LG Karlsruhe zu Kosmetikprodukten: Müssen Inhaltsstoffe in der Artikelbeschreibung angegeben werden?
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Kosmetikprodukte rechtssicher verkaufen"
Müssen die Inhaltsstoffe von (Natur-)Kosmetikprodukten in Online-Angeboten angegeben werden? Eine aktuelle einstweilige Verfügung des LG Karlsruhe, die der IT-Recht-Kanzlei vorliegt, legt dies nahe. Verpflichtet die Rechtslage somit Online-Händler zur Angabe der Inhaltsstoffe von Kosmetika? Und wenn ja, wie muss die Information gegeben werden bzw. was müssen Online-Händler beachten? Wir klären auf!
Was ist geschehen?
Der IT-Recht-Kanzlei liegt eine einstweilige Verfügung des Landgericht Karlsruhe (Beschluss vom 07.04.2020, Az.: 13 O 26/20) vor. In dieser wird einem Online-Händler aufgetragen, es zu unterlassen, Kosmetikprodukte anzubieten, ohne hierbei auf die konkreten Bestandteile bereits in der Artikelbeschreibung hinzuweisen.
Der Online-Händler hatte es offensichtlich versäumt, die Inhaltsstoffe eines Kosmetikprodukts im Rahmen seines Angebots auf Amazon in der Artikelbeschreibung anzugeben. Ein ähnlicher Fall hatte bereits schon das OLG Karlsruhe beschäftigt. Ein Online-Händler verkaufte im Internet Naturkosmetik-Produkte, gab jedoch die Inhaltsstoffe der Produkte nicht an. Der Händler verwies vielmehr auf die Verpackung der Produkte. Auf diesen Verpackungen war jedoch – auch bei Vergrößerung durch die Bildschirmlupe – eine Angabe der Inhaltsstoffe nicht zu erkennen.
Die Argumentation lautete: Bei den Inhaltsstoffen von Kosmetik- bzw. Naturkosmetik-Produkten handele es sich um ein wesentliches Merkmal der Ware im Sinn dieser Vorschriften. Der angesprochene Kundenkreis lege gerade hierauf besonderen Wert. Deswegen müssten die Inhaltsstoffe auf der Artikeldetailseite angegeben werden.
Müssen Inhaltsstoffe von Kosmetikprodukten in die Artikelbeschreibung?
In diesem Zusammenhang ist zunächst die Frage zu klären, welche Rechtsgrundlage für eine Pflicht zur Angabe der Inhaltsstoffe von Kosmetikprodukten im Rahmen der Werbung in Frage kommt. Einschlägig könnte hier eine Irreführung durch Unterlassen gem. § 5a Abs. 2 bzw. Abs. 3 UWG sein. Daneben kommt auch ein Verstoß gegen § 3 a UWG iVm § 312 d I 1 BGB, Art. 246 a § 1 I 1 Nr. 1 EGBGB und § 312 j II BGB in Betracht, auf den es jedoch nicht mehr ankommt, wenn das Verhalten des Unternehmers bereits eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a UWG darstellt.
Nach § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
§ 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG regelt, dass wenn Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, als wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG insbesondere alle wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung in dem dieser und dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Umfang gelten, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben.
Bereits das OLG Karlsruhe (Urt. v. 26.09.2018, Az. 6 U 84/17) hatte sich mit der Frage beschäftigt, ob es sich bei den Inhaltsstoffen eines Kosmetikprodukts um eine „wesentliche Information“ im Sinne des § 5a Abs. 2 bzw. Abs. 3 UWG handelt.
Inhaltsstoffe von Kosmetika = wesentliche Information?
Das OLG Karlsruhe führte aus, dass wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG Eigenschaften des Produkts seien, hinsichtlich derer ein Durchschnittsverbraucher eine Information billigerweise erwarten dürfe, um eine informierte Entscheidung treffen zu können. Wesentliche Merkmale des Produkts im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG könnten insbesondere solche sein, die einen Bezug zur Qualität oder zur Brauchbarkeit des angebotenen Produkts haben.
Unter Berücksichtigung einerseits der Bedürfnisse der Verbraucher als auch andererseits der Möglichkeiten, die das verwendete Kommunikationsmittel dem Verkäufer in angemessener Weise biete, sei die Angabe der Inhaltsstoffe schon im Rahmen des Onlineangebots selbst zu erwarten.
Ein bloßer Verweis auf eine Internetseite des Herstellers genüge nicht. Das Gericht stellte hingegen in Aussicht, dass ein unmittelbarer Hyperlink auf die Zusammensetzungsdarstellung durch den Hersteller für Verbraucher keine unbillige Hürde darstelle. Eine eigene Recherche des Verbrauchers könne jedoch nicht hingenommen werden. Es ließe sich nicht ohne größeren Aufwand feststellen, ob es sich um das Produkt mit derselben Zusammensetzung wie im Verkaufsangebot der Beklagten handele oder etwa um ein Nachfolgeprodukt mit veränderter Zusammensetzung.
In Online-Angeboten ist die Angabe der Inhaltsstoffe Pflicht!
Nach Auffassung des OLG Karlsruhe müssen Online-Händler die von ihnen jeweils angebotenen Produkt einschließlich der Angabe der Inhaltsstoffe auf der Verpackung kennen. Des Weiteren könnten Händler auch die für das konkrete Produkt zur Verfügung stehenden Informationen nach den Umständen des verwendeten Kommunikationsmittels (insbesondere bei Angeboten über Internethandelsplattformen) problemlos in ihr Onlinekaufangebot aufnehmen.
Das OLG Karlsruhe betonte zwar explizit die Möglichkeit, der Informationspflicht auch durch Bereitstellen eines Fotos der Inhaltsstoffe auf der Produktverpackung gerecht zu werden: In vielen Onlineshops bestehe die Möglichkeit, ein „gutes“ Produktfoto der Verpackung einschließlich der dortigen Auflistung der Inhaltsstoffe einzublenden. „Alternativ oder zusätzlich“ könnten die Inhaltsstoffe im Onlineangebot, beispielsweise in der Artikelbeschreibung, auch in Textform angegeben werden. Ob diese ausschließliche Darstellung als Grafik auch vom BGH und anderen Oberlandesgerichten als ausreichend erachtet werden wird, ist fraglich.
Fazit
Wer Kosmetika online verkauft, muss Verbraucher über die Inhaltsstoffe des jeweiligen Produkts informieren. Dabei gelten für den Online-Vertrieb andere Regeln als beispielsweise für Werbeanzeigen etwa in Printmedien. In letzterem Fall kann zur Ergänzung der Merkmalsangaben (wie Inhaltsstoffe) angesichts der Beschränkungen des Kommunikationsmediums bspw. auf eine Internetseite verwiesen werden (EuGH, Urt. v. 12.5.2011, Az. C-122/10).
Online-Händler können Ihrer Informationspflicht nachkommen, indem die jeweiligen Inhaltsstoffe in der Artikelbeschreibung ausdrücklich benannt werden. Wir sehen die ausschließliche Mitteilung der Inhaltsstoffe als Produktbild kritisch, da in diesem Fall die Inhaltsstoffe nicht in textlicher Form wiedergegeben werden. Für sehbehinderte Menschen, die auf spezielle Programme zur Texterkennung angewiesen sind, stellt die bloße Vorhaltung der Inhaltsstoffe als Grafik eine Barriere dar. Daher sollte das Angebot barrierefrei gestaltet werden und die wesentlichen Inhaltsstoffe (zumindest auch) in Textform wiedergegeben werden.
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1 Kommentar
reicht es aus, wenn die Inhaltsstoffe erst im Warenkorb ersichtlich sind?
In der Artikelbeschreibung sind diese nicht angegeben, lege ich den Artikel jedoch in den Warenkorb, dann zeigt es mir ordnungsgemäß die komplette Liste an. Ich muss also erst meinen Warenkorb füllen, bevor ich weiß, was ich kaufe.
Zu viele Schritte, zu umständlich? Oder kann man das so handhaben?
Danke und viele Grüße
Susanne