Jugendschutz bei sexuellen Inhalten im Internet/ Einordnung und kategorische Abgrenzung von Sexualinhalten - Teil 2

Jugendschutz bei sexuellen Inhalten im Internet/ Einordnung und kategorische Abgrenzung von Sexualinhalten - Teil 2
09.12.2015 | Lesezeit: 17 min

Die IT-Recht Kanzlei beleuchtet in einer zweiteiligen Serie die Fragen nach der jugendschutzrechtlichen Abgrenzung der Begriffe Akt, Erotik und Pornographie im Internet. Der Beitrag setzt sich mit den rechtlichen Vorgaben in Bezug auf das Verbreiten von sexuellem Inhalt im Internet auseinander und zeigt, welche Schutzmaßnahmen für das Verbreiten derartigen Sexual Contents gesetzlich vorgesehen ist. Der nachstehende zweite Teil der Serie beleuchtet die Einordnung und kategorische Abgrenzung von Sexualinhalten näher.

In unserem ersten Teil zur Serie "Akt, Erotik oder Pornographie? Der Jugendschutz bei sexuellen Inhalten im Internet" hatten wir uns mit den Zulässigkeitsbeschränkungen für sexuelle Inhalte im Internet nach dem Jugendschutzrecht beschäftigt.* In unserem zweiten Teil dreht sich alles um die Einordnung und kategorische Abgrenzung von Sexualinhalten im Internet.

II. Einordnung und kategorische Abgrenzung von Sexualinhalten

Wie die maßgeblichen jugendschutzrechtlichen Vorschriften zeigen, hat der Gesetzgeber ein differenziertes Schutzkonzept geschaffen, dessen Verbote und Handlungspflichten an die jeweilige kontextuelle Ausprägung der betreffenden Inhalte anknüpfen. Entscheidend für den Umfang der Zugangsbeschränkungen und Verifikationsmaßnahmen ist insofern stets die konkrete Gefährdungslage, in die Kinder und Jugendliche bei der Wahrnehmung der erfassten sexuellen Inhalte versetzt werden können.

Mithin hängen die von Dienste- und Warenabietern im Internet zu beachtenden Sicherungs- und Kontrollanforderungen stets davon ab, wie die jugendschutzrechtlich relevanten Sexualdarstellungen qualitativ zu klassifizieren sind. Während bei der Zugänglichmachung von Pornographie strenge Beschränkungen gelten, sind demgegenüber Angebote mit bloß erotischen Bezügen unter weitaus milderen Voraussetzungen zulässig.

Da eine korrekte inhaltliche Abgrenzung im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann und Fehlinterpretationen sowie darauf fußende Falschklassifizierungen zu Lasten der Diensteanbieter gehen, denen dann eine unzulängliche Umsetzung des Jugendschutzrechts vorgeworfen werden kann, sollen die Wesensmerkmale und Besonderheiten der verschiedenen Kategorien sexueller Inhalte im Folgenden aufgezeigt werden.

1.) Pornographie

Ab wann ein gewisser Inhalt als pornographisch und damit als im besonderen Maße jugendschutzrechtlich relevant gilt, war in der Rechtsprechung und Literatur lange umstritten.

Um einerseits unverhältnismäßige Eingriffe in die grundrechtlich gewährleistete Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG und die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG zu vermeiden, aber andererseits dem Jugendschutz und der Unantastbarkeit der Menschenwürde Rechnung zu tragen, wurde lange Zeit argumentiert, dass die Pornographie als solche keiner allgemeingültigen Definition zugänglich sei, sondern vielmehr unter Berücksichtigung eines kontinuierlichen sozialsittlichen Wandels und einer stetig variierenden Ethikkonzeption stets neu und nach Maßgabe der aktuellen gesellschaftlichen Umstände beurteilt werden müsste.

a) Generelle Kriterien

Weil aber insbesondere die strengen jugendschutzrechtlichen Gesetzesbestimmungen nur bei hinreichender Rechtssicherheit und einem bestimmbaren Geltungsumfang die intendierte Präventionswirkung erzielen konnten, hat sich die Rechtsprechung zu Beginn der 90er-Jahre über die Bedenken hinweg zu einer richtungsweisenden Konzeption des Pornographiebegriffs durchgerungen, die noch heute Geltung beansprucht.

Tatbestandliche Pornographie liegt demnach vor, wenn eine Darstellung unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rückt und ihre Gesamttendenz ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes abzielt (BGH, Urteil v. 21.06.1990 - 1 StR 477/89).

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Beurteilung nach den oben aufgestellten Kriterien sich ausschließlich objektiv nach dem jeweiligen Gehalt und der konkreten Form der Darstellung richtet und mithin unter Zugrundelegung der für einen wertungsneutralen Betrachter naheliegendsten Auffassung erfolgt. Insbesondere die subjektive Zielsetzung und Tendenz des Urhebers sowie mit der Darstellung intendierte Assoziationen bleiben außer Betracht.

Die Einstufung einer konkreten Darstellung als „pornographisch“ muss darüber hinaus stets unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs erfolgen, in welchen das zur Beurteilung anstehende Szenario gefasst ist. Das bloße Vorliegen einzelner Indikatoren kann zwar eine Tendenz begründen, muss aber dem Charakter der Präsentation entsprechend als objektive Überschreitung des sexuellen Anstands anmuten.

Insofern können beigefügte Hinweise oder zusätzliche mit dem eigentlichen Inhalt verknüpfte Darstellungen den pornographischen Gehalt verdeutlichen oder aber dessen Vorliegen ausschließen (bspw. Wort-Bild-Kombinationen).

Insbesondere bei objektiv sexuell aufgeladenen Inhalten, die zu Aufklärungszwecken verwendet werden, kann der pornographische Charakter entfallen, wenn den einzelnen Szenarien etwa sexualerzieherische Informationen beigestellt sind oder aber ein klarer präventiver Kontext erkennbar wird.

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b) Typische inhaltliche und gestalterische Attribute

Typisierende Merkmale für die eine stets bestimmte jugendschutzrechtliche Beschränkungspflichten auslösende Pornographie sind in Anlehnung an die Rechtsprechung vor allem Inszenierungen, die die menschliche Individualität und die Persönlichkeitsmerkmale des Einzelnen völlig in den Hintergrund stellen, um den Menschen als faktisch austauschbares Objekt sexueller Begierde zu präsentieren und ihn zu einem solchen zu degradieren.

Mit dieser auf die bloße sexuelle Stimulierung abstellende Darstellung korrespondieren meist die Anonymität der Sexualpartner sowie die Suggestion unerschöpflicher Lust und Potenz.

In gestalterischer Hinsicht sind pornographische Darstellungen regelmäßig durch überdeutliche oder übertrieben frequentierte Emphasierungen der menschlichen Geschlechtsorgane und solcher Körperpartien gekennzeichnet, die im Allgemeinen als Objekte der sexuellen Fantasie gelten (Brüste, Hinterleib etc.). Detailreiche Wiedergaben von Sexualhandlungen, genitaler Stimulation und von Geschlechtsverkehr lassen ebenso auf einen pornographischen Kontext schließen wie die objektiv zusammenhangslose Aneinanderreihung von Sequenzen, welche die sexuelle Erregtheit der Akteure widerspiegeln.

c) Unbeachtlichkeit der Werkform

Auch wenn der Begriff der Pornographie klassischerweise und dem gesellschaftlichen Verständnis nach mit audiovisuellen Bildsequenzen in Verbindung gebracht wird, müssen Darstellungen nicht zwangsweise filmischer Natur sein und mithin einen Zusammenschnitt bewegter Bilder enthalten, um pornographisch zu sein.

Vielmehr umfasst der Pornographiebegriff sämtliche Gestaltungsformen, die bei objektiver Betrachtung der sexuellen Befriedigung oder Anregung des Adressaten dienen. Mithin können Fotographien ebenso pornographisch sein wie bloße Texte, die eine entsprechende bildliche Vorstellung des Lesers hervorrufen. Unerheblich für das Vorliegen tatbestandlicher Pornographie ist es ferner, wenn die Darstellung keine realen oder mit deutlichen menschlichen Attributen ausgestatten Personen in Bezug nehmen. Auch grobe, cartoonistische Zeichnungen können pornographisch sein. Gleiches gilt für Computeranimationen und sonstige virtuelle Gestaltungen.

Beachtenswert sind in diesem Rahmen folgende Entscheidungen der „Freiwilligen Selbstkontrolle multimedialer Diensteanbieter“ (FSM), deren Prüfergebnisse für die Jugendmedienschutz-Kommission und die Landesmedienanstalten verbindlich sind:

  • erotische Geschichten auf einer Website können pornographisch und offensichtlich schwer entwicklungsgefährdend im Sinne des §4 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 JMStV sein (Entscheidung v. 10. Februar 2009)
  • rein textliche, dokumentationsähnlich verfasste Darstellungen einer Prostituierten über ihre Erlebnisse und Erfahrungen können gemäß §4 Abs. 2 Nr. 1 JMStV als pornographisch eingestuft werden (Entscheidung von 2005)
  • auch ein detailreicher Austausch über sexuelle Erlebnisse in Online-Foren kann die Grenze zur Pornographie überschreiten (Entscheidung v. 2005)
  • die bloße, durch Verpixelung erreichte Undeutlichkeit von Geschlechtsteilen in Werbebannern schließen den pornographischen Charakter der Darstellung nicht aus, wenn im selben Kontext sexuell vulgäre Schriftzeilen angezeigt werden (Entscheidung v. 08.08.2009)

2.) Harte und einfache Pornographie

Ist der pornographische Charakter einer Darstellung festgestellt, muss im Folgenden zwischen Fällen der

  • harten und der
  • einfachen Pornographie

unterschieden werden. Eine tatbestandlich korrekte Einordnung ist hier essentiell, um die jugendschutzrechtlichen Schranken rechtskonform umsetzen zu können und vor allem den gesetzlichen Verboten Rechnung zu tragen.

Während insofern einfachpornographische Inhalte im Internet unter Vorschaltung eines wirksamen und lückenlosen Altersverifikationssystems in zulässiger Weise verbreitet werden dürfen (§4 Abs. 2 Nr. 1 JMStV; §15 Abs. 2 i.V.m. §1 Abs. 4 JuSchG) , ist jegliche mittelbare oder unmittelbare Wiedergabe von hartpornographischen Darstellungen von vornherein untersagt (§4 Abs. 1 Nr. 10 JMStV; §15 Abs. 2 Nr. 1 JuSchG) .

a) Harte Pornographie

Die harte Pornographie, deren Besitz, Herstellung, Verbreitung und Zugänglichmachung stets und ohne Ausnahme ungeachtet der jugendschutzrechtlichen Bestimmungen gleichermaßen die Straftatbestände der §§184a-c StGB erfüllen, umfasst all solche pornographischen Darstellungen, die besonders verachtenswerte, sittenwidrige oder unmenschliche sexuelle Handlungen zum Gegenstand hat.

Als hartpornographisch gelten demnach vor allem solche Inhalte, die Pornographie mit Gewalttätigkeiten, dem sexuellen Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren verbinden.

aa) Gewaltpornographie

Dem Tatbestand der Gewaltpornographie als Unterkategorie der stets unzulässigen harten Pornographie unterfallen Darstellungen von sexuellen Gewalttätigkeiten. Der Sexualbezug der Gewaltanwendung ist insofern zwingende Einordnungsvoraussetzung. Nicht ausreichend ist es, wenn schlechthin banale, nicht sexuell motivierte Gewalt in inhaltlichen Zusammenhang zur eigentlich pornographischen Darstellung gesetzt wird (etwa pornographische Handlungen in kriegsähnlichen Situationen)

Als pornographische Gewalt gilt in diesem Sinne die gegen den menschlichen Körper gerichtete Gewaltausübung von nicht unerheblichem Gewicht, die in einem pornographischen Kontext die Degradierung einer Person zu einem bloßen Objekt in besonderem Maße zum Ausdruck bringt.

Der Kategorie der Gewaltpornographie unterfallen demnach etwa die Darstellung von Sexualmorden, sexuell motivierten Verstümmelungen, sexueller Nötigung aber auch sadistischer und sadomasochistischer Aktivitäten.

Dass bereits der Begriff sadomasochistischer Inszenierungen eine Einwilligung des Opfers in die Gewaltanwendung voraussetzt, ändert nichts an der tatbestandlichen Einordnung als Gewaltpornographie. Diese richtet sich nämlich nicht an den rechtsgutsbezogenen Individualinteressen der dargestellten Personen aus, sondern stellt ausschließlich auf den objektiven Eindruck ab, den die jeweilige Darstellung beim Betrachter hinterlässt.

Aus dem gleichen Grunde ist es auch unerheblich, ob die Gewalthandlungen in Wirklichkeit den Darstellungen entsprechend vollzogen wurden oder nur vorgetäuscht sind.
Liegt aus der Sicht eines objektiven Adressaten eine von Gewalthandlungen geprägte pornographische Inszenierung vor, erfolgt die Klassifizierung als Gewaltpornographie unabhängig vom Realitätsgehalt.

bb) Kinder- und Jugendpornographie

Ebenso absolut unzulässig wie Darstellung von gewaltpornographischen Handlungen sind Inhalte, welche die Involvierung von besonders schutzbedürftigen Kindern (0-14 Jahre) und Jugendlichen (14-17 Jahre) zum Gegenstand haben.

(1) Begriffsumfang

Der Begriff der Kinder- und Jugendpornographie erschöpft sich nicht in Gestaltungen, welche die Vornahme sexueller Handlungen an Minderjährigen zum Ausdruck bringen, sondern umfasst gleichermaßen die sexuelle Aktivität der Minderjährigen selbst sowie sexuell motivierte Akte ohne direkte körperliche Einwirkung auf Minderjährige (etwa die Masturbation gegenüber Minderjährigen). Gleichermaßen unterfallen der Kinder- und Jugendpornographie aber auch die Wiedergabe von anderen pornographischen Darstellungen gegenüber Minderjährigen, etwa das Vorspielen von Videos, das Vorzeigen von Bildern oder das Abspielen von Audiosequenzen.

(2) Problem der Scheinjugendlichkeit

Eine besondere Problematik der Einordnung von Darstellungen unter den Begriff der Kinder- und Jugendpornographie begründet die vor allem im Internet weit verbreitete Miteinbeziehung von Scheinjugendlichen, die im realen Leben bereits die Volljährigkeit erreicht haben, im Rahmen der Inszenierungen aber als Minderjährige erscheinen.

Weil es vor allem für die jugendschutzrechtliche Einordnung des jeweiligen Gefährdungsgrades ausschließlich auf den objektiven Gehalt der konkreten Darstellung ankommt, können nach inzwischen weitgehend einheitlicher Rechtsprechung auch pornographische Inhalte mit scheinjugendlichen Akteuren als Kinder- und Jugendpornographie klassifiziert werden. Erforderlich hierfür ist jedoch, dass der Anschein der Minderjährigkeit beim Betrachter in vernünftiger Weise hervorgerufen wird.
Dies soll vor allem dann der Fall sein, wenn die betreffenden Akteure fast noch kindlich bzw. jugendlichen wirken (BVerfG, Urteil v. 06.12.2008 – Az. 2 BvR 2369/08), wobei vor allem auf das Gesicht abzustellen ist.
Allerdings sind auch die mit der konkreten Darstellung zusammenhängenden äußerlichen Umstände zusätzlich zu berücksichtigen.
Schriftliche Anpreisungen der Jugendlichkeit, ggf. unter Nennung eines fiktiven Alters (Bsp.: „16 year old teen girls“) rechtfertigen die Einstufung als unzulässige Kinder- und Jugendpornographie ebenso wie die modische Bezugnahme auf die jugendliche Unschuld (Schuluniformen, Kleidchen etc.).
Ist die Person aber tatsächlich volljährig und wird darauf explizit hingewiesen, liegt auch bei einem vorhandenen Schein der Jugendlichkeit keine tatbestandliche harte Pornographie vor (. BayVGH, Urteil v. 23.03.2011 – Az.: 7 BV 09.2517)

(3) Abgrenzung zum sexuellen Posing Minderjähriger

Kinder- und jugendpornographische Darstellungen sind einem besonderen Verbotstatbestand zugeordnet und müssen so vom ebenfalls unzulässigen sexuellen Posing Minderjähriger abgegrenzt werden, bei welchem Kinder- und Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonten Haltung erscheinen.
Maßgebliches Differenzierungskriterium ist hier meist die gestalterische Miteinbeziehung zumindest eines anderen Beteiligten. Während kinder- und jugendpornographische Inhalte nämlich im Regelfall begrifflich die gleichzeitige Aktivität von zwei Personen (entweder Minderjähriger und Erwachsener oder Minderjähriger und Minderjähriger) voraussetzen, erfasst das sexuelle Posing vor allem Einzeldarstellungen von Minderjährigen.

Als weiteres Abgrenzungsmerkmal dient zudem der konkrete pornographische Bezug. Kinder- und jugendpornographische Darstellungen müssen sexuelle Vorgänge in besonders betonter Weise in den Vordergrund rücken lassen, während beim Posing nur die Anspielung auf eine sexuell motivierte Tätigkeit, nicht aber deren konkrete Durchführung erforderlich ist.

cc) Tierpornographie (Sodomiepornographie)

Als dritte Kategorie der harten Pornographie erfassen die gesetzlichen Verbotstatbestände die sogenannte Sodomie, also die Darstellung von menschlichen sexuellen Handlungen mit Tieren.

Begrifflich wird nicht vorausgesetzt, dass inhaltlich auf einen tatsächlichen Geschlechtsverkehr zwischen Mensch und Tier Bezug genommen werden muss. Vielmehr reicht es aus, wenn die menschlichen Handlungen oder das Verhalten bzw. die Reaktion des Tieres als Gesten der menschlichen Sexualität erscheinen.
Demnach liegt keine Tierpornographie vor, wenn die Darstellungen ausschließlich das tierische Fortpflanzungsverhalten, also solches zwischen 2 Tieren, ins Auge fassen oder sonst eine Verbindung zum menschlichen Sexualtrieb missen lassen.

Unerheblich für das Vorliegen von Sodomiepornographie ist es dahingegen, ob das miteinbezogene Tier lebendig oder tot ist.

b) Einfache Pornographie

Im Gegensatz zu den absolut unzulässigen hartpornographischen Inhalten sind einfachpornographische Darstellungen im Internet dann erlaubt, wenn mittels hinreichender informationstechnologischer Systeme (Altersverifikationssysteme) sicher gestellt wird, dass Kinder- und Jugendliche sie tatsächlich nicht wahrnehmen.

Die Klassifizierung der einfachen Pornographie richtet sich nach dem eingangs dargestellten Pornographiebegriff und umfasst sämtliche pornographischen Gestaltungen, die nicht als Gewalt-, Minderjährigen- oder Sodomiepornographie absolut verboten sind.

Die Einordnung eines Angebots als einfachpornographisch muss stets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erfolgen, kann sich aber gleichwohl an bestimmten Maßstäben orientieren.
So streitet insbesondere bei detailgenauen Darstellungen von sexuell anreißersich aufbereitetem Geschlechtsverkehr und anderen interpersonellen Sexualhandlungen eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von einfacher Pornographie. Auch bei Nahaufnahmen bzw. inhaltlicher Umschreibung von erigierten Geschlechtsorganen und bei der Bezugnahme auf die männliche oder weibliche Ejakulation kann meist ein einfachpornographischer Gehalt bejaht werden.
Einfachpornographische Gestaltungen müssen allerdings nicht zwangsweise interdependente Sexualhandlungen ins Auge fassen. Auch die graphische oder textliche Wiedergabe von männlichen und weiblichen Masturbationshandlungen kann die Grenze zur Pornographie überschreiten.

Demgegenüber sind Nacktaufnahmen sowie die Darstellung von Geschlechtsverkehr nicht schlichtweg pornographisch. Ein hinreichender Bezug liegt erst vor, wenn die Darstellungen gerade darauf anspielen, die Sexualhandlungen zum Kern der Inszenierung zu machen und persönlich-individuelle Bezüge sowie anders pointierte Handlungsstränge weitgehend auszublenden.

Aktfotographien erfüllen demnach regelmäßig ebenso wenig die Anforderungen an die einfache Pornographie wie in andere Handlungen eingebundene Sexszenen ohne besondere Detailgenauigkeit.
Nach einem Urteil des KG Berlin (Entscheidung v. 08.02.2008 – Az (4) 1 Ss 312/07) sollen selbst Fotokalender, die auf ihren einzelnen Seiten Ganzkörperdarstellungen von Männern mit erigierten Penissen zeigen, keine pornographischen Inhalte sein, weil hier regelmäßig eine Inszenierung unter Berücksichtigung der menschlichen Individualität – insbesondere unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Degradierung zum Sexualobjekt – erfolgt. Weil gerade auf die Männlichkeit und die körperlichen Züge jedes einzelnen Modells abgestellt wird und mithin gleichsam eine gewisse ästhetische Wirkung gegeben ist, findet keine pornographietypische „Entmenschlichung“ statt.

Wird die Schwelle zur Pornographie nicht überschritten, kann freilich dennoch eine Eignung zur Entwicklungsbeeinträchtigung vorliegen, die eine Zugangsbeschränkung nach Maßgabe des §5 JMStV erforderlich macht.

3.) Das sexuelle Posing Minderjähriger

Neben der harten Pornographie stufen die maßgeblichen jugendschutzrechtlichen Vorschriften der §15 Abs. 2 Nr.4 JuschG und §4 Abs.2 Nr. 9 JMStV auch solche Inhalte als absolut unzulässig und damit ausnahmslos verboten ein, die Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen. Erfasst wird hiermit das sexuelle Posing Minderjähriger, das zwar einen gewissen Bezug zur menschlichen Sexualität herstellt, aber die Grenze zur strafbaren Kinder- und Jugendpornographie noch nicht überschreitet.

Eine unnatürliche Geschlechtsbetontheit wird angenommen, wenn der betroffene Minderjährige unter besonderer Hervorhebung der sexuellen Anmutung in einer sexuell anbietenden, nicht altersgerechten Weise dargestellt wird.
Auch hier ist für die Einordnung eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich, wobei ein besonderes Augenmerk auf die konkrete Inszenierung sowie auf die Gestik und Mimik des minderjährigen, meist fotographisch abgelichteten Subjekts gelegt wird.

Der jeweilige Kamerawinkel kann ebenso ausschlaggebend sein wie die Fokussierung bestimmter Körperpartien (vor allem des Genitalbereichs) oder die konkrete Haltung des Modells und die damit beim Betrachter angeregten Assoziationen (zum Beispiel laszive Posen, die sexuelle Willigkeit und Bereitschaft suggerieren, aber auch verhaltene, schüchterne Darstellungen, welche die jugendliche Unschuld symbolisieren).

Nach einer Entscheidung des OLG Celle (Beschluss vom 23.02.2007 – Az.322 Ss 24/07) ist die Nacktheit der dargestellten Subjekte nicht zwingend erforderlich. Vielmehr reichen auch sonstige Hinweise auf den sexuellen Kontext wie insbesondere eine leichte oder aufreizende Bekleidung, übermäßige Mascara oder die besondere Erkennbarkeit von männlichen Geschlechtsteilen oder des weiblichen Torsos.

Auch bei der Beurteilung des Minderjährigen-Posings kommt der Problemkreis der Scheinjugendlichkeit zum Tragen. Für die Behandlung von tatsächlichen Volljährigen, in den Darstellungen aber als minderjährig erscheinenden jungen Menschen gelten die bei der Kinder- und Jugendpornographie erörterten Grundsätze entsprechend. Maßgeblich kommt es darauf an, ob die dargestellte Person aufgrund ihrer Anmutung den Eindruck der Minderjährigkeit vernünftigerweise hervorruft und ob zusätzliche Hinweise oder Bezüge die Annahme verstärken oder aber ausschließen.

4.) Erotik und sonstige Sexualbezüge

Anders als die Pornographie, für deren Vorliegen besondere, nach richterrechtlichen Maßstäben entwickelte Voraussetzungen erfüllt sein müssen, umfasst der Begriff der Erotik ein inhaltliches Spektrum, das sich als solches schwer eingrenzen lässt. Im weitesten Sinne haben erotische Darstellungen per definitionem die sinnliche Anziehung zweier oder mehrerer Menschen zum Gegenstand und können ob ihres konkreten sexuellen Gehalts mehr oder weniger stark ausgeprägt sein.
Zwar wird nach dem jugendschutzrechtlichen Verständnis die Pornographie aus dem Begriffsumfang der Erotik deswegen ausgeklammert, weil bei ersterer deutlich nicht die Sinnlichkeit, sondern der jeweilige Sexualakt in grober Weise in den Vordergrund gestellt wird.
Allerdings können erotische Inhalte je nach Ausprägung verschieden strengen Kontrollanforderungen unterliegen. Zum einen ist nämlich denkbar, dass sie aufgrund ihrer konzeptuellen Gestaltung offensichtlich jugendgefährdend im Sinne des §15 Abs. 2 Nr. 5 JuSchG und des §4 Abs. 2 Nr. 3 JMStV sind und mithin für ihre Verbreitung die Vorschaltung eines lückenlosen Altersverifikationssystems voraussetzen. Zum anderen mögen bestimmte erotische Darstellungen nur gefährdungsgeeignet im Sinne des §5 JMStV sein und somit bloß dazu verpflichten, bei ihrer Verfügbarmachung im Internet einen Ausschluss der üblichen Wahrnehmbarkeit zu gewährleisten.

a) offensichtlich jugendgefährdende Erotik

Die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen erotische Inszenierungen, welche die Grenze zur Pornographie nicht überschreiten, als konkret jugendgefährdend einzustufen sind, entbehrt einer hinreichenden Beurteilungsgrundlage und wurde von der Rechtsprechung nur in Einzelfällen entschieden. Im Bereich der sexuell andeutungsvollen, erotischen Inhalte sind die Grenzen zwischen jugendgefährdender und bloß entwicklungsbeeinträchtigender Darstellungen insofern fließend.

Offensichtlich jugendgefährdend und damit relativ unzulässig (d.h. nur bei Vorschaltung eines selektierenden Altersverifikationssystems erlaubt) sind nach Einschätzung der zuständigen Landesmedienanstalten solche erotischen Darstellungen, die verrohende, bedrohliche, diskriminierende oder stark wirklichkeitsverzerrende Bezüge aufweisen. Maßgeblich ist dabei die Eignung der Inhalte, Kinder oder Jugendliche in ihrer sozialethischen Entwicklung zu desorientieren und in ihren Wertvorstellungen und ihrem Sittlichkeitsempfinden zu destabilisieren, sodass die Möglichkeit besteht, dass die dargestellten Praktiken als sozial gebilligt und als sittlich nicht zu beanstanden empfunden werden.

Bejaht wurde eine Jugendgefährdung für gestellte Vergewaltigungen, Selbstdrosselung, Fetischinszenierungen, Inzest und Fäkalerotik.
Weiter sollen auch solche erotischen Inhalte entwicklungsgefährdend sein, welche die Prostitution, den extremen Sexismus, rassistische Äußerungen oder sexuelle Diskriminierungen von Minderheiten enthalten, verherrlichen oder zu derartigen Verhaltensweisen auffordern.

b) entwicklungsbeeinträchtigende Erotik

Sind erotische Inhalte nicht konkret jugendgefährdend, können sie dennoch geeignet sein, die Entwicklung von Minderjährigen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu beeinträchtigen.
Entscheidend für die Einstufung ist, ob die konkreten erotischen Darstellungen ein Wirkungsrisiko vermuten lassen, also einen bleibende, nicht nur vorübergehende geistige Regung hervorrufen, die sich längerfristig in der psychosexuellen Ausprägung des Charakters niederschlägt. Ein derartiges Risiko wird vermutet, wenn eine Überforderung, Verunsicherung, Verängstigung oder eine Übernahme problematischer sexueller Handlungsweisen, Einstellungen oder Rollenbilder zu erwarten ist. Bei entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten wird vermutet, dass etwaige Wirkungen durch aufklärerische Gespräche oder den Beistand von Erwachsenen ohne besondere betreuerische Maßnahmen wieder aufgehoben werden können.

Werden erotische Darstellungen als entwicklungsbeeinträchtigend eingeschätzt, müssen sie sodann ob ihrer Gefährdungseignung einer bestimmten Altersklasse (relevant sind die Stufen von 16 oder 18 Jahren) zugeordnet werden. Differenzierungskriterien sind die Intensität des sexuellen Bezuges, die Detailgenauigkeit der erotischen Ausprägungen sowie die Dauer und Frequentierung einzelner relevanter Szenarien.

Eine Freigabe für die Altersstufe von 16 Jahren wird regelmäßig nicht zu beanstanden sein, wenn beispielsweise Genitalien, nackte Personen ohne Erektionszeichen, aufreizende Körperhaltungen oder der Geschlechtsakt ohne Erkennbarkeit der Genitalien dargestellt werden.

Eine Klassifizierung mit der Altersstufe von 18 Jahren wird demgegenüber nahe gelegt für unter der Pornographiegrenze liegende Illustrationen von moderarten Oral- und Selbstbefriedigungshandlungen, wahllosem Partnerwechsel, extremer Frauenfeindlichkeit oder überholter Rollenklischees.

Achtung: abgelehnt wird jegliche Entwicklungsbeeinträchtigung von den Landesmedienanstalten für Aktfotografien im Bereich der Ganzkörperdarstellungen ohne erigierte Geschlechtsteile, Darstellungen von Frauen in Reizwäsche, FKK-Szenen sowie bei Illustrationen von verdecktem bzw. nur angedeutetem Geschlechtsverkehr.

III. Fazit

Der Verbreitung und Zugänglichmachung von sexuell ausgeprägten Inhalten kommt eine hohe jugendschutzrechtliche Relevanz zu, weil ihre Wahrnehmung durch Minderjährige nicht selten mit einer altersbedingten Überforderung und sozialethisch bedenklichen charakterlichen Ausprägungen einhergehen kann.
Um eine ungehinderte und gemeinschaftsverträgliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber insbesondere die Verfügbarmachung von sexuellen Darstellungen im Internet an besondere Restriktionen und Kontrollpflichten geknüpft, die es auf Seiten der Diensteanbieter zu beachten gilt.

Während hartpornographische Darstellungen und Inszenierungen von Minderjährigen in anzüglichen Posen strafbewehrt und stets unzulässig sind, können einfachpornographische und anstößige erotische Inhalte nur bereitgestellt werden, wenn eine zuverlässige Altersverifikation den Zugriff für Minderjährige lückenlos sperrt. Demgegenüber gelten weniger strenge Anforderungen für sonstige erotische Bezüge mit sexuellem Anklang.

Weil eine Abgrenzung zwischen den verschiedenen inhaltlichen Kategorien im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann, sehen sich Diensteanbieter im Bereich von jugendschutzrelevanten Sexualdarstellungen einem latenten Haftungsrisiko ausgesetzt. Fehleinschätzungen und Missdeutungen gehen nämlich zu ihren Lasten und können nicht nur mit straf-, sondern auch mit sensiblen wettbewerbsrechtlichen Sanktionen geahndet werden.

Auch wenn es für die Zukunft weiterer richterrechtlicher oder gesetzgeberischer Konkretisierungen bedürfte, um die teilweise fließenden Grenzen im Interesse der Rechtssicherheit zu beseitigen, können die obigen Ausführungen eine erste Orientierungshilfe bieten und zur korrekten Einordnung bestimmter Darstellungen mit Sexualbezug beitragen.

Bei weiteren Fragen zu jugendschutzrechtlichen Handlungspflichten im Zusammenhang mit sexuellen Inhalten steht Ihnen die IT-Recht Kanzlei auch im Einzelfall gerne persönlich zur Verfügung.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

Bildquelle:
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