LG Hamburg: Markenfalle Amazon - anhängen unerwünscht!
Marken spielen auf Amazon eine große Rolle. Denn wer hier ein eigenes Markenprodukt anbietet, hat Exklusivität - ein Anhängen von anderen Händlern stellt dann einen Markenverstoß dar, wenn die Marke im Angebot erwähnt wird und die Ware nicht vom Markeninhaber stammt. Hierzu hat zuletzt das LG Hamburg (Urteil vom 14.07.2022, Az.: 327 O 32/19) nun Stellung bezogen und sich mit einem möglicherweise rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Markeninhabers und den markenrechtlichen Annexansprüchen beschäftigt...
Markennutzung auf Amazon durch Anhängen
Die Klägerin betrieb unter dem Namen „Lyra Pet“ eine Unternehmung im Bereich zoologischer Einzel- und Großhandel. Und ist Inhaberin der deutschen Wort-/Bildmarke „Lyra Pet“ mit Schutz u. a. für „Tiernahrung“ und „Vogelfutter“.
Die Beklagte bot ebenfalls auf der Handelsplattform Amazon u.a. folgenden Artikel an:
10 kg Sonnenblumenkerne schwarz Lyra Pet Wildvogelfutter Vogelfutter Ernte 2017
Mit dem Zusatz „von Lyra Pet“, der sich bei Amazon stets unter der Angebotsüberschrift befindet. Es wurde ein durch die Klägerin initiierter Testkauf durchgeführt. Diese Angebotsbezeichnung (dann ohne vorerwähnten Zusatz) erschien auch als Artikelbezeichnung in einer von der Beklagten ausgestellten Rechnung. Originalware aus dem Hause der Klägerin wurde auf die Testbestellung nicht geliefert.
Die Klägerin sah hier eine Verletzung ihrer Unternehmens- und Markenrechte an der Bezeichnung „Lyra Pet“. Und mahnte die Beklagte ab. Nachdem die Beklagte die geltend gemachten Unterlassungsansprüche noch erfüllt und eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, wurden die weiteren Ansprüche mithin die Kostenerstattungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche verweigert. Die Beklagte hatte u.a. eingewendet, dass die Klägerin ja selbst kein Vogelfutter mit einer entsprechenden markenrechtlichen Kennzeichnung ausliefern würde.
Grund genug für die Klägerin ihre Ansprüche gerichtlich durchzusetzen.
Kein Behinderungswettbewerb – kein Rechtsmissbrauch durch Markeninhaber
Um es vorwegzunehmen: Das Gericht hielt die Klage für begründet.
Ein Markenrechtverstoß lag nach Meinung des Gerichts vor, da das Kennzeichen „Lyra Pet“ für den Verkauf der Produkte nicht zwingend erforderlich gewesen war.
Kein Behinderungswettbewerb durch Abmahner
Den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs wiesen die Richter zurück. Hier kommt ein Urteil des OLG Köln (26.03.2021, Az.: 6 U 11/21) ins Spiel. Nach dessen Ansicht kann es durchaus rechtsmissbräuchlich sein, wenn markenrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden, der Markeninhaber allerdings kein mit der Marke gekennzeichnetes Produkt auf Bestellung liefert. Vorliegend lag der Fall aber für die Richter anders. Das Gericht führte zu den Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs durch Behinderungswettbewerb ganz allgemein aus:
Eine Behinderung liegt vor, wenn die wettbewerbliche Entfaltungsmöglichkeit des Mitbewerbers beeinträchtigt wird. Das setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen ….
Und das Gericht weiter dann hierzu im konkreten Fall:
"Ein solcher Fall ist hier ersichtlich nicht gegeben: Die Beklagte hat bereits nicht dargetan, für das Angebot von Vogelfutter unter „amazon.de“ eine ASIN mit der Bezeichnung „Lyra Pet“ zu benötigen. Ferner hat die Beklagte auch in ihrer Angebotsüberschrift die Bezeichnung „Lyra Pet“ verwendet. Und schließlich hatte die Klägerin, die bereits seit dem 15.06.2009 unter ihrer aus dem Aktivrubrum ersichtlichen Firma u. a. für den Unternehmensgegenstand „Zoologischer Groß- und Einzelhandel“ im Handelsregister des Amtsgerichts S. eingetragen ist, auch bereits im Jahre 2015 - also vor Eintragung der Klagemarke - ein hinreichendes Interesse an der Erstellung der hier in Rede stehenden ASIN mit der Bezeichnung „Lyra Pet“, unter der die Klägerin (…) seit dem 11.05.2015 Angebote eingestellt hatte."
Weil die Abmahnung nach Ansicht des Gerichts berechtigt war, stehen der Abmahnerin/Klägerin nun die nachfolgenden markenrechtlichen Annex-Ansprüche (der Unterlassungsanspruch war ja bereits durch Abgabe der Unterlassungserklärung erfüllt) zu.
Erstattung von Abmahnkosten
Der Abmahnerin/Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten zu. Hierbei war auffällig: Abweichend von der Festsetzung des sog. markenrechtlichen Regelstreitwertes iHv. 50.000 EUR wurde hier sogar der angesetzte Gegenstandswert von 100.000 EUR für angemessen erachtet:
"Der insoweit von der Klägerin zugrunde gelegte Gegenstandswert in Höhe von 100.000,00 € entspricht dem Streitwertgefüge der mit Kennzeichenstreitsachen befassten Gerichte. Im Rahmen von kennzeichenrechtlichen Unterlassungsklagen in Fällen der Verletzung sogar nur unterdurchschnittlich benutzter Marken oder geschäftlicher Bezeichnungen werden regelmäßig Streitwerte im Bereich zwischen 100.000,00 € und 150.000,00 € festgesetzt (…)"
Es zeigt sich, dass kennzeichenrechtliche Abmahnungen teuer sind.
Sofern erforderlich: Erstattung von Testkaufkosten
Wer markenrechtlich schon einmal abgemahnt wurde, kennt das: Es werden gerne auch die Kosten für den getätigten Testkauf geltend gemacht. Das ist soweit unstreitig erstattungsfähig, soweit der Abmahner nur mittels Testkauf abklären konnte, ob tatsächlich ein orig. Markenprodukt oder nicht geliefert wird. So auch hier: Es war nur durch einen Testkauf zu klären, welches Produkt die Beklagte unter dem Zeichen „Lyra Pet“ tatsächlich angeboten hat.
Bis zum Anfang: Auskunft und Rechnungslegung
Ebenso steht dem Abmahner bei einer berechtigten Abmahnung und also einem Markenverstoß ein Anspruch auf Auskunfts- und Rechnungslegung zu. Die Auskunft müsse, so das Gericht, bis zu dem Zeitpunkt zurückgehen, an dem das streitige Amazon-Angebot online gestellt wurde:
"Die Klägerin kann auch seit dem 11.05.2015 Auskunft und Rechnungslegung von der Beklagten verlangen, da (…) die Klägerin bereits seit ihrer Eintragung im Handelsregister im Jahre 2009 unter ihrer Firma - und mithin ihrem Unternehmenskennzeichen „Lyra Pet" - mit dem im Handelsregister eingetragenen Unternehmensgegenstand des „[z]oologische[n] Groß- und Einzelhandel[s]“ auch geschäftlich tätig ist und seit dem 11.05.2015 durchgängig den hier in Rede stehenden Artikel unter der hier in Rede stehenden ASIN unter „amazon.de“ im Angebot hatte."
Wir haben uns zum markenrechtlichen Auskunftsanspruch auch schon mal in diesem Beitrag auseinandergesetzt.
Schadensersatz
Und schließlich und endlich hat der Abmahner auch einen Anspruch auf Schadensersatz, da zumindest ein fahrlässiges Verhalten dem Abgemahnten in der Regel und auch hier vorwerfbar ist.
Die Frage, die sich dann immer ganz generell stellt:
Wie ist ein solcher Schadensersatzanspruch zu berechnen: Dabei gibt es grds. 3 Berechnungsmethoden:
- Konkrete Schadensberechnung
- Lizenzanalogie
- Herausgabe des Verletzergewinns
Meistens wird bei Markenverletzungen der Schaden über die Herausgabe des Verletzergewinns abgewickelt. Der Schaden kann und muss aber nicht nur anhand konkret erzielter Gewinne, die der Verletzer durch die Nutzung erzielt hat, bestimmt werden, sondern etwa auch über die sogenannte Lizenzanalogie. Danach bestimmt sich der Schaden nach dem Betrag, den der Verletzer für die konkrete Verwendung der Marke als angemessene Vergütung entrichten hätte müssen, hätte er rechtmäßig Rechte vom Markeninhaber erworben.
Mehr zum Thema Lizenzanalogie finden Sie in diesem Beitrag - hier urteilte der BGH ganz grundsätzlich:
"Bei der Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist maßgeblich, was vernünftige Vertragsparteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags als Vergütung für die Benutzung des Kennzeichens vereinbart hätten. Hierfür ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln, der in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr besteht (...). Zur Beurteilung der Frage, welcher Lizenzsatz bei der Verletzung eines Kennzeichenrechts angemessen ist, ist auf die verkehrsübliche Lizenzgebühr abzustellen, die für die Erteilung des Rechts zur Benutzung des Kennzeichens zu zahlen wäre. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die auch bei freien Lizenzverhandlungen auf die Höhe der Vergütung Einfluss gehabt hätten (...). Als Ausgangspunkt der Beurteilung kann die Bandbreite marktüblicher Lizenzsätze für die in Rede stehende Kennzeichenart herangezogen werden (...). Bei Kennzeichen spielen als wertbildende Faktoren der Bekanntheitsgrad und der Ruf des Zeichens eine maßgebliche Rolle. Außerdem kommt es auf das Maß der Verwechslungsgefahr an (...), insbesondere auf den Grad der Zeichenähnlichkeit (...). Daneben sind Umfang (...) und Dauer der Verletzungshandlung (...) ebenso zu berücksichtigen wie deren Intensität."
Fazit: Marken sind Tabu
Marken versprechen Exklusivität – und das natürlich nicht nur auf Amazon. Aber gerade hier haben Marken eine besondere Bedeutung: Denn durch das System Amazon und das gewünschte Anhängen von unterschiedlichen Anbietern an demselben Produkt, spielen Marken eine ganz besondere Rolle. Weil nur als Markeninhaber und Anbieter des eigenen Markenprodukts kann verhindert werden, dass sich Dritte an dieses Markenprodukt anhängen. Und dann kann es zu einer Reaktion wie der der Klägerin kommen. Diese besondere Rolle von Marken auf Amazon dürfte mithin auch ein Grund sein, warum die brand-registry von Amazon derzeit so boomt.
Weil wir grad bei Marken sind...
Wie wichtig Marken nicht nur auf Amazon sind, sieht man an Entscheidungen, wie oben dargestellt. Und wer selbst sicher und sogar kostenfrei eine Marke anmelden will und bereits Mandant bzgl. unserer Schutzpakete ist oder werden will, für den haben wir folgendes Angebot:
Für unsere Neu- und Bestandsmandanten in Sachen Schutzpakete berechnen wir unter folgenden Umständen bei Anmeldung einer deutschen Marke kein Honorar:
- Für neue Mandanten: Wer sich neu für eines unserer Schutzpakete entscheidet und dabei eine Mindestlaufzeit von mindestens 12 Monaten (im Unlimited-Paket obligatorisch) wählt, der bekommt einmal pro Jahr eine (1) Markenanmeldung on top. Gemeint ist damit die Prüfung der Eintragungsfähigkeit einer deutschen Marke und Durchführung der Anmelde- und Zahlungsmodalitäten ohne Berechnung unseres normalerweise anfallenden Honorars. Die anfallenden Amtsgebühren sind davon natürlich ausgenommen und weiterhin vom Markenanmelder zu tragen. Interesse? Hier geht es zu unseren Schutzpaketen.
- Für Bestandsmandanten: Wer bereits Mandant der IT-Recht Kanzlei ist und eines unserer Schutzpakete bezieht und sich erst jetzt für eine Mindestlaufzeit von 12 Monaten entscheidet (bzw. sich bereits für eine Mindestlaufzeit (im Unlimited-Paket obligatorisch) bei Paketbuchung entschieden hatte), auch der soll von dieser Regelung zur de-Markenanmeldung profitieren und bekommt die obenstehende Beratung zur Markenanmeldung gratis. Interesse?
Dann wenden Sie sich bitte an den für Sie bereits zuständigen Rechtsanwalt der IT-Recht Kanzlei oder an die info@it-recht-kanzlei.de.
Mehr dazu finden Sie in diesem Beitrag.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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