Die Krux mit der Garantiewerbung – Vorsicht: Abmahnung in vielen Fällen „garantiert“!
Wer als Onlinehändler mit einer Garantie für seine Produkte wirbt, ohne zugleich bestimmte Hinweis- und Informationspflichten zu erfüllen, bewegt sich juristisch auf dünnem Eis. Aus aktuellem Anlass – es sind derzeit wieder viele Abmahner aktiv, die fehlerhafte Garantiewerbung abmahnen - möchten wir mit dem folgenden Beitrag die Problematik in Erinnerung rufen.
Inhaltsverzeichnis
- Worum geht es?
- Garantieerklärung muss Mindestinhalte aufweisen
- Spezifische Informationspflicht bei Fernabsatzverträgen
- Nichteinhaltung der Vorgaben bei einer Garantiewerbung „garantiert“ Onlinehändlern Abmahnung
- Abgrenzung Garantie / Mängelhaftung (früher: Gewährleistung)
- Welche Hinweis- und Informationspflichten bestehen bei einer Garantiewerbung?
- Muster der IT-Recht Kanzlei für Werbung mit Hersteller- und Verkäufergarantie
- Einfachste Methode: Vollständiger Verzicht auf die Bewerbung von Garantien
- Muss ich denn nicht sogar aktiv mit der bestehenden Garantie werben?
- Fazit
Worum geht es?
Mit Garantiewerbung wird im Handel seit jeher viel Schindluder getrieben.
Wird eine Garantie bei der Bewerbung des Artikels erwähnt, ist dies eine effektive Verkaufsförderungsmaßnahme, da der Interessent dahinter eine umfassende Absicherung bei Problemen mit der Ware vermutet.
Oftmals ist die beworbene Garantie jedoch nicht ansatzweise das wert, was diese auf den ersten Blick suggeriert, da über das Kleingedruckte viele Einschränkungen und Ausschlüsse vereinbart werden. Dies kennt nahezu jeder (Gebraucht)Fahrzeugkäufer, der sich einmal mit den Details der vollmundig beworbenen Fahrzeuggarantie auseinandergesetzt hat.
Für eine informierte Kaufentscheidung benötigt der Interessent damit insbesondere einen Einblick in die Garantiebedingungen um zu wissen, woran er in Bezug auf die beworbene Garantie ist.
Garantieerklärung muss Mindestinhalte aufweisen
Nicht zuletzt wegen dieser Missbrauchsgefahr hat der Gesetzgeber mit der Schuldrechtsmodernisierung zum 01.01.2002 die Vorgaben für eine Garantieerklärung gesetzlich geregelt.
Heute schreibt die Vorschrift die § 479 BGB vor, welche Mindestinhalte eine Garantieerklärung aufweisen muss.
Spezifische Informationspflicht bei Fernabsatzverträgen
Insbesondere für den Onlinehandel gilt zudem eine spezifische Informationspflicht.
Nach § 312d Abs. 1 in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB ist jeder Online-Händler verpflichtet, bereits online – vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers - über die Bedingungen bestehender Garantien zu informieren.
Nichteinhaltung der Vorgaben bei einer Garantiewerbung „garantiert“ Onlinehändlern Abmahnung
Wer als Onlinehändler mit einer Garantie wirbt und diese gesetzlichen Vorgaben nicht einhält, setzt sich einer erheblichen Abmahngefahr aus.
Die fehlerhafte Garantiewerbung steht in der Abmahnstatistik ganz vorne und wird insbesondere von Wettbewerbsverbänden wie der Wettbewerbszentrale oder dem IDO Interessenverband rege abgemahnt.
Entsprechende Verstöße sind spielend leicht z.B. über Suchmaschinen oder die Suchfunktion auf Verkaufsplattformen aufzufinden und zu dokumentieren. Die Rechtslage ist geklärt – eine ideale Brutstätte für Abmahnungen.
Abgrenzung Garantie / Mängelhaftung (früher: Gewährleistung)
Viele Händler verwenden die Begriffe Garantie und Mängelhaftung bzw. Gewährleistung synonym. Das ist falsch.
Es muss zwingend zwischen den gesetzlichen Mängelrechten des Käufers gegen den Verkäufer (§§ 437 ff. BGB, meist noch wie früher als „Gewährleistung“ bezeichnet, seit dem 01.01.2002 Mängelhaftung genannt) aus dem Kaufvertrag einerseits und einer evtl. bestehenden Garantie (seitens des Herstellers oder des Verkäufers) andererseits unterschieden werden.
Obgleich die Begrifflichkeiten in der Praxis häufig vermischt werden, bestehen hier entscheidende Unterschiede.
Die „Gewährleistung“ besteht kraft Gesetzes mit Zustandekommen des Kaufvertrags und ist insbesondere im B2C-Bereich größtenteils zwingendes Recht, kann vom Unternehmer gegenüber einem Verbraucher also weitestgehend nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgeändert werden.
Die „Spielregeln“ bestimmt dabei also das Gesetz.
Eine Garantie dagegen wird (i.d.R. vom Hersteller) als freiwillige Leistung eingeräumt. Daneben ist auch denkbar, dass der Verkäufer selbst neben den zuvor beschriebenen Mängelrechten dem Käufer zusätzlich eine (Verkäufer)Garantie einräumen möchte.
Die Einräumung einer Garantie ist damit niemals zwingend, sondern eine „Extraleistung“, die der Hersteller oder Verkäufer aus Überzeugung von der Qualität seiner Produkte oder zur Schaffung eines zusätzlichen Kaufanreizes freiwillig einräumt.
Die „Spielregeln“ der Garantie bestimmt damit weitestgehend der Garantiegeber selbst – mit seinen Garantiebedingungen.
Welche Hinweis- und Informationspflichten bestehen bei einer Garantiewerbung?
Wer mit dem Begriff „Garantie“ wirbt, muss zwingend Folgendes beachten:
- Es muss auf die gesetzliche Rechte des Verbrauchers (Mängelrechte nach den §§ 437 ff. BGB) sowie darauf hingewiesen wird, dass sie Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden
- Es muss über den Namen und die Anschrift des Garantiegebers informiert werden
- Es muss über die Dauer der Garantie informiert werden
- Es muss über den räumlichen Geltungsbereich der Garantie informiert werden
- Es muss über den Inhalt und die Bedingungen der Garantie sowie alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, informiert werden (was letztlich nur durch die Darstellung entsprechender Garantiebedingungen erfolgen kann).
Die vorgenannten Hinweise und Informationen müssen dem Verbraucher zwingend bereits online (z.B. im Rahmen der Artikelbeschreibung) zur Verfügung gestellt werden und zwar so, dass diese in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Garantiewerbung erfolgen.
In der Praxis ist zu empfehlen, dass diese Angaben bei jeder Erwähnung des Begriffs „Garantie“ erfolgen bzw. dabei zumindest mittels eines Hinweises und eines Links auf eine entsprechen Erläuterungsseite verwiesen wird.
Muster der IT-Recht Kanzlei für Werbung mit Hersteller- und Verkäufergarantie
Die IT-Recht Kanzlei stellt ihren Update-Service-Mandanten entsprechende Muster für eine rechtssichere Werbung mit einer Herseller- bzw. Verkäufergarantie zur Verfügung.
Die Muster können hier abgerufen werden.
Einfachste Methode: Vollständiger Verzicht auf die Bewerbung von Garantien
Ein Weg, Abmahnungen wegen fehlerhafter Garantiewerbung zu umgehen, ist der vollständige Verzicht auf eine solche Garantiewerbung.
Der Begriff „Garantie“ muss dann aus dem Repertoire des Verkäufers gestrichen und jegliche Beschreibungen, Darstellungen und Angebote entsprechend bereinigt werden.
Formulierungen wie etwa
- „Garantie“
- „Herstellergarantie“
- „2 Jahre Herstellergarantie“
- „Garantie vorhanden“
- „Herstellergarantie: Ja“
- „mit Garantiekarte“
- „Garantieunterlagen im Lieferumfang“
müssten dann generell restlos entfernt werden.
Dies setzt zudem voraus, dass sämtliche Artikel dann auch künftig frei von der Werbung mit einer Garantie sind.
Dabei lauern jedoch leider eine ganze Menge von typischen Fallstricken, auf die wir im Rahmen dieses Beitrags eingehen.
Muss ich denn nicht sogar aktiv mit der bestehenden Garantie werben?
Viele Händler werden sich nun fragen, ob das „Verschweigen“ einer bestehenden Garantie überhaupt zulässig ist.
Diese Frage ist in der Theorie klar mit „Nein“ zu beantworten.
Denn nach § 312d Abs. 1 in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB ist der Verkäufer ja gerade verpflichtet, den Verbraucher über das Bestehen einer Garantie und deren Bedingungen zu unterrichten. Diese Normen sehen also eine aktive Pflicht zum Erwähnen einer bestehenden Garantie und zur Information über deren Bedingungen vor.
Wird eine für ein Produkt bestehende Garantie also verschwiegen, stellt dies einen abmahnbaren Wettbewerbsverstoß dar.
Die IT-Recht Kanzlei hat für einen Mandanten hierzu bereits im Jahr 2016 eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen lassen, in deren Rahmen das LG München I diese Rechtsauffassung ausdrücklich bestätigt hat.
Weitere Informationen zu dieser (praxisfernen) gesetzlichen Vorgabe finden Sie in diesem Beitrag.
In der Praxis wird – verschweigt ein Händler eine bestehende Garantie – dies derzeit so gut wie nicht abgemahnt, während eine fehlerhafte aktive Werbung mit Garantien ganz vorne dabei ist, was aktuelle Abmahngründe angeht.
Wer also vollständig rechtssicher in Bezug auf Garantien vorgehen möchte, müsste das Bestehen der Garantie erwähnen und die oben dargestellten Hinweis- und Informationspflichten erfüllen.
Fazit
Bei der Werbung mit einer Garantie kann eine ganze Menge schieflaufen. Läuft etwas schief, ist eine Abmahnung meist nur eine Frage der Zeit, da Abmahnungen mit Bezug auf eine Garantiewerbung aktuell wieder hoch im Kurs stehen. So mahnt aktuell der IDO-Verband massiv Verstöße bei der Werbung mit einer Garantie ab.
Derzeit dürfte die praxistauglichste Lösung darin bestehen, gänzlich auf eine Garantiewerbung zu verzichten. Dabei gilt es – wie dargestellt - zahlreiche Fallstricke zu beachten.
Zudem ist diese Praxislösung nicht vollständig rechtssicher, eben weil Händler bei Bestehen einer Garantie nach § 312d Abs. 1 in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB verpflichtet sind, den Verbraucher eben über dieses Bestehen einer Garantie und deren Bedingungen zu unterrichten.
Jedoch wird diese Vorgabe in der Praxis so gut wie nicht abgemahnt.
Aus diesem Grund und aufgrund des Umstands, dass eine rechtsichere (aktive) Garantiewerbung einen erheblichen Recherche- und Pflegeaufwand (Suche nach den zutreffenden Garantiebedingungen bei einer Vielzahl betroffener Artikel, Gefahr wiederum abmahnbarer Inhalte in Garantiebedingungen, die sich Verkäufer dann zu Eigen macht, Aktualisierungsaufwand, da sich Garantiebedingungen regelmäßig ändern), dürfte derzeit das komplette „Verschweigen“ der Garantie, also der vollständige Verzicht auf eine Garantiewerbung der vorzugwürdigere Weg sein.
Hinzu kommt, dass auf Plattformen wie Amazon oder ebay eine rechtssichere Garantiewerbung (technisch) oftmals gar nicht umgesetzt werden kann.
Sie möchten rechtssicher im Ecommerce agieren? Dann nutzen Sie die professionelle Absicherung durch die IT-Recht Kanzlei.
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3 Kommentare
Sind da Formulierung wie "Garantiert morgen geliefert" möglich und was für Folgen kann es haben wenn der Dienstleister die Garantierte Zeit nicht einhalten kann?
Hier passieren nicht nur Flüchtigkeitsfehler, sondern auch IT-Fehler....bei denen Änderungen in einzelnen Produkten nicht abgespeichert werden. An diesen Fehlern verdienen sich die Abmahnvereine eine goldene Nase über Vertragsstrafen. Auch wenn diese eigentlich schuldhaftes Verhalten voraussetzen !
- Änderungen werden in einzelnen Produkten nicht abgespeichert
- Widerrufsbelehrungen hängen in alter Form wieder an - oder auch mal gar nicht
- alte Produkte stellen sich von selbst wieder ein
...alles schon vorgekommen ! Das macht das Abmahnen und kassieren von Vertragsstrafen erst richtig lukrativ ! Einfach nochmal "Garantie" als Suchbegriff in die Shopsuche eingeben und schon findet man den EINEN Artikel, der wieder (oder immer noch ?) falsch ist....