LG Köln: Werbekennzeichnung auf Instagram durch Link zum Hersteller trotz Eigenkauf
Das geltende Recht verpflichtet zur Kenntlichmachung von kommerzieller Kommunikation, damit diese nicht als redaktioneller Inhalt oder einflussfreie Meinung missverstanden wird. Für Aufsehen sorgte nun eine Entscheidung des LG Köln, nach der die Werbekennzeichnung für einen Beitrag auf Instagram schon bei Setzen eines Links zum Produkthersteller erforderlich ist, obwohl die Verfasserin das Produkt selbst erworben und auch sonst herstellerseits keine Gegenleistung erhalten hat.
Inhaltsverzeichnis
Der Sachverhalt
Eine Influencerin auf Instagram mit ca. 2 Millionen Followern und einem Profil mit „blauem Haken“ veröffentlichte einen Beitrag mit einem Produktfoto und hinterlegte diesen mit einem Link zum Hersteller. Der betroffene Beitrag war nicht als „Werbung“ gekennzeichnet worden.
An der fehlenden Werbekennzeichnung störte sich die Wettbewerbszentrale, die der Meinung war, der Beitrag verschleiere ohne entsprechende Kennzeichnung den kommerziellen Zweck und täusche eine private einflussfreie Meinungsäußerung vor, obwohl er wegen der Inbezugnahme auf den konkreten Internetauftritt des Herstellers klar geschäftlich motiviert sei.
Infolgedessen beantragte die Wettbewerbszentrale den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gegen die Influencerin beim LG Köln.
Jene setze sich mit der erwiesenen Tatsache zu wehr, die auf Instagram gezeigten Produkte selbst käuflich erworben zu haben und auch in sonstiger Weise vom Hersteller in keiner Weise für die Beiträge gefördert worden zu sein. Allein mangels Gegenleistung müsse eine Werbekennzeichnung ausscheiden. Zudem ergebe sei bereits wegen der Kennzeichnung des Profils mit „blauem Haken“ der kommerzielle Charakter des Instagram-Auftritts abzuleiten und kommerzielle Kommunikation naturgemäß zu erwarten.
Die Entscheidung
Das LG Köln gab mit Urteil vom 14.09.2021 (Az. 31 O 88/21) dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung statt und verpflichtete die Influencerin, es zu unterlassen, Instagram-Beiträge mit Links auf Hersteller-Internetauftritte ohne Werbekennzeichnung zu verfassen.
Die fehlende Werbekennzeichnung sei ein Verstoß gegen die Transparenzpflicht des § 5a Abs. 6 UWG.
Maßgeblich für die Kennzeichnungspflicht sei vorliegend die hohe Anzahl von Followern und der geringe Anteil an redaktionellem Informationsgehalt. Durch die Verlinkung von Internetauftritten der Hersteller ergebe sich ein „werblicher Überschuss“, der ohne Kenntlichmachung ein nicht unerhebliches Gefährdungspotenzial aufweise, als persönliche, nicht geschäftlich motivierte Meinungsäußerung missverstanden zu werden.
Dass der Erwerb der Ware aus eigenen Mitteln bewirkt wurde und der Hersteller auch sonst keine Gegenleistung versprach, trete im Anbetracht des überwiegend kommerziellen Beitragsinteresses zurück.
Auch der „blaue Haken“ am Instagram-Profil sei vorliegend unbeachtlich. Für die angesprochenen Verkehrskreise ergebe sich hieraus nicht die vernünftige Vermutung, in allen Beiträgen des maßgeblichen Profils mit ausschließlich kommerzieller Kommunikation konfrontiert zu werden. Ein blauer Haken mache die individuelle Werbekennzeichnung insofern nicht entbehrlich.
Fazit und Stellungnahme
Das LG Köln verfolgt bei der Frage nach dem „Ob“ einer Werbekennzeichnung im Internet eine harte Linie. Konsequent ist die Entscheidung zwar mit Blick auf die gerichtseigene Rechtsprechung, die schon mit Urteil vom 21.07.2020 (Az. 33 O 138/19) eine Gegenleistung für einen Instagram-Beitrag nicht als zwingende Voraussetzung für eine Werbekennzeichnung sah.
Dogmatisch ist dieser Ansatz indes eher fraglich. Das LG Köln übersieht, dass die medienrechtlichen Werbekennzeichnungsvorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 22 Abs. 1 MStV spezialgesetzlich dem § 5a Abs. 6 UWG vorgehen und nach herrschender Auffassung für die Einstufung als kennzeichnungspflichtige Werbung sehr wohl eine irgendwie geartete Gegenleistung voraussetzen.
Kann aus den medienrechtlichen Vorschriften eine Werbekennzeichnungspflicht mangels Gegenleistung nicht abgeleitet werden, kann eine solche dogmatisch nicht über den Auffangtatbestand des § 5a Abs. 6 UWG konstruiert werden.
Kurzum: eine fehlende Werbekennzeichnung, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 22 Abs. 1 MStV nicht verpflichtend ist, darf nicht als Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG geahndet werden.
Zu hoffen bleibt, dass sich im Interesse der Rechtsklarheit eine einheitliche, idealerweise höchstrichterliche eindeutige Leitlinie zur Werbekennzeichnung im Internet einstellt, die der Einzelfallkasuistik an uneinheitlichen, teilweise gar gegenteiligen instanzlichen Entscheidungen Einhalt gebietet.
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