Neue Hersteller- und Händlerpflichten: Digitale Produktpässe ab 2027

Neue Hersteller- und Händlerpflichten: Digitale Produktpässe ab 2027
5 min
Beitrag vom: 29.04.2025

Die EU plant für eine Vielzahl von Waren digitale Produktpässe, die vom Hersteller veröffentlicht und von Händlern bereitgestellt werden sollen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum neuen Vorhaben.

Digitale Produktpässe: Was hat es damit auf sich?

Mit der Ökodesign-Verordnung 2024/1781 vom 13.06.2024 hat die EU-Kommission unter anderem die Einführung digitaler Produktpässe für diverse Warenkategorien beschlossen.

Bei diesen Pässen handelt es sich um Datensätze, die elektronisch verfügbar gemacht werden und die sowohl von Marktakteuren als auch von Endverbrauchern zur Erlangung aller relevanten Produktinformationen aufgerufen werden können.

Der digitale Produktpass soll so, sofern nach Produktgruppe einschlägig, mindestens Informationen über die folgenden Parameter enthalten:

  • Hersteller- bzw. Importeurkontaktdaten
  • Materialien
  • Bestandteile
  • Energieeffizienz
  • Produktherkunft
  • Reparaturmöglichkeiten
  • Entsorgung
  • Gebrauchsanleitungen

Mit dem Produktpass soll das Verbraucherbewusstsein für nachhaltigere Kaufentscheidungen geschärft und gleichzeitig Herstellen die Möglichkeit gegeben werden, Umweltanstrengungen und Nachhaltigkeitsbemühungen transparenter zu kommunizieren.

In der Handelskette soll der Pass ferner die händische Übermittlung von Produktinformationen zur Erfüllung gesetzlicher Informationspflichten ersetzen und schließlich verschiedensten Dienstleistern von Werkstätten bis hin zu Recyclingunternehmen eine verlässliche Datenbasis für ihre Tätigkeiten ohne die Notwendigkeit vorheriger Konsultationen bieten.

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Welche Produkte sind ab wann betroffen?

Welche Produkte künftig über einen digitalen Produktpass verfügen sollen, ist zum aktuellen Stand (04/2025) nicht abschließend geklärt.

Hintergrund ist, dass die Ökodesign-Verordnung 2024/871 nur den gesetzlichen Rahmen für die Ausrollung der Pässe an sich bildet und deren Mindestanforderungen festlegt, die produktgruppenspezifische Einführung und die Festlegung des konkreten Inhalts aber dem EU-Gesetzgeber mittels delegierter Rechtsverordnungen überlässt.

Bisher steht fest, dass als erste verpflichtete Produktkategorie Batterien einen digitalen Produktpass erhalten.

So führt die EU-Batterieverordnung (Verordnung 2023/1542) eine entsprechende Pflicht für ab dem 18.02.2027 in Verkehr gebrachte LV-Batterien, Industriebatterien und Elektrofahrzeugbatterien ein.

Sodann ist eine Einführung des Passes für Bauprodukte ab 2028 geplant (s. Art. 75 EU-Bauprodukteverordnung 2024/3110).

Ebenfalls wahrscheinlich ist eine Implementierung von Produktpassvorschriften bis 2030 für folgende Produkte:

  • Eisen & Stahl
  • Aluminium
  • Textilien (insb. Bekleidung & Schuhwerk)
  • Möbel (inkl. Matratzen)
  • Reifen
  • Waschmittel
  • Anstrichmittel
  • Schmierstoffe
  • Chemikalien
  • Energieverbrauchsrelevante Produkte
  • Elektronikgeräte
  • Produkte der Informations- und Kommunikationstechnik (Radio, Fernseher, Handys, Smartphones etc.)

Nicht eingeführt wird der digitale Produktpass dahingegen für folgende Produkte:

  • Lebensmittel
  • Futtermittel
  • Arzneimittel
  • Tierarzneimittel
  • lebende Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen,
  • Erzeugnisse menschlichen Ursprungs
  • Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen
  • Fahrzeuge

Welche Pflichten treffen Hersteller und Importeure?

Auch wenn die konkreten Hersteller- und Importeurpflichten je nach erfasster Produktgruppe noch in spezifischen Umsetzungsverordnungen konkretisiert werden, steht nach der EU-Ökodesign-Verordnung 2024/1781 fest, dass Hersteller und Importeure, die ein erfasstes Produkt in der EU erstmalig in Verkehr bringen, für die Erstellung des digitalen Produktpasses verantwortlich sein werden.

Sie müssen diesen Pass auf einer Internetseite veröffentlichen sowie per QR-Code oder per anderem maschinenlesbaren Zeichen auf

  • dem Produkt selbst
  • seiner Verpackung oder
  • den dem Produkt beigefügten Unterlagen

zugänglich machen.

Gleichzeitig muss bei Inverkehrbringen des Produkts eine Sicherungskopie des Produktpasses erstellt und einem unabhängigen Dienstleister zur Verfügung gestellt werden. Dies soll dessen Vorhandensein auch bei Insolvenz, Liquidation oder sonstiger Tätigkeitseinstellung des Herstellers/Importeurs sicherstellen.

Der Produktpass muss für den gesamten Lebenszyklus des Produkts verfügbar sein und stets aktuell gehalten werden. Wird für ein Produkt ein neuer Pass ausgestellt, muss der neue Pass digital mit dem vorherigen so verknüpft werden, dass er unmittelbar aufgerufen werden kann.

Schließlich muss eine digitale Kopie des QR- oder sonstigen Codes, über den der Pass abrufbar ist, beim Inverkehrbringen den Händlern und/oder den Online-Marktplätzen bereitgestellt werden, über welche das Produkt vertrieben wird.

Welche Pflichten treffen (Online-)Händler?

Händlern - auch im E-Commerce - werden im Zuge der Produktpass-Einführung neue Kontroll- und Informationspflichten zuteil.

Sie müssen kontrollieren, ob ein von der Produktpasspflicht erfasstes Produkt über den Pass verfügt und mit einem entsprechenden Abrufcode versehen ist. Stellen sie fehlende Compliance fest, dürfen sie das Produkt nicht anbieten und müssen die zuständige Marktüberwachungsbehörde kontaktieren.

Zugleich müssen Händler dafür Sorge tragen, dass der digitale Produktpass in ihren Angeboten leicht zugänglich ist.

Im stationären Handel dürfte der Hersteller oder Importeur die entsprechende Kennzeichnung durch den physischen Aufdruck des Codes zum Produktpass für den Händler übernehmen.

Im Online-Handel werden Händler aber gehalten sein, den Produktpass direkt in ihre Angebote zusätzlich zu integrieren, voraussichtlich regelmäßig über einen Link auf den jeweiligen Hersteller- bzw. Importeureintrag.

Die jeweiligen produktspezifischen Verordnungen sollen festlegen, wie die Bereitstellung des Produktpasses im Fernabsatz zu erfolgen hat.

Da die Darstellung eines QR-Codes auf Internetseiten aber dazu führen würde, dass für dessen Einlesen ein zweites Gerät neben dem Endgerät des Zugriffs erforderlich ist, ist die Pflicht der Händler zur Bereitstellung eines Direktlinks auf den Produktpass naheliegend.

Können auch Händler als Hersteller gelten?

Unter gewissen Voraussetzungen können Händler selbst als Hersteller gelten mit der Folge, dass sie für (künftig) erfasste Produkte die Produktpässe selbst erstellen, pflegen, bereitstellen, verfügbar halten und auf Produkten anbringen müssen.

Das ist ausweislich Art. 34 der Ökodesign-Verordnung (s.o.) dann der Fall, wenn sie Produkte

  • unter ihrem Namen oder ihrer Handelsmarke in Verkehr bringen oder
  • bereits in Verkehr gebrachte Produkte so verändern, dass die Konformität beeinträchtigt wird und dadurch die Produktparameter modifiziert werden.

Wird es ein EU-Register für Produktpässe geben?

Ja.

Die EU-Kommission wird mit Artikel 33 der Ökodesign-Verordnung verpflichtet, bis zum 19.07.2026 ein digitales Register zu erstellen, mit dem die Echtheit von Produktpässen überprüft und wesentliche Passinhalte sollen abgerufen werden können.

Das Register soll allerdings nach derzeitigem Stand nicht öffentlich zugänglich, sondern dem Zugriff der Kommission, der nationalen Überwachungsbehörden und der Zollbehörden vorbehalten sein.

Hersteller oder Importeure müssen beim Inverkehrbringen die jeweils relevanten Passdaten in dieses Register hochladen.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle: jittawit21 / Shutterstock.com

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