BGH: Telefonnummer in Widerrufsbelehrung weitgehend zwingend

BGH: Telefonnummer in Widerrufsbelehrung weitgehend zwingend
Stand: 17.12.2020 4 min 2

Verbraucher sind bei der Ausübung Ihres Widerrufsrechts an keine bestimmte Form gebunden. Jede eindeutige Erklärung genügt. Damit kann der Widerruf faktisch auch telefonisch erfolgen. Bislang nicht eindeutig geklärt war aber, ob die Widerrufsbelehrung zwingend auch die Telefonnummer des Händlers ausweisen muss. Das Gesetz sah dies nur vor, soweit eine solche Nummer „verfügbar“ war. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit brachte mit Urteil vom 24.09.2020 (Az. I ZR 169/17) nun der BGH die Klärung: im Online-Handel ist eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung grundsätzlich anzugeben! Lesen Sie mehr zur Entscheidung.

I. Telefonnummer in Widerrufsbelehrung „soweit verfügbar“

Gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB kann der Verbraucher sein Widerrufsrecht durch jedwede eindeutige Erklärung gegenüber dem Unternehmer ausüben. Ausdrücklich ermöglicht wird damit auch der telefonische Widerruf eines Vertrages.

In diesem Zusammenhang fraglich war bislang aber, ob der Unternehmer zur Ermöglichung des telefonischen Widerrufs seine Telefonnummer auch zwingend in der Widerrufsbelehrung angeben muss.

Die gesetzliche Mustervorlage zur Widerrufsbelehrung in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 gibt hierzu in den amtlichen Gestaltungshinweisen zu den Kontaktdaten nämlich Folgendes an:

Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse ein.

Nach dem gesetzlichen Leitbild muss eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung also vorgehalten werden, soweit sie „verfügbar“ ist.

Was nun mit dieser „Verfügbarkeit“ gemeint ist, ist gesetzlich nicht definiert und war insofern lange Zeit Gegenstand von Diskussionen.

Nach einer Ansicht stellte die Verfügbarkeit auf die subjektive Absicht des Unternehmers ab, seinen Telefonanschluss für Widerrufserklärungen verfügbar machen zu wollen. Wolle der Unternehmer also keine telefonischen Widerrufe zulassen, sei bei ihm die Nummer für den Widerruf auch nicht verfügbar.

Die Gegenansicht stellte auf das objektive Vorhandensein eines telefonischen Kontakts für den Verbraucher und gerade nicht auf den Willen des Unternehmers ab. Weise der Unternehmer in Verbindung mit Verbräucherverträgen eine Kontaktrufnummer aus, sei sie verfügbar und mithin auch in der Widerrufsbelehrung anzugeben.

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II. BGH schafft Klarheit: Verfügbarkeit bedeutet Angabe von Telefonnummer in Online-Auftritt

Nach einem jahrelangen Rechtsstreit, der bis zum EuGH führte, schuf der BGH mit Urteil vom 24.09.2020 (Az. I ZR 169/17) nach einem Rückverweis aus Luxemburg nun Klarheit.

Verfügbar im Sinne des amtlichen Gestaltungshinweises sei eine Telefonnummer dann, wenn der Unternehmer durch ihre Anführung in seinem Geschäftsauftritt den Eindruck erwecke, dass er diese Telefonnummer auch für Kontakte mit Verbrauchern nutzen wolle.

Dies bedeutet: Immer dann, wenn der Unternehmer im Vorfeld des Vertragsschlusses eine Kontaktrufnummer zur Verfügung stellt, ist sie auch in der Widerrufsbelehrung anzugeben.

Der Ort der Verfügbarmachung müsse dabei beim Verbraucher den Eindruck erwecken, dass der Unternehmer die Rufnummer für Kontaktaufnahmen auch tatsächlich nutze. Erfüllt ist dies etwa bei Angabe einer Telefonnummer im Footer oder Header einer Webseite, aber auch im Impressum.

Für den Online-Handel ergibt sich daraus ein Zirkelschluss:

Weil Online-Händler grundsätzlich zur Angabe einer Telefonnummer im Impressum verpflichtet sind, machen sie diese verfügbar und müssen sie demnach auch in ihrer Widerrufsbelehrung angeben.

Bei der Wahl der Telefonnummer ist unbedingt darauf zu achten, dass keine teure Mehrwertrufnummer genutzt wird. Nur basistarifliche Mobil- oder Festnetznummern sind zulässig.

III. Muster-Widerrufsformular nicht betroffen

Angegeben muss die Telefonnummer nur in der Widerrufsbelehrung.

Im Muster-Widerrufsformular (unterhalb der Widerrufsbelehrung) ist sie nicht erforderlich. Das Muster-Formular ist nämlich nur für den Widerruf in Textform, also für den schriftlichen Widerruf geeignet. Für telefonische Widerrufserklärungen wird das Formular gerade nicht benötigt.

Wird die Telefonnummer auch im Muster-Widerrufsformular angegeben, ist dies aber natürlich unschädlich.

IV. Rechtstexte der IT-Recht Kanzlei setzen Erfordernis seit langem um

Die Rechtstexte der IT-Recht Kanzlei setzen im Bereich der Widerrufsbelehrung die nun gerichtlich entschiedene Rufnummer-Angabepflicht bereits seit langem um.

Mandanten, welche die professionellen Rechtstexte der IT-Recht Kanzlei für den Online-Handel beziehen, müssen also im Angesicht der Entscheidung keine Änderungen vornehmen.

Die Telefonnummer ist innerhalb der Kontaktangaben der Widerrufsbelehrung schon standardmäßig eingefügt.

V. Fazit

Unternehmer müssen in ihrer Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer angeben, „soweit sie verfügbar ist“.

Nach dem BGH ist eine Telefonnummer verfügbar, wenn sie vom Unternehmer im Zusammenhang mit seiner Geschäftstätigkeit tatsächlich vorgehalten und dadurch beim Verbraucher der Eindruck erweckt wird, diese Nummer sei für Kontaktaufnahmen nutzbar.

Online-Händler müssen in ihren Widerrufsbelehrungen zwingend eine Telefonnummer angeben, weil sie eine solche immerhin im Impressum per Gesetz zur Verfügung zu stellen verpflichtet sind.

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2 Kommentare

A
AB 12.12.2024, 12:14 Uhr
Dr.
Und warum entscheiden sämtliche Richter in 1 Instanz anders im Fall Tesla? In der Verhandlung wird sogar öffentlich kommentiert, dass sich alle Richter abgesprochen hätten. Ein sehr zweifelhaftes Rechtssystem!?
S
Stiller Esel 05.06.2024, 13:56 Uhr
Titel? Beim Gerichtsvollzieher!
Gut dargestellt!

:-)

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