Werbung mit zuckerfrei/ohne Zucker: Strenge lebensmittelrechtliche Voraussetzungen

Werbung mit zuckerfrei/ohne Zucker: Strenge lebensmittelrechtliche Voraussetzungen
Stand: 01.03.2022 3 min

Verbraucher legen zunehmend Wert auf eine kohlenhydratarme Ernährung. Ernährungsphysiologisch besonders ratsam ist hierbei der bestmögliche Verzicht auf stark zuckerhaltige Nahrungsmittel. Dass die Zulässigkeit solcher Angaben aber an strikte lebensmittelrechtliche Bedingungen geknüpft ist und bei Missachtung ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß gegen die EU-Health-Claims-Verordnung drohen kann, zeigt eine aktuelle Abmahnung.

I. Zuckerfreiheit nur bei Unterschreiten zulässiger Höchstschwellen bewerbbar

Die werbliche Behauptung, ein Lebensmittel sei zuckerfrei oder enthalte „keinen Zucker“, soll dessen besondere positive Nährwerteigenschaften zum Ausdruck bringen.

Suggeriert wird nämlich, dass der Nährstoff „Zucker“ als Kohlenhydrat in stark vermindertem bzw. nicht nachweisfähigem Maß enthalten ist.

Damit handelt es sich bei den Angaben „zuckerfrei“ und „ohne Zucker“ um nährwertbezogene Angaben im Regelungsbereich der EU-Health-Claims-Verordnung (VO (EU) Nr. 1924/2006).

Nach der Verordnung ist die Werbung mit nährwertbezogenen Angaben stark reglementiert, es gilt ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.

Nährwertbezogene Angaben für Lebensmittel dürfen nach Art. 8 der Verordnung nur eingesetzt werden, wenn sie im Anhang der Verordnung als solche zugelassen sind und ferner den für jede Angabe festgesetzten spezifischen Bedingungen entsprechen.

Für die Angabe, ein Lebensmittel sei zuckerfrei, sowie für alle bedeutungsgleichen Angaben, existieren im Anhang der Health-Claims-Verordnung spezifische Bedingungen.

Danach ist die Werbung mit „zuckerfrei“ oder einer bedeutungsgleichen Aussage nur zulässig, wenn das beworbene Produkt nicht mehr als 0,5g Zucker pro 100g bzw. 100ml enthält.

Werden diese Grenzwerte überschritten, verstößt die Werbung gegen Art. 8 der Health-Claims-Verordnung, ist unzulässig und über § 3a UWG auch als Wettbewerbsverstoß ahndungsfähig.

Abgestellt wird auf den Gesamtzuckergehalt. Ob Glukose oder Fruchtzucker enthalten sind, spielt keine Rolle.

Einen Leitfaden zur EU-Health-Claims-Verordnung mit allen Voraussetzungen und Anforderungen sowie mit diversen Fallbeispielen und Rechtsprechungsdetails stellen wir hier bereit.

Banner Premium Paket

II. Abmahnung adressiert beworbene Zuckerfreiheit für zuckerhaltiges Müsli

Die strengen lebensmittelrechtlichen Werbevoraussetzungen für die Zuckerfreiheit sind jüngst Gegenstand einer Abmahnung durch den „Verband Sozialer Wettbewerb e.V.“ geworden.

Ein Händler hatte in seinem Online-Shop ein Müsli mit den Zusätzen „zuckerfrei“ und „ohne Zucker“ beworben. Laut einschlägiger Nährwertdeklaration belief sich der Zuckergehalt pro 100g allerdings auf 12g.

Das für die Zulässigkeit der nährwertbezogenen Werbung gesetzlich festgesetzte Höchstmaß von 0,5g Zucker war bei weitem überschritten, sodass die Aussagen des Händlers als Irreführung und als Verstöße gegen die Health-Claims-Verordnung gerügt wurden.

Der unzulässig werbende Händler wurde zur Zahlung von Abmahnkosten i.H.v. 238,00€ sowie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

III. Fazit

Die Werbung mit „zuckerfrei“ oder „ohne Zucker“ für Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel ist an strenge lebensmittelrechtliche Zulässigkeitsbedingungen der Health-Claims-Verordnung geknüpft.

So geworben werden darf nur, wenn das Produkt einen Zuckergehalt von maximal 0,5g pro 100g oder 100ml nicht überschreitet.

Verstöße gegen diese Anforderungen sind wettbewerbsrechtlich abmahnbar.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle: Iuliia Pilipeichenko / shutterstock.com

Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

0 Kommentare

Beiträge zum Thema

LG Bochum: Werbung mit "Müdigkeitsverringerung" auf Müsliverpackung ist unzulässig
(18.03.2024, 11:37 Uhr)
LG Bochum: Werbung mit "Müdigkeitsverringerung" auf Müsliverpackung ist unzulässig
Verbot von Werbung für Botanicals mit gesundheitsbezogenen Angaben?
(16.08.2023, 14:45 Uhr)
Verbot von Werbung für Botanicals mit gesundheitsbezogenen Angaben?
OLG Hamburg: „Kann“ - bei gesundheitsbezogener Werbung bereits irreführend
(19.12.2022, 16:52 Uhr)
OLG Hamburg: „Kann“ - bei gesundheitsbezogener Werbung bereits irreführend
Gratwanderung : Werbung für Lebensmittel mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben
(23.09.2022, 10:28 Uhr)
Gratwanderung : Werbung für Lebensmittel mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben
Irreführung durch Verlinkung auf fremde Online-Werbung mit unzulässigen Wirkungsaussagen?
(02.08.2022, 15:36 Uhr)
Irreführung durch Verlinkung auf fremde Online-Werbung mit unzulässigen Wirkungsaussagen?
LG Osnabrück: Kategoriename als unzulässige Wirkungsaussage für Nahrungsergänzungsmittel
(21.07.2022, 11:31 Uhr)
LG Osnabrück: Kategoriename als unzulässige Wirkungsaussage für Nahrungsergänzungsmittel
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder

Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de
© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei