LG Nürnberg-Fürth: Keine einwilligungslose E-Mail-Werbung an Bestandskunden nach Bestell-Storno
E-Mail-Werbung setzt grundsätzlich stets eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers voraus. Unter sehr engen Voraussetzungen darf gegenüber Bestandskunden nach der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG allerdings auch ohne Einwilligung per Mail geworben werden. Dass erste Anforderungen hierfür aber ein wirksamer, bestehender Vertrag sein muss, bestätigte jüngst das LG Nürnberg-Fürth.
I. Voraussetzungen der Mailwerbung gegenüber Bestandskunden ohne Einwilligung
Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist die werbliche Kommunikation per E-Mail gegenüber jedwedem Empfänger (unbeachtlich, ob Verbraucher oder Unternehmer) nur nach ausdrücklicher Einwilligung zulässig.
Von diesem Grundsatz existiert jedoch eine gesetzliche Ausnahme in § 7 Abs. 3 UWG.
Danach ist die Werbung per E-Mail ohne Einwilligung ausnahmsweise dann zulässig, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ eingehalten sind:
- der Unternehmer muss im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung die E-Mail-Adresse des Kunden erhalten haben,
- weiter darf der Unternehmer diese E-Mail-Adresse ausschließlich zur E-Mail-Werbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwenden,
- der Kunde darf der Verwendung nicht widersprochen haben,
- der Kunde muss bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen werden, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Ist nur eine der vier Voraussetzungen nicht erfüllt (ist z.B. die E-Mail-Adresse nicht korrekt erlangt worden oder es wird für nicht „ähnliche“ Produkte geworben), so greift die Ausnahmeregelung nicht und es bleibt bei der grundsätzlichen Voraussetzung der ausdrücklichen Einwilligung des Empfängers.
Liegt eine solche Einwilligung dann nicht vor, stellt die Werbung eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG und mithin wettbewerbswidrigen Spam dar.
*Tipp: Wie die Voraussetzungen bestmöglich einzuhalten sind, beschreiben wir – inkl. vieler Musterformulierungen für Mandanten – in dieser Anleitung.
II. Der Sachverhalt
Ein Kunde hatte bei der Beklagten, einem Online-Handelsunternehmen mit Spezialisierung auf Arbeitsschutzprodukte, FFP3-Masken online bestellt.
Im elektronischen Bestellprozess hatte die Beklagte auf die nachvertragliche werbliche Ansprache per E-Mail wie folgt hingewiesen:
Der Nutzung Ihrer E-Mail-Adresse für die Übersendung eines Newsletters zu ähnlichen Waren/Dienst leistungen können Sie jederzeit entweder vollständig oder für einzelne Maßnahmen widersprechen. Wenden Sie sich dazu bitte ganz einfach per E-Mail an xy@xy.de oder verwenden Sie den Abmelden-Link am Ende des Newsletters.
Aufgrund von Belieferungsproblemen stornierte die Beklagte die Bestellung allerdings kurze Zeit später, versendete an den Kunden daraufhin aber dennoch per E-Mail einen Newsletter mit Werbung für Ihr Arbeitsschutz-Sortiment (Helme, Gehörschutz und Sicherheitsschuhe).
Der Kläger, ein Mitbewerber, sah hierin unzulässigen Spam und mithin einen Wettbewerbsverstoß nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG.
Mangels Einwilligung stelle der Werbe-Newsletter eine unzumutbare Belästigung dar. Auf die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 3 UWG könne sich die Beklagte nicht berufen, weil es aufgrund der Stornierung schon an einem wirksamen Kaufvertrag als Grundlage für die Bestandskundenansprache fehle. Im Übrigen sei auch die Voraussetzung der Werbung für eigene ähnliche Waren nicht erfüllt.
Nach erfolgloser Abmahnung verfolgte der Kläger den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth weiter.
III. Die Entscheidung
Das Landgericht Nürnberg-Fürth gab mit Urteil vom 21.09.2022 (Az.: 4 HK O 655/21) der Klage statt und bejahte eine wettbewerbswidrige, da einwilligungslose E-Mail-Werbung.
Auf die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG für die Bestandskundenansprache könne sich die Beklagte aus zweierlei Gründen nicht berufen.
Einerseits fehle es bereits an einem „Verkauf“ im Sinnen des § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG, da dieser den Abschluss eines wirksamen und bestandskräftigen Kaufvertrages voraussetzt. Werde ein Vertrag wegen Lieferunmöglichkeit wie im vorliegenden Fall aber einseitig rückabgewickelt, liege ein „Verkauf“ nicht vor.
Andererseits habe die Beklagte die Zulässigkeitsanforderungen der einwilligungslosen Bestandskundenwerbung auch durch die konkreten werblichen Inhalte missachtet.
Um von § 7 Abs. 3 UWG gedeckt zu sein, müsse die beworbene Ware muss dem gleichen oder ähnlichen erkennbaren oder doch typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen. Vom Normzweck ebenfalls gedeckt seien zwar auch Werbemaßnahmen für Zubehör und sinnvolle Produktergänzungen.
Gänzlich andere Produktkategorien (Arbeitsschutzware gegenüber FFP3-Masken) dürften aber nicht einwilligungslos beworben werden.
IV. Fazit
Wer eine Online-Bestellung als einzigen Kaufvertrag mit einem Kunden storniert, darf diesem gegenüber nicht weiter ohne ausdrückliche Einwilligung per E-Mail für eigene ähnliche Waren werben.
Die Ausnahme der einwilligungslosen Bestandskundenansprache nach § 7 Abs. 3 UWG setzt nämlich zwingend einen wirksamen, bestandskräftigen Kaufvertrag (bzw. Dienstleistungsvertrag) voraus.
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