OLG Frankfurt: Gewinnspielbasierte Kundenbewertungen sind irreführend

OLG Frankfurt: Gewinnspielbasierte Kundenbewertungen sind irreführend
5 min
Beitrag vom: 12.02.2025

Ein Online-Shop handelt wettbewerbswidrig, wenn er durch Gewinnspiele generierte Kundenbewertungen verwendet, ohne transparent darauf hinzuweisen, dass die Bewertungen aufgrund der Gewinnchance möglicherweise nicht objektiv sind.

Was war konkret passiert?

Ein Online-Shop nutzte auf seiner Website Kundenbewertungen, die durch die Teilnahme an einem Gewinnspiel erlangt wurden. Um an dem Gewinnspiel teilzunehmen, mussten die Nutzer eine Bewertung hinterlassen. Als Anreiz hierfür wurde ein Einkaufsgutschein im Wert von 200,- EUR als Gewinn ausgelobt.

Die so erhaltenen Bewertungen wurden auf der Website des Shops genutzt, um Werbung für diesen zu machen. Sowohl unter der Gesamt-Sternebewertung als auch unter dem „Bewertung abgeben“ Button wies der Online-Händler darauf hin, dass die veröffentlichten Kommentare aus einem Gewinnspiel resultierten.

Wie hat das OLG Frankfurt am Main entschieden?

Das Oberlandesgericht Frankurt am Main (Urteil vom 20.06.2024 - Az.: 6 U 128/23) stufte ein solches Vorgehen als wettbewerbswidrig ein, da derartige Kundenbewertungen irreführend sind und die Umstände hierzu nicht hinreichend transparent kenntlich gemacht wurden.

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1. Monetärer Anreiz verfälscht objektive Bewertung

Die durch das Gewinnspiel generierten Kundenbewertungen sind aus rechtlicher Sicht als „gekauft“ und damit nicht hinreichend objektiv einzustufen. Der Grund: Die Nutzer gaben ihre Bewertungen ab, weil sie sich einen Gewinn erhofften.

Das Oberlandesgericht führt dazu aus - die Beklagte hatte für die Abgabe einer Bewertung die Teilnahme an einem Gewinnspiel ausgelobt. Der Gewinn bestand aus einem Online-Gutschein von geringem Wert und der Möglichkeit, eine „Gegenleistung“ in Form des Gewinns zu erhalten.

Dies stelle einen geldwerten Vorteil für den Bewertenden dar, aufgrund dessen die Gefahr bestehe, dass die Bewertungen nicht völlig frei und unbeeinflusst abgegeben würden. Der Senat hat in ähnlich gelagerten Fällen bereits entschieden, dass auch eine geringe Vergütung die Gefahr in sich birgt, dass der Gutachter seine Bewertung nicht nur aus sachlichen, sondern auch aus monetären Erwägungen heraus abgibt.

Obwohl der monetäre Anreiz hier nur mittelbar gegeben sei, da der Gewinn von 200,- EUR durch die Teilnahme an einem Gewinnspiel keinen unmittelbaren Vorteil darstelle, würden die Grundsätze des Senats auch hier gelten. Denn es bestehe die Möglichkeit, dass Verbraucher ihre Bewertung bewusst oder unbewusst aufgrund der Aussicht auf die Gewinnspielteilnahme, aus Dankbarkeit oder dem Wunsch nach einer höheren Gewinnchance positiv gestalten.

2. Mangelnde Transparenz führt zu Irreführung

Nach Auffassung des Gerichts kann eine Rechtsverletzung nur dann ausgeschlossen werden, wenn der Shop-Betreiber auf diese Umstände hinreichend transparent hinweist. Nur so könne der Verbraucher erkennen, dass die Bewertungen nicht objektiv zustande gekommen seien.

Diese Transparenz sah das Gericht im vorliegenden Fall nicht als gegeben an. Der aufklärende Hinweis reiche nicht aus, um eine Irreführung der Verbraucher zu verhindern.

Weiter führt das Gericht aus, dass der erteilte Hinweis für den Verbraucher kaum wahrnehmbar sei. Er stehe nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der prominenten Gesamtbewertung „4,9/5,0“ und sei durch seine unauffällige Platzierung am linken Rand kaum wahrnehmbar.

Da weder die Gesamtbewertung noch die Textbewertungen einer weiteren Erläuterung bedürften, suchten die Verbraucher nicht aktiv nach weiteren Informationen. Sie nähmen die Bewertungen zur Kenntnis, ohne den dezenten Hinweis überhaupt wahrzunehmen.

3. Falsche Zielgruppe und unklare Formulierung

Verschärft wurde das Problem nach Ansicht des entscheidenden Gerichts durch die Platzierung des Hinweises unter einer grünen Schaltfläche mit der Aufschrift „Bewertung abgeben“.

Dieser Button richte sich an Käufer, die nach dem Kauf eine Bewertung abgeben wollten, und nicht an Verbraucher, die sich vor dem Kauf über Bewertungen informieren wollten. Nutzer, die nur an den Bewertungen interessiert seien, würden den Hinweis daher häufig übersehen, da sie in der Regel nicht weiterlesen würden.

Zudem sei die Formulierung des Hinweises unzureichend. Der Hinweis „Alle veröffentlichten Bewertungen haben an einem Gewinnspiel teilgenommen“ lasse keine eindeutigen Rückschlüsse auf die tatsächlichen Umstände zu. Es werde nicht deutlich, dass die Teilnahme an dem Gewinnspiel von der Abgabe einer Bewertung abhänge. Dadurch werde der falsche Eindruck erweckt, die Bewertungen seien frei und unabhängig erstellt worden.

Was ist im Zusammenhang mit Gewinnspielen noch zu beachten?

Generell gilt: Wenn Sie auf Ihrer Website Gewinnspiele anbieten, sind klare und transparente Teilnahmebedingungen unerlässlich, um Rechts- und Wettbewerbsverstöße zu vermeiden. Dies ist nicht nur rechtlich geboten, sondern dient auch der Fairness und Transparenz gegenüber den Teilnehmern.

Bei der Veranstaltung von Gewinnspielen sollten Sie besonders die folgenden Punkte beachten:

  • Gewinnspiele müssen rechtlichen Anforderungen entsprechen, insbesondere im Wettbewerbsrecht und Datenschutz.
  • Die Teilnahmebedingungen müssen klar, eindeutig und leicht zugänglich formuliert sein, damit Verbraucher nicht in die Irre geführt werden.
  • Gewinnspiele mit Werbecharakter müssen gemäß dem Digitalen-Dienste-Gesetz (DDG) als solche gekennzeichnet werden.
  • Die Teilnahme darf nicht an den Kauf eines Produkts geknüpft sein, es sei denn, dies entspricht den Anforderungen der unternehmerischen Sorgfalt.
  • Besondere Vorsicht ist bei Gewinnspielen gegenüber Minderjährigen geboten, um psychologischen Druck oder unlautere Kaufanreize zu vermeiden.
  • Veranstalter müssen datenschutzrechtliche Vorgaben beachten, insbesondere die Grundsätze der Datenminimierung und Zweckbindung.
  • Die Koppelung einer Gewinnspielteilnahme an eine Werbeeinwilligung ist unter bestimmten Bedingungen zulässig, sofern sie freiwillig erfolgt.
  • Teilnehmer können in der Regel einen Anspruch auf den Gewinn haben, wenn das Gewinnspiel als verbindliche Auslobung gilt.
  • Ein genereller Ausschluss des Rechtswegs ist rechtlich nicht immer wirksam und kann angefochten werden.
  • Die Veranstalter sollten sicherstellen, dass die Gestaltung des Gewinnspiels nicht unzulässige Anreize oder Abhängigkeitsverhältnisse schafft.

Wenn Sie sich für weitere Informationen zum Thema „Rechtssichere Gewinnspielveranstaltung“ interessieren, dürfen wir Ihnen unseren Beitrag als Lektüre empfehlen!

Fazit

Die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. macht deutlich, wie wichtig es für Online-Händler ist, bei Kundenbewertungen, die durch Gewinnspiele generiert werden, für Transparenz und eine sachliche Kennzeichnung zu sorgen.

Fehlt eine klare und auffällige Kennzeichnung, können solche Bewertungen als irreführend und wettbewerbswidrig eingestuft werden. Insbesondere die Verknüpfung von Bewertungen mit Gewinnspielanreizen muss offen und eindeutig kommuniziert werden, um rechtliche Risiken zu vermeiden.

Händler sollten zudem darauf achten, dass die Teilnahmebedingungen für Gewinnspiele klar formuliert sind und die Bewertungen nicht durch monetäre Anreize oder unzureichende Kennzeichnung verfälscht werden. Nur so können rechtliche Fallstricke vermieden und die Glaubwürdigkeit der Bewertungen gewahrt werden.

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