Die neuen Hinweise eBays zum Widerrufsrecht – ein Bärendienst am Händler?

Die neuen Hinweise eBays zum Widerrufsrecht – ein Bärendienst am Händler?
05.02.2013 | Lesezeit: 8 min

Achtung: Dieser Beitrag ist mittlerweile veraltet!
Aktuellere Informationen zum Thema finden Sie hier: "Update: Anpassungen der Hinweise zum Widerrufsrecht durch eBay"

Seit Kurzem blendet der Plattformbetreiber eBay bei einer Vielzahl gewerblicher Angebote zwei neue Hinweise, direkt oberhalb der Widerrufsbelehrung des Händlers ein. Diese Hinweise bringen aufgrund ihrer ungenauen Formulierung nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei ein erhebliches Irreführungspotential mit sich.

Einleitung

Wenn auch (noch?) nicht alle gewerblichen eBay-Angebote die - wohl ohne Zutun des Händlers - angezeigten Hinweise „Nachdem der Artikel bei Ihnen eingegangen ist, widerrufen Sie den Kauf oder geben Sie den Artikel innerhalb dieser Rückgabefrist zurück: 14 Tage“ und „Widerrufsrecht: Käufer trägt die Rücksendekosten, wenn der Artikelpreis 40 Euro nicht übersteigt“ enthalten, ist damit zu rechnen, dass künftig sämtliche gewerblichen eBay-Angebote mit diesen Hinweisen versehen werden.

Diese – von eBay wohl gut gemeinten – Hinweise bereiten den betroffenen Händlern nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht erhebliche Probleme.

Hinweis zur Widerrufsfrist

Der erste kritische Hinweis eBays bezieht sich auf die Dauer der Widerrufsfrist. Dazu blendet eBay direkt oberhalb des Kastens mit der Widerrufsbelehrung des Händlers am Ende der Artikelbeschreibung den folgenden Text ein:

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Wir hatten vor einer Woche unsere Update-Service-Mandanten bereits vor der Irreführungsgefahr gewarnt, die von diesem neuen Hinweis ausgeht, sofern der Händler (überobligatorisch) eine verlängerte Widerrufsfrist (z.B. 1 Monat) in seiner Widerrufsbelehrung einräumt. Der Hinweis eBays beinhaltet anscheinend immer die 14-tägige Frist, so dass der beteiligte Verbraucher nicht mehr weiß, welche Widerrufsfrist letztlich für den zu schließenden Kaufvertrag gilt.

Dem nicht genug, geht noch in ganz anderer Hinsicht eine erhebliche Gefahr der Irreführung von diesem Hinweis aus:

Wir sehen diesen Zusatz auch deshalb sehr kritisch, da er den beteiligten Verbrauchern glauben macht, sie könnten den geschlossenen Kaufvertrag erst dann widerrufen, nachdem der gekaufte Artikel bei ihnen eingegangen ist. Dies ist aber nach dem Gesetz gerade nicht der Fall, da der Verbraucher sein Widerrufsrecht nach §§ 312d, 355 BGB bereits unmittelbar nachdem er seine Vertragserklärung (bei eBay also nach Abgabe des Höchstgebots bzw. Wahrnehmung der Sofort-Kaufen-Funktion) abgegeben hat, widerrufen kann.

Zwar beginnt der Lauf der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen über Warenlieferungen erst mit Eingang der Ware beim Verbraucher. Ungeachtet dessen kann er aber bereits vor Eingang der Ware bei ihm den Kaufvertrag widerrufen, muss also dafür nicht den Eingang der Ware abwarten.

Der von eBay eingeblendete Hinweis bedeutet u.E. daher eine erhebliche Gefahr wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen für die von diesem Hinweis betroffenen eBay-Händler. Dies auch deswegen, weil der Hinweis prominent vor der eigentlichen (im Idealfalle auch korrekten) Widerrufsbelehrung des Händlers eingeblendet wird. D.h., auch eine im Nachgang angezeigte korrekte Widerrufsbelehrung des Händlers vermag den vom eingeblendeten Hinweis ausgehenden irreführenden Charakter nicht mehr zu beseitigen.

Die Irreführung erfolgt hier auch zum Nachteil des Verbrauchers, da dieser im Falle des Widerrufs erst nach Erhalt der Ware in der Regel schlechter gestellt wird:

Dies zum einen deswegen, weil bei eBay die Vorkassevereinbarung den Regelfall darstellt, d.h. der Verbraucher nach eBays Hinweis zunächst an den Unternehmer leisten muss, um den Artikel zu erhalten, um im Anschluss den Kaufvertrag widerrufen zu können. Hier würde der Verbraucher das Insolvenzrisiko des Unternehmers tragen müssen, was er nach dem Gesetz aber für die Ausübung seines Widerrufsrechts gerade nicht zu tragen hat, da es hierfür gar nicht auf den Eingang der Ware beim Verbraucher ankommt.

Zum anderen würde der Verbraucher bei einem Artikelpreis bis einschließlich 40,00 Euro zusätzlich mit den Kosten der Rücksendung belastet werden, wenn er davon ausgeht, dass die Ware für die Ausübung des Widerrufsrechts erst an ihn geliefert werden müsse und für den Fall, dass der Unternehmer eine entsprechende Kostentragungsvereinbarung vornimmt, was ebenfalls die Regel ist.

Auch wäre der Verbraucher generell mit einem erheblichen zeitlichen Mehraufwand belastet, etwa hinsichtlich Rückerstattung der geleisteten Kaufpreiszahlung und Retournierung der Ware.

Diese zusätzlichen Belastungen des Verbrauchers sind dem Gesetz fremd. Da es sich hierbei um zwingendes Verbraucherschutzrecht handelt, kann von den gesetzlichen Vorschriften auch nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden.

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Hinweis zu den Rücksendekosten

Erst vor wenigen Tagen scheint ein weiterer Hinweis seitens eBay hinzugekommen zu sein, der sich direkt rechts neben dem Hinweis zur Widerrufsfrist befindet:

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Die Intention eBays ist uns in diesem Zusammenhang nicht ganz klar. Vermutlich geht es eBay mit diesem Hinweis aber darum, die Abmahngefahr zu beseitigen, die dem Händler droht, wenn er in der Widerrufsbelehrung den Verbraucher über die Tragung der Rücksendekosten bei Widerruf belehrt ohne gleichzeitig durch gesonderte vertragliche Vereinbarung dem Verbraucher diese Kostenlast überhaupt aufzuerlegen.

Aber auch dieser Hinweis ist in seiner derzeitigen Gestalt äußerst unglücklich formuliert und führt dadurch Verbraucher erheblich in die Irre.

Zum einen dürfen dem Verbraucher überhaupt nur die regelmäßigen Kosten der Rücksendung auferlegt werden, nicht irgendwelche (weiteren) Kosten der Rücksendung. Der Hinweis geht in diesem Punkt zu weit. Händler, die in der Vergangenheit derartige Kostentragungsvereinbarungen hinsichtlich der Rücksendekosten ohne ausdrückliche Beschränkung auf die „regelmäßigen Kosten der Rücksendung“ in ihren Angeboten hatten, wurden zuhauf abgemahnt.

Zum anderen hat der Verbraucher bei einem Preis der zurückzusendenden Sache kleiner gleich 40,00 Euro auch nur dann deren Rücksendekosten zu tragen, wenn die gelieferte Ware auch der bestellten entspricht (was bei der Lieferung eines Aliuds oder einer sonst mangelhaften Ware nicht der Fall ist).

Auch dahingehend ist eBays Hinweis unvollständig.

Schließlich besteht auch noch dahingehend ein Problem, dass viele Unternehmer im Rahmen der vertraglichen Auferlegung der Rücksendekosten auf den Verbraucher auch von der gesetzlich zulässigen Erweiterung Gebrauch machen, dem Verbraucher die regelmäßigen Kosten der Rücksendung auch bei einem höheren Preis der Sache als 40,00 Euro aufzuerlegen, sofern der Verbraucher die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht hat (etwa für den Fall, dass von der üblichen Vorkassevereinbarung abgewichen wird).

Auch hierzu stünde der von eBay verwendete Hinweis in Widerspruch, da dieser Verbrauchern glauben macht, sie hätten (nur dann) Rücksendekosten zu tragen, wenn der Artikelpreis 40,00 Euro nicht übersteigt, was aber bei einer entsprechenden Kostentragungsvereinbarung für den Fall der Nichterbringung der Gegenleistung im Zeitpunkt des Zugangs des Widerrufs gerade nicht der Fall ist. Hier müsste der Verbraucher den Rückversand auch bei einem Preis der Ware größer 40,00 Euro tragen.

Ganz generell setzt die Anzeige des neuen Hinweises bezüglich der Rücksendekosten natürlich voraus, dass der Unternehmer überhaupt eine vertragliche Auferlegung der regelmäßigen Rücksendekosten auf den Verbraucher vorgenommen hat, z.B. durch entsprechende Kostentragungsklausel in seinen AGB. Hat er das nicht, gilt der gesetzliche Regelfall, d.h., der Unternehmer hat in jedem Falle die Rücksendekosten zu tragen.

In Fall der nicht vorhandenen vertraglichen Auferlegung der Rücksendekosten wäre der neuerdings von eBay eingeblendete Hinweis ohnehin wettbewerbswidrig, da der Unternehmer dann die Kosten der Rücksendung zu tragen hat. U.E. kann in diesem Hinweis eBays in seiner derzeitigen Gestalt auch keine entsprechende Kostentragungsvereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher gesehen werden. Dies schon deswegen, weil der Hinweis – wie dargestellt – viel zu weitgehend formuliert ist und der Unternehmer dem Verbraucher die Rücksendekosten in dem dort genannten Umfang gar nicht vertraglich auferlegen kann.

Wird dieser Hinweis (in hoffentlich überarbeiteter Form) von eBay beibehalten, ergibt sich ein weiteres Problem: Viele Händler verzichten auf die vertragliche Auferlegung der Rücksendekosten auf den Verbraucher und belehren dann konsequenterweise im Rahmen ihrer Widerrufsbelehrung Verbraucher auch nicht dahingehend.

Fasst eBay nun den Hinweis auf die Tragung der Rücksendekosten entsprechend der gesetzlichen Vorgaben, wäre durchaus zu überlegen, ob nicht schon in diesem Hinweis eine vertragliche Auferlegung der Rücksendekosten auf den Verbraucher zu erblicken ist. Wäre dies zu bejahen, sollten diese Händler auch unverzüglich ihre Widerrufsbelehrung anpassen, die derzeit ja gerade nicht über diese Kostentragungslast des Verbrauchers belehrt. Andernfalls könnte sie ihr „Kundenservice“ teuer zu stehen kommen.

Fazit:

Die neuen Hinweise sind wohl gut gemeint, tatsächlich bringen Sie eBay-Händler derzeit aber in Gefahr. Es scheint sich dabei auch noch um ein Pilotprojekt zu handeln, denn viele, aber nicht alle gewerblichen Angebote sind von den Hinweisen betroffen.

Eine Möglichkeit sich der vorgenannten Hinweise zu entledigen scheint darin zu bestehen, im jeweiligen Ebay-Mitgliedskonto unter "Einstellungen" die "Einstellungen zur Abwicklung von Rücknahmen" zu verändern. Offensichtlich treten die genannten Hinweise nur dann auf, wenn der Händler den eBay-Rückgabeprozess aktiviert und zusätzlich Informationen zu den Rücksendekosten hinterlegt hat.

Für die detallierte Vorgehensweise dürfen wir auf den entsprechenden Beitrag auf unserer Facebookpräsenz verlinken und auf die dortigen Kommentare mit Lösungsvorschlägen verweisen:

Facebook

Informationen zum Deaktivieren des Rückgabeprozesses gibt es auch auf folgender Seite von eBay:

eBay Hilfeseite

Eine weitere Lösungsmöglichkeit wird in einem Kommentar auf unseren Artikel beschrieben:

Kommentar

Wir bedanken uns für die Mithilfe bei den Kommentator(innen)!

Für unsere Update-Servicemandanten haben wir bereits mit eBay Kontakt aufgenommen und Bay auf die Problematik aufmerksam gemacht. Wir hoffen auf eine baldige Stellungnahme des Plattformbetreibers. Einstweilen können wir generell eBay-Händlern nur raten, ihre Angebote (laufend) auf die erwähnten Hinweise hin zu prüfen und betroffene Angebote wie beschrieben zu bearbeiten, um die Hinweise auszublenden.

Ob ein ausdrücklicher Distanzierungshinweis am Ende der Artikelbeschreibung die wirren Hinweise eBays zu entkräften vermag oder hierdurch sogar Verbraucher noch weiter in die Irre geführt werden, müsste jeweils im Einzelfall anhand der konkreten Angebotsgestaltung geprüft werden.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
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1 Kommentar

I
IT-Experts 18.01.2013, 17:58 Uhr
Neue Hinweise nicht im Angebot erscheinen lassen
Sehr geehrte ebay-Händler,

es gibt m. E. noch eine recht einfache Lösung für dieses Problem. Wenn man am Ende der Bearbeitung eines Angebotes unter "Bearbeiten Sie Ihre Rücknahmebedingungen" klickt, kann man dort die Rückgabefrist sowie deren Kosten auswählen (Drop-Down-Menü). Kein Hinweis erscheint im Angebot, wenn man nichts auswählt - also "Treffen Sie eine Auswahl" einfach stehen lässt. Dies ist auch nicht erforderlich, da direkt darunter die bei ebay hinterlegte Widerrufsbelehrung auftaucht.

Mit freundlichen Grüßen
IT-Experts

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