FAQ Geschmacksmuster/Design

FAQ Geschmacksmuster/Design
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von Lena Fahle
Stand: 15.02.2022 9 min

Neben markenrechtlichen Abmahnungen nehmen im gewerblichen Rechtsschutz Abmahnungen wegen unberechtigter Nutzung von Geschmacksmustern bzw. Designs in letzter Zeit deutlich zu. Grund genug hier mal genauer hinzusehen. Um was geht es eigentlich bei einem Geschmacksmuster bzw. Design? Viele Händler können mit diesen Begrifflichkeiten wenig anfangen - und doch: Wer geschützte Muster verletzt, dem drohen ähnlich drakonische Strafen wie bei einer Markenverletzung.

Prolog: Design? Geschmacksmuster?

2 Begriffe - 1 Bedeutung: Schon seit 2013 heißt das Geschmacksmuster in der deutschen Gesetzgebung "Design" - denn das alte Geschmackmustergesetz wurde durch das Designgesetz abgelöst. Auf EU-Ebene ist es dabei bei der alten Begrifflichkeit des Gemeinschafts-Geschmacksmusters geblieben. Im Folgenden halten wir uns an den bekannten Begriff des Geschmacksmusters mit dem Hinweis, dass damit grds. auch das Design gemeint ist.

Was ist ein Geschmacksmuster?

Ein Geschmacksmuster ist ein gewerbliches Schutzrecht für die zweidimensionale oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt (§ 1 Nr. 1 Designgesetz).

Durch das Geschmacksmuster wird eine bestimmte ästhetische Gestaltungsform geschützt. Die Geschmackmusterverordnung der EU beschreibt das ganz ähnlich:

"Die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur und/oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst und/oder seiner Verzierung ergibt."

Das Design eines Autos fällt ebenso hierunter wie die Form- und Farbgebung einer Zahnbürste oder die originelle Oberflächenstruktur eines Trinkglases.
Davon zu unterscheiden sind Gebrauchsmuster und Marken.

Während sich Geschmacksmuster auf eine ästhetische Gestaltungsform bezieht, schützt das Gebrauchsmuster eine technische Erfindung.
Marken kennzeichnen Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Diese dient dazu die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Wie entsteht ein Geschmacksmuster?

Ein Geschmackmuster (in diesem Fall also ein Design), das auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelten soll, muss beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldet werden. Daneben gibt es die Möglichkeit beim Amt der EU für geistiges Eigentum (=EUIPO) ein europaweit geltendes Gemeinschaftsgeschmacksmuster zu beantragen. Soll der Schutz auch auf außereuropäische Länder erstreckt werden, ist schließlich die Weltorganisation für geistiges Eigentum (=WIPO) zuständig.

Wird eine Anmeldung vorgenommen, entsteht das Schutzrecht unter zwei Voraussetzungen: Das vorgelegte Design muss neu sein und es muss Eigenart aufweisen.

Ein Design ist neu, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches oder nur in unwesentlichen Merkmalen abweichendes Design registriert ist.

Eigenart weist ein Muster auf, wenn ein sogenannter “informierter Benutzer” zu dem Urteil kommen würde, dass dieses sich von seinem Gesamteindruck her von bereits bestehenden Designs unterscheidet.

Eine Besonderheit gilt im Fall der sogenannten Ausstellungspriorität: Wurde ein Design bei einer öffentlichen Ausstellung oder Messe bereits zur Schau gestellt, so wird für den Beginn des Schutzes nicht erst auf den Zeitpunkt der Registrierung, sondern auf den der Zurschaustellung abgestellt – auch wenn die Anmeldung erst bis zu sechs Monate später erfolgt. Voraussetzung aber ist, dass das Bundesministerium der Justiz den Namen der Messe im Bundesgesetzblatt veröffentlicht hat und die Ausstellung des Produkts durch den Messeveranstalter bescheinigt wird.

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Was kann als Geschmacksmuster geschützt werden?

Geschützt werden können Erscheinungen, die zwei- oder dreidimensional sein können.

Schutzfähig ist jedes Erzeugnis, also jeder industrielle oder handwerkliche Gegenstand. Darunter zählen auch Verpackungen, sogenannte Ausstattungen, grafische Symbole oder Schriftzeichen sowie Einzelheiten, die zu einem komplexen Erzeugnis zusammengebaut werden können.

Merkmale sind Konturenfarben, Gestalt, Oberflächenstruktur, das Erscheinungsbild von Werkstoffen oder Verzierungen.

Wo kann ich recherchieren, welche Geschmacksmuster es bereits gibt?

Die entsprechenden Register sowohl des DPMA wie auch des HBM können online eingesehen werden.

Das deutsche Register kann unter http://register.dpma.de eingesehen werden. Die Datenbank des Europäischen Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (HABM) kann unter https://euipo.europa.eu/ohimportal/de/rcd-search-availability eingesehen werden, Internationale Registrierungen der WIPO unter http://wipo.int.

Wie wird ein Geschmacksmuster angemeldet?

Ein deutsches Geschmacksmuster kann beim DPMA in München oder Jena sowie beim Technischen Informationszentrum in Berlin eingereicht werden. Die entsprechenden Formulare gibt es auf der Internetseite des DPMA unter www.dpma.de.

Für die Anmeldung ist erforderlich

  • ein Eintragungsantrag
  • Angaben zur Identität des Anmelders
  • eine zur Bekanntmachung geeignete fotografische oder sonstige grafische Wiedergabe des Designs, die deutlich und vollständig offenbart, wofür Schutz beansprucht wird
  • eine Angabe der Erzeugnisse, bei denen das Geschmacksmuster verwendet werden soll.

Was wird bei der Eintragung geprüft?

Bei einer Marke prüft das Deutsche Patent- und Markenamt, ob neben den notwendigen Formalien auch eine Unterscheidungskraft besitzt und frei von beschreibenden Begriffen ist. Erst dann erfolgt die Eintragung in das Markenregister, aus dem der Inhaber dann einen Schutz der Marke herleiten kann.

Das Geschmacksmuster allerdings ist ein sogenanntes “ungeprüftes Schutzrecht”. Das bedeutet, dass das Patent- und Markenamt das angemeldete Design einträgt, ohne zuvor die Merkmale der Neuheit und Eigenheit geprüft zu haben. Kontrolliert werden allein die formalen Voraussetzungen der Antragstellung.

Aus der Tatsache, dass die Produktgestaltung des Anmelders in das amtliche Register aufgenommen wurde, kann dieser daher noch nicht schließen, dass das Geschmacksmuster nun zu seinen Gunsten wirklich begründet worden ist.

Erst im Verletzungsfall, wenn ein anderes Unternehmen ein ähnliches Geschmacksmuster gebraucht und dies von dem Inhaber des eingetragenen Muster geltend gemacht wird, wird geprüft, ob das eingetragene Geschmacksmuster Neuheit und Eigenart gegenüber dem Verletzungsmuster erfüllt und damit dem Schutz zugänglich ist.

Kann ich eine Geschmacksmusteranmeldung selbst durchführen?

Es ist grundsätzlich möglich, die Geschmacksmusteranmeldung selbst vorzunehmen. Einen rechtlichen Beistand bedarf es dazu nicht.

Die notwendigen Formulare für eine Anmeldung sind relativ einfach auszufüllen. Allerdings ist die bei der Anmeldung notwendige Wiederhabe (Bild oder Grafik) des Musters schon etwas schwieriger. Um eine werthaltige Geschmacksmusteranmeldung durchzuführen, kommt es hier auf Genauigkeit an.

Zudem müssen Sie bedenken, dass eine Überprüfung der erfolgreichen Anmeldung erst im Verletzungsfall stattfindet. Es ist ärgerlich, wenn sich erst zu diesem Zeitpunkt herausstellt, dass die Anmeldung inhaltliche Mängel hatte. Eine Recherche der angemeldeten Geschmacksmuster vor Anmeldung ist essentiell und kann komplex sein.

Was ist eine Sammelanmeldung?

In einer Sammelanmeldung können mehrere Designs in einem speziellen, einheitlichen Formular angemeldet werden. Die gemeinsam angemeldeten Designs müssen dazu alle einem Oberbegriff zugeordnet werden können. Welche Oberbegriffe möglich sind, kann der Locarno-Klassifikation entnommen werden. In einer Sammelanmeldung können bis zu 100 Muster zusammengefasst werden.

Die Anmeldung eines deutschen Geschmacksmusters ist mir folgenden Kosten verbunden.

  • Einzelanmeldung 70,00 Euro
  • Elektronische Anmeldung 60,00 Euro
  • Sammelanmeldung je Design 7,00 Euro, mind. jedoch 70,00 Euro
  • bei elektronischer Anmeldung je Design 6,00 Euro, mindestens jedoch 60,00 Euro

Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster kostet 350 EUR.

Ab dem 6. Jahr sind ferner Aufrechterhaltungsgebühren pro Geschmacksmuster fällig:

  • 6. – 10. Schutzjahr 90,00 Euro
  • 11. – 15. Schutzjahr 120,00 Euro
  • 16. – 20. Schutzjahr 150,00 Euro
  • 21. – 25. Schutzjahr 180,00 Euro

Kann ein Geschmacksmuster auch schon dann schützen, wenn es noch nicht eingetragen ist?

Gemeinschaftsgeschmacksgüter entstehen bereits durch bloße Offenbarung gegenüber den in der Europäischen Union tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs, also durch Ausstellen, Anbieten oder auch durch eine Veröffentichung in der Presse. Nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster schützen allerdings nur vor Nachahmungen und höchstens drei Jahre - lesen Sie hierzu gerne diesen Beitrag. Auf deutscher Ebene gibt es die Möglichkeit des Schutzes eines nicht eingetragenen Designs nicht.

Wann ist ein Geschmacksmuster rechtswirksam?

Wenn die eher geringen Formalien der Eintragung eines Geschmacksmusters eingehalten worden sind und ein Geschmacksmuster in das Register eingetragen wurde, besteht nicht ohne weiteres ein entsprechender Schutz des Geschmacksmusters.
Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit eines Geschmacksmusters sind zwei Aspekte:

  • Neuheit
  • Eigenart

Ob diese beiden Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, stellt sich in der Regel erst im Verletzungsfall heraus.
Kommt es zu einer möglichen Verletzung des Geschmacksmusters und geht der Inhaber gegen diese vor, kommt es zu einer Überprüfung, ob Neuheit und Eigenart des angemeldeten Geschmacksmusters gegenüber dem Verletzungsmuster vorliegen.

Was bedeutet Neuheit?

Gemäß § 2 Abs. 1 Designgesetz ist ein eingetragenes Geschmacksmuster als Muster geschützt, wenn es neu ist.

Die Neuheit ergibt sich hierbei aus § 2 Abs. 2 Geschmacksmustergesetz:

"Ein Design gilt als neu, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Design offenbart worden ist. Designs gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden."

Wenn also vor Anmeldung bereits ein identisches Geschmacksmuster veröffentlicht wurde, ist das anzumeldende Design nicht mehr neu.

Identität von zwei Mustern liegt allerdings nur vor, wenn wirklich keinerlei Abweichungen gegeben sind. Bereits kleine Abweichungen im Muster können einen erheblichen Unterschied machen und die Neuheit liegt vor.

Was ist die Eigenart?

Eine weitere Schutzvoraussetzung für ein Geschmacksmuster ist die sogenannte Eigenart gemäß § 2 Abs. 3 Designgesetz:

"Ein Design hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Design bei diesem Benutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. Bei der Beurteilung der Eigenart wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Designs berücksichtigt."

Bei der Eigenart kommt es letztlich darauf an, inwieweit sich das angemeldete Muster von ähnlichen Mustern unterscheidet. Dabei kommt es auf den Gesamteindruck der Muster an. Technisch bedingte Merkmale werden nicht berücksichtig, da es sich um einen reinen ästhetischen Design-Schutz handelt.

Welche Rechte gewährt ein Geschmacksmuster?

Das Geschmacksmuster ist ein sogenanntes “Recht mit absoluter Sperrwirkung”. Die Nutzung des geschützten Designs steht allein dem Rechtsinhaber zu. Ohne seine Genehmigung darf das Geschmacksmuster weder hergestellt, noch in irgendeiner Weise verbreitet oder gebraucht werden.

Ob ein Dritter von der Existenz des geschützten Designs wusste oder nicht, ist irrelevant. Verboten ist somit nicht nur die bewusste Nachahmung eines Geschmacksmusters, sondern auch die Marktplatzierung unabhängig entwickelter Produkte.

Wie werden Ansprüche aus einem Geschmacksmuster durchgesetzt?

Ansprüche aus Geschmacksmusterrecht werden durch eine Abmahnung durchgesetzt. Im Rahmen einer Abmahnung wird dem Verletzer der Sachverhalt erläutert. Er wird aufgefordert, eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.

Wird keine Unterlassungserklärung abgegeben, können die Ansprüche gerichtlich durchgesetzt werden, sei es in einem gerichtlichen Eilverfahren, dem sogenannten einstweiligen Verfügungsverfahren oder im Wege einer ganz normalen Klage.

Wie wird ein Geschmacksmuster bekannt gemacht?

Nach der Eintragung erfolgt die Veröffentlichung des Geschmacksmusters im elektronischen Geschmacksmusterblatt, beziehungsweise im Blatt für Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Konkurrenten können nun recherchieren, ob ihre eigenen Produktdesigns bereits zugunsten anderer geschützt sind, oder ob sich die Stellung eines Eintragungsantrags lohnt.

Für den Anmelder gibt es aber auch die Möglichkeit, einen Antrag auf Aufschiebung der Bekanntmachung des Geschmacksmusters zu stellen. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn das Design – wie z. B. in der Automobilindustrie – aus wettbewerblichen Gründen vorläufig geheim gehalten werden soll. Das registrierte Geschmacksmuster schützt dann für höchstens 30 Monate vor der Nachahmung des Designs, nicht aber vor unabhängigen Parallelschöpfungen.

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