OLG Karlsruhe: Online-Artikelbeschreibungen von (Natur-)Kosmetikprodukten müssen bereits die genauen Inhaltsstoffe enthalten!
Tipp: Weiterführende Informationen finden Sie hier: "Kosmetikprodukte rechtssicher verkaufen"
Das OLG Karlsruhe hat entschieden (Urteil vom 26.09.2018, Az.: 6 U 84/17), dass im Rahmen des Verkaufs von (Natur-)Kosmetik in einem Online-Shop bereits in der Artikelbeschreibung die exakten Inhaltsstoffe zu nennen sind. Wie das Gericht seine Ansicht begründet und welche Konsequenzen aus dieser Entscheidung für die Praxis erwachsen, können Sie in unserem Beitrag nachlesen.
Inhaltsverzeichnis
1. Ausgangslage
Bis vor das Oberlandesgericht Karlsruhe stritten sich eine Herstellerin von Naturkosmetik (= Klägerin) und eine gewerbliche Wiederverkäuferin von Kosmetikprodukten (= Beklagte). Hierbei Vertrieb die Beklagte auch die Naturkosmetikprodukte der Klägerin.
Als die Klägerin feststellen musste, dass die Beklagte im Rahmen der Online-Beschreibungstexte nicht über die Inhaltsstoffe der vertriebenen Produkte (der Klägerin) informierte, sprach diese eine Abmahnung gegen die spätere Beklagte aus.
Die Sache landete zunächst beim Landgericht Karlsruhe, in der Berufungsinstanz musste nunmehr das Oberlandesgericht Karlsruhe über die Sache befinden.
2. Entscheidung des Gerichts
Das Gericht bejahte einen Unterlassungsanspruch der Klägerin und stützte diesen auf eine sog. Irreführung durch Unterlassen, begangen durch die Beklagte. Hiernach liegt eine wettbewerswidrige Irreführung durch Unterlassen vor, wenn im konkreten Fall unter Berücksichtigung der aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wird, die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung treffen zu können.
Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei der Angabe der exakten Inhaltsstoffe eines (Natur-) Kosmetikprodukts um eine solche wesentliche Information.
Der maßgebliche Punkt dieser Entscheidung stellt daher die Beurteilung des Gerichts dar, dass es sich bei den Inhaltsstoffen von Naturkosmetikprodukten um wesentliche Informationen handle.
Das Gericht erläutert, wie folgt, warum die Inhaltsstoffe wesentliche Informationen darstellen:
"Bei Produkten wie Lebensmitteln macht der Verbraucher seine Kaufentscheidung regelmäßig auch von ihrer Zusammensetzung abhängig und befasst sich insbesondere mit dem Verzeichnis über die Inhaltsstoffe auf deren Verpackung. Ähnlich wie bei Lebensmitteln sind bei Kosmetikprodukten regelmäßig nähere Angaben zur Zusammensetzung für den Verbraucher von Interesse. So sind Allergien und Unverträglichkeiten auch bei Kosmetikprodukten nach der Lebenserfahrung nicht selten."
Das Gericht lässt in den Entscheidungsgründen deutlich durchscheinen, dass es wohl nicht nur für den Fall von Naturkosmetik in den Inhaltsstoffen eine wesentliche Information sieht – dies solle vielmehr auch für sämtliche andere Kosmetikprodukte gelten!
Nach Ansicht der Robenträger handle es sich bei der Liste der Inhaltsstoffe eines kosmetischen Mittels um Angaben, die nicht nur von Interesse sein können, sondern vom Verbraucher bei seiner informierten Entscheidung regelmäßig zu Recht erwartet werden würden, denn: Der Kunde sei daran gewöhnt, dass ihm diese Informationen vor dem Einkauf im stationären Selbstbedienungshandel selbstverständlich unmittelbar auf dem einzelnen Produkt zu Verfügung stehen.
Insbesondere solle die Angabe der Inhaltsstoffe den Kunden in die Lage versetzen, sich über die Kosmetikprodukte zu informieren, um Unverträglichkeiten und Allergieauslösende Stoffe erkennen (und vermeiden) zu können.
Zudem stellte das OLG Karlsruhe fest, dass die Angabe der Inhaltsstoffe schon im Rahmen des *Online-Angebots *selbst zu erwarten sei (nicht etwa reicht der Verweis, dass das Inhaltsverzeichnis auf der Produktverpackung zu finden sei!). Hierbei half der Beklagten auch nicht der Einwand, dass es sehr aufwändig sei, die Inhaltsstoffe stets nachzuverfolgen, denn:
Es bereite dem Kosmetikverkäufer nach Ansicht des Gerichts nicht mehr Mühe als dem einzelnen Verbraucher, die Informationen über die Zusammensetzung auf der Internetseite des Herstellers abzurufen und im Online-Angebot einmal und damit für alle Betrachter zugleich zur Verfügung zu stellen.
Das Gericht hierzu weiter:
"Zudem muss die Beklagte das von ihr jeweils angebotene Produkt einschließlich der Angabe der Inhaltsstoffe auf der Verpackung kennen und kann diese - für das konkrete Produkt zuverlässigen - Informationen nach den Umständen des verwendeten Kommunikationsmittels (insbesondere bei Angeboten über die Internethandelsplattform) problemlos in ihr Onlinekaufangebot aufnehmen."
Hinweis: Ein bloßer genereller Hinweis auf die Internetseite des Herstellers genügt nach Ansicht des OLG Karlsruhe ebenfalls nicht zur Erfüllung der Informationspflichten. Allerdings lässt das Gericht erkennen, dass ein Hinweis auf die Inhaltsstoffe mittels Hyperlink auf die Herstellerwebsite womöglich ausreichend sei, um der Informationspflicht nachzukommen.
3. Konsequenzen für die Praxis
- Das OLG Karlsruhe sieht die Inhaltsstoffe bei Naturkosmetikprodukten als wesentliche Informationen der Ware. Zudem lässt das Gericht eindeutig erkennen, dass diese Folgerung nicht nur für Naturkosmetikprodukte, sondern für Kosmetikprodukte im Allgemeinen gelten soll!
- Es müssen demnach die Inhaltsstoffe bei (allen !) Kosmetikprodukten bereits in der Online-Artikelbeschreibung exakt mitgeteilt werden!
- Der Einwand, dass dies sehr aufwendig und mühsam sei, ist nach dem OLG Karlsruhe keine Rechtfertigung für eine unterbliebene Inhaltsstoffangabe; ebenso genügt es nicht zu argumentieren, dass die Inhaltsstoffe auf der Produktverpackung angeben sind.
- Ein bloßer Verweis auf die Internetseite des Herstellers genügt für die Erfüllung der vorstehenden Informationspflicht nicht. Allenfalls ein unmittelbarer Hyperlink auf die Zusammensetzungsdarstellung auf der Herstellerwebsite (Deeplink) käme einer Angabe in der Online-Artikelbeschreibung gleich. Unser Tipp: Am sichersten ist es für Online-Händler, die konkreten Inhaltsstoffe für Kosmetikprodukte direkt in der Artikelbeschreibung zu benennen!
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5 Kommentare
herzlichen Dank für die Informationen. Ich betreibe einen Blog, indem ich Kosmetikprodukte im redaktionellen Teil empfehle und direkt mit dem Affiliate Partner-Shop (Advertiser) verlinke. Also: Ich vertreibe die Produkte nicht selbst, da ich keinen Online-Shop besitze, wohl aber empfehle die Produkte und verlinke sie direkt zu einem Online-Shop. Gilt diese umfassende Informationspflicht (mit der Beschreibung der Inhaltsstoffe) auch für mich, oder reicht es aus, wenn diese vom Online-Shop nachgekommen wird? Vielen Dank im Voraus und beste Grüße aus Bayern.
Dank sei also dem Hersteller und auch dem Gericht, dass zukünftig die Käufer nicht im Regen stehen müssen und durch verschleiernde Verkaufspraxis in die Irre geführt werden. Leider wird nicht der Name des Verkäufers genannt, um potenzielle Kunden vor ihm und seinem Kunden missachtenden Verhalten zu schützen.
Wenn ihm der Aufwand zu hoch ist durch copy and paste aus den Verkaufsvorlagen des Herstellers den Kunden aufzuklären, dann darf man ihm getrost unterstellen, dass er alleine sich und seinen Profit in den Mittelpunkt seiner Verkaufshandlungen stellt und seine Texte in diesem Sinne reine Rosinenpickerei sein werden. - Im Volksmund spricht man vom Lügner.
gilt diese Informationspflicht auch beim Angebot von Kosmetikprodukten in Versandhandelskatalogen?
Müsste also beim Angebot von Kosmetikprodukten in Printwerbemitteln auf der Angebotsseite darauf hingewiesen werden, wo die vollständige Deklaration der Inhaltsstoffe nachzulesen ist, bzw. dass diese im Onlineshop zu finden ist, wie z.B. beim Lebensmittelhinweis?
Vielen Dank für Ihre Antwort. M. Becker