Gefährliches Halbwissen: Die größten Irrtümer in Bezug auf Marken - Teil 1
Rund um das Thema Marken kursieren viele gefährliche Halbwahrheiten und Irrtümer. Fehler im Zusammenhang mit Marken muss man schnell teuer bezahlen. Denn Marken sind ein hohes Wirtschaftsgut und alle Streitigkeiten im Markenrecht sind regelmäßig sehr kostenintensiv. Wir haben in diesem Beitrag mal die 10 größten Irrtümer im Zusammenhang mit Marken aufgeführt.
Inhaltsverzeichnis
- Irrtum Nr. 1: Eine Markenanmeldung ist überflüssig
- Irrtum Nr. 2: Die Zeichen „™“ oder „®“ haben auch schützende Wirkung
- Irrtum Nr. 3: Eine Abmahnung wegen einer Markenverletzung wird eh nicht teuer
- Irrtum Nr. 4: Markenverletzungen sind nur möglich, wenn man selbst eine Marke besitzt
- Irrtum Nr. 5: Wenn die eigene DPMA- und Google-Recherche keine Treffer liefert, bin ich sicher
- Irrtum Nr. 6: Das DPMA prüft automatisch bei Markenanmeldung, ob identische/ähnliche Marken existieren
- Irrtum Nr. 7: Ähnliche bzw. identische Marken in anderen Klassen sind für mich ungefährlich
- Irrtum Nr. 8: Bei einer Wort-/Bildmarke ist auch der Wortbestandteil geschützt
- Irrtum Nr. 9: Eine angemeldete Marke ist „sicher“, sobald die Widerspruchsfrist abgelaufen ist
- Irrtum Nr. 10: Nachdem die Marke eingetragen ist, kann ich mich zurücklehnen
Irrtum Nr. 1: Eine Markenanmeldung ist überflüssig
Oft hört man, dass es gar nicht unbedingt notwendig sei, seine Marke auch wirklich anzumelden. Das stimmt jedoch nur zum Teil. Richtig ist, dass auch eine Benutzung (§ 4 Nr. 2 MarkenG) eines Zeichens im Verkehr oder dessen notorische Bekanntheit (§ 4 Nr. 3 MarkenG) einen markenrechtlichen Schutz entstehen lässt - ganz ohne Eintragung.
Eine notorische Bekanntheit im Sinne des § 4 Nr. 3 MarkenG ist in erster Linie für ausländische, im Inland nicht genutzte Marken relevant. Deutlich relevanter ist der Markenschutz infolge Benutzung: Dabei ist nach § 4 Nr. 2 MarkenG eine entsprechende Verkehrsgeltung Voraussetzung. Diese ist gegeben, wenn ein „nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise“ in dem Zeichen einen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten (wenn auch nicht namentlich bekannten) Unternehmen erkennt.
Jedoch muss man sich in diesem Zusammenhang vor Augen führen, dass es im Einzelfall aufwendig und schwierig sein dürfte, eine solche Verkehrsgeltung (bzw. notorische Bekanntheit) nachzuweisen. Deutlich bequemer und sicherer ist die „klassische“ Eintragung einer Registermarke (§ 4 Nr. 1 MarkenG) .
Irrtum Nr. 2: Die Zeichen „™“ oder „®“ haben auch schützende Wirkung
Im Gegensatz zu den Bestimmungen im angloamerikanischen Raum begründen die Zeichen „™“ oder „®“ für sich genommen keinen Schutz. Um markenrechtlichen Schutz in Deutschland zu erlangen, kommt man nicht um oben genannte Möglichkeiten herum. Vielmehr kann man sich mit der unbedachten Verwendung der Zeichen „™“ oder „®“ ins eigene Fleisch schneiden: Wer ein Zeichen mit dem Zusatz „®“ verwendet, ohne Inhaber dieser Marke oder einer Lizenz an dieser Marke zu sein, kann eine Irreführung i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG hervorrufen, was sogar eine Abmahnung zur Folge haben kann.
Irrtum Nr. 3: Eine Abmahnung wegen einer Markenverletzung wird eh nicht teuer
Während das Wort „Abmahnung“ bei den einen die Schweißperlen auf die Stirn treibt, bleiben andere ganz gelassen. „Kann nicht so teuer werden“, denken sich viele. Doch trifft das auch auf eine Abmahnung infolge einer Markenverletzung zu? Eher nein, denn die Streitwerte, die im Markenrecht angesetzt werden, sind traditionell sehr hoch!
Selbst bei unbekannten Marken sind Streitwerte von 50.000 € an der Tagesordnung. Bei bekannteren Marken kann der Streitwert dagegen in die Hunderttausende gehen - dementsprechend steigen auch die Kosten/Schadensersatzzahlungen in unangenehme Höhen. Es sollte daher sichergestellt werden, dass erst gar keine fremden Markenrechte verletzt werden.
Irrtum Nr. 4: Markenverletzungen sind nur möglich, wenn man selbst eine Marke besitzt
Ein weit verbreiteter Irrtum ist auch, dass man nur fremde Markenrechte verletzen kann, wenn man selbst Markenschutz für ein Zeichen erlangt hat. Das ist gänzlich falsch. Richtig ist: Wer ein geschütztes Zeichen nutzt ohne Berechtigung handelt markenrechtswidrig. In diesem Zusammenhang kommt es maßgeblich auf die markenmäßige (bzw. kennzeichenmäßige) Benutzung eines fremden Zeichens an.
Um einen Verstoß zu begründen, muss das Zeichen als Kennzeichen, d.h. zur Unterscheidung und Identifizierung von Unternehmensleistungen (Waren/Dienstleistungen) verwendet werden. Dies umfasst jede Benutzung, die in irgendeiner Weise einen Bezug zu den Waren/Dienstleistungen des Verletzers herstellt. Damit scheidet eine Markenverletzung aus, wenn die Marke vom Verkehr lediglich als Verzierung bzw. Designelement wahrgenommen wird. Im Bereich des Online-Handels ist insbesondere die unrechtmäßige Verwendung fremder Marken in Produktbeschreibungen bzw. in Modellbezeichnungen relevant.
Irrtum Nr. 5: Wenn die eigene DPMA- und Google-Recherche keine Treffer liefert, bin ich sicher
Einige zukünftige Markeninhaber vertreten die (gefährliche!) Auffassung, dass eine eigene Marken-Recherche im Vorfeld der eigenen Markenanmeldung genügt. Dabei verlassen sie sich auf die Tatsache, dass eine Google-Suche und die Recherche im Register des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vermeintlich keine identische/ähnliche fremde Marken liefert. Doch diese Ansicht ist höchst gefährlich. Eine professionelle Identitäts- und Ähnlichkeitsrecherche ist unbedingt anzuraten. Für den Laien ist die Einschätzung beispielsweise in Bezug auf die Verwechslungsgefahr aufgrund einer Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen in vielen Fällen schlicht nicht möglich.
Auch im Markenrecht gilt, dass bei der Geltendmachung von Schadensersatz wegen einer Markenverletzung die Frage nach Vorsatz oder Fahrlässigkeit im Raum steht. Innerhalb der Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 2 BGB) wird an die erforderliche Sorgfalt strengste Anforderungen gestellt. Davon umfasst ist die Pflicht, sämtliche Recherchemöglichkeiten (professionelle Identitäts- und Ähnlichkeitsrecherche) auszuschöpfen. Verlässt man sich somit auf seine eigene Recherche, ist einer Haftung aufgrund (zumindest) fahrlässigen Handelns Tür und Tor geöffnet.
Irrtum Nr. 6: Das DPMA prüft automatisch bei Markenanmeldung, ob identische/ähnliche Marken existieren
Unsicherheit besteht auch beim Thema Prüfungsverfahren des DPMA. Tatsächlich ist es nicht so, dass das DPMA bei Anmeldung einer Marke diese von Amts wegen (also automatisch) auf Identität/Ähnlichkeit zu anderen, bereits eingetragenen Marken prüft. Das DPMA prüft lediglich unter anderem, ob das Zeichen Markenfähigkeit (§ 3 Abs. 1, Abs. 2 MarkenG) besitzt oder absolute Schutzhindernisse (§ 8 MarkenG) einer Eintragung entgegenstehen. Um eine im Vorfeld der Markenanmeldung durchgeführte professionelle Identitäts- und Ähnlichkeitsrecherche sollte also kein Weg vorbeiführen.
Hier schließt sich gleich noch ein Folgeirrtum an: Viele Markeninhaber sind der Meinung, dass ihre eigene Marke kein zweites mal von einem Dritten angemeldet werden kann . Auch dies: Ein Irrtum: Denn weil das Amt eben keine Prüfung durchführt kann sowas geschehen. Deshalb ist eine Markenüberwachung so wichtig - unsere Angebote hierzu finden Sie hier.
Irrtum Nr. 7: Ähnliche bzw. identische Marken in anderen Klassen sind für mich ungefährlich
Auch wenn zwar identische bzw. ähnliche Marken eingetragen sind, diese Eintragungen sich aber auf andere Warenklassen als die eigene Marke beziehen, ist höchste Vorsicht geboten. Denn nach § 9 Abs. 3 MarkenG werden „Waren und Dienstleistungen nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse (…) erscheinen“. Generell bedeutet weder die Eintragung in derselben Klasse, dass die Waren oder Dienstleistungen ähnlich sind, noch, dass im umgekehrten Fall (Eintragung in verschiedenen Klassen) die Waren oder Dienstleistungen nicht ähnlich sind. Die 45 verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation dienen lediglich Verwaltungszwecken, so dass alleine daraus keine großen Erkenntnisse zu ziehen sind, wenn es um die Beurteilung der Identität bzw. Ähnlichkeit verschiedener Zeichen geht.
Irrtum Nr. 8: Bei einer Wort-/Bildmarke ist auch der Wortbestandteil geschützt
Die Anmeldung einer Wort-/Bildmarke kommt häufig dann in Betracht, wenn die Anmeldung einer Wortmarke an den absoluten Schutzhindernissen (§ 8 MarkenG) gescheitert ist. Zu Recht stellt sich deshalb die Frage, ob sich der Markenschutz einer Wort-/Bildmarke auch auf den reinen Wortbestandteil erstreckt.
Grundsätzlich gilt hier: Wenn der Wortbestandteil an sich nicht schutzfähig ist, kann ihm auch im Zusammenhang mit einer Wort-/Bildmarke kein markenrechtlicher Schutz (keine Kennzeichnungskraft!) zukommen. Ein Vorgehen gegen Dritte hinsichtlich einer Markenverletzung wegen Benutzung des Wortbestandteils scheidet somit aus. Die Wort-/Bildmarke an sich genießt hingegen Markenschutz, sofern sie aufgrund ihrer Individualität nicht selbst an den absoluten Schutzhindernissen scheitert.
Irrtum Nr. 9: Eine angemeldete Marke ist „sicher“, sobald die Widerspruchsfrist abgelaufen ist
Dass die angemeldete Marke vor Angriffen Dritter geschützt ist, sobald die dreimonatige Widerspruchsfrist (§ 42 Abs. 1 MarkenG) abgelaufen ist, ist ein weiterer Irrtum. Denn auch nach Ablauf der Widerspruchsfrist können Dritte gegen die eigene Marke vorgehen. Es kann ein Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse gem. §§ 54, 50 MarkenG eingeleitet werden oder ein Löschungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten wegen Verfalls oder Bestehens älterer Rechte gem. § 55 MarkenG. Des Weiteren ist auch ein Vorgehen wegen Verfalls (§ 49 MarkenG) infolge mangelnder Benutzung der Marke denkbar.
Irrtum Nr. 10: Nachdem die Marke eingetragen ist, kann ich mich zurücklehnen
Nachdem die eigene Marke eingetragen wurde, ist zwar der erste wichtige Schritt getan. Jedoch kann sich der Markeninhaber danach nicht einfach zurücklehnen. Denn bei Marken gilt der so genannte Benutzungszwang (§ 26 MarkenG) . Dieser besagt, dass Markeninhaber ihre Marke ernsthaft im Inland zur Kennzeichnung ihrer Waren und Dienstleistungen im Wirtschaftsverkehr benutzen müssen.
Der Markeninhaber muss die Marke entweder selbst benutzen, wobei auch die Benutzung durch Dritte mit Zustimmung des Markeninhabers (§ 26 Abs. 2 MarkenG) möglich ist. Der Benutzungszwang beginnt mit der Eintragung der Marke. In den ersten fünf Jahren greift die sogenannte Benutzungsschonfrist. In diesem Zeitraum wird der wirtschaftliche Aufbau der Marke geschützt, denn erst nach Ablauf der Frist muss die Marke ernsthaft benutzt werden.
Keine Lust auf Irrtum?: Die IT-Recht Kanzlei bietet seit über 15 Jahren Beratung in Sachen Markenabmahnung an – und übrigens natürlich auch bei Markenanmeldungen und Markenüberwachungen.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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