Lizenzanalogie: Berechnung des markenrechtlichen Schadensersatzanspruches
Markenabmahnungen tun weh – nicht nur wegen der hohen Gegenstandswerte und den daraus folgenden hohen Anwaltskosten, sondern auch wegen des Schadensersatzanspruches. Um einen solchen zu berechnen gibt es unterschiedliche Methoden. Wie die Bemessung des Schadensersatzes im Falle einer Lizenzanalogie vorgenommen werden muss, wurde in einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofes vom 22.09.2021 (I ZR 20/21) näher beleuchtet...
In diesem Beitrag geht es um die Bestimmung der Schadensersatzhöhe bei Verletzung der Rechte eines Markeninhabers. Der Schaden kann nicht nur anhand konkret erzielter Gewinne, die der Verletzer durch die Nutzung erzielt hat, bestimmt werden, sondern etwa auch über die sogenannte Lizenzanalogie. Danach bestimmt sich der Schaden nach dem Betrag, den der Verletzer für die konkrete Verwendung der Marke als angemessene Vergütung entrichten hätte müssen, hätte er rechtmäßig Rechte vom Markeninhaber erworben.
Wer den Schaden hat....
Ein Unternehmen, das Herstellerin von Gerüsten und Gerüstsysteme in Deutschland und Europa ist, Inhaberin zahlreicher Marken, unter anderem der eingetragenen Marke „Layher“ verklagt ein Unternehmen, das ein Gerüstsystem vertreibt, bei dem es sich um einen Nachbau des Gerüstsystems „Layher-Blitz-Gerüst 70 S“ der Klägerin handelt.
Die Beklagte versandte insgesamt 34.962 gleichgestaltete Briefe, in denen sie für das Gerüst Werbung machte. Die Marke „Layher“ wurde dabei auf dem Briefumschlag, auf dem eingelegten Werbeblatt und auf der Preisliste verwendet.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe der fiktiven Lizenzgebühr.
....kann die Berechnung wählen
In der Entscheidung erläutert der Bundesgerichtshof (I ZR 20/21) die Vorgehensweise der Lizenzanalogie.
1. Grundlage: Umsatz
Mit der Lizenzanalogie kann der Schadensersatz auf Grundlage des erzielten Umsatzes berechnet werden.
Nach dem Gericht ist bei der Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln, also der Wert des Rechtes, das der rechtmäßige Nutzer beim Markeninhaber erworben hätte in Form von Lizenzen.
Bei der Ermittlung des objektiven Wertes ist nicht allein darauf abzustellen, welchen wirtschaftlichen Vorteil die Benutzung für de Verwender hat, es sind auch die Interessen des Lizenzgebers zu berücksichtigen. Bei der Vergabe von Lizenzen würde der Markeninhaber beispielsweise auch berücksichtigen, inwieweit sich die Verwendung der Marke durch den Verwender auf die eigene Verwendung auswirken würde.
2. Bemessung der Höhe
Zur Beurteilung der Frage, welcher Lizenzsatz bei der Verletzung eines Kennzeichenrechts angemessen ist, ist auf die verkehrsübliche Lizenzgebühr abzustellen, die für die Erteilung des Rechts zur Benutzung des Kennzeichens zu zahlen wäre.
Eine Lizenz ist die Erlaubnis, Marken zu benutzen. Die Benutzung ist ohne diese Erlaubnis vom Markenrecht untersagt. Die Lizenzgebühr, die der Erwerber zahlt, ist dabei meist als Lizenzsatz ausgestaltet, also als prozentuale Lizenzgebühr.
Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die auch bei freien Lizenzverhandlungen auf die Höhe der Vergütung Einfluss gehabt hätten.
a) Berechnung auf Basis der Umsatzlizenz
Auch bei Werbung kann die Berechnung auf Basis der Umsatzlizenz stattfinden. Der Umstand, dass bei der Werbung kein direkter Umsatz festgestellt werden kann, steht dem nicht entgegen. Soweit ein Geschäft auf die Erzielung von Umsätzen angelegt ist, kommt es nicht darauf an, ob die Marke lediglich zu Werbezwecken benutzt wurde. Werbung ist dem Umsatzgeschäft lediglich vorgelagert und hat mittelbare Wirkung auf das Umsatzgeschäft. Die Werbung dient gerade dazu, Umsätze zu erzielen.
Im konkreten Fall wurden demnach die Gesamtumsätze der Beklagten für den betreffenden Zeitraum als Grundlage verwendet.
b) Kennzeichenart als Grundlade
Als Marken können alle Zeichen, wie Wörter, Namen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen und dreidimensionale Gestaltungen eingetragen werden. Je nach Markenart kann es dabei zu unterschiedlich hohen Lizenzgebühren kommen. Die Kennzeichenart ist dabei in Zusammenhang mit der Zeichenähnlichkeit zu sehen. Manche Markenarten haben von Natur aus einen eher schwächeren Wiedererkennungswert und damit eine eher hohe Zeichenähnlichkeit. Ist der Wiedererkennungswert der Markenart gering kommt auch eine eher geringe Lizenz in Betracht.
c) Bekanntheitsgrad der Marke
Der Bekanntheitsgrad der klägerischen Marke wurde vom Gericht auf 88,5 % und damit überragend eingeschätzt. Eine Bekanntheit auch bei anderen Berufsgruppen wurde als hoch eingeschätzt.
d) Grad der Zeichenähnlichkeit
Bei dem Grad der Zeichenähnlichkeit kommt es insbesondere auf die Frage an, wie hoch die Verwechslungsgefahr der Produkte des Verwenders mit den Produkten des Markeninhabers ist.
Bei der vorliegenden Marke im Beriech Gerüstbau und dem Produkt des Verwenders - ein Gerüst - liegt eine extrem hohe Verwechslungsgefahr vor. Zudem erweckt das Werbeschreiben in seiner äußeren Aufmachung den Eindruck, es stamme von der Klägerin oder zumindest von einem mit ihr verbundenen Unternehmen.
e) Umfang und Dauer der Verletzungshandlung
Die Beklagte hat mit dem Werbeschreiben knapp 35.000 Empfänger und über ihre Internetseite, auf der das Werbeschreiben auch veröffentlicht war, den gesamten deutschen Markt für Gerüste und Gerüstbauteile angesprochen.
Bei der Dauer der Verletzungshandlung muss laut Gericht berücksichtigt werden, dass das Werbeschreiben einmal versandt worden ist, die Werbematerialien aber in einem bestimmten Zeitraum dauerhaft auf der Webseite der Beklagten allgemein zugänglich gewesen sind.
f) Intensität der Verletzungshandlung
Da die Verwechslungsgefahr derart hoch ist, hat das Gericht auch die Intensität der Verletzung sehr hoch eingeschätzt. Die zwei Beurteilunsumstände bedingen sich dabei gegenseitig.
g) Marktverwirrungsschaden
Wird der Markt durch die widerrechtliche Verwendung einer Marke verwirrt und trifft aufgrund dieser Verwirrung Kaufentscheidungen, die sich zulasten des Markeninhabers auswirken können, liegt eine Marktverwirrung vor. Der Marktverwirrungsschaden ist der Schaden, der sich aus dieser Verschiebung des Konsumverhaltens von potenziellen Kunden ergibt.
h) Weitere Umstände im Einzelfall
Im vorliegenden Fall hat das Gericht zudem in die Schätzung des Schadens aufgenommen, dass es sich bei der klägerischen Marke um eine sehr alte Marke handelt. Diese wurde bereits 1988 ins Markenregister aufgenommen. Dies spreche auch für eine höhere Lizenzgebühr.
Auch die starke Verhandlungsposition der Klägerin, die sie als führende Herstellern von Gerüsten und Gerüstsystemen hat, wird in die Schätzung mit einbezogen.
i) Basis Umsatzlizenz - Anpassung im Anschluss
Unter Berücksichtigung der genannten Umstände ist das Gericht zu einem Lizenzsatz von 15% gekommen.
Da es sich bei der Verwendung der Marke nur um eine Verwendung für Werbung handelte, hat das Gericht eine deutliche Herabsetzung dieses Lizenzsatzes angenommen. Die Lizenzgebühr knüpft nur an einem Umsatz an, der nur zu einem geringen Teil auf der Markenverletzung der Beklagten beruht. Der insoweit erforderliche Abschlag wird vom Gericht auf zwei Drittel bemessen, was im Rahmen der Schadensschätzung dann zu einer fiktiven Lizenzgebühr von 5% führt.
Dieser Abschlag wird pauschal vorgenommen. Es kommt nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der widerrechtlichen Verwendung in der Werbung der Umsatz tatsächlich angestiegen ist. Es kommt nicht auf die Frage der Umsatzkausalität an.
Fazit: Lizenzanalogie bedeutet fiktive Lizenz
Bei der Berechnung des Schadensersatzes über die Lizenzanalogie ist auf die fiktive Lizenz abzustellen, die die Parteien in freien Vertragsverhandlungen nach objektiver Betrachtung getroffen hätten. Dabei sind die Umstände zu berücksichtigen, die bei solchen Verhandlungen auch berücksichtigt werden.
Diese Umstände sind:
- Kennzeichenart als Grundlage
- Bekanntheitsgrad und Ruf des Zeichens
- Grad der Zeichenähnlichkeit
- Umfang und Dauer der Verletzungshandlung
- Intensität der Verletzungshandlung
- Marktverwirrungsschaden
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