LG Bielefeld: Keine Informationspflicht des Online-Händlers in Bezug auf eine bestehende (aber nicht beworbene) Herstellergarantie!

LG Bielefeld: Keine Informationspflicht des Online-Händlers in Bezug auf eine bestehende (aber nicht beworbene) Herstellergarantie!
25.05.2021 | Lesezeit: 5 min

Rund um Informationspflichten in Bezug auf Herstellergarantien ist die Rechtslage immer noch nicht abschließend geklärt. Bisher galt der Grundsatz, dass über eine solche Garantie informiert werden muss, sobald diese erwähnt bzw. aktiv beworben wird. Doch manche Gerichte waren in der Vergangenheit der Auffassung, dass eine Informationspflicht auch besteht, wenn eine solche Herstellergarantie mit keinem Wort in den Angeboten erwähnt wird. Doch es kommt frischer Wind in die Debatte: Ein weiteres Gericht (LG Bielefeld) äußerte sich zu dieser Frage, parallel legt der BGH die entscheidenden Fragen zur abschließenden Klärung dem EuGH vor. Wir klären zum derzeitigen Stand der Dinge auf!

Das Problem: Informationspflichten vs. Herstellergarantien

Im Allgemeinen gilt der Grundsatz: Wer als Händler mit einer „Garantie“ aktiv wirbt, muss umfassend über eine solche informieren. In diesem Zusammenhang muss beispielsweise über Namen und Anschrift des Garantiegebers, den räumlichen Geltungsbereich der Garantie oder den Inhalt und die Bedingungen der Garantie informiert werden.

Tipp: Wenn Sie weitere Informationen zum Werben mit einer Garantie erfahren möchten, dürfen wir Ihnen unseren Beitrag Fehlende Informationen zu bestehender Garantie: ein Dilemma für viele Onlinehändler als Lektüre empfehlen!

Doch was ist, wenn Online-Händler eine „Garantie“ nicht im Angebotsgtext erwähnen, obwohl eine solche tatsächlich durch den Hersteller des betreffenden Produkts gewährt wird?

In der Vergangenheit haben es viele Online-Händler vermieden, eine bestehende Herstellergarantie zu bewerben, um nicht einen Verstoß gegen die Informationspflichten zu risikieren. Doch im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung, die teilweise auch eine Informationspflicht der Händler über eine nicht aktiv beworbene Herstellergarantie bejaht, kann diese Vorgehensweise nicht uneingeschränkt empfohlen werden.

Die Rechtsprechung ist sich längst nicht einig, ob Online-Händler auch über eine tatsächlich bestehende Herstellergarantie informieren müssen, selbst wenn diese mit keinem Wort erwähnt bzw. beworben wird. Ergeben könnte sich eine aktive Informationspflicht aus Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1 EGBGB.

Bisher verneinte die überwiegende Anzahl der in dieser Sache entscheidenden Gerichte die Frage, ob über eine Herstellergarantie informiert werden muss, auch wenn eine solche Garantie vom Online-Händler im Artikelbeschreibungstext nicht erwähnt wird.

Tipp: Wenn Sie weitere Informationen zum aktuellen Meinungsstand in Bezug auf die Frage zur Informationspflicht hinsichtlich bestehender Herstellergarantien erhalten möchten, dürfen wir Ihnen die Lektüre unseres Beitrags Aktueller Stand der Rechtsprechung: Besteht eine Pflicht des Händlers über eine Herstellergarantie zu informieren? empfehlen!

Banner Starter Paket

LG Bielefeld: Keine Informationspflicht hinsichtlich bestehender Herstellergarantie

Der Entscheidung des LG Bielefeld (Urteil vom 26.01.2021, Az. 15 O 26/19) lag der Sachverhalt zugrunde, wonach ein Online-Händler über seinen Onlineshop sowie über eBay Elektrogeräte vertrieb. Für mehrere solcher Waren räumten die jeweiligen Hersteller Garantien ein, auf welche jedoch in den Angeboten des Online-Händlers nicht hingewiesen wurde.

Der IDO-Verband ging zunächst (erfolglos) im Rahmen einer Abmahnung gegen den Online-Händler vor, da aus Sicht des Verbands über die Herstellergarantie hätte informiert werden müssen.

Die Rechtsansicht des Online-Händlers, wonach über eine Herstellergarantie nicht informiert werden müsse, wenn diese nicht aktiv in den Angeboten erwähnt wird, bestätigte das LG Bielefeld kurz und knapp.

Der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch stehe dem Verband weder aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 3a UWG bzw. § 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG i.V.m. § 312d Abs. 1, Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB noch einem anderen Rechtsgrund zu. Es sei kein Verstoß gegen Lauterkeitsvorschriften, insbesondere kein Verstoß gegen Informationspflichten über die Garantie festzustellen.

Das Gericht verwies auf die Tatsache, dass der Online-Händler an keiner Stelle auf die bestehende Herstellergarantie verwiesen hat. Augenscheinlich hebe der Unternehmer weder das Bestehen einer Garantie werbend hervor noch erwähne er diese überhaupt.

Schließlich führte das Gericht aus, dass der Online-Händler nicht gehalten sei, im Rahmen der Anbahnung eines Fernabsatzvertrages auf das etwaige Bestehen einer gesonderten Herstellergarantie hinzuweisen und sodann die Voraussetzungen über diese Garantie und ihre Ausgestaltung mitzuteilen.

Fazit: Rechtsunsicherheit bleibt, aber BGH legt EuGH Fragen zur Informationspflicht über Herstellergarantien vor

Auch schon vor dem Urteil des LG Bielefeld überwogen die Entscheidungen „contra Informationspflicht“ in der zugrundeliegenden Fallkonstellation. Dennoch kann die Frage, ob Online-Händler über eine Herstellergarantie selbst dann informieren müssen, wenn solche „Garantien“ mit keinem Wort in den Angeboten erwähnt werden, derzeit noch nicht abschließend beantwortet werden.

Nach bisher vertretener Auffassung der IT-Recht Kanzlei (die bereits im Jahr 2016 durch das LG München I ausdrücklich bestätigt worden ist) sollten Online-Händler aktiv über Garantien informieren, die für die angebotenen Waren bestehen.
Um dem sichersten Weg zu folgen, sind Online-Händler gut beraten, von sich aus aktiv und rechtskonform über eine bestehende Herstellergarantie zu informieren. Das gilt zumindest so lange, bis diese umstrittene Frage höchstrichterlich durch den BGH geklärt wurde.

Die gute Nachricht: Der BGH hat in einem laufenden Verfahren Fragen an den EuGH vorgelegt,. Mit diesen Fragen wird geklärt werden, inwieweit Online-Händler Verbraucher über Herstellergarantien für die angebotenen Produkte informieren müssen – wir berichteten.

Es bahnt sich somit die langersehnte höchstrichterliche Entscheidung in dieser Sache an. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Tipp: Wenn die Informationspflicht erfüllt wird, wirbt der Händler zugleich natürlich auch mit einer Garantie und muss die Garantiewerbung insgesamt rechtssicher gestalten, da andernfalls wiederum Abmahnungen drohen. Wir haben unseren Mandanten im Mandantenportal ein Muster zur Werbung mit Garantien bereitgestellt!

Noch kein Mandant und Interesse an unseren sicheren Rechtstexten für den Verkauf Ihrer Waren im Online-Handel? Gerne, buchen Sie einfach eines der Schutzpakete der IT-Recht Kanzlei (bereits ab mtl. nur 5,90 € erhältlich).

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

0 Kommentare

Weitere News

Achtung Abmahnung: Unzulässige Werbung mit Garantieversprechen
(12.07.2024, 08:29 Uhr)
Achtung Abmahnung: Unzulässige Werbung mit Garantieversprechen
LG Bochum: Garantiewerbung muss auf Ausschlüsse hinweisen
(27.06.2024, 07:58 Uhr)
LG Bochum: Garantiewerbung muss auf Ausschlüsse hinweisen
Muster für Best-Price-, Geld-Zurück-, Tiefpreis- und Weihnachtsgarantie wurden überarbeitet
(27.11.2023, 07:36 Uhr)
Muster für Best-Price-, Geld-Zurück-, Tiefpreis- und Weihnachtsgarantie wurden überarbeitet
Aufgepasst: EuGH stuft „Zufriedenheitsgarantie“ als Garantie im Rechtssinn ein
(06.10.2023, 07:30 Uhr)
Aufgepasst: EuGH stuft „Zufriedenheitsgarantie“ als Garantie im Rechtssinn ein
Informationspflicht für Händler bei Werbung mit Garantien
(18.09.2023, 14:15 Uhr)
Informationspflicht für Händler bei Werbung mit Garantien
LG Potsdam: Garantiewerbung im Produktbild löst Informationspflicht aus!
(16.12.2022, 15:37 Uhr)
LG Potsdam: Garantiewerbung im Produktbild löst Informationspflicht aus!
© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei