Verzicht auf Preisangaben im Online-Shop: Ist das zulässig?
Einkaufspreise sind für Kunden entscheidend, um Vergleiche anstellen und fundierte Entscheidungen treffen zu können. Teilweise möchten Händler die Preise online jedoch nur auf Anfrage preisgeben, z.B. aufgrund dynamischer Preisgestaltung. Ob dies rechtlich zulässig ist oder ob immer Gesamtpreise angegeben werden müssen, wird in diesem Beitrag erläutert.
Inhaltsverzeichnis
§ 3 Abs. 1 PAngV: Eine Vorschrift, zwei Meinungen
Rechtliche Diskussionen darum, ob eine allgemeine Pflicht zur Darstellung von Preisen im Internet besteht, gehen auf die Gesamtpreisausweisungspflicht nach § 3 Abs. 1 PAngV zurück.
Nach dieser Vorschrift gilt:
Wer als Unternehmer Verbrauchern Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Gesamtpreise anzugeben.
Ein Gesamtpreis ist gemäß § 2 Nr. 3 PAngV der Preis, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder eine Leistung zu zahlen ist.
Gemäß dem Wortlaut der Norm müssen Gesamtpreise, also Preise, welche alle Preisbestandteile enthalten, in jedem Angebot und in jeder preisbezogenen Werbung angeführt werden.
1.) Produktpräsentationen im Internet immer Angebote i.S.d. § 3 PAngV?
Diverse Wettbewerbshüter haben sich auf Grundlage dieser Vorschrift in der Vergangenheit im Recht gesehen, vorenthaltene Preise im Internet (und gar im stationären Handel in Schaufenstern) als wettbewerbswidrig zu betrachten.
Konstellationen, in denen ein Preis auf Produktseiten nicht offengelegt oder nur auf Anfrage mitgeteilt wird, sollten nach Ansicht vieler gegen § 3 Abs. 1 PAngV verstoßen.
Bestätigt wurde diese Auffassung zunächst auch gerichtlich. So entschied das LG München I mit Urteil vom 31.03.2015 (Az: 33 O 15881/14) für eine Webseite ohne Preisangaben, auf der sich Möbel bis zur Wunschausfertigung konfigurieren ließen, dass die fehlende Darstellung von Preisen gegen § 3 Abs. 1 PAngV verstoße.
Nach Ansicht der Richter stellten hinreichende Produktpräsentationen im Internet, die alle wesentlichen Produkteigenschaften offenlegten, „Angebote“ im Sinne der Vorschrift dar, bei denen der Preis nicht vorenthalten werden dürfe.
Aber gibt die Vorschrift eine solche Auslegung wirklich her?
2.) Erst Preisangabe macht Produktpräsentation auch zum Angebot
Um als preisausweisungspflichtiges Angebot zu gelten, müssen mit der Rechtsprechung einige Voraussetzungen erfüllt sein.
Der „Angebotsbegriff“ geht auf Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG) zurück und entspricht dem Richtlinien-Begriff einer „Aufforderung zum Kauf“.
Ein „Angebot“ in diesem Sinne umfasst jede gezielt auf den Absatz eines bestimmten Produkts gerichtete werbliche Ankündigung. Sie muss aber so konkret sein, dass der Verbraucher so viel über das Produkt erfährt, dass er eine vollinformierte Entscheidung über einen Kauf treffen könnte.
Eine solche vollinformierte Entscheidung ist aber grundsätzlich nur dann möglich, wenn ein Preis überhaupt angegeben ist. Erst die Angabe eines Preises kann eine Produktpräsentation zum Angebot werden lassen, weil dem Verbraucher ohne selbige ein entscheidendes Informationskriterium fehlt.
Diese Auffassung bestätigen das OLG München und der BGH, die mit Urteilen vom 17. Dezember 2015 (Az. 6 U 1711/15) und vom 10.09.16 (Az. I ZR 29/15) gegenteiligen Auffassungen eine klare Absage erteilten.
Ein „Angebot“ im Sinne des § 3 Abs. 1 PAngV liege nur dann vor, wenn auch ein Preis angegeben werde. Erst der Preis ermögliche eine für den Angebotscharakter hinreichende Kaufentscheidungsmöglichkeit des Verbrauchers. Produktpräsentationen ohne Preis seien gerade keine Angebote im Sinne der Preisangabenverordnung, sondern reine Werbung.
Ob ein Preis angegeben wird, steht aber zur Disposition des Händlers.
Der Händler kann selbst entscheiden, ob er im Internet Preisangaben bereitstellen will.
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Werden im Internet keine Preise angegeben, verstößt dies im Übrigen auch nicht gegen § 10 Abs. 4 PAngV, da auch hier ein „Angebot“ die Voraussetzung ist. Ebenso scheidet ein Verstoß gegen § 5a Abs. 3 UWG aus, der nur bei einer „Aufforderung zum Kauf“ (= „Angebot“) gilt.
Preise auf Anfrage sind möglich
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung entscheiden Online-Händler selbst, ob sie Produktpräsentationen im Internet Preise beistellen wollen.
Eine Pflicht dazu lässt sich aus dem Gesetz nicht herleiten.
Nur dann, wenn Sie in irgendeiner Form eine Preisangabe tätigen (ein „Ab-Preis“ genügt), greifen die Preisbestimmungspflichten des Gesetzes ein und verpflichten zur Darstellung von Gesamtpreisen.
Weil Händler insofern bei ihrer Entscheidung zum „Ob“ von Preisangaben frei sind, müssen auch im Online-Shop nicht zwingend Produktpreise hinterlegt sein.
Es ist zulässig, den Preis erst auf Anfrage mitzuteilen.
Bei Produktpräsentationen ohne Preis liegt schlicht eine simple Werbung vor, für welche die Preisauszeichnungsvorschriften keine Anwendung finden.
Fazit
Dass im Internet (und vor allem in Online-Shops) zwingend Preise darzustellen sind, ist ein Irrglaube.
Das Gesetz gestattet es Händlern, Preise vorzuenthalten und/oder diese erst auf Anfrage mitzuteilen.
Erst dann, wenn in irgendeiner Form ein Preis genannt wird, greifen Vorschriften zur Preisauszeichnung ein und verpflichten gegenüber Verbrauchern zur Angabe von Gesamtpreisen inklusive aller Steuern und Bestandteile.
Eine originäre Pflicht dazu, immer Preise anzugeben, sieht das Gesetz aber gerade nicht vor. Vielmehr räumt das geltende Recht Händlern einen entscheidenden Gestaltungsspielraum dabei ein, wie konkret sie ihre Produkte präsentieren wollen.
Bezüglich der Konkretheit sind rechtlich drei Kategorien anerkannt:
- 1.) simple Werbung ohne Preise (die Preisauszeichnungsvorschriften der PAngV gelten nicht)
- 2.) Werbung mit Preisangaben, die mangels umfänglicher Produktinformationen noch keine Angebote sind (die Preisauszeichnungsvorschriften der PAngV gelten)
- 3.) Angebote mit vollständigen Informationen zu Preis und Produkt (die Preisauszeichnungsvorschriften der PAngV gelten)
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