OLG Hamm: Irreführende Blickfangwerbung mit einer Garantie
Ein Händler, der eine 10-jährige Garantie bewirbt, muss klar über deren Umfang informieren. Fehlende Hinweise auf Ausschlüsse, etwa bei der Beschichtung einer Bratpfanne, sind nach Ansicht des OLG Hamm irreführend.
Was war passiert?
Ein Händler bewarb eine Bratpfanne zu einem Preis von 99,99 Euro unter Verwendung des besonders hervorgehobenen Logos:
Es wurde in diesem Zusammenhang nicht darauf hingewiesen, dass die Beschichtung der beworbenen Pfanne von der Garantie ausgenommen ist. Diese Information erfolgte erst bei Aufruf einer gesonderten Internetseite, die über einen mit dem Logo verbundenen Link verknüpft war und auf der die Garantiebedingungen im Einzelnen dargestellt wurden.
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Für die Blickfangwerbung gelten im Vergleich zur „normalen“ Werbung einige Besonderheiten, die sich im Hinblick auf die Rechtsprechung der letzten Jahre herausgebildet haben. Was Sie zum Thema Blickfangwerbung wissen und beachten müssen, erfahren Sie in unserem Beitrag.
So hat das OLG Hamm den Fall entschieden
Das OLG Hamm schloss sich in seinem Beschluss vom 19.07.2024 (Az: 4 U 28/24) dem LG Bochum (als Vorinstanz) an und bejahte einen Wettbewerbsverstoß aufgrund einer irreführenden Blickfanwerbung.
Das Gericht betonte, dass die blickfangartige Herausstellung einer Garantie zwingend von vollständigen und klaren Informationen begleitet werden müsse, um einer Irreführung entgegenzuwirken.
Die Richter stellten fest, dass der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Verbraucher bei der Betrachtung des Angebots eine umfassende, uneingeschränkte Garantie vermuten würde. Der entscheidende Fehler lag darin, dass die Beklagte keinerlei konkrete Informationen zu den Garantiebedingungen bereitstellte.
Das Gericht führte weiter aus, dass die Erwartungshaltung der Verbraucher bei einem Produkt wie einem Kochwerkzeug – das weder besonders langlebig noch kostenintensiv ist – von einer flüchtigen Betrachtung geprägt sei. Diese unterscheidet sich erheblich von Situationen, in denen Verbraucher kostspielige oder langlebige Güter erwerben, wie etwa bei Möbeln oder Elektronik, wo eine intensivere Auseinandersetzung mit den Garantiebedingungen zu erwarten ist. Gerade in einem solchen Kontext sei es besonders wichtig, blickfangartige Aussagen mit den erforderlichen Informationen zu ergänzen.
Die Hervorhebung der „10 Jahre Garantie“ ohne Begleitung durch klare Bedingungen führte nach Ansicht des OLG Hamm dazu, dass die Werbung objektiv irreführend war. Der Verbraucher werde über die tatsächliche Reichweite und die Voraussetzungen der Garantie getäuscht, da er eine umfassende Absicherung annehme, die in Wirklichkeit nicht gewährleistet war.
Sie möchten sich ausführlicher über abmahnsichere Garantiewerbung informieren? In diesem Beitrag haben wir die Abmahnvarianten im Zusammenhang mit Garantiewerbung zusammengestellt.
Best Practice: Rechtssichere Garantiewerbung
Für eine rechtssichere Garantiewerbung ist der Verbraucher über Folgendes zu informieren über
- den Inhalt der Garantie und
- alle Pflichtinformationen, d.h. die wichtigen Angaben, die für die Inanspruchnahme der Garantie notwendig sind
Zu den Pflichtinformationen gehören (§ 479 Abs. 1 BGB) :
- Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers bei Mängeln (§§ 437ff. BGB)
- Hinweis darauf, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden und kostenlos in Anspruch genommen werden können
- Angabe von Name und Anschrift des Garantiegebers
- Information über das Verfahren, das der Verbraucher für die Geltendmachung der Garantie zu befolgen hat. Dies kann nur in Form von Darstellung der jeweiligen Garantiebedingungen geschehen. Es muss dem - Verbraucher dabei verständlich aufgezeigt werden, was er im Fall der Fälle konkret tun muss, um das Garantieversprechen in Anspruch nehmen zu können. Die Garantiebedingungen sind für jede garantiegeschützte - Ware bzw. Marke jeweils auf der Webseite zu erklären.
- Nennung der Ware, auf die sich die Garantie bezieht
- Information über die Bestimmungen der Garantie, v.a. Dauer und räumlicher Geltungsbereich
- bei Haltbarkeitsgarantie des Herstellers: zumindest Gewährleistung eines Anspruchs auf Nacherfüllung bei mangelhafter Ware (orientiert am Nacherfüllungsanspruch der gesetzlichen Mängelrechte)
Diese Hinweise und Informationen sind dem Verbraucher zwingend bereits online (z.B. bei der Artikelbeschreibung) bereitzustellen, in räumlicher Nähe zur Garantiewerbung. In der Praxis ist zu empfehlen, dass diese Angaben bei jeder Erwähnung des Begriffs „Garantie“ erfolgen oder zumindest mittels Hinweises / Links auf die Erklärungsseite verwiesen wird.
Zudem ist die Garantieerklärung dem Verbraucher spätestens bei Lieferung der betroffenen Ware auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln. Dies kann z.B. in Form einer E-Mail-Nachricht (wie der Bestell- oder Auftragsbestätigungs-E-Mail) oder als Ausdruck erfolgen. Nur die Darstellung der Garantieerklärung auf der eigenen Webseite genügt nicht.
Die Bestätigungspflicht auf einem dauerhaften Datenträger besteht seit dem 01.01.2022 nicht mehr nur auf Verlangen des Verbrauchers. Der Garantiegeber hat sie in jedem Fall von sich aus zu erfüllen.
Die Garantieerklärung muss jeweils einfach und verständlich formuliert sein (§ 479 Abs. 1 Satz 1 BGB) .
Inhaltlich ist bei einem Garantieversprechen zu beachten, dass dem Verbraucher nicht weniger zugesprochen werden kann, als ihm vom Gesetz her ohnehin bereits zusteht (§ 443 Abs. 1 BGB) .
Die gesetzlichen Ansprüche besitzt der Verbraucher in jedem Fall und können daher nicht durch Garantiebedingungen gemindert oder eingeschränkt werden. Die gesetzlichen Ansprüche bilden gleichermaßen den Mindestinhalt einer (zusätzlichen) Garantie.
Muster für die Bewerbung einer Händlergarantie:
Die IT-Recht Kanzlei bietet Ihren Mandanten kostenlos in diesem Beitrag ein Muster für eine Händlergarantie an. Prüfen Sie bitte vor Gebrauch des Musters, ob Ihre Garantiebedingungen in einem Punkt abweichen und ändern Sie diese bei Bedarf entsprechend ab.
Fazit
Ein Online-Händler, der eine Garantie bewirbt, ist verpflichtet, den Verbraucher klar und verständlich über den Umfang der Garantie aufzuklären. Werden dabei Ausschlüsse, wie etwa die Beschichtung einer Bratpfanne, nicht ausreichend transparent mitgeteilt, kann dies als irreführend und damit wettbewerbswidrig angesehen werden.
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