OLG Hamm: Unbestimmte Einwilligungserklärung für Newsletter unwirksam

OLG Hamm: Unbestimmte Einwilligungserklärung für Newsletter unwirksam
Stand: 04.04.2023 6 min

Das OLG Hamm erklärte eine Einwilligungsklausel für E-Mail-Werbung für unwirksam, da diese nicht zwischen einem Kundenbindungsprogramm und dem allgemeinen Newslettern unterschied. Mehr dazu in diesem Beitrag.

Allgemeine Voraussetzungen für rechtmäßige Werbe-E-Mails

Um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, muss der Werbende grds. vor dem Versand von werblichen E-Mails eine Einwilligung des Empfängers eingeholt haben.

Ausgangspunkt für die Wirksamkeit der Einwilligung ist die seit dem 25.05.2018 geltende Definition von dieser in Art. 4 Nr. 11 DSGVO:

"Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Einwilligung“ der betroffenen Person jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist."

Liegt keine ausdrückliche Einwilligung des Empfängers vor, so gilt die E-Mail als unzumutbare Belästigung (Spam) und ist wettbewerbswidrig bzw. unzulässig.

Sowohl bei personalisierten, als auch bei allgemeinen Werbemaßnahmen via E-Mail ist grundsätzlich vor Versendung eine Einwilligung einzuholen. Ansonsten drohen bei Wiederholungsgefahr Abmahnungen und Unterlassungsansprüche nach §§ 8 Abs. 1, 7 Abs.1, 2 Nr. 2 UWG.

Eine Ausnahme bildet lediglich § 7 Abs. 3 UWG. Danach ist keine unzumutbare Belästigung anzunehmen, wenn ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat, der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet, der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und er bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

In seiner Entscheidung von November 2022 stellte das OLG Hamm (Urteil vom 03.11.2022 - Az: 4 U 201/21) klar, welche Anforderungen an eine wirksame Einwilligung bezüglich E-Mail-Werbung zu stellen sind.

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Der Sachverhalt

Die Beklagte bot als Einzelhändlerin Ware in einem stationären Laden und auch online über einen Werbeshop an. Dabei konnten die Kunden auf Antrag an einem Kundenkarten-Bonusprogramm teilnehmen.

Die Einwilligung in die Kundenkarte lautete wie folgt:

"Ich bin damit einverstanden, dass die von mir angegebenen persönlichen Daten (…E‑Mail Adresse…) sowie meine Kaufrabattdaten (Kaufdaten und Kaufpreis) zum Zwecke des Kundenkartenprogramms und für Werbezwecke (… per E-Mail) von der A GmbH & Co. KG gespeichert, verarbeitet und genutzt werden."

Willigten die Kunden ein, erhielten sie auf Grundlage der Einwilligung sowohl den allgemeinen Newsletter als auch personalisierte Werbe-E-Mails.

Im Februar 2016 erwarb der Prozessbevollmächtigte des Klägers, ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, im stationären Handel bei der Beklagten Kleidung und meldete sich in diesem Zusammenhang für das Kundenbindungsprogramm an.

Nachdem er im Januar 2019 per E-Mail einen Newsletter der Beklagten erhielt, teilte er am Folgetag über den in der E-Mail vom Vortag hierzu bereitgestellten Link mit, dass er keine derartigen E-Mails mehr erhalten wolle.

Laut Vortrag des Klägers habe er bereits im März 2016 seine Einwilligung widerrufen und seitdem bis Dezember 2018 auch keine weiteren E-Mails erhalten.

Im September 2020 übermittelte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unter der bekannten E-Mail-Adresse erneut zwei Werbe-E-Mails. Die erste enthielt allgemein werbende Produktinformationen, die zweite ein kurzes Anschreiben mit einer einleitenden Anrede mit dem Namen des Adressaten.

Als der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesen über den Sachverhalt informierte, mahnte der Kläger die Beklagte im November 2020 erfolglos ab. Es wurde beanstandet, dass diese unzulässigerweise Werbe-E-Mails übermittle, obwohl der Zusendung weiterer E-Mails widersprochen bzw. nicht zugestimmt wurde.

Der Verband monierte daraufhin einen Verstoß gegen § 7 UWG, da trotz erfolgten Widerrufs weiterhin Werbe-E-Mails versendet wurden. Insbesondere wurde gerügt, dass die Einwilligung nicht erkennen ließe, dass sie sich auf zwei verschiedene Werbemaßnahmen beziehe und somit unwirksam sei.

Die Entscheidung

Das OLG Hamm entschied in seinem Urteil am 03. November 2022 (Az. 4 U 201/21) zugunsten des Klägers. Die Beklagte wurde verurteilt, das künftige Versenden von Werbe-E-Mails zu unterlassen, wenn nicht die ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliege.

Die streitgegenständlichen E-Mails stellten nach Ansicht des OLG Hamm in diesem Fall unzumutbare Belästigungen im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dar, da die Beklagte diese dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in seiner Eigenschaft als Verbraucher gerade ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung übermittelt habe.

Nach Auffassung des Gerichts sei die Einwilligungserklärung der Beklagten zu unbestimmt. Dabei sei abzustellen auf die Umstände des Einzelfalls sowie die allgemeinen Auslegungsgrundsätze.

Maßgeblich für die Bewertung der hinreichenden Bestimmtheit sei, ob aus Sicht des Erklärenden bei verständiger Widmung eine Einwilligung des Werbenden für die betreffende Kontaktaufnahme zu Werbezwecken anzunehmen sei. Dabei müsse von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigem Durchschnittsverbraucher der jeweils angesprochenen Verbrauchergruppe ausgegangen werden.

Habe der Werbende, wie dies meist der Fall sei, die Erklärung vorformuliert, komme es darauf an, ob der durchschnittliche Verbraucher der Vorformulierung eine Einwilligung entnehmen könne.

Im vorliegenden Fall sei nicht klar, dass die Einwilligung sowohl die Zusendung personalisierter Werbung als auch des allgemeinen Newsletters umfasse. Aus der Einwilligung müsse jedoch eindeutig hervorgehen, welche Maßnahmen welcher Unternehmen von ihr umfasst sind. Das heißt, auf welche Waren oder Dienstleistungen Bezug genommen wird. Dies müsse gesondert erklärt werden und dürfe nicht in Textpassagen enthalten sein, die auch andere Hinweise oder Erklärungen enthielten.

Voraussetzung für ein solches Verständnis sei, dass die Beklagte die Unterscheidung und Aufspaltung zwischen personalisierter und allgemeiner Werbung dem durchschnittlichen Kunden verständlich erläutere.

Im Fall sei, entgegen der Auffassung der Beklagten, die Einwilligung für den Durchschnittsverbraucher jedoch so zu verstehen, dass die E-Mail-Adresse sowohl für die Teilnahme an dem Kundenkartenprogramm (z.B. die Übermittlung von Gutscheinen oder das Abfragen der Aktualität der hinterlegten Daten) und auch für allgemeine Werbezwecke (sämtliche sonstigen Werbemaßnahmen) einheitlich benutzt werden solle.

Ihr sei gerade nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, dass sich die Einwilligung einerseits auf den Erhalt personalisierter Newsletter i.R.d. Kundenkartenprogramms und andererseits- davon abgegrenzt - auch auf den Erhalt des allgemeinen Newsletters beziehe. Insbesondere ergebe sich aus der Erklärung nicht, dass der Übersendung von ersterem zugestimmt werde.

Fazit

Unternehmen müssen bei Einwilligungserklärungen zwischen personalisierter und nicht-personalisierter Werbung differenzieren. Um Abmahnungen oder Unterlassungsansprüche zu vermeiden, sollte sichergestellt werden, dass der Empfänger der Werbe-E-Mails genau unterscheiden kann, für welche konkreten Werbemaßnahmen er einwilligt.

Die Einwilligung muss für jede Maßnahme gesondert erklärt werden und darf nicht in Textpassagen enthalten sein, die auch andere Erklärungen und Hinweise enthalten.

Sie möchten mehr erfahren? Eine detaillierte Zusammenfassung aller Informationen rund um den Newsletterversand finden Sie in unserem Beitrag: E-Mail-Marketing in Zeiten der DSGVO - wie agiert man rechtssicher? Ein Leitfaden.

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