„Merinowolle“: keine zulässige Faserbezeichnung bei der Textilkennzeichnung
Derzeit werden Händler abgemahnt, die zur Bezeichnung von Textilfasern den Ausdruck "Merinowolle" gebrauchen. Dies ist auch in der Tat abmahnbar. So hat das OLG Hamm mit Urteil vom 02.08.2018 (Az.: 4 U 18/18) entschieden, dass die Bezeichnung von Textilfasern mit dem Ausdruck „Merinowolle“ nicht den Vorgaben der Textilkennzeichnungsverordnung genügt und einen abmahnbaren Wettbewerbsverstoß darstellt.
Inhaltsverzeichnis
- Textilkennzeichnung ist häufig Gegenstand von Abmahnungen
- Fahrradhandschuhe falsch bezeichnet
- Genaue Vorgabe der allein zulässigen Faserbezeichnungen durch den Gesetzgeber
- „Merinowolle“ ist keine zulässige Faserbezeichnung
- Aufgepasst bei „Merinowolle!
- Leitfäden der IT-Recht Kanzlei zum Thema Textilkennzeichnung
Textilkennzeichnung ist häufig Gegenstand von Abmahnungen
Wer als Onlinehändler Textilerzeugnisse anbietet, muss insbesondere darauf achten, dass er in seinen Angeboten korrekt über die Faserzusammensetzung der Textilien informiert.
Es ist nicht nur abmahnbar, wenn keine oder gar falsche Angaben zu den verarbeiteten Fasern gemacht werden. Häufiger Ansatzpunkt für Abmahnungen sind zudem formelle Fehler bei der Vornahme der Online-Kennzeichnung.
So schreibt die Textilkennzeichnungsverordnung sehr genau vor, wie die Faserzusammensetzung anzugeben ist und regelt abschließend die alleine zulässigen Faserbezeichnungen.
Fahrradhandschuhe falsch bezeichnet
Dem Rechtsstreit lag die Auseinandersetzung zweier Fahrradzubehörhändler zugrunde, die über die Richtigkeit der Kennzeichnung von Fahrradhandschuhen stritten.
Die beklagte Händlerin kennzeichnete die angebotenen Handschuhe dabei online wie folgt:
„Innenhandschuh: 95 % Merinowolle, 5 % Polyamid“.
Genaue Vorgabe der allein zulässigen Faserbezeichnungen durch den Gesetzgeber
Mit dem Anhang I zur Textilkennzeichnungsverordnung gibt der Gesetzgeber genau vor, welche Faserbezeichnungen alleine für die Kennzeichnung zulässig sind. Nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung dürfen ausschließlich die in Anhang I genannten Faserbezeichnungen zur Kennzeichnung genutzt werden.
Der Gesetzgeber möchte damit eine einheitliche Kennzeichnung der Textilien sicherstellen und die Nennung von Hersteller- bzw. Markenbezeichnungen (wie z.B. Spandex oder Lycra) verhindern, damit eine sachliche Information der Kunden erfolgt.
„Merinowolle“ ist keine zulässige Faserbezeichnung
Die Bezeichnung „Merinowolle“ findet sich in Anhang I der Verordnung nicht genannt und ist damit keine zulässige Faserbezeichnung.
Auch der Umstand, dass in „Merinowolle“ die zulässige Faserbezeichnung „Wolle“ vorkommt, hilft nicht weiter.
Das OLG führte hierzu aus:
„Für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen dürfen nach Art. 5 Abs. 1 TextilKennzVO nur die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I verwendet werden. Nach Art. 16 Abs. 1 TextilKennzVO müssen die vorgeschriebenen Informationen für Verbraucher vor dem Kauf deutlich sichtbar sein; dies gilt auch für Fälle, in denen der Kauf auf elektronischem Wege erfolgt.
Im Anhang I der Verordnung findet sich jedoch unter Nummer 1 allein die Bezeichnung „Wolle“ und nicht die Bezeichnung "Merinowolle". Die folgende Nummer 2 führt die Namen einiger Tierarten, jedoch keiner Schafrasse auf, die als Zusatz zu „Wolle“ genannt werden können. Die beanstandete Bezeichnung darf deshalb nach Art. 5 Abs. 1 der TextilKennzVO nicht verwendet werden.
Insoweit ist es ohne Belang, ob dem angesprochenen Verbraucher die Feinwoll-Schafrasse Merino geläufig ist und er deshalb die Bezeichnung „Merinowolle“ von vorneherein als Kompositum erfasst, bei dem der Wortbestandteil „Merino“ lediglich zur näheren Beschreibung der verwendeten Textilfaser „Wolle“ dient. Denn derlei erläuternde Zusätze sind gemäß Art. 5, 16 TextilKennzVO unzulässig, und zwar unabhängig davon, ob sie irreführend sind oder nicht – und hierauf kommt es im Rahmen des § 3a UWG ohnehin nicht an. Lediglich Markenzeichen und Firmenbezeichnungen dürfen nach Satz 1 und müssen gegebenenfalls nach Satz 2 der Bezeichnung unmittelbar voran- oder nachgestellt werden. Andere Informationen sind hingegen nach Satz 3 stets getrennt davon aufzuführen.
Dies ist nur konsequent. Denn ausweislich des Erwägungsgrundes Nr. 10 der TextilKennzVO soll für alle Verbraucher in der Union gewährleistet sein, dass sie nicht nur korrekte, sondern auch einheitliche Informationen – und hierum geht es vorliegend - erhalten.“
Das Gericht folgte dabei insbesondere nicht der Argumentation der Beklagten, es läge „nur“ eine unschädliche „Überinformation“ des Kunden vor, indem die (in „Merinowolle“ enthaltene) Bezeichnung „Wolle“ präzisiert würde.
Aufgepasst bei „Merinowolle!
Wenn Sie Textilerzeugnisse aus „Merinowolle“ anbieten, verwenden Sie bei der Textilkennzeichnung unbedingt die Bezeichnung „Wolle“ und nicht „Merinowolle“ als ausschließliche Faserbezeichnung. Als Zusatzinformation zum Begriff „Wolle“ kann die Bezeichnung „Merinowolle“ natürlich verwendet werden (sofern in der Sache auch zutreffend).
Unzulässiges Beispiel: "Material: 100 % Merinowolle"
Zulässig wäre es dagegen, die Rasse des Schafes getrennt von der Bezeichnung der Faser anzugeben, wie beispielsweise: "Material: 100 % Wolle (Merinowolle)".
Auch wenn der Hersteller den Fehler macht, und „Merinowolle“ als Faserbezeichnung bei der physischen Kennzeichnung der Textilien (auf dem Etikett) verwendet, muss der vertreibende Händler hier die Augen aufhalten und darf diesen Fehler nicht in seine Artikelbeschreibung übernehmen.
Leitfäden der IT-Recht Kanzlei zum Thema Textilkennzeichnung
Die IT-Recht Kanzlei informiert interessierte Händler umfassend zum „heiklen“ Thema Textilkennzeichnung.
Mit einen der umfassendsten Beiträge im Internet zu diesem Thema finden Sie hier.
Eine Auflistung der dabei alleine zulässigen Faserbezeichnungen halten wir hier für Sie vor.
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