Rolle Rückwärts: JusProg ist laut VG Berlin doch ein geeignetes Jugendschutzprogramm!

Rolle Rückwärts: JusProg ist laut VG Berlin doch ein geeignetes Jugendschutzprogramm!
14.11.2019 | Lesezeit: 4 min

Kürzlich entschied die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), dass das Jugendschutzprogramm „JusProg“ nicht die Voraussetzungen des JMStV erfülle. Der Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. ist gegen die Entscheidung vorgegangen. Daraufhin hat das VG Berlin nun im Eilverfahren die Anerkennung des Programms (vorerst) wiederhergestellt. Online-Anbieter von entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten im Sinne des § 5 JMStV fragen sich jetzt zu Recht, wie das Hin und Her in den letzten Wochen zu bewerten ist. Wir bringen Licht ins Dunkel!

Was bisher geschah

Nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) wird der einheitliche Schutz von Kindern bzw. Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, gewährleistet.

Anbieter solcher Dienste müssen nach § 5 Abs. 1 JMStV sicherstellen, dass Kinder/Jugendliche der betroffenen Altersstufen jugendgefährdende Angebote, die durch ihre Dienste verbreitet bzw. verfügbar gemacht werden, üblicherweise nicht wahrnehmen.

Eine Möglichkeit, diese Pflichten zu erfüllen, ist die Errichtung technischer Vorkehrungen (§ 5 Abs. 3 JMStV). Diese können im Rahmen von zeitliche Grenzen der Abrufbarkeit oder Eingabe eines Jugendschutz-PIN oder eines Altersverifikationssystems umgesetzt werden.

Nach § 11 Abs. 1 JMStV können Anbieter beeinträchtigender/gefährdender Inhalte zum Schutz auch Jugendschutzprogramme einsetzen, welche „geeignet“ im Sinne des JMStV sind. Diese lesen die Alterskennzeichnungen nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 aus und erkennen Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu beeinträchtigen.

Tipp: Die IT-Recht Kanzlei hat das Thema Jugendschutzprogramme im Beitrag "Jugendschutzprogramme – eine alternative Zugangskontrolle auf dem Vormarsch?" kompakt aufbereitet!

Ein solches Programm ist „JusProg“. Dieses wurde jedoch von der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) mit Pressemittteilung vom 15.05.2019 als ungeeignet erklärt. Aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses wurde die sofortige Vollziehung der Maßnahme beschlossen. Von einem Tag auf den anderen war JusProg somit nicht mehr rechtssicher einzusetzen.

Tipp: Die IT-Recht Kanzlei hat das Thema Jugendschutz im Internet im Beitrag "Akt, Erotik oder Pornographie? Der Jugendschutz bei sexuellen Inhalten im Internet" kompakt aufbereitet!

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VG Berlin: JusProg ist doch geeignetes Jugendschutzprogramm (zumindest vorerst)!

Der Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM) ist gegen die Entscheidung gerichtlich vorgegangen. In einem Eilverfahren hat der VG Berlin (Beschl. v. 28.08.2019, Az. 27 L 164.19) die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt, sodass das Jugendschutzprogramm „JusProg“ vorerst wieder als „geeignet“ gilt und damit zulässig ist.

Hintergrund der Einstufung des JusProg als „ungeeignet“ war die Tatsache, dass JusProg nicht für alle Desktop- und mobilen Betriebssysteme zur Verfügung steht. Dies stehe einer Eignung grundsätzlich entgegen, da so wesentliche Teile der Nutzung von Medieninhalten durch Minderjährige nicht erfasst würden, so die KJM.

Dieser Argumentation folgte der VG Berlin im Eilverfahren jedoch nicht. Nach Ansicht des VG Berlin sei ein Jugendschutzprogramm nicht bereits dann ungeeignet, wenn dieses nicht auf allen relevanten Betriebssystemen verfügbar ist. Eine solche Auslegung des § 11 JMStV sei unter Betrachtung des Wortlauts, der Gesetzeshistorie, der Systematik oder des Zwecks des JMStV nicht haltbar.

Bereits der Wortlaut des § 11 JMStV lasse keine Rückschlüsse darauf zu, dass ein Jugendschutzprogramm auf allen relevanten Betriebssystemen verfügbar sein müsse. Auch die Gesetzeshistorie liefere dafür keine Anhaltspunkte. Vielmehr betonten die Richter, dass eine im Prozess der Entwurfsfassung des JMStV vorgesehene Formulierung („außerdem sollen sie [die Jugendschutzprogramme] jeweils für die am meisten genutzten Betriebssysteme zur Verfügung stehen“) es nicht in die gültige Fassung des JMStV geschafft habe.

Schließlich spreche auch der Sinn und Zweck des JMStV gegen eine Auslegung dahingehend, dass die Verfügbarkeit eines Jugendschutzprogrammes für alle relevanten Betriebssysteme gewährleistet sein muss.

Es sei Ziel der Neuregelung des § 11 JMStV gewesen, den technischen Jugendmedienschutz zu stärken und zu fördern. Diesem Sinn und Zweck würde es jedoch widersprechen, wenn allzu strenge Anforderungen an die Geeignetheit von Jugendschutzprogrammen die Entwicklung solcher technischen Mittel verhindern würde.

Fazit

Vor dem Hintergrund der vorläufigen Entscheidung des VG Berlin entfällt vorerst die Notwendigkeit Maßnahmen zur Überbrückung zu ergreifen. Die Richter haben die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt, sodass das Jugendschutzprogramm „JusProg“ vorerst wieder als „geeignet“ gilt und gefahrlos eingesetzt werden kann. Wer trotzdem auf Nummer Sicher gehen möchte, kann noch andere Möglichkeiten (§ 5 Abs. 3 JMStV) nutzen, um seinen Pflichten nachzukommen. Neben zeitlichen Zugangssperren sind auch technische Alterskontrollen einsetzbar.

Das Hauptsacheverfahren geht nun vor dem VG Berlin weiter. Auch wenn einiges dafür spricht, dass die Geeignetheit von JusProg auch im Hauptsacheverfahren bestätigt wird, kann noch keine endgültige Entwarnung für Benutzer des Jugendschutzprogramms JusProg gegeben werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

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