Influencer und Werbung: Eine Übersicht zu den wichtigsten Urteilen

Influencer und Werbung: Eine Übersicht zu den wichtigsten Urteilen
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von Sarah Freytag
18.09.2019 | Lesezeit: 9 min

Für Mandanten: Mustervertrag für die Kooperation mit Influencern Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Für Mandanten: Mustervertrag für die Kooperation mit Influencern" veröffentlicht.

Soziale Medien und Influencer haben die Werbung verändert. Dies wirft viele rechtliche Fragen auf, insbesondere wenn es um die Kennzeichnung von Posts geht. Werbung und kommerzielle Inhalte müssen klar erkennbar sein, um unzulässige Schleichwerbung" zu vermeiden. In diesem Beitrag haben wir uns mit den wichtigsten Urteilen zu diesem Thema auseinandergesetzt.

Gerichte haben schon oft darüber entschieden, wie die Gesetze auszulegen sind und was als "geschäftsmäßige Handlung" gilt. Deshalb ist es wichtig, klare Regeln für Influencer aufzustellen, damit sie wissen, was erlaubt ist und was nicht.

Ergänzend zu den „FAQ für rechtskonformes Influencer-Marketing“, will die IT-Recht Kanzlei in diesem Beitrag einen Überblick über die wichtigsten deutschen Urteile der letzten Jahre zum Thema „Influencer Marketing“ geben.

I. Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit Influencern und Werbung

Fangen wir nochmal mit den gesetzlichen Basics an: Die Kernvorschriften im Bereich der Influencer Werbung finden sich in § 5a Abs. 6 UWG (Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb), § 5 TMG (Telemediengesetz) und § 58 RStV (Rundfunkstaatsvertrag). Werbung als solche muss erkennbar sein, sonst handelt es sich um unzulässige „Schleichwerbung“.

§ 58 Abs. 1 RStV

"Werbung muss als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein. In der Werbung dürfen keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden."

§ 5a Abs. 6 UWG

"Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte."

Die überwiegende Zahl der Entscheidungen beschäftigen sich dabei mit der Auslegung des § 5a Abs. 6 UWG und dabei insbesondere mit der Frage, welches Verhalten der Influencer als „geschäftsmäßige Handlung“ anzusehen ist. Andere Entscheidungen betreffen wiederum die Frage, wie der Kennzeichnungspflicht konkret genüge getan werden könne.

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II. Rechtsprechungsübersicht

Es gibt mittlerweile zahlreiche Urteile zum Thema - wir stellen die wichtigsten dazu vor.

1. Wie und wo muss die Kennzeichnung als Werbung in einem Beitrag erfolgen?

Etwas Unklarheit herrscht noch immer „Wie“ und „Wo“ die Kennzeichnung eines Posts als Werbung erfolgen muss. Insbesondere ob die Kennzeichnung mittels eines Hashtags genügt, sorgt nach wie vor für Diskussionsstoff. Im Folgenden die wichtigsten Urteile zum Thema.

OLG Celle: #ad muss deutlich erfolgen

Das OLG Celle (Urteil v. 08.06.2017; Az. 13 U 53/17) hatte zu entscheiden, ob der Hashtag „#ad“, der sich unter einer Reihe anderer Hashtags unter dem streitgegenständlichen Beitrag befand, als Kennzeichnung ausreiche.

Das Gericht stellte fest, dass es jeweils von den Umständen des Einzelfalles abhinge, wie der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen sei. Der Hinweis müsse so deutlich erfolgen, dass aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds des angesprochenen Verbraucherkreises kein Zweifel am vorliegen des kommerziellen Zwecks bestünde. Dieser müsse auf den ersten Blick hervortreten.

Im konkreten Fall sah das Gericht die Kennzeichnung per Hashtag jedenfalls dann nicht als ausreichend an, wenn sich die Kennzeichnung am Ende einer „Hashtagwolke“ befindet.

KG Berlin: Angaben wie „ad“ oder „sponsoredby(name)“ reichen nicht

Zu dem gleichen Ergebnis kam das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 11.10.2017; Az. 5 W 221/17). Die Angaben „ad“ oder „sponsoredby(name)“ im Rahmen einer „Hashtagwolke“ genügten nicht. Das Kammergericht verwies dabei auch auf ein Urteil des BGH vom 06.02.2014 (Az. I ZR 2/11). Dieser hatte zuvor in Bezug auf Printwerbung geurteilt, dass die Kenntlichmachung von Anzeigen grundsätzlich verletzt werde, wenn statt dem präzisen Begriff „Anzeige“ ein unschärferer Begriff wie „Sponsored by“ gewählt werde. Auch das LG Hamburg hat in seinem Urteil vom 21.12.2018 (Az. 315 O 257/17) bezüglich eines Internet Magazins entschieden, dass die Kennzeichnung „sponsored content“ nicht genügen würde.

OLG Osnabrück: Kennzeichnung mit "#hashtag" auf erster Seite

Das OLG Osnabrück (Urteil vom 12.06.2018; Az. 14 O 135/18) hat hingegen in einem Leitsatz zu seiner Entscheidung die Kennzeichnung von Werbung mittels eines Hashtags als Positivbeispiel angeführt. „(Die Kennzeichnung) muss bereits auf der ersten Seite einen Hinweis darauf enthalten, dass es hier um Werbung handelt, beispielsweise, wie üblich, durch Kennzeichnung mit einem "#hashtag".“

OLG Frankfurt: Kennzeichnung muss deutlich im Beitrag platziert werden

Das OLG Frankfurt (Urteil vom 13. Juni 2022, Az. 6 U 16/22) entschied, dass Beiträge, die kostenlos erhaltene Produkte bewerben, ebenfalls kennzeichnungspflichtig sind. Hierbei muss die Kennzeichnung deutlich im Beitrag platziert werden, um den Werbecharakter klar zu machen. Ein Hashtag am Ende eines Posts reicht nicht aus, um die Anforderungen zu erfüllen​

LG Köln: Kennzeichnung muss zu Beginn des Beitrags erfolgen

Dieses Gericht (Urteil vom 14. September 2021, Az. 31 O 88/21) bestätigte, dass Posts, die Produkte ohne nennenswerte kritische Auseinandersetzung präsentieren, als Werbung gekennzeichnet werden müssen, besonders wenn die Influencer eine große Followerzahl haben. Die Kennzeichnung muss zu Beginn des Beitrags erfolgen, und eine versteckte Kennzeichnung ist nicht ausreichend​

Viel Richter, viele Entscheidungen, viele Meinungen: Sicher ist, die Hashtags „ad“ und „sponsoredby“, insbesondere wenn sie in einer Gruppe von Hashtags versteckt sind, reichen nicht zur Kennzeichnung eines werbenden Beitrages aus. Welche konkrete Vorgehensweise zur Kennzeichnung von der IT-Recht Kanzlei empfohlen wird lesen Sie in unseren FAQ nach.

2. Vorliegen einer geschäftsmäßigen Handlung i.S.v. § 2 Abs. 1 UWG

Die meisten Urteile im Bereich Influencer-Marketing drehen sich um die Frage, wann Social-Media-Beiträge als geschäftliche Handlungen einzustufen sind. In den letzten Jahren gab es dazu auch wegweisende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH).

Die Grundlage für die Einordnung bietet § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, wonach eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten ist, das objektiv mit der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen zusammenhängt – zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens.

Gerichte prüfen dabei, ob ein Beitrag vorwiegend privaten, journalistischen oder kommerziellen Interessen dient. Nur Beiträge, die hauptsächlich werblich sind, unterliegen der Kennzeichnungspflicht. Die Entscheidung erfolgt immer durch eine Gesamtabwägung des jeweiligen Einzelfalls.

LG Itzehoe: Erkennbare Gegenleistung nicht erforderlich

Das Landgericht Itzehoe (Urteil vom 23.11.2018; Az. 3 O 151/18) stellte fest, dass es zur Annahme einer geschäftsmäßigen Handlung nicht erforderlich sei, dass der Influencer eine erkennbare Gegenleistung für den Post erhalten habe. Auch wenn es dem betroffene Influencer durch seinen Beitrag subjektiv nur darum ging, größere Bekanntheit zu erlangen, käme es rein auf eine objektive Wirkung nach Außen an. Insbesondere allein eine direkte Verlinkung lasse den Schluss zu, dass der Influencer die Besucher seines Accounts dazu veranlassen wollte das Profil des Unternehmens XY zu besuchen und so dessen Absatz zu fördern.

OLG Braunschweig: Vermutung für werblichen Beitrag muss widerlegt werden

So sah das auch das Oberlandesgericht Braunschweig (Hinweisbeschluss vom 08.01.2019; Az. 2 U 89/19). Verlinkungen und Tags zu den Unternehmen die die dargestellten Produkte vertreiben ließen objektiv darauf schließen, dass der Infuencer mit seinem Beitrag die Absatzförderung der Produkte bezweckt.

Dies löse die Vermutung aus, dass der Beitrag kommerzieller Natur sei. Diese Vermutung müsse der Influencer im Einzelfall widerlegen. Die Glaubhaftmachung, dass er für den entsprechenden Post keine Gegenleistung erhalten habe reiche hierfür allein nicht aus.

KG Berlin: Keine generelle Vermutung für kommerzielle Natur eine Posts

Das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 08.01.2019, Az. 5 U 83/18) stellt in einem Urteil im Gegensatz dazu fest, dass die generelle Vermutung, dass jeder Post eines unternehmerisch tätigen Influencers der ein Produkt oder Marken präsentiert, kommerzieller Natur ist, nicht gerechtfertigt sei.

Im konkret von ihm zu entscheidenden Fall, stelle die Veröffentlichung von Blogbeiträgen eines Influencers jedoch eine geschäftliche Handlung dar. Der journalistische Gehalt der streitigen Blogbeiträge sei beschränkt und lasse einen nicht-kommerziellen Tätigkeitshintergrund fernliegend erscheinen. Insbesondere bei einem buchstäblich in der Luft hängendem „Tag“ der selbst keinen Informationsgehalt hat und nur dazu dient die Neugier des Betrachters zu wecken, sei ein redaktioneller Gehalt nicht anzunehmen.

Auch sah das Gericht in der Vermischung von redaktionellem und kommerziellen Inhalt erst recht die Gefahr, dass ein Betrachter den kommerziellen Hintergrund eines Beitrages nicht erkennen könnte.

LG Frankfurt am Main: Bloße Verlinkungen nicht ausreichend für geschäftliche Handlung

Das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.04.2019; Az. 2-06 O 105/19) ist etwas zurückhaltender, wenn es um die Vermutung kommerziellen Handelns einzelner Beiträge geht. Es ist der Auffassung, dass das bloße setzen von Verlinkungen oder Tags, auf dritte Unternehmen allein nicht ausreiche um eine geschäftliche Handlung anzunehmen. Es müssten weitere objektive Umstände hinzutreten, die mit rein privatem Handeln nicht mehr erklärbar wären. Auch die zusätzliche Tatsache, dass ein Nutzer 5.000 Follower habe, belege in keiner Weise, dass er mit den Unternehmen zusammenarbeite und nicht nur private Empfehlungen ausspräche.

LG Karlsruhe: Auch Mix mit Privat-Posts steht Geschäftsmäßigkeit nicht entgegen

Anders, sah dass das Landgericht Karlsruhe (Urteil vom 21.03.2019; Az. 13 O 38/19). Der Umstand, dass der Influencer nicht für alle Posts bezahlt würde und lediglich seine Follower über die Herkunft des dargestellten Produkts informieren will, stehe der Einordnung als geschäftsmäßig nicht entgegen. Auch durch vermeintlich private Posts förderten Influencer stehts ihre geschäftlichen Aktivitäten, denn Unternehmen seien für ihre Werbung an möglichst glaubwürdigen Profilen interessiert.

OLG Frankfurt: Hauptberufliche Tätigkeit des Influencers deutet auf kommerzielle Natur hin

Das OLG Frankfurt (Beschluss vom 28.06.2019; Az. 6 W 35/19) sah eine geschäftsmäßige Handlung als gegeben an, weil sich der Influencer hauptberuflich mit dem Geschäftsbereich, zu dem das empfohlene Produkt gehörte, beschäftigt und geschäftliche Beziehungen zu den Unternehmen enthält, deren Produkt er empfiehlt. Auch eine Verlinkung der Produkte deutete auf einen geschäftlichen Hintergrund und nicht rein private Meinungsäußerung hin.

BGH: Unbezahlte Posts nicht immer als Werbung zu kennzeichnen

In diesem Verfahren des BGH (Urteil vom 09. September 2021 – I ZR 126/20 (Cathy Hummels)) wurde entschieden, dass Cathy Hummels in ihren Instagram-Posts keine Kennzeichnung als Werbung vornehmen musste. Das Gericht stellte fest, dass der kommerzielle Charakter der Posts für die Follower erkennbar war, obwohl sie keine direkte Gegenleistung erhalten hatte.
Unbezahlte Posts müssen nicht immer als Werbung gekennzeichnet werden, wenn der kommerzielle Zweck klar ist und keine Gegenleistung vorliegt​

BGH: Keine Kennzeichnungspflicht bei klarer Trennung der Posts

Der BGH (Urteil vom 09. September 2021 – I ZR 125/20 (Leonie Hanne)) entschied in diesem Fall, dass Leonie Hanne ebenfalls keine Kennzeichnungspflicht für ihre Posts hatte, da der kommerzielle Charakter und die Absicht zur Werbung für die Follower offensichtlich waren. Es wurde betont, dass eine klare Unterscheidung zwischen bezahlten und unbezahlten Beiträgen wichtig ist.
Beiträge, die keine Gegenleistung erhalten, müssen nicht zwingend als Werbung gekennzeichnet werden, solange der kommerzielle Zweck erkennbar ist​

BGH: Kennzeichnungspflicht auch abhängig von der werblichen Absicht

Bei Luisa-Maxime Huss entschied der BGH (Urteil vom 09. September 2021 – I ZR 90/20 (Luisa-Maxime Huss)), dass ihre Posts, die Produkte beworben haben, ebenfalls eine Kennzeichnung als Werbung erforderten, wenn eine Gegenleistung stattgefunden hat. Der BGH stellte klar, dass die Kennzeichnungspflicht auch bei unbezahlten Posts abhängig von der werblichen Absicht ist.
Beiträge, die als Werbung erkennbar sind, müssen gekennzeichnet werden, besonders wenn eine Gegenleistung vorliegt​

III. Fazit: Immer einzelfallabhängig - aber langsam kommt Struktur rein

Die Urteile des Bundesgerichtshofs haben wesentliche Klarheit bezüglich der Kennzeichnungspflicht von Influencer-Posts geschaffen. Sie besagen, dass eine Kennzeichnungspflicht besteht, wenn Influencer eine Gegenleistung für ihre Beiträge erhalten. In Fällen, in denen keine Gegenleistung vorliegt, sind die Posts nicht als Werbung im rechtlichen Sinne einzustufen, und eine Kennzeichnung ist nicht erforderlich. Diese Entscheidungen bieten Influencern eine klare Orientierung, wie sie Werbung von privaten Beiträgen unterscheiden können. Das Vorhandensein oder Fehlen einer Gegenleistung spielt eine entscheidende Rolle, und die Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen wird weiterhin beobachtet werden müssen.

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