Hausverbot im Online-Shop? - Neues zum Hausrecht von Online-Händlern
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Einzelhändler vor Ort können sich unliebsame Kunden vom Leib halten, indem sie ganz selbstverständlich von Ihrem Hausrecht Gebrauch machen und unwillkommener Kundschaft ein Hausverbot erteilen. Etwas komplizierter stellt sich die Situation für Online-Händler dar, deren Kunden gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen. Lange war umstritten, ob überhaupt ein virtuelles Hausrecht besteht, auf das sich die Betreiber von Internetportalen gegen Nutzer und Kunden berufen können. Diese Frage wird von der Rechtsprechung mittlerweile einhellig bejaht. Online-Händler haben auch ohne eine entsprechende Regelung in Ihren Nutzungsbedingungen ein Hausrecht (hierzu ausführlich der Beitrag der IT-Recht-Kanzlei). Noch ungeklärt ist allerdings, wann sie sich erfolgreich darauf berufen können.
Inhaltsverzeichnis
Ein beachtenswertes Urteil zu dieser Frage ist am 13.01.2015 durch das Landgericht Ulm ergangen (Beschluss vom 13.01.2015 – Az. 2 O 8/15). Das Gericht hatte zu klären, ob sich ein Onlineshop-Betreiber gegen einen Kunden der wiederholt gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Händlers verstoßen hatte, auf sein virtuelles Hausrecht berufen kann.
Der Sachverhalt
Die Antragstellerin, ein online Vertrieb für Fotos und Poster, begehrte vom Gericht eine einstweilige Verfügung gegen einen ihrer Kunden, in Zukunft das Tätigen von Bestellungen durch den Kunden selbst oder durch ihn veranlasste Dritte zu unterlassen. Gestützt hatte die Antragstellerin ihr Verlangen auf das ihr als Betreiberin der Bestellseite gem. §§ 823 Abs. 1, 903, 1004 BGB analog zukommende virtuelle Hausrecht. Der Kunde hatte gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragstellerin verstoßen und weigerte sich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bezüglich zukünftiger Bestellungen zu unterschreiben.
Das Landgericht hat den Antrag als unbegründet abgewiesen.
Die Begründung des Gerichts
Das Landgericht Ulm war der Ansicht, dass das von der Antragstellerin herangezogene virtuelle Hausrecht keine Anspruchsgrundlage für den begehrten Unterlassungsanspruch biete.
Das Gericht führte aus, dass das virtuelle Hausrecht, das als Rechtsfigur im Rahmen von unberechtigter Nutzung von Internetforen entwickelt worden war, dogmatisch auf zwei Grundüberlegungen zurückzuführen sei, die beide nicht vorlägen.
Zum einen werde das Hausrecht für Internetseiten auf das Eigentumsrecht des Betreibers einer Seite gestützt, sofern dieser das Eigentum an der Hardware hat auf der die Nutzerbeiträge gespeichert werden. Zum anderen basiere das virtuelle Hausrecht auf der Erwägung, dass Betreiber von Internetforen für die Beiträge von Nutzern haftbar gemacht werden können und somit über ein Instrument verfügen müssen um Beiträge zu löschen, oder den Zugang zu diesen zu sperren.
Ohne weiter auf mögliche Ansprüche der Antragstellerin aus Eigentum oder Besitz einzugehen, argumentierte das LG Ulm, dass es für den Betreiber eines Onlineshops gerade an der die Ansprüche aus dem Hausrecht begründenden Gefährdungslage fehle. Anders als für die Betreiber von Internetforen bestehe für Online-Händler gerade keine Gefahr durch das Verhalten ihrer Kunden wie auch immer gearteten Haftungsansprüchen Dritter ausgesetzt zu sein.
Das Gericht war der Ansicht, dass die Antragstellerin ausreichend durch das Prinzip der Vertragsfreiheit und der Möglichkeit sich auf Ihre AGB zu berufen, geschützt sei und es eines zusätzlichen Schutzes durch das Hausrecht nicht bedürfe. So könne sich die Antragstellerin selbst aussuchen, mit wem sie kontrahiere und könne, sofern sie sich durch die Belieferung eines Kunden einem Haftungsrisiko aussetzen würde, eine entsprechende Bestellung problemlos kündigen. Insbesondere hätte die Antragstellerin die Möglichkeit, eine Belieferungsverweigerung mit dem Verstoß gegen ihre AGB zu begründen. Einen Anspruch darauf, dass der Kunde zukünftige Bestellung unterlässt habe die Antragstellerin demnach nicht.
Vertragsfreiheit statt Hausrecht
Mit diesem Urteil hat das LG Ulm den Betreibern von Online-Shops ein virtuelles Hausrecht zwar nicht generell abgesprochen, dessen Reichweite aber wesentlich einschränkt. Folgt man der Logik des Gerichts, liegt die Lösung aller Probleme von Online-Händlern mit unliebsamen Kunden in der Ausübung der Vertragsfreiheit. Ob es wirklich so einfach ist, darf zumindest bezweifelt werden.
Vom Gericht unberücksichtigt bleibt zum einen der hohe technische und tatsächliche Aufwand, den ein Online-Händler zu betreiben hat um einen bestimmten Kunden bei seiner Bestellung im Internet zu identifizieren und einen Vertragsschluss mit diesem zu verhindern. Zum anderen müssen Verkäufer bei der Ablehnung von Vertragspartnern die durch das BGB, AGG, UWG, GWB und Verbraucherschutzrecht gesetzten Grenzen beachten (hierzu ausführlich der Beitrag der IT-Recht-Kanzlei). Insbesondere der in § 307 BGB verankerte Schutz gegen unangemessene Benachteiligung kann bei AGB die gegenüber Verbrauchern verwendet werden zur Unwirksamkeit einzelner Klauseln führen.
Das Gericht scheint ferner den Zweck des virtuellen Hausrechts darauf zu beschränken, Haftungsrisiken für den Hausrechtsinhaber zu vermeiden. Ungeachtet bleibt dabei das berechtigte Interesse des Eigentümers – oder im Fall der gemieteten Hardware das Interesse des Besitzers – sich gegen unerwünschte Eingriffe und Störungen von Kunden zur Wehr zu setzen, bevor diese z.B. durch einen erhöhten Arbeitsaufwand einen negativen Einfluss auf interne Arbeitsabläufe haben können.
Fazit
Ein (wiederholter) Verstoß gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet zwar keinen Unterlassungsanspruch gegen den Kunden, kann aber als Begründung für die Verweigerung einen Vertrag abzuschließen, oder einen bereits bestehenden Vertrag aufzuheben, ausreichen. Notwendige Voraussetzung ist allerdings die Wirksamkeit der AGB-Klausel auf welche sich der Händler beruft.
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