Telefonnummer als Pflichtangabe im Bestellformular?

Telefonnummer als Pflichtangabe im Bestellformular?
von Dr. Bea Brünen
08.07.2016 | Lesezeit: 6 min

In vielen Online-Shops ist die Angabe der Telefonnummer im Bestellprozess verpflichtend. Doch ist dies aus datenschutzrechtlicher Sicht überhaupt zulässig?

1. Telefonnummer als personenbezogene Information

Verarbeiten, nutzen oder erheben Shop-Betreiber auf ihrer Webseite unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen sogenannte personenbezogene Daten, müssen sie bestimmte Informationspflichten erfüllen. Unter personenbezogene Daten fallen grundsätzlich alle Informationen, über die irgendwie ein Personenbezug hergestellt werden kann, wie der Name, die Anschrift, das Geburtsdatum und auch die Telefonnummer. Die Erhebung, Speicherung und Weitergabe solcher sensibler Daten muss zudem immer durch ein Gesetz erlaubt sein oder es muss eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegen.

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2.Abfrage der Telefonnummer zur Abwicklung des Vertrags grundsätzlich erforderlich?

Das Gesetz erlaubt das Erheben, Speichern und die Weitergabe personenbezogener Daten beispielsweise, wenn es zur Erfüllung und Abwicklung eines Vertragsverhältnisses, also zum Beispiel des Kaufvertrages bei einem Online-Kauf, erforderlich ist (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG). Die Abfrage der personenbezogenen Daten darf nur Mittel zum Zweck der Vertragserfüllung ein. Deshalb ist auch die Erhebung und Weitergabe der Adressdaten des Kunden an das Versandunternehmen in der Regel zulässig, da die Ware ansonsten nicht zugestellt werden kann und eine Vertragserfüllung nicht möglich wäre.

Es stellt sich daher die Frage, ob der Shop-Betreiber die Telefonnummer des Kunden benötigt, um seine Pflichten aus dem Vertrag zu erfüllen. Grundsätzlich werden lediglich die Anschrift des Empfängers sowie seine Kontaktdaten für die Abwicklung des Vertrags erforderlich sein, nicht hingegen die Telefonnummer. Die Abfrage der Telefonnummer im Bestellprozess ist nach Einschätzung der IT-Recht Kanzlei daher grundsätzlich nicht von § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG gedeckt und bedarf daher der Einwilligung des Kunden.

3. Verstoß gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit?

Eine Einwilligung des Kunden in die Abfrage der Telefonnummer, beispielsweise durch eine Datenschutzerklärung, nutzt dem Shop-Betreiber jedoch herzlich wenig, wenn die Erhebung der Telefonnummer gegen weitere Vorschriften des Datenschutzrechts verstößt und deshalb unzulässig ist. Dabei ist insbesondere an einen Verstoß gegen einen der wesentlichen Grundsätze des deutschen Datenschutzrechts zu denken: den Grundsatz der Datensparsamkeit (§ 3a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)). Dieser verlangt, dass so wenige personenbezogene Daten wie möglich erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Soweit möglich, sind diese Informationen zu anonymisieren oder zu pseudonymisieren. Für die Vertragsabwicklung genügt die Erhebung der Adress- und Kontodaten. Die Abfrage der Telefonnummer ist grundsätzlich nicht erforderlich. Daher verstößt die verpflichtende Erhebung dieser Information nach Einschätzung der IT-Recht Kanzlei gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit.

4. Versandunternehmen fordern Telefonnummer

Einige Versandunternehmer fordern dennoch von den Händlern zusätzlich zu der Lieferadresse die Weitergabe der Kundentelefonnummer. Soweit ersichtlich ist bspw. ein Express-Versand bei sämtlichen Versanddienstleistern nur möglich, wenn die Telefonnummer des Kunden genannt wird. Begründet wird die Notwendigkeit der Weitergabe der Telefonnummer mit einer vereinfachten und vor allem rechtzeitigen Zustellung. In der Praxis unternehmen Versanddienstleister jedoch (auch beim Express-Versand) oft mehrere Zustellversuche, geben das Paket beim Nachbarn oder in einem Paketshop ab. Die Fälle, in denen Versandunternehmer den Kunden tatsächlich anrufen, um mit ihm den Liefertermin abzusprechen, stellen eine Seltenheit dar.

Für den Shop-Betreiber folgt aus der zwingenden Weitergabe der Telefonnummer jedoch folgendes: Entscheidet sich der Händler dafür, bestimmte Versanddienstleistungen wie den Express-Versand nicht anzubieten ist die Abfrage der Telefonnummer nicht erforderlich, sondern verstößt –wie oben dargestellt – gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit und Datenvermeidung.

Möchten Händler Versanddienstleistungen wie den Express-Versand anbieten und entscheidet sich ein Kunde für diese Versandart, ist für den Händler eine Vertragsabwicklung nur möglich, wenn er die Telefonnummer des Kunden abfragt. Denn nur dann wird das Paket vom Versandunternehmen an den Kunden versendet. In diesem Fall ist die Abfrage und Weitergabe der Telefonnummer nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei von § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG gedeckt und verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des Datenschutzrechts. Das Bestellformular sollte jedoch so gestaltet werden, dass das Pflichtfeld „Telefonnummer“ nur erscheint, wenn der Kunde eine Versanddienstleistung wählt, für die das Versandunternehmen eine zwingende Weitergabe der Telefonnummer fordert.

5. Wichtig zu wissen: Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit ist (bislang) rechtlich folgenlos

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Datenvermeidung ist nach deutschem Recht rechtlich ohne Folgen. Der Gesetzgeber hat den Grundsatz der Datensparsamkeit ausdrücklich als reine Zielvorgabe ohne Sanktionsmöglichkeit vorgesehen (vgl. auch BT-Drs. 16/13567, S. 17). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm :„Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten und die Auswahl und Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen sind an dem Ziel auszurichten, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen“.

Für neuen Wind sorgt jedoch die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Obwohl sie bereits durch die amtliche Verkündung in Kraft trat, gilt sie unmittelbar erst ab dem 25. Mai 2018 und ist deshalb hinsichtlich ihrer Regelungen erst ab diesem Zeitpunkt verbindlich. Konkret schreibt Artikel 5 c) DSGVO vor, dass personenbezogene Daten „dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein muss („Datenminimierung“)“. Bei Verstößen gegen die Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten sieht die DSGVO verschieden ausgestaltete Sanktionsmöglichkeiten vor, insbesondere ein direktes Klagerecht (Art. 79 Abs. 1 DSGVO) und einen (materiellen und immateriellen) Schadensersatzanspruch des Betroffenen (Art. 82 Abs. 1 DSGVO). Über die konkreten Auswirkungen der DSGV auf den Grundsatz der Datensparsamkeit informiert Sie die IT-Recht Kanzlei in Kürze in der Serie zur neuen DSGVO.

6. Abfrage der Telefonnummer für Lieferterminabsprache erforderlich?

Anders hingegen ist die Situation im Zusammenhang mit Speditionsfirmen zu bewerten, die den Kunden zwecks Absprache des Liefertermins kontaktieren müssen und aus diesem Grund vom Shop-Betreiber die Abfrage und Weitergabe der Kundentelefonnummer verlangen. Auch in diesem Fall stellt sich die Frage, ob der Shop-Betreiber die Telefonnummer des Kunden benötigt, um seine Pflichten aus dem Vertrag zu erfüllen. Dann wäre die Abfrage der Telefonnummer von § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG gedeckt.

Nach Einschätzung der IT-Recht Kanzlei dient die Erhebung der Telefonnummer in diesem Fall nur als Mittel zum Zweck, nämlich der Vertragserfüllung durch die Auslieferung. Allein die Abfrage der Adress- und Kontodaten ist für die Vertragsabwicklung nicht ausreichend. Eine Kommunikation zwischen dem Spediteur und dem Kunden zwecks Liefertermin-Besprechung über andere Kommunikationsmittel, beispielsweise per E-Mail, ist zudem nicht besonders praxistauglich. Die Abfrage der Telefonnummer dient bei solchen Verträgen somit nach Auffassung der IT-Recht Kanzlei der Abwicklung des Schuldverhältnisses und ist von § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG gedeckt. Daher liegt hier auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit vor.

7. Fazit

Die verpflichtende Abfrage der Telefonnummer im Bestellprozess verstößt nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei grundsätzlich gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit und Datenvermeidung. Kein Verstoß gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit liegt jedoch vor, wenn Speditionsfirmen mit der Auslieferung der bestellten Ware beauftragt werden. In diesem Fall ist die Abfrage der Telefonnummer nach Einschätzung der IT-Recht Kanzlei zudem von § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG gedeckt und daher zulässig.

Bislang ist der Verstoß gegen das Gebot der Datensparsamkeit rechtlich ohne Folgen. Die IT-Recht Kanzlei wird Sie im Rahmen der Serie über die neue DSGVO darüber informieren, welche Auswirkungen die neuen europäischen Vorschriften konkret auf das Gebot der Datensparsamkeit haben werden.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


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8 Kommentare

P
Paulberger 09.10.2024, 09:09 Uhr
? gesetzliche Pflicht bei Online-Apotheke ?
Auf der Webseite einer Online-Apotheke wird ohne Nennung eines Paragraphen gesagt: " Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, uns mit der Bestellung eine Telefonnummer anzugeben. "
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Gibt es so eine Rechtsnorm ?
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Widerspricht oder hebt diese etwaige Rechtsnorm die von Ihnen in Ihrem Erläuterungstext auf Ihrer Seite 'telefonnummer-pflichtangabe-bestellformular.html' genannten Argumente ?
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SIe finden den Satz in den Fußnotentexten dieser Online-Apotheke hier:
https://www.shop-apotheke.com/
und dort im letzten Satz der Fußnote 28 geschrieben.
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Marietta Paulberger
P
Patrick 13.12.2023, 20:44 Uhr
keine Nummer
Inzwischen ist es leider gängige Praxis geworden, dass fast jeder Shop eine Telefonnummer erzwingen möchte. Ich gebe dann grundsätzlich Zufallszahlen an. Ich möchte nicht angerufen werden, außerdem möchte ich meinen Datensatz nicht unnötig durch weitere Angaben aufwerten. Es wird schon regelmäßig genug Schindluder getrieben, das fängt mit ungewollten Newslettern an und geht weiter zum ungeplanten oder auch geplanten Datenabfluss an dritte. Ich entscheide selber ob ein Verkäufer evtl. meine Nummer haben muss oder nicht, jeder Zwang ist eine totale Unverschämtheit.
K
Katja 10.03.2021, 14:00 Uhr
Telefonnummer als Pflichtangabe bei Shop Registrierung
Wir bieten im Shop Textilien an die der Kunde mit Hilfe eines Konfigurators selbst gestalten kann. Oft ist es der Fall, dass es kleine Probleme gibt die man per Telefon in 30 Sekunden lösen kann. Würde man das per Mail versuchen, schreibt man sich die Finger wund und zwar beide, der Kunde und ich.
Wie sieht es mit der Gesetzgebung da aus???
m
mupan 27.12.2018, 08:16 Uhr
Schutz des Kunden vor sich selbst?
Die Kommentare pro Telefonnummer als Pflichtangabe laufen alle auf eine Grundannahme heraus, dass der Shopbetreiber mich vor mir selbst schützen müsse. Wenn ich mich bei der Real-Life- oder der Mailadresse verschreibe, hab ich ein Problem, nicht der Verkäufer und nicht der Paketversender. Dass Versanddienstleister, die oft nicht mal die Klingel finden, ihr Telefon in die Hand nehmen, um eine Adresse zu klären, finde ich eine lustige Vorstellung.

In Zeiten der VoIP-Telefonie haben doch viele 3 Nummern und nutzen vielleicht nur 1 oder 2, da könnte man doch die andere für solche Zwecke nutzen?
H
Herr Herrmann Mann 21.03.2018, 14:37 Uhr
Inkasso Telefon
Ich wurde von einem Inkasso-Unternehmen sehr wohl telefonisch belästigt. Und zwar mehrere Wochen lang, in denen ich die Anrufe immer verpasste (ich telefonier sonst selbst kaum) - bis irgendwann auf den letzten. Allerdings war dem Inkasso-Unternehmen klar, dass sie von mir kein Geld sehen werden, also war das womöglich der (vor-)letzte Erpressungsversuch.
J
Jörg 31.07.2016, 09:22 Uhr
kein
Argumentation, warum eine Telefonnummer als Pflichtangabe "... zur Erfüllung und Abwicklung eines Vertragsverhältnisses, also zum Beispiel des Kaufvertrages bei einem Online-Kauf, erforderlich ..." sein kann: Wenn ein Kunde online bestellt und der Unternehmer eine Angabe zur Lieferzeit macht (machen muss), dann können verschiedene Hindernisse auftreten: Der Kunde kann sich bei der Eingabe seiner Mailadresse verschreiben (fehlende oder vertauschte Buchstaben) oder seine Mails nicht erhalten (weil z. B. sein Postfach voll ist). Der Unternehmer könnte nun den Kunden postalisch informieren, würde damit aber bereits sicher seine Lieferzeit (laut anderer Beiträge hier AGB bzw. Vertargsbestandteil) überschreiten. Wir verwenden einen Bestellablauf, bei dem der Kunde erst nach Verarbeitung der Bestellung eine Rechnung zur Vorkasse Zahlung erhält. Vorher kann er keine Zahlung leisten (keine Bankverbindung im Shop). Sollte es nicht möglich sein, den Kunden per Mail zu erreichen, ist ohne Telefonnummer eine Kontaktaufnahme nicht oder schwer möglich.
o
oppel 23.07.2016, 09:57 Uhr
frau
Wenn man online, z.B. bei Ebay, einkauft, gibt es Firmen, bei denen man ohne Angabe der Telefon-Nr. nicht einkaufen kann. Das ist schlichtweg Erpressung.





Im übrigen zum Beitrag von Bartsch:
Das Inkassounternehmen möchte ich sehen, das seine Klienten telefonisch kontaktiert.
B
Bartsch 22.07.2016, 12:15 Uhr
Telefonnummer ein Verstoss
Wenn ein Kunde seine Adresse versehentlich falsch angibt, seine Rechnung bezahlt oder es zu anderen Problemen kommt, ist die Telefonnummer sehr wohl für die Abwicklung hilfreich.

Es ist sehr wohl im Interesse des Kunden, dass der Vertragspartner ihn auch kontaktieren kann. Emails können im Spam landen. Briefe im Papierkorb oder im falschen Briefkasten.
Infolgedessen ist es auch akzeptiere Praxis, dass ein beauftragte Inkassounternehmen (z.B. Creditreform) den Schuldner auch telefonisch kontaktiert, um eventuelle Konflikte schon so schnell zu lösen. Daher kann ich nicht zustimmen, dass es gegen den besagten § verstößt die Nummer zu erfragen.
Auch ein Kunde kann sich erheblich in einer Bestellung irren, da kann ein Mitdenken des Händlers helfen und ein Telefonat unerfreuliche Falschlieferungen vermeiden. Oder soll der Händler tatsächlich 1000 Säcke Sand liefern? Ich sehe es als Kundenservice. Wenn der Kunde es freiwillig angeben kann, hat er selbst seine freie Willensentscheidung getroffen diese Angaben zu machen. Eine Pflicht macht natürlich in bestimmten Situationen auch nicht viel Sinn, aber eine pauschale Ablehnung der Angabe einer Telefonnummer steht im generellen Konflikt zum Kundenwunsch.

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