LG Berlin stellt Double-Opt-In-Verfahren in Frage: Bestätigungsmail ohne werblichen Inhalt soll Spam darstellen!
In einem aktuellen Beschluss öffnet das LG Berlin die Büchse der Pandora: Die Berliner Richter stellen das bisher in der Praxis etablierte Double-Opt-In-Verfahren zumindest teilweise in Frage. Konkret geht es um die Frage, ob eine Bestätigungs-Mail im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens eine „unzumutbare Belästigung“ und damit eine wettbewerbswidrige Handlung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG darstellt, wenn der Empfänger keine Einwilligung in den Erhalt einer solchen E-Mail abgegeben hat. Relevant ist dies dann, wenn ohne Wissen und Wollen des Adressaten dessen E-Mail-Adresse in einen E-Mail-Verteiler eingetragen wird und dieser dann ungefragt die Aufforderung zur Bestätigung (Bestätigungs-Mail) erhält. Wir klären auf, was es mit dieser Ansicht auf sich hat und wie sie zu bewerten ist.
Double-Opt-In gehört zum Standard
Viele Online-Händler dürften sich insbesondere im Hinblick auf die DSGVO bereits mit dem rechtssicheren Versand von E-Mail-Werbung auseinandergesetzt haben. Für den Versand solcher Werbe-Mails (z.B. Newsletter) ist grundsätzlich die ausdrückliche Einwilligung des jeweiligen Empfängers nötig - bis auf ein paar wenige Ausnahmen.
Der Betroffene muss selbst aktiv in die Werbemaßnahme eingewilligt haben (sog. Opt-In). Auch bekannt: Mittlerweile hat sich das „Double-Opt-In“-Verfahren etabliert. Bei diesem Verfahren erfolgt im ersten Schritt die Abfrage der E-Mail-Adresse sowie der Einwilligung für den Empfang zukünftiger Werbung. Im Anschluss erhält der Adressat eine E-Mail, in der nochmals ausdrücklich auf den Bezug der Werbe-Mails hingewiesen wird (sog. Bestätigungsmail).
Der Adressat muss im letzten Schritt den Bestätigungs-Link in dieser E-Mail anklicken, damit der Anmeldevorgang erfolgreich abgeschlossen wird. Ohne eine solche Einwilligung ist elektronische Post eine „unzumutbare Belästigung“ und damit eine wettbewerbswidrige Handlung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
TIPP: Weitere Informationen zum Thema E-Mail-Marketing in Zeiten der DSGVO haben wir in diesem Leitfaden zusammengetragen!
LG Berlin: Bestätigungs-Mail unter Umständen wettbewerbswidrig!
Doch was ist, wenn der Adressat der Bestätigungs-Mail sich nicht selbst angemeldet hat und somit der Versand der Bestätigungs-E-Mail ohne Einwilligung erfolgt?
Fraglich ist hier, ob bereits die Bestätigungs-Mail an sich als unlautere Werbung einzustufen ist. Dazu hat sich in einem aktuellen Verfahren das LG Berlin (Beschl. v. 19.09.2019, Az. 15 O 348/19) geäußert. In dieser Sache ging es darum, dass ein Newsletter-Anbieter einem Dritten eine Bestätigungs-Mail für den Erhalt des angebotenen Newsletters an dessen E-Mail-Adresse schickte. Der Knackpunkt: Der Dritte hatte sich beim Newsletter-Anbieter weder registriert noch für einen Newsletter angemeldet. Die Bestätigungs-Mail für Newsletter erfolgte somit ohne Einwilligung.
Das LG Berlin sprach dem klagenden Dritten einen Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB unter Anwendung der Maßstäbe des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG zu. Die beanstandete Bestätigungs-E-Mail sei als Werbung zu qualifizieren. Die E-Mail enthalte zwar selbst keine konkrete Werbung für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen. Sie diene aber dazu, dem Adressaten den Newsletter zukommen zu lassen, der wiederum typischerweise dem Absatz der Waren/Dienstleistungen diene, also Bestandteil der Vermarktungskette des Newsletter-Anbieters sei.
Hinweis: Eine Bestätigungsmail muss frei von Werbung sein, andernfalls stellt die Bestätigungsmail zweifelsfrei Spam dar. Weitere Informationen können Sie hier erfahren.
Diese Ansicht ist nicht neu, denn bereits das OLG München (Urt. v. 27.9.2012, Az. 29 U 1682/12) stützte sich auf ähnliche Erwägungen. Danach falle auch eine E-Mail, mit der zur Bestätigung einer Bestellung im Double-Opt-in-Verfahren aufgefordert wird, als Werbung unter das Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
Nach dieser Vorschrift stelle jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten eine unzumutbare Belästigung dar. Auch eine E-Mail, mit der zur Bestätigung einer Bestellung im Double-Opt-In-Verfahren aufgefordert wird, sei als Werbung zu werten. Die Einbeziehung von Aufforderungen zur Bestätigung einer Bestellung stehe im Einklang mit einem am Ziel der Absatzförderung orientierten Verständnis des Begriffs der Werbung.
Doch was bedeuten diese Entscheidungen in der Praxis? Angesichts der aktuellen Entscheidung des LG Berlin, das die bereits 2012 durch das OLG München geäußerten Erwägungen übernimmt, könnte man sich die Frage stellen, ob das bewährte Double-Opt-In-Verfahren „wackelt“.
OLG Celle und Düsseldorf: Bestätigungs-Mail ist keine Werbung!
Dem gegenüber stehen jedoch unter anderem die Entscheidungen des OLG Celle sowie des OLG Düsseldorf aus den Jahren 2014 bzw. 2016. Das OLG Celle (Urt. v. 15.05.2014, Az. 13 U 15/14) führte zu der Problematik zunächst grundsätzlich aus, dass es „dazu neige“, das Double-Opt-In-Verfahren als praxisgerechte Möglichkeit anzusehen, um die Einwilligung in E-Mail-Werbung nachzuweisen. Im Hinblick auf die angesprochene Entscheidung des OLG München „neigt“ das OLG Celle auch dazu, die Bestätigungs-Mail im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens nicht als unzulässige Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG anzusehen.
Auch das OLG Düsseldorf (Urt. v. 17.03.2016, Az. I-15 U 64/15) sieht solche Bestätigungs-Mails nicht als unerlaubte Werbung an. Die Übersendung einer solchen E-Mail stelle keine unerbetene Werbung dar, da es im Interesse des Empfängers nur um die Klärung gehe, ob er in Werbung eingewilligt hat - und nicht um die Erlangung der Einwilligung. Der Gegenansicht des OLG München sei daher nicht zu folgen. Doch selbst wenn man mit der Gegenauffassung einen Verstoß annehmen würde, sei dieser jedenfalls nicht als schuldhaft anzusehen. Denn zur Kontaktaufnahme mit dem Inhaber der E-Mail-Adresse gebe es keine zumutbare Alternative, um die tatsächliche Herkunft der Anfrage zu kontrollieren und zu verifizieren.
Es gibt also durchaus gewichtige Gründe, die Übersendung der Bestätigungs-E-Mail noch nicht als einwilligungsbedürftige Werbung per E-Mail anzusehen. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn die Bestätigungs-E-Mail als schlichte Transaktions-E-Mail gestaltet ist und keine darüber hinausgehende Werbung enthält.
Grundsätzlich: Identität des Absenders darf nicht verschleiert/verheimlicht werden!
Auch wenn davon auszugehen ist, dass die angesprochenen Bestätigungs-Mails nicht als „Werbung“ im Sinne des § 7 UWG zu klassifizieren sind, so ist hinsichtlich tatsächlicher Werbe-Mails u.a. der Grundsatz nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 a) UWG zu beachten. Danach handelt es sich um eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung mit Nachrichten unter Verschleierung oder Verheimlichung der Identität des Absenders. Rechtlicher Hintergrund ist der Umstand, dass die Durchsetzung etwaiger Ansprüche gegen den Werbenden erleichtert werden soll.
Ein Verschleiern ist dann gegeben, wenn zwar ein (Absender-)Name angegeben wird, sich dahinter jedoch keine bzw. eine andere Person als der Werbende verbirgt. Verheimlicht wird die Identität, wenn eine Namensangabe gänzlich fehlt oder nur eine Adresse (Postfach, Fax, E-Mail) angegeben wird, welche nichts Konkretes über die Identität des Werbenden aussagt.
Fazit
Zwar vertritt das LG Berlin in dem aktuellen Beschluss die Auffassung, dass auch eine Bestätigungs-Mail (OHNE werblichen Inhalt) im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens, für die keine Einwilligung vorliegt, unter das Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG fällt. Es darf jedoch zumindest bezweifelt werden, dass sich diese Ansicht in der Rechtsprechung verfestigen wird. Anderslautende Entscheidungen merken durchaus schlüssig an, dass bei einer solchen Beurteilung das bisher in der Praxis bewährte Double-Opt-In-Verfahren praktisch ausgehebelt würde.
Wir halten Sie über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden!
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