Problem: Kaffee-Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben
In Bezug auf den Vertrieb von Kaffee stellt sich angesichts einiger aktueller Abmahnungen die Frage, ob Kaffee beispielsweise als „bekömmlich“ oder „magenschonend“ beworben werden darf. Wir klären auf!
I. Abmahnungen im Zusammenhang mit der Bewerbung von Kaffee
Der IT-Recht-Kanzlei liegt eine Abmahnung vor, in welcher die Angaben „bekömmlich“, „magenschonend“ und „magenfreundlich“ in Verbindung mit der Werbung für Kaffee abgemahnt worden sind.
Hinsichtlich der Frage, ob die Abmahnung berechtigt ist, stellt sich die Frage, ob die Angaben „bekömmlich“, „magenschonend“ und „magenfreundlich“ als gesundheitsbezogene Angaben zu werten sind. Sofern dies der Fall sein sollte, stellt sich die anschließende Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche gesundheitsbezogene Werbung zulässig ist.
II. Das Problem: Gesundheitsbezogene Angaben in der Kaffeewerbung
Für die Zulässigkeit einer gesundheitsbezogenen Werbung gelten wegen der besonderen Schutzwürdigkeit der menschlichen Gesundheit strenge Anforderungen an Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit. Werbeaussagen, die das Thema Gesundheit auch nur mittelbar berühren, können sehr schnell den Regularien der Health-Claims-Verordnung (Verordnung (EG) Nr.1924/2006) unterfallen.
Während die Health-Claims-Verordnung für Online-Händler eine lästige und komplizierte Notwendigkeit darstellt, verfolgt die Verordnung aus Verbrauchersicht edle Ziele: Es soll ein hohes Schutzniveau für den Verbraucher gewährleistet werden. Das heißt konkret, dass „Gesundheitsversprechen“ nur noch dann zulässig sind, wenn sie auch eingehalten werden. Ein anderer Vorteil soll die europaweit einheitliche Regelung sein, die gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle herstellt.
1. Liegt eine gesundheitsbezogene Angabe oder eine Aussage zum allgemeinen Wohlbefinden vor?
Bei der rechtlichen Zulässigkeit der Angaben wie „bekömmlich“ oder „magenschonend“ oder "magenschonend" im Zusammenhang mit Kaffee kommt es maßgeblich darauf an, ob diese Angaben als gesundheitsbezogene Angaben zu werten sind oder als Aussagen zum allgemeinen Wohlbefinden zu qualifizieren sind.
Angaben zum allgemeinen Wohlbefinden unterfallen schon nicht der Health-Claims-Verordnung!
Die Beschränkungen der Health-Claims-Verordnung greifen also nur, wenn es sich bei den Aussagen um „gesundheitsbezogene Angaben“ im Sinne der Verordnung handelt.
Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 Health-Claims-Verordnung ist eine gesundheitsbezogene Angabe
"jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht;"
Der in der Definition Begriff des Zusammenhangs ist dabei weit zu verstehen. Ein solcher Zusammenhang ist nach Rechtsprechung des EuGH gegeben, wenn aus der Sicht des Verbrauchers eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert wird (EuGH, Urt. v. 06.09.2012, Az. C-544/10).
Nach der Rechtsprechung des BGH steht fest, dass die Aussage „bekömmlich“ als gesundheitsbezogene Angabe zu verstehen ist. Nichts anderes dürfte sodann für die Aussagen „magenschonend“ oder „magenfreundlich“ gelten.
Das Vorliegen einer Aussage zum allgemeinen Wohlbefinden scheidet damit aus.
2. Liegt eine spezifische oder unspezifische gesundheitsbezogene Angabe vor?
Eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe (im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Health-Claims-Verordnung) liegt vor, wenn Angaben zu spezifischen gesundheitsbezogenen Eigenschaften gegeben sind, welche auch nach Art. 13 und 14 Health-Claims-Verordnung zulassungsfähig sind, weil der erforderliche wissenschaftliche Nachweis für die Wirkung des Bestandteils eines Lebensmittels konkret bezogen auf eine bestimmte Wirkung erbracht werden kann.
Eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe (im Sine von Art. 10 Abs. 3 Health-Claims-Verordnung) liegt vor, wenn die Angabe zwar auf eine der in Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung genannten Funktionen Bezug nehmen, aber aufgrund ihrer allgemeinen und unspezifischen Formulierung nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein können (BGH, Urt. v. 12.2.2015 – Az. I ZR 36/11).
Unspezifische gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 3 Health-Claims-Verordnung unterscheiden sich von speziellen gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Health-Claims-Verordnung dadurch, dass diese wegen ihrer allgemeinen Formulierung nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein können.
Hinsichtlich der Aussage „bekömmlich“ im Zusammenhang mit einer Kaffeewerbung hat bereits das OLG München geurteilt, dass es sich hierbei um eine nicht spezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 Health-Claims-Verordnung handelt.
Das Gericht äußerte sich hierzu wie folgt:
"Die Wendung „bekömmlich“ stellt nach diesen Maßstäben eine gesundheitsbezogene Angabe i.S.v. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 VO (EG) 1924/2006 dar. Der Begriff „bekömmlich“ wird, als „gesund“, „zuträglich“ und „leicht verdaulich“ verstanden. Er bringt bei einer Verwendung für ein Lebensmittel zum Ausdruck, das Lebensmittel werde gut vertragen und im Verdauungssystem gut aufgenommen (vgl. BGH GRUR 2018, 1266 Rn. 37 - Bekömmliches Bier). Dementsprechend versteht der Verkehr die streitgegenständliche Werbung vorliegend dahingehend, dass der beworbene Kaffee gut verträglich und leicht verdaulich ist."
Sodann muss davon ausgegangen werden, dass die Rechtsprechung auch die Aussagen wie „magenschonend“ oder „magenfreundlich“ als nicht spezifische gesundheitsbezogene Aussagen werten wird.
Update vom 31.07.2020: Das Landgericht Hildesheim hat in der Sache 11 O 11/20 (Beschluss vom 22.07.2020) entschieden, dass die Werbung für Kaffee mit den Aussagen "bekömmlich" und "gut verträglich" unzulässig ist (da keine in einer der Listen nach Art. 13 und 14 Health-Claims-Verordnung enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt war).
Update vom 03.11.2021: Das Landgericht München I hat in der Sache 17 HK O 12885/21 (Beschluss vom 11.10.2021) ebenfalls entschieden, dass die Werbung mit der Angabe "bekömmlich" im Zusammenhang mit Angeboten für Kaffee wettbewerbswidrig ist.
3. Wann sind nicht spezifische gesundheitsbezogene Angaben zulässig?
Gemäß Art. 10 Abs. 3 VO (EG) 1924/2006 sind Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffes oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogenen Wohlbefinden nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder Art. 14 VO (EG) 1924/2006 enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.
Fehlt eine solche spezielle gesundheitsbezogene Angabe nach der Liste gemäß Art. 13 oder 14 Health-Claims-Verordnung, ist eine solche Werbung unzulässig.
Leider war auch im genannten Abmahnungsfall eine solche spezielle gesundheitsbezogene Angabe nicht gegeben, somit musste davon ausgegangen werden, dass die Abmahnung berechtigt erfolgte.
III. Fazit
Verstöße gegen die Health-Claims-Verordnung sind wettbewerbsrechtlich abmahnbar, wovon Verbände und Mitbewerber auch - wie man durch Abmahnungen sieht - rege Gebrauch machen.
Sog. (unspezifische) gesundheitsbezogene Angaben wie „bekömmlich“, „magenschonend“ oder „magenfreundlich“ sind mangels Bestimmtheit keine zulassungsfähigen Health-Claims. Diese unspezifischen Angaben dürfen nur dann in der (Kaffee-) Werbung verwendet werden, wenn diesen eine in den Listen nach Art. 13 oder 14 VO (EG) 1924/2006 enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.
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