Das täuscht: Markengesetz schützt nicht nur Marken!

Anhand eines aktuellen Falles des BPatG (Beschl. v. 19.07.2019, Az. 28 W (pat) 25/18) zeigen wir Ihnen, dass auch Inhaber von Unternehmenskennzeichen gegen Markeninhaber vorgehen können.
Inhaltsverzeichnis
Das Markengesetz schützt nicht nur Marken!
Ein verbreiteter Irrtum im Markenrecht ist, dass nur zwei verschiedene Marken kollidieren können. Doch das Markenrecht schützt nach § 1 MarkenG nicht nur Marken (§§ 3, 4 MarkenG) , sondern daneben auch geschäftliche Bezeichnungen (§ 5 MarkenG) und geographische Herkunftsangaben (§ 126 MarkenG) . Neben diesen im MarkenG ausdrücklich aufgelisteten Schutzgütern sind darüber hinaus auch die Vorschriften anderer Gesetze, die ebenfalls den Schutz von Kennzeichen zum Gegenstand haben, zu beachten. Hierunter fällt der Schutz des Namens nach § 12 BGB sowie der Schutz der Firma nach §§ 17 ff. HGB.
Unter geschäftliche Bezeichnungen nach § 5 MarkenG fallen Unternehmenskennzeichen und Werktitel. Nach § 5 Abs. 3 MarkenG sind Werktitel die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken. Unternehmenskennzeichen hingegen sind nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Ein Unternehmenskennzeichen kann nicht wie eine Marke gem. § 4 Nr. 1 MarkenG eingetragen werden. Der Schutz nach dem MarkenG für Unternehmenskennzeichen wird ausschließlich durch die Nutzung des Zeichens im geschäftlichen Verkehr begründet.
Somit kommt es sehr häufig zu markenrechtlichen Streitigkeiten, bei denen sich Marke und Unternehmenskennzeichen gegenüberstehen. Während sich das ausschließliche Recht des Inhabers einer Marke nach § 14 MarkenG beurteilt, richten sich Ansprüche auf Unterlassung und/oder Schadensersatz für Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung nach § 15 MarkenG.
Aktueller Fall: Unternehmnskennzeichen vs. Marke
Die Inhaberin des Unternehmenskennzeichens “Hanseata” legte gegen die Eintragung der Marke “HANSEATEX” zunächst Widerspruch beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ein. Das DPMA wies den Widerspruch jedoch vollständig zurück, da zwischen den Streitzeichen keine Verwechslungsgefahr bestehe. Gegen diese Entscheidung des DPMA legte die Inhaberin des Unternehmenskennzeichens Beschwerde beim BPatG ein. Aus ihrer Sicht sei durchaus eine Verwechslungsgefahr gegeben. Das DPMA habe die Ähnlichkeit der Streitzeichen unzutreffend beurteilt. Die Zeichen stimmten in den ersten drei von vier Silben (“HANS”) überein. Der einzige Unterschied bestehe in dem letzten beziehungsweise den letzten beiden Buchstaben. Es liege auch begriffliche Verwechslungsgefahr vor. Darüber hinaus bestehe teilweise überdurchschnittliche Warenähnlichkeit und teilweise Warenidentität, sodass im Ergebnis eine hochgradige Verwechslungsgefahr gegeben sei.
Entscheidung des BPatG: Keine Verwechslungsgefahr
Das BPatG (Beschl. v. 19.07.2019, Az. 28 W (pat) 25/18) bestätigte die Entscheidung des DPMA in der Vorinstanz. Die Markenstelle habe das Bestehen einer Verwechslungsgefahr zwischen den Streitzeichen zu Recht verneint.
Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG kommt es nach ständiger Rechtsprechung maßgeblich auf die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, auf die Kennzeichnungskraft der älteren Bezeichnung und auf die Tätigkeitsgebiete an, für welche die konkurrierenden Bezeichnungen verwendet werden. Die Ähnlichkeit der Zeichen wird in begrifflicher, schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht untersucht. Die Kennzeichnungskraft ergibt sich aus der Eigenart des (älteren) Zeichens, wodurch es sich den maßgeblichen Verkehrskreisen einprägt und ein Unternehmenskennzeichen als individueller Herkunftshinweis unterscheidend zu anderen wirkt.
Zugunsten der Inhaberin des Unternehmenskennzeichens sah das BPatG zwar eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft ihres Unternehmenskennzeichens. Dem Zeichen „Hanseata“ könne unterstellt werden, dass es nach seiner maßgebenden Gesamtheit geeignet sei, sich als Name des Unternehmensträgers einprägen zu können. Die Ähnlichkeit der Zeichen sei jedoch in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht nur gering ausgeprägt. Deshalb ergebe sich selbst bei einer gemeinsamen Benutzung in der streitgegenständlichen Branche keine Verwechslungsgefahr.
Die sich gegenüberstehenden Zeichen „HANSEATEX“ und „Hanseata“ wiesen zwar bei rein formaler Betrachtungsweise beträchtliche Übereinstimmungen auf. Dies zeige der Wortanfang bis hin zur dritten Wortsilbe („HANSEAT-“ bzw. „Hanseat-“). Jedoch sorgten die abweichenden Zeichenendungen, insbesondere der angegriffenen Marke „HANSEATEX", für ein im Gesamteindruck noch ausreichend deutlich abweichendes Klang- und Schriftbild. Auch eine relevante begriffliche Ähnlichkeit schiede von vornherein aus, so die Richter. Beide Zeichen nähmen zwar erkennbar auf die Begriffe „Hanseat“ bzw. „hanseatisch“ Bezug. Dabei handele es sich aber lediglich um beschreibende Angaben, die jedem Wettbewerber zur Verfügung stehen müssten.
Fazit: Es geht nicht nur um Marken...
Auch wenn es in der Praxis häufig vorkommt, stehen sich im Markenrechtsstreit nicht immer zwei Marken gegenüber. Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG entstehen ganz ohne Anmeldung bereits durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr. Auch die Inhaber solcher Rechte können im Rahmen des Markenrechts sowohl Dritte in Anspruch nehmen als auch selbst wegen markenrechtlicher Verletzungen angegriffen werden.
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