Vergaberecht: OLG Naumburg zu Dokumentationsmängeln in der Vergabeakte
Das OLG Naumburg hat sich in seinem Beschluss vom, 20.09.2012, (Az.2Verg4/12) zu einer Frage geäußert, die viele Vergabestellen bewegt. Wann und wie ist eine Vergabeakte zu führen und kann sie auch noch rückschauend ergänzt werden?
§§ 20Abs. 1 VOB/A20 00, 20 VOL/A und 24 EG VOL A schreiben vor, dass
- das Vergabeverfahren zeitnah so zu dokumentieren ist, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen in Textform festgehalten werden (VOB/A),
- das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend zu dokumentieren ist, so dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden(VOL/A).
Diese Regelungen ergeben sich aus dem Transparenzgebot (vgl. § 97 I GWB). Sinn ist, dass der Einsicht Nehmende jederzeit erkennen soll, in welchem Stadium sich das Verfahren gerade befindet. Die Regelungen in der VOB/A und in der VOL/A sehen daher vor, dass die Vermerke „zeitnah“ (VOB/A) bzw. „von Anbeginn“ (VOL/A) zu erfolgen haben. Allein aus diesen Formulierungen und vor dem Hintergrund des Sinns der Vorschriften kann geschlossen werden, dass die Dokumentation nicht erst am Ende des Verfahrens durch den Vergabevermerk vorzunehmen ist, sondern fortlaufend und zeitnah.
Das OLG Naumburg entschied daher auch folgerichtig, dass
"Ein aus rückschauender Betrachtung gefertigter, den Verlauf des Vergabeverfahrens zusammenfassender Vergabevermerk genügt nicht den Anforderungen des § 20 Abs. 1 VOB/A 2009. Der öffentliche Auftraggeber ist vielmehr verpflichtet, die Gegenstände der Dokumentation im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Geschehen zu erfassen, d.h. eine Vergabeakte zu führen, in der Protokolle, Ablichtungen oder Ausdrucke der schriftlichen bzw. elektronischen Korrespondenz sowie erforderlichenfalls Einzelvermerke abgelegt und verwahrt werden."
Der zu entscheidenden Fall wies die Besonderheit auf, dass die Vergabeakte undatierte Vergabevermerke enthielt. Es stand also für das Gericht nicht fest, wann die Entscheidung der Vergabestelle dokumentiert worden war (zeitnah oder nachträglich?). Dies erfüllte nach Ansicht des Gerichts nicht die Anforderungen des Transparenzgebotes.
Das Gericht befand, das ein Vergabevermerk, der nicht datiert sei, die Dokumentationspflichten für öffentliche Auftraggeber nicht erfülle. Die VOB/A verlange einen chronologischen Vergabevermerk, der zeitnah nach der jeweiligen Entscheidung des Auftraggebers während des Vergabeverfahrens vervollständigt werde. Bei dem vorgelegten Vergabevermerk sei darüber hinaus erkennbar, dass er erst am Ende des Vergabeverfahrens gefertigt worden sein konnte, weil er bereits inhaltliche Stellungnahmen zum Nachprüfungsantrag eines Bieters enthalte. Das Gericht weist darauf hin, dass abweichend von der früheren Rechtslage(VOB/A 2006) ein rückschauender und zusammenfassender Vermerk über den Verlauf des Vergabeverfahrens nicht mehr ausreiche. Der Auftraggeber müsse eine Vergabeakte führen, in der Protokolle zu allen Entscheidungen, der Korrespondenz und weitere maßgebliche Dokumente immer aktuell abzuheften seien. Diese Anforderungen an eine Vergabeakte seien notwendig, um nachträgliche manipulative Darstellungen auszuschließen. Dies dient dem Schutz der Bieter.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Naumburg erging zur VOB/A 2009 im Vergleich zu ihrer Vorgängervorschrift aus dem Jahr 2006. Auch schloss das Gericht aus dem Inhalt des undatierten Vergabevermerks, dass er erst nachträglich und nicht zeitnah erstellt worden war. Es steht also nicht fest, ob der strenge Maßstab auch für jeden Vergabevermerk gilt, der lediglich undatiert ist. Dennoch gilt das vom Gericht aufgestellte Verbot der nachträglichen rückschauenden Dokumentation wohl auch für die §20EGVOB/A (2012) und die entsprechenden Vorschriften der VOL/A 2009.
Tipp:
Siehe hierzu auch die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Thüringen - Beschluss vom 23.06.2009; Az.: 1 Ws 222/09
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1 Kommentar
nur noch mal ganz kurz:
R E C H T I S T, W A S D E M S T A A T E N Ü T Z T !
( Staatsbedienstete diskreditieren sich natürlich untereinander nicht, dass hatte doch schon früher Tradition )
Es tut mir wirklich sehr leid für unsere mittlerweile so verkommene Rechtsprechung ,für dieses Urteil
( Urteilsbegründung ) gibt es jedoch keinerlei Entschuldigung. Da konnte-n der / die Richter bei Ihrer Urteilsbegründung sich immer und immer wieder die größte Mühe geben alles so fein wie nur möglich zu zerhacken um anschließend dann wieder alles in Ihre vorgefasste Form zusammen zu fügen.
Nein nochmal, wie weit ist es doch mit unserer Deutschen Rechtsprechung nur wieder gekommen ?
Ach so, ja, es war wohl doch schon immer so, dass die eine Krähe der anderen Krähe kein Auge aushackt.
Für einen halbwegs klardenkenden und Rechtsempfindenden Menschen ist das einfach nur Peinlich.
Mit freundlichem Gruß
Kl.-Dieter Redler