LG Paderborn: Versteckter Hinweis in Datenschutzerklärung unzureichend für E-Mail-Werbung nach § 7 Abs. 3 UWG
E-Mail-Marketing gehört zum Repertoire effektiver und kostengünstiger Werbemaßnahmen. Doch unter welchen Voraussetzungen liegt eine Werbeerlaubnis für E-Mails vor? Das Landgericht Paderborn hat entschieden, ob ein versteckter Hinweis in der Datenschutzerklärung für den rechtmäßigen Versand einer Werbe-Mail ausreichend ist. Erfahren Sie mehr zur Entscheidung des LG Paderborn im folgenden Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
I. Was war geschehen?
Im zugrundeliegenden Sachverhalt erstrebte eine Unternehmerin in den Bereichen Beleuchtungs- und Beschallungsanlagen die Unterlassung des Zusendens von Werbe-E-Mails durch eine Reisevermittlerin.
Die Beklagte betrieb als Online-Reiseanbieterin eine Plattform, über die sie unterschiedliche Produkte, v.a. Flugtickets, Hotelunterkünfte und Pauschalreisen, offerierte. Zu ihrem Angebot zählte auch der Abschluss eines „Q-Abonnements“, für das die Möglichkeit eines ersten kostenlosen Probemonats bestand und Preisrabattierungen auf bestimmte Reiseprodukte der Beklagten für die Abonnenten beinhaltete.
Am 05.09.2023 erwarb der Geschäftsführer der Klägerin bei der Online-Reiseanbietern unter Angabe einer E-Mail-Adresse, die dem Mailserver der Klägerin zuzuordnen ist, Flugtickets für zwei Personen.
Am 13.09.2023 empfing die Klägerin über zuvor verwendete E-Mail-Adresse eine Werbe-E-Mail der Beklagten. Bezüglich der Kontaktaufnahme zur Vermittlung von Reiseprodukten im Zusammenhang mit einer mit der Reiseanbieterin eingegangenen vertraglichen Vereinbarung enthielt die 26-seitige Datenschutzerklärung auf Seite 8 folgenden Hinweis:
"Marketingaktivitäten
Unter bestimmten, im Folgenden beschriebenen Umständen können wir Ihre personenbezogenen Daten für Marketingzwecke nutzen.
Um Ihnen regelmäßig Informationen über reisebezogene Produkte und Dienstleistungen zukommen zu lassen. Sie können sich jederzeit und ganz einfach von der E-Mail-Marketingkommunikation abmelden, indem Sie auf den Abmeldelink klicken, der in dem jeweiligen Newsletter oder jeweiligen anderen Kommunikation enthalten ist."
Auf Seite 23 bis 24 war die Belehrung über das Widerspruchsrecht des Nutzers zu finden. Den Widerspruch bezüglich der Zusendung regelmäßiger E-Mails über Reiseprodukte und -dienstleistungen könne der Nutzer jederzeit durch Anklicken des Abmeldelinks ausüben.
Daraufhin forderte die Klägerin die Beklagte per anwaltlichem Schreiben vom 14.09.2023 (Zugang am gleichen Tag per E-Mail) zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Sperrung der E-Mail-Adresse für Werbung und Zahlung der Abmahnkosten auf. Trotz erneuter Aufforderungen zur sofortigen Unterlassung erhielt die Klägerin in den darauffolgenden Tagen weiterhin Werbe-E-Mails der Online-Reiseanbieterin.
Am 26.09.2023 machte die Klägerin von ihrem Widerspruchsrecht gegen die Zusendung von Werbe-E-Mails mithilfe eines von der Beklagten zur Verfügung gestellten Links Gebrauch. Dennoch gingen der Klägerin am 02.10.2023 und 03.10.2023 weitere Werbe-E-Mails der Reisevermittlerin zu. Am 04.10.2023 erfolgte die Entfernung der E-Mail-Adresse der Klägerin aus dem Verteiler der Beklagten.
Auch auf erneute Aufforderung vom 05.10.2023 hin gab die Reiseanbieterin jedoch keine Unterlassungserklärung ab.
Die Klägerin beabsichtigte nun ihr Vorhaben im Wege der Klage vor dem Landgericht durchsetzen. Sie vertrat die Ansicht, dass sie einen Anspruch auf Unterlassung der Zusendung von Werbe-E-Mails gegenüber der Beklagten geltend machen könne.
Die Beklagte hielt das Unterlassungsbegehren bereits aus dem Grund unbegründet, dass die Formulierung auch gesetzlich erlaubte Handlungen miteinschließen würde, vor allem wenn wie vorliegend die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG erfüllt seien. Denn bei erstmaliger Angabe der E-Mail-Adresse sowie bei jeder weiteren Nutzung, d.h. im Rahmen des Newsletters, hätte ein ausreichender Hinweis an jeden Nutzer auf das Widerspruchsrecht bezüglich der Zusendung von Werbe-E-Mails vorgelegen.
Es stehe auch jedem Nutzer frei, sich bereits während des Buchungsprozess mithilfe des dort bereitgestellten Links von vornherein für eine Abmeldung vom Direktmarketing zu entscheiden. Zudem enthalte jede E-Mail im Rahmen der Direktwerbung einen Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit in Form des anklickbaren Links „Abmelden“.
II. So entschied das LG Paderborn
Das LG Paderborn erteilte der Ansicht der Beklagten eine Absage und verurteilte diese zur Unterlassung (Urteil v. 12.03.2024, Az. 2 O 325/23).
1. Werbemail stellt rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar
Das Gericht sprach der Klägerin einen Anspruch auf Unterlassung der Zusendung weiterer Werbe-E-Mails nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufgrund eines rechtswidrigen Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu. Ein direkter Anspruch aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG komme nicht in Betracht, wenn ein Unternehmen unerwünschte Werbe-E-Mails an ein anderes Unternehmen, das sich nicht in einem Wettbewerbsverhältnis zu diesem befinde, schicke.
Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB führte das Gericht aus, dass der Begriff des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs alles umfasse, was insgesamt den Gewerbetrieb zur Teilnahme und Entwicklung in der Wirtschaft befähige. Darunter seien folglich neben der Existenz des Betriebes als solcher auch die jeweiligen Ausprägungen, wie das geschäftliche Tätigkeitsfeld zu verstehen.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung werte die ohne wirksame Zustimmung an eine geschäftliche E-Mail-Adresse gesendete Werbe-E-Mail als einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Dies treffe vorliegend auf die von der Beklagten versendeten sechs Werbe-E-Mails zwischen dem 13.09.2023 und dem 03.10.2023 zu. Eine wirksame (ausdrückliche) Zustimmung der Klägerin hierzu liege nicht vor.
2. Kein klarer und deutlicher Hinweis auf Widerspruchsrecht (gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG)
Auch der Tatbestand des § 7 Abs. 3 UWG (sog. Bestandskundenprivileg) sei nicht erfüllt. Danach ist in Ausnahme zu § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG keine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post gegeben, wenn
- ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
- der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
- der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
- der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Im vorliegenden Fall sah das Gericht die beiden letzten Anforderungen als nicht erfüllt an.
Die reine Verlinkung der Datenschutzhinweise, die wiederum auf die Marketingaktivitäten der Reisevermittlerin neben einem Hinweis auf den Abmeldelink verweist, stelle keinen klaren und deutlichen Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit bei Abfrage der Adresse dar. Es sei nicht ausreichend, dass die Reiseanbietern in ihren Datenschutzhinweisen erklärt, die Kundendaten werden für Werbezwecke verwendet und der Nutzer könne sich von der E-Mail-Marketingkommunikation abmelden. Dies gelte gerade, wenn der Hinweis ohne textliche Hervorhebung in ein 26-seitiges Schriftstück eingebettet ist.
Die Beklagte hätte zumindest ein anklickbares oder ankreuzbares Kästchen „Ich widerspreche der Verwendung meiner persönlichen Daten zu Werbezwecken“ vorsehen müssen. Zudem sei die Hinterlegung einer Kontaktadresse, an die ein zeitlich nach dem Vertragsschluss erhobener Widerspruch zu senden ist (Postadresse, Telefon- oder Telefaxnummer, E-Mail-Adresse), notwendig.
Dem erforderlichen Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit sei auch nicht dadurch Genüge getan, dass jede an die Adresse der Klägerin zugegangene E-Mail einen Verweis auf die Abmeldung durch einen anklickbaren Link enthalten habe.
Zwar habe die Reisevermittlerin so eine unkomplizierte Möglichkeit zur Sperrung der E-Mail-Adresse zu Werbezwecken bereitgestellt, allerdings mangele es dabei erneut an einem expliziten Hinweis auf das Widerspruchrecht als solches. Die fehlende Erfüllung der Voraussetzungen bleibe auch davon unberührt, dass die Klägerin schließlich selbst über einen Abmeldelink aktiv geworden sei.
Jedenfalls müsse auf die Widerspruchsmöglichkeit bei Abfrage und bei Verwendung der Adresse kumulativ hingewiesen werden. Zumindest bei Erhebung der Adresse sei der Hinweis der Beklagten nicht ausreichend gewesen.
Bereits im anwaltlichen Schreiben der Klägerin vom 14.09.2023 sei ein Widerspruch nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG gegen zukünftige Werbe-E-Mails zu sehen, sodass keine Werbeerlaubnis eingreife und das Unterlassungsbegehren der Klägerin begründet sei.
TIPP: Vertiefende Informationen zum Thema E-Mail-Marketing in Zeiten der DSGVO haben wir in diesem Leitfaden zusammengetragen!
III. Fazit
Nach § 7 Abs. 3 UWG ist die Zusendung von Werbe-E-Mails für Waren oder Dienstleistungen, die der gekauften Ware oder Dienstleistung ähnlich sind, auch ohne Opt-In zulässig, wenn der Verkäufer den Käufer zuvor ausreichend hierüber informiert hat. Ein lediglich versteckter Hinweis in der Datenschutzerklärung auf die Nutzung der E-Mail-Adresse zu Werbezwecken sowie auf das Widerspruchsrecht des Empfängers genügt den Anforderungen des § 7 Abs. 3 UWG nach Ansicht des LG Paderborn nicht. In einem solchen Fall ist die Zusendung von Werbe-E-Mails mangels Transparenz unzulässig.
Wenn Sie wissen möchten, wie Sie das sog. Bestandskundenprivileg nach § 7 Abs. 3 UWG rechtssicher für E-Mail-Werbung nutzen können, sollten Sie diesen Beitrag unbedingt lesen!
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