese Berechnungsart beruht auf dem Gedanken, dass der schuldhaft handelnde Verletzer nicht besser gestellt sein soll als derjenige, der das Schutzrecht als vertraglicher Lizenznehmer rechtmäßig nutzt. Der größte Vorteil dieser Berechnungsart gegenüber den anderen beiden Berechnungsarten liegt darin, dass es keine Kausalitätsprobleme gibt. Die Lizenz ist als pauschalierter Mindestschaden anzusehen.
Sofern keine Lizenzvereinbarung für das „geklaute“ Foto existiert kann nach der gängigen Rechtsprechung für die Berechnung des Schadens auf die Honorar-Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) zurückgegriffen werden. Die MFM gibt jährlich unter dem Titel „BILDHONORARE - Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte” eine Zusammenstellung der Honorar- und Konditionsstrukturen heraus, die der Transparenz des Marktes und den an ihm beteiligten Bildlieferanten und Bildnutzern zur allgemeinen Information, Planung und Kalkulation dient.
Einschränkung: Nach aktuelle BGH-Rechtsprechung ist diese Tabelle aber nur bei Bildmaterial professioneller Fotografen anwendbar.
Die Hohe des Anspruches bemisst sich dabei u.a. nach der Nutzungsdauer, über die der Verletzer Auskunft zu erteilen hat. Dieser Betrag kann sich jedoch nochmals verdoppeln, sofern bei dem „geklauten“ Bild ein Urhebervermerk fehlt. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung liegen auch hier unterschiedliche Entscheidungen verschiedener Gerichte vor.
So hat das LG Stuttgart (Urteil vom 28.02.2013, Az.: 17 O 872/12) beispielsweise entschieden, dass eine solche Verdoppelung voraussetze, dass der Urheber (Fotograf) ein nachvollziehbares Interesse an der Nennung seines Namens im Zusammenhang mit der Bildbenutzung hat (z.B. ein Werbewert) hat. Fehlt ein solches Interesse, steht dem Urheber zwar grundsätzlich ein Anspruch auf Nennung seines Namens nach § 13 S.1 UrhG zu, jedoch könne dem unterbliebenen Urhebervermerk kein eigener wirtschaftlicher Wert beigemessen werden. Ein Zuschlag auf die übliche Lizenzgebühr sei in Fällen bei dem die Verletzung einfachste Lichtbilder betrifft, der Urheber kein professioneller Fotograf ist und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Werbewirkung der Urheberkennung ersichtlich sind, daher nicht gerechtfertigt.
Nach Ansicht des LG Köln (Urteil vom 23.09.2009, Az.:28 O 250/09) ist der Verletzerzuschlag in Höhe von 100 % nur von dem Urheber und den in § 97 Abs. 2 S. UrhG genannten Inhabern verwandter Schutzrechte gelten zu machen. Der Inhaber eines abgeleiteten Nutzungsrechts kann den Verletzerzuschlag daher nicht für sich, sondern allenfalls in Prozessstandschaft für den Urheber beanspruchen.
Auch das OLG Dresden (Urteil vom 05.02.2013, Az.: 11 U 1072/12), sowie das OLG Braunschweig (Urteil vom 08.02.2012, Az.:2 U 7/11) versagten einen Verletzerzuschlag bei der unberechtigtigten Verwendung von Produktfotos auf Ebay ohne Urheberbenennung mit der Begründung, dass der Verletzer nicht besser oder schlechter gestellt sein dürfe als der vertragliche Lizenznehmer. Ebenfalls gegen eine schmatische Verdoppelung hatten sich ausgesprochen: Das OLG Braunschweig, Beschl. vom 14.10.2011, 2 W 92/11, sowie das OLG Brandenburg, Beschl. vom 22.08.2013, 6 W 31/13.
Dagegen hat das LG Düsseldorf (Urteil vom 24.10.2012, Az.: 23 S 386/11) auf Grund der Bedeutung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Berechtigung einen doppelten Schadensersatz bei unberechtigten Online-Nutzungen von Fotos im Falle der Nichtnennung des Urhebers weiterhin bejaht.
Man sieht: Sowohl in Sachen Gegenstands-/Streitwert als auch in Sachen Schadensersatz ist Musik drin und die Rechtsprechung sich nicht ganz einig. Hier kann viel vertreten werden.
Fazit: Besser Finger weg vom Bilderklau
Bei einigen Händlern scheint sich die Erkenntnis, dass es sich bei fremden Bildern um urheberrechtlich geschütztes Material handelt, noch nicht durchgesetzt zu haben. Frei nach dem Motto: „Wer seine Bilder über das Internet öffentlich zugänglich macht, muss auch mit deren kostenlosen Nutzung durch Dritte einverstanden sein.” werden nach wie vor zahlreich Artikelbilder bei eBay und Co. „geklaut”. Dies brauchen sich die Betroffenen jedoch nicht gefallen zu lassen. Mit Hilfe einer urheberrechtlichen Abmahnung kann der Rechteinhaber außergerichtlich dafür sorgen, dass die Verletzung unterlassen wird und ein angemessener Schadensersatz erstatte wird. Die Abmahnung ist dabei für beide Seiten das schnellste und damit kostengünstigste Mittel der Rechtsverfolgung.
Wie schon der vorliegender Beitrag deutlich macht, ist die Rechtsprechung im Bereich urheberrechtlicher Verletzungen jedoch uneins. Einer Abmahnung sollte daher unbedingt eine fundierte rechtliche Prüfung vorangehen. Denn eins sollte nicht vergessen werden: Zwar hat stets der Verletzer die Kosten einer berechtigten Abmahnung zu tragen. Einer Abmahnung, die sich im Nachhinein als unberechtigt herausstellt, kann der Abgemahnte aber im Einzelfall die ihm durch diese unberechtigte Abmahnung entstandenen Aufwendung, beispielsweise eigene Anwaltskosten, entgegen setzen.
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