LG München I: Voreingestelltes Häkchen bei Check-Box ist keine wirksame Einwilligung in E-Mail-Werbung
Das Landgericht München I hatte sich in seinem Urteil vom 04.06.2018 (Az.: 4 HK O 8135/17) mit einer Frage zum E-Mail-Marketing zu beschäftigen gehabt: Ist es zulässig, die Check-Box für den Newsletterbezug mit einem voreingestellten Häkchen zu versehen? Das Gericht sieht ein solches Verfahren als "Opt-Out" an und damit nicht als Erteilung einer ausdrücklichen Einwilligung in den Erhalt von Werbe-E-Mails. Das voreingestellte Häkchen sei damit unzulässig. Darüber hinaus teilte das Gericht mit, dass als Rechtfertigung für den Mailversand auch nicht die Vertragsanbahnung mit dem Kunden ausreiche. Lesen Sie mehr zur Entscheidung des Gerichts in unserem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Was war geschehen?
Grundsätzlich gilt: Der Versand von E-Mail-Werbung ist ohne vorherige Einwilligung verboten, unabhängig davon, ob die Werbung einem Verbraucher oder einem Unternehmen gegenüber erfolgt (Ausnahme hiervon: § 7 Abs. 3 UWG, hierzu sogleich).
Das beklagte Unternehmen betreibt einen Online-Shop für Babyprodukte. Als ein Kunde während des Bestellvorgangs die Ware in den virtuellen Warenkorb legte, erschien auf der rechten Seite des Bildschirms folgender Text:
"[x] Ja, beraten Sie mich per E-Mail zu Produkten von …, senden Sie mit wertvolle Tipps von Ärzten und Hebammen und aktuelle Rabattaktionen … zu.”
Späterer Grund zur Ärgernis: Die Box, in der man sein Häkchen bei Einverständnis zum Newslettererhalt setzen konnte, war bereits vorab aktiviert.
Zur Bestellung war es weiterhin erforderlich, dass der Kunde ein Konto anlegte, bei dem er seine E-Mail-Adresse angeben musste. Das auszufüllende Feld „E-Mail-Adresse“ war mit einem Sternchenhinweis als Pflichtfeld gekennzeichnet. Darunter befand sich der Hinweis „Mit meiner Anmeldung stimme ich den AGB und Datenschutzbestimmungen der … zu und werde über aktuelle Angebote per E-Mail informiert. Diese Einwilligung kann ich jederzeit widerrufen."
Es fehlte an dieser Stelle des Bestellvorgangs jedoch eine Adresse, über die der Seitenbesucher einen Widerruf hätte erklären können. Der Kunde brach den Bestellvorgang ab, nachdem er ein Kundenkonto angelegt hatte. In der Folgezeit erhielt der Kläger trotzdem Werbe-E-Mails an die im Kunden-Account hinterlegte E-Mail-Adresse von Seiten des Babyprodukte-Händlers.
Die Wettbewerbszentrale sah darin ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und klagte gegen das Unternehmen.
Rechtliche Beurteilung des LG München I
Das Landgericht München I bestätigte die Wettbewerbszentrale in ihrer rechtlichen Ansicht, es handele sich um einen Fall der unzulässigen Werbung. Es verurteilte den Online-Händler, es künftig zu unterlassen, Newsletter an E-Mail-Adressen zu versenden, wenn keine wirksame Einwilligung des Betroffenen erteilt wurde.
Vorab aktivierte Check-Box stellt keine ausdrückliche Einwilligung dar!
Das LG München I sah schon im voreinstellten Häkchen bei der Check-Box keine wirksame Einwilligung in den Erhalt von E-Mail-Werbung, denn: Ob Newsletter einem Kunden legal zugestellt werden können, hängt davon ab, ob der Adressat diesem Erhalt vorab ausdrücklich zugestimmt hat. Eine solche Einwilligung liege aber nur bei einer sogenannten Opt-in-Erklärung vor. Das bedeutet, der Mail-Adressat markiert ein entsprechendes Feld selbst und setzt damit ausdrücklich ein Häkchen. Wenn, wie vorliegend, der Haken aus dem Kästchen entfernt werden müsse, um keine E-Mail-Werbung zu erhalten, läge hingegen ein bloßes „Opt-out“-Verfahren vor, dies stelle gerade keine Einwilligung dar.
Hinweis: Wenn Sie erfahren möchten, wie man eine Einwilligung zum Newsletterversand richtig einholt, dürfen wir Sie auf unseren Leitfaden "E-Mail-Marketing in Zeiten der DSGVO - wie agiert man rechtssicher?" aufmerksam machen!
Angabe der E-Mail-Adresse ebenso wenig als Einwilligung zu deuten
Nach Ansicht des Gerichts reiche die bloße Angabe der E-Mail-Adresse auf der Webseite des Werbenden ebenso wenig für eine ausdrückliche Einwilligung aus. Der Angabe der E-Mailadresse sei nämlich kein Erklärungsgehalt im Sinne einer Zustimmung zum Werbebezug zu entnehmen.
Abgebrochene Bestellung: Bestandskundenwerbung nicht erlaubt
Das Gericht erteilte dem Online-Shopbetreiber ebenso eine Absage, als sich dieser auf die Ausnahmeregelung für Bestandskunden berufen wollte. Gemäß der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG ist Werbung per E-Mail ausnahmsweise dann zulässig, wenn der Unternehmer die E-Mail-Adresse unter anderem im Rahmen des Verkaufs einer Ware oder Dienstleistung erhalten hat.
Ein eben solcher Verkauf habe aber im einschlägigen Fall nicht stattgefunden. Das Unternehmen habe die E-Mail-Adresse nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten, vielmehr kam es zum Bestellabruch. Durch diesen Bestellabbruch sei kein Austauschvertrag zustande gekommen. Die bloße Vertragsanbahnung stehe einer bestehenden Kundenbeziehung nicht gleich.
Das Gericht bemerkte außerdem, dass der Bestandskundenausnahme eine weitere Voraussetzung gefehlt hätte: Der Kunde wurde bei Erhebung der Adresse nicht klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG) .
Fazit
Wer E-Mail-Werbung betreiben will, sollte sich vorab unbedingt eine aktive Einwilligung des Empfängers durch ein „Opt-In“-Verfahren (konkret in Ausgestaltung eines sog. "Double-Opt-In-"Verfahrens zu Beweissicherungszwecken) einholen. Hierfür genügt allerdings ein vorangewähltes Häkchen im Rahmen einer Check-Box nach der Rechtsprechung des LG München I gerade nicht! Mehr Infos zum Thema Newsletterversand unter Geltung der DSGVO erfahren Sie in unserem umfangreichen Leitfaden.
Besonders gründlich müssen auch die Voraussetzungen geprüft werden, wenn von der Ausnahmeregelung für den Werbeversand an Bestandskunden (= § 7 Abs. 3 UWG) Gebrauch gemacht werden soll. Achtung: Die bloße Vertragsanbahnung bzw. der Abschluss eines Kundenkontovertrags steht nach dem LG München I nicht einer bestehenden Kundenbeziehung (= zwingende Voraussetzung des § 7 Abs. 3 UWG) gleich.
Weiterer Tipp: Das LG Frankfurt am Main hatte unlängt entschieden, dass die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG auch nicht beim Versand eines allgemeinen Gutscheins eingreife.
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