Etappe 1: Änderungen im Verpackungsrecht für Online-Händler zum 03.07.2021
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Novelle des Verpackungsgesetzes (VerpackG) zum 03.07.2021: Auswirkungen für den Online-Handel"
Nachdem eine umfangreiche Novelle des Verpackungsgesetzes (VerpackG) am 06.05.2021 im Bundestag beschlossen wurde, werden eine erste neue Regelung bereits zum 03.07.2021 in Kraft treten und auch von Online-Händlern zu beachten sein. Der folgende Beitrag zeigt auf, was sich zum Stichtag ändert, und stellt exklusiv für Mandanten ein hilfreiches Formulierungsmuster für eine neu eingeführte verpackungsrechtliche Informationspflicht bereit.
I. Neue Informationspflicht für Letztvertreiber von nicht systembeteiligten Verpackungen (etwa Paletten)
Zum 03.07.2021 tritt zeitgleich eine neue Informationspflicht für all solche Händler in Kraft, die nicht systembeteiligte Verpackungen im Sinne des § 15 Abs. 1 VerpackG (etwa Paletten, Folien, Kartonagen für Sammelgut, Möbelverpackungen) an Endverbraucher übergeben.
Die Informationspflicht gilt ausschließlich für solche Verpackungen, die nicht lizenzierungspflichtig und keine Mehrweg- oder pfandpflichtigen Einweggetränkeverpackungen sind.
Weil solche Verpackungen nicht systembeteiligungs- und damit nicht lizenzierungspflichtig sind, müssen sie von den Marktakteuren (Hersteller und in der Lieferkette nachfolgende Vertreiber) gemäß § 15 VerpackG grundsätzlich am Ort der tatsächlichen Übergabe zurückgenommen werden.
Welche Verpackungen werden von der Rücknahme- und der Informationspflicht konkret erfasst?
Erfasst werden alle nicht lizenzierungspflichtigen Verpackungen im Sinne des § 15 Abs. 1 VerpackG,
also
- Transportverpackungen (Verpackungen, welche die Handhabung und den Transport von Waren in einer Weise erleichtern, dass deren direkte Berührung sowie Transportschäden vermieden werden, und typischerweise nicht zur Weitergabe an den Endverbraucher bestimmt sind - etwa Paletten, Folien, Kartonagen für Sammelgut, Möbelverpackungen)
- Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise nicht bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen (v.a. Großmengenverpackungen)
- Verkaufs- und Umverpackungen, für die wegen Schadstoff- und/oder Gesundheitsrisiken bei der Verwertung eine Systembeteiligung nicht möglich ist und
- Verkaufsverpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter (Pflanzenschutzmittel, Öle, flüssige Brennstoffe sowie sonstige ölbürtige Produkte und Gemische von Diphenylmethan-4-4‘-diisocyanat)
Tipp zur Ermittlung der Rücknahmepflicht
Ob Händler Waren vertreiben, deren Verpackungsmaterial nicht lizenzierungspflichtig ist und daher der Rücknahme- und Informationspflicht nach § 15 VerpackG unterfällt, kann unter Zuhilfenahme des Katalogs systembeteiligungspflichtiger Verpackungen von LUCID nach dem Ausschlussprinzip ermittelt werden.
Im Katalog sind alle Verpackungen von Warengruppen aufgelistet, die lizenzierungspflichtig (= systembeteiligungspflichtig) sind und daher nicht eigenständig zurückgenommen werden müssen.
- Ein Leitfaden zur Anwendung des Katalogs mit weiteren Details zur Unterscheidung zwischen systembeteiligungspflichtigen Verpackungen einerseits und rücknahmepflichtigen Verpackungen andererseits findet sich hier
- Ob eine bestimmte Verpackung systembeteiligungs- und damit nicht rücknahmepflichtig ist, kann mit der Suchfunktion hier erörtert werden
Letztvertreiber, also Händler, welche direkt Endverbraucher beliefern, sind zur Rücknahme nach § 15 Abs. 1 Satz 2 nur für solche Verpackungen verpflichtet, die von Waren stammen, die sie auch in ihrem Sortiment führen.
Auf ihre Rücknahmepflichten und die damit korrespondierende Rückgabemöglichkeit für Endverbraucher müssen Letztvertreiber zum Stichtag nach einem neuen § 15 Abs. 1 Satz 5 VerpackG künftig hinweisen.
Nach der neuen Vorschrift müssen Letztvertreiber von Transportverpackungen "Endverbraucher durch geeignete Maßnahmen in angemessenem Umfang über die Rückgabemöglichkeit und deren Sinn und Zweck informieren."
Ziel der Pflicht ist es, Letztvertreiber ihre Rücknahmepflichten bewusster zu machen und gleichzeitig Endverbraucher dazu anzuregen, von den Rückgabemöglichkeiten auch tatsächlich Gebrauch zu machen.
Wie der Hinweis „geeignet“ und in „angemessenem Umfang“ vermittelt werden kann, lässt das Gesetz offen.
Wer als Online-Händler rücknahmepflichtige Verpackungen an Endverbraucher abgibt, sollte sowohl im eigenen Online-Shop als auch auf Handelsplattformen (Amazon, eBay, Etsy etc. ) jeweils in der Produktbeschreibung der betroffenen Produkte über die Rückgabemöglichkeit der Verpackung informieren.
Der Hinweis muss spezifisch für jedes Produkt angegeben werden, bei dem rücknahmepflichtiges Verpackungsmaterial auch tatsächlich anfällt.
Ein genereller Hinweis oder die undifferenzierte Anführung des Hinweises in der Produktbeschreibung aller Produkte sind nicht zulässig. Stellt ein Händler den Hinweis für Produkte mit ausschließlich lizenzierungspflichtigem Verpackungsmaterial bereit, wäre er sogar irreführend, weil dann eine eigenständige Rücknahmepflicht gerade ausgeschlossen ist (die Lizenzierung ersetzt nämlich die Rücknahme).
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II. Fazit
Die Novelle des Verpackungsgesetzes wird in 3 Etappen, nämlich zum 03.07.2021, zum 01.01.2022 und zum 01.07.2022, wesentliche Neuregelungen für den Online-Handel mit sich bringen.
Zum 03.07.2021 wird eine neue Informationspflicht über die Rücknahmeobliegenheit von nicht lizenzierungspflichtigem Verpackungsmaterial für Letztvertreiber eingeführt, die solches Verpackungsmaterial im Wege von Warenlieferungen an Endverbraucher abgeben.
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3 Kommentare
Die Idee, die Palette direkt mitzuverkaufen kam mir auch schon, daher wäre ich an einer Antwort interessiert. Dass hierauf auch ein Widerrufsrecht besteht, ist natürlich hinderlich, aber würde trotzdem ein Großteil abfangen.
Wir versenden 80% unserer Ware auf Einwegpaletten, da wir die aufgrund der Größe unserer Ware die Paletten selbst zusammenzimmern müssen. Das Verpackungsgesetz scheint nicht durchdacht zu sein bzw. fördert es weitere Emissionen.
Die Spedition wartet nicht auf die Kunden bis sie die Ware von der Palette runter haben. Selbst wenn die Spedition die Palette direkt mitnimmt. Was ist dann, wenn der Kunde von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen möchte und keine Palette mehr zum zurücksenden hat? Wir können dem Kunden ja nicht zumuten, dass er 400 x 100 cm Paletten dann selbst bastelt.
Angenommen wir schicken unsere Spedition 4 Wochen nach der Lieferung 500 km weit, um eine Palette vom Kunden abzuholen und uns wieder zu bringen, dann ist der LKW 1000 km gefahren wegen einer Palette? Das kann doch so nicht gewollt sein?
Und btw: kostenlos wird diese Abholung für den Kunden eh nicht. Das wird dann ja versteckt in die Versandkosten eingerechnet bzw. gibt es eine Preiserhöhung für Speditionsware.
Danke und viele Grüße
Malte
wäre es möglich, die Rücknahmeverpflichtung einer Einwegpalette zu umgehen und damit auch die Informationspflicht diesbezüglich, wenn man diese z.B. für 1 € bei Speditionslieferung mitverkauft? - Die Palette wäre dann zwingender Bestandteil des Warenkorbes. - Somit würde der Kunde doch quasi ein Produkt kaufen, oder?