Verpackungsgesetz: Gilt die Lizenzierungspflicht auch im Verhältnis B2B?
Das Verpackungsgesetz ist für juristische Laien schwer zu durchdringen. Es ist überaus kompliziert geschrieben, enthält viele unbestimmte Rechtsbegriffe und führt schon mit zentralen Begrifflichkeiten (wie z.B. "Hersteller") schnell in die Irre. Immerhin: Die Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister - ZSVR bemüht sich und veröffentlicht auf ihrer Internetpräsenz diverse FAQ, Erklärfilme, Themenpapiere, normeninterpretierende Verwaltungsvorschriften etc.. Aber wann soll der gesetzestreue Online-Händler - der ja nebenbei auch mal was verkaufen möchte - das alles lesen? Wir möchten in diesem Beitrag anhand eines Fallbeispiels Hilfestellung geben bei der Frage, ob die Lizenzierungspflicht auch im Verhältnis zwischen Unternehmern (B2B) gilt.
I. Fallbeispiel
Gehen wir von folgendem Beispielsfall aus:
Ein deutscher Online-Händler betreibt einen reinen B2B-Online-Shop ( = unter Ausschluss von Verbrauchern).
Der Online-Händler erhält folgende Lieferung eines deutschen Produzenten:
Eine Palette, auf der sich 10 große Kartons befinden. Diese Kartons sind mit Stretchfolie umwickelt bzw. gesichert. In jedem der 10 Kartons befinden sich 10 Plastikdosen. Diese sind gefüllt mit jeweils 5 gewöhnlichen (mechanischen) Schlössern für den Heimwerker & Gartenbereich.
Nun bestellt ein Unternehmer-Kunde 15 Plastikdosen (die jeweils 5 Schlösser enthalten). Der Online-Händler öffnet daraufhin 2 Kartons und entnimmt 15 Plastikdosen. Anschließend befüllt der Händler einen neuen Versandkarton mit den 15 bestellten Plastikdosen und verklebt diesen mit Klebeband.
Die Ware wird zum Unternehmer-Kunden geschickt.
Es stellt sich nun die Frage, wer welche Verpackungen zu lizenzieren hat.
II. Lizenzierungspflicht des Produzenten?
In dem obigen Fallbeispiel geht es um unterschiedliche Verpackungstypen.
Indem der Produzent den Online-Händler beliefert, bringt der Produzent folgende Verpackungen in Verkehr:
- 1 Palette
- 10 Kartons
- Stretchfolie
- 100 Plastikdosen
Welche dieser Verpackungen muss der Produzent lizenzieren?
100 Plastikdosen
Die Frage, ob der Produzent die 100 Plastikdosen lizenzieren muss, lässt sich wie folgt beantworten:
Es kommt auf § 7 I VerpackG an. Dieser Paragraph knüpft die Lizenzierungspflicht konkret an folgende zwei Voraussetzungen:
- Nur "Hersteller" im Sinne des § 3 Nr. 14 VerpackG sind lizenzierungspflichtig.
- Nur "systembeteiligungspflichtige Verpackungen" im Sinne des § 3 Nr. 8 VerpackG sind zu lizenzieren.
Produzent = "Hersteller" im Sinne des VerpackG?
Gemäß § 3 Nr. 14 S. 1 VerpackG ist Hersteller derjenige, der Verpackungen erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringt. Der deutsche Produzent hat den Online-Händler mit den 100 Plastikdosen (in welchen sich die Schlösser befinden) erstmalig beliefert.
Ergebnis: Hinsichtlich der 100 Plastikdosen ist der Produzent Erstinverkehrbringer und damit "Hersteller" im Sinne des VerpackG.
Handelt es sich bei den Plastikdosen um systembeteiligungspflichtige Verpackungen?
Das VerpackG definiert systembeteiligungspflichtige Verpackungen als mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen (§ 3 VIII VerpackG).
Es hängt vorliegend also davon ab, ob die Plastikdosen (mitsamt der Schlösser) typischerweise bei einem privaten Endverbraucher landen (dann lizenzierungspflichtig) oder eben nicht (dann nicht lizenzierungspflichtig). Diese Frage ist auf den ersten Blick nicht einfach zu beantworten - auch dann nicht, wenn man berücksichtigt, dass das obige Fallbeispiel einen ausschließlichen B2B-Bezug aufweist.
So leitet der Begriff des "privaten Endverbrauchers" schnell in die Irre bzw. ist missverständlich. Gemeint ist damit keinesfalls der "Verbraucher" im Sinne des § 13 BGB. Vielmehr sind "private Endverbraucher" im Sinne des Verpackungsgesetzes private Haushalte und diesen nach der Art der dort typischerweise anfallenden Verpackungsabfälle vergleichbare Anfallstellen (§ 3 XI VerpackG).
Weil bei ihnen in Menge und Art ähnlicher Verpackungsmüll wie in Privathaushalten anfällt, zählen insbesondere folgende (gewerbliche) Endverbraucher zu den “vergleichbaren Anfallstellen”:
- Hotellerie/Gastronomie (auch Kantinen)
- Verwaltungen und Behörden
- Kasernen
- Krankenhäuser,
- Bildungseinrichtungen,
- karitative Einrichtungen,
- Niederlassungen von Freiberuflern
- Kinos, Opern und Museen
- Ferienanlagen, Freizeitparks und Sportstadien
- landwirtschaftliche Betriebe und Handwerksbetriebe, “deren Verpackungsabfälle mittels haushaltsüblicher Sammelgefäße sowohl für Papier, Pappe und Karton (PPK) als auch für Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen, jedoch maximal mit einem 1.100-Liter-Umleerbehälter je Sammelgruppe, im haushaltsüblichen Abfuhrrhythmus entsorgt werden können.”
Daher, eine Trennung in B2B und B2C kann bez. der Frage der Systempflichtigkeit keine wirklich klare Orientierung bieten: Wenn mechanische Schlösser z.B. an Kleinunternehmer oder Freiberufler versandt werden, so sind sie systembeteiligungspflichtig verpackt. Werden sie jedoch an Großunternehmen und Industrie verschickt, die über größere Umleerbehälter je Sammelgruppe ( > 1.100-Liter) verfügen, so sind sie nicht systembeteiligungspflichtig verpackt.
Auch hilft nicht wirklich weiter, dass es gemäß § 3 VIII VerpackG zur Bestimmung der Systembeteiligungspflicht einer Verpackung darauf ankommt, ob diese nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfällt.
Denn: Für den Produzenten ist in vielen Fällen nicht erkennbar, wo die von ihm in Verkehr gebrachten Verpackungen typischerweise als Abfall anfallen. Vertreibt ein Produzent (wie so oft) über weitere Zwischenhändler, so sind dessen Kunden dem Hersteller nichtmals mehr bekannt. Auch sind die bei vergleichbaren Anfallstellen anfallenden Produkte in der Verpackungsart oft denen ähnlich, die an Großgewerbe und Industrie vertrieben werden.
Lösung: Die ZSVR hat Verwaltungsvorschriften in Form eines Kataloges systembeteiligungspflichtiger Verpackungen veröffentlicht. Dieser Katalog erhält eine Auflistung systembeteiligungspflichtiger Verpackungen und ermöglicht es (etwa) dem Produzenten vorab einzuschätzen, wie seine Verpackung voraussichtlich einzuordnen sein wird.
Der Katalog enthält unter anderem das Produktgruppenblatt der Produktgruppe "Heimwerker und Garten", 08-040-0340. Laut diesem Produktgruopenblatt fallen Verkaufs- und Umverpackungen von Schlössern (soweit diese weniger als 15 Stück umfassen) mehrheitlich bei privaten Endverbrauchern an und sind damit systembeteiligungspflichtig.
Begründung:
Neben Heimwerkern ist insbesondere der Verbrauch des Bau- und Bauausbaugewerbes und anderer Handwerkbetriebe von Bedeutung. Dazu zählen Betriebe des Innenausbaus, Monteure, Hausmeisterdienste und viele weitere Gewerbebetriebe, die überwiegend unterhalb des Mengenkriteriums 1,1 cbm liegen, und daher den gleichgestellten Anfallstellen im Sinne von § 3 XI VerpackG zuzuordnen sind.
Ergebnis: Jede der 100 Plastikdosen enthält 5 Schlösser (und damit weniger als 15 Schlösser). Damit handelt es sich bez. der 100 Plastikdosen um systembeteiligungspflichtige Verkaufsverpackungen.
Ergebnis: lizenzierungspflichtig
Die 100 Plastikdosen sind systembeteiligungspflichtige Verpackungen. Diese hat der Produzent auch erstmalig in Verkehr gebracht. Damit ist er Hersteller im Sinne des Verpackungsgesetzes.
Der Produzent muss also die 100 Plastikdosen bei einem dualen System anmelden.
Palette, Stretchfolie und 10 große Kartons
Auch hier kommt es wieder auf § 7 I VerpackG an. Wiederum müssen folgende zwei Bedingungen geprüft werden:
- Nur "Hersteller" im Sinne des § 3 Nr. 14 VerpackG sind lizenzierungspflichtig.
- Nur "systembeteiligungspflichtige Verpackungen" im Sinne des § 3 Nr. 8 VerpackG sind zu lizenzieren.
Produzent ist klar "Hersteller"
Der Produzent ist bezüglich
- der Palette,
- der Stretchfolie und
- der 10 großen Kartons
unproblematisch Erstinverkehrbringer und damit "Hersteller" im Sinne des § 3 Nr. 14 S. 1 VerpackG. Er hat ja den Online-Händler mit den vorgenannten Verpackungen erstmalig beliefert.
Systembeteiligungspflicht der Verpackungen?
Fraglich ist jedoch, ob vorgenannte Verpackungen tatsächlich "systembeteiligungspflichtig" sind.
Systembeteiligungspflichtige Verpackungen sind dadurch definiert, dass sie typischerweise bei privaten Endverbrauchern (private Haushalte oder diesen gleichgestellten Anfallstellen) als Abfall anfallen. Im Gegensatz dazu steht die Transportverpackung - diese fällt typischerweise nicht beim Endverbraucher an, sondern im Handel. Endverbraucher ist dabei derjenige, der die Ware in dieser Form nicht mehr weiter veräußert.
Es kommt mithin darauf an, wo die Verpackung typischerweise als Abfall anfällt. Verbleibt sie überwiegend im Handel, so ist sie als Transportverpackung einzustufen und somit nicht lizenzierungspflichtig. Fällt sie typischerweise beim privaten Endverbraucher an, ist sie lizenzierungspflichtig.
Das bereits oben erwähnte Produktgruppenblatt der Produktgruppe "Heimwerker und Garten in Bezug auf Schlösser hilft hier nicht weiter, da es in Bezug auf Schlösser auch nur feststellt, dass "Versandverpackungen" lizenzierungspflichtig sind und Transportverpackungen eben nicht lizenzierungspflichtig sind.
Fallen nun Paletten, Stretchfolie und große Kartons (die jeweils 10 Plastikdosen fassen können) in Zusammenhang mit dem Verkauf von Schlössern typischerweise (die Gesetzesberündung spricht von "mehrheitlich") bei einem Endverbraucher an? Anders formuliert: Ist der Anfall der vorgenannten Verpackungen in Zusammenhang mit dem Verkauf von Schlössern unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung bei einem privaten Endverbraucher als charakteristisch anzusehen (darauf stellt die Gesetzesbegründung zum Verpackungsgesetz ab)?
Davon wird der Produzent bei unserem Fallbeispiel nicht ausgehen müssen. Beim Verkauf von Schlössern scheint es nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei (im Unterschied etwa zur "weißen Ware") nicht "charakteristisch", dass beim Endverbraucher derlei große Kartons anfallen.
Ergebnis: nicht lizenzierungspflichtig
Der Produzent ist hinsichtlich
- der Palette,
- der Stretchfolie und
- der 10 großen Kartons
nicht lizenzierungspflichtig.
III. Lizenzierungspflicht des Online-Händlers?
Indem der Online-Händler den Unternehmer-Kunden beliefert, bringt der Online-Händler folgende Verpackungen in Verkehr:
- 15 Plastikdosen
- 1 Versandkarton + Klebeband
15 Plastikdosen
Muss der Online-Händler die Plastikdosen, welche die Schlösser enthalten, lizenzieren?
Online-Händler kein "Hersteller"
Gemäß § 7 I S. 1 VerpackG ist ausschließlich derjenige lizenzierungspflichtig, der systembeteiligungspflichtige Verpackungen erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringt.
Tipp: Etwas anderes kann jedoch bei einem Fall mit Auslandsbezug gelten, vgl. § 3 XIV S. 2 VerpackG.
Indem der Online-Händler selber mit den Plastikdosen (durch den Produzenten) beliefert wurde, kann er insoweit nicht mehr Erstinverkehrbringer und damit "Hersteller" im Sinne des § 3 XIV S. 1 VerpackG sein.
Ergebnis: Nicht lizenzierungspflichtig
Der Online-Händler muss die 15 Plastikdosen nicht lizenzieren.
Versandkarton und Klebeband
Die Frage, ob der Online-Händler den eingesetzten Versandkarton und das Klebeband lizenzieren muss, lässt sich wie folgt beantworten:
Es kommt auf § 7 I VerpackG an. Dieser Paragraph knüpft die Lizenzierungspflicht konkret an zwei Bedingungen:
- Nur "Hersteller" im Sinne des § 3 XIV VerpackG sind lizenzierungspflichtig.
- Nur "systembeteiligungspflichtige Verpackungen" im Sinne des § 3 VIII VerpackG sind zu lizenzieren.
Ist der Online-Händler "Hersteller"?
Gemäß § 3 XIV S.1 VerpackG ist Hersteller derjenige, der Verpackungen erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringt. Der Online-Händler hat seinen Kunden den Versandkarton (inkl. Klebeband) zugeschickt und damit diese Verpackungen erstmalig in Verkehr gebracht.
Ergebnis; Der Online-Händler ist insoweit "Hersteller" im Sinne des VerpackG.
Systembeteiligungspflicht der Verpackungen?
Systembeteiligungspflichtige Verpackungen sind dadurch definiert, dass sie typischerweise bei privaten Endverbrauchern (private Haushalte oder diesen gleichgestellten Anfallstellen) als Abfall anfallen.
Transportverpackungen, mit denen ein B2B-Händler einen anderen Händler beliefert, fallen grundsätzlich nicht typischerweise in privaten Haushalten an, weil der empfangende Händler die Ware regelmäßig auspacken, lagern und im Falle des Weiterverkaufs in einer neuen Verpackung platzieren wird. Die Transportverpackung verbleibt somit beim empfangenden Händler und wird von diesem entsorgt.
Problematisch ist allerdings, dass der Händler ebenfalls „privater Endverbraucher“ im Sinne des § 3 I VerpackG sein kann, wenn er als „vergleichbare Stelle“ gelten sollte, bei welcher die Transportverpackung typischerweise als Abfall anfällt.
Welche Stellen „vergleichbar“ sind, ist in § 3 XI VerpackG nur beispielhaft aufgezählt.
Zur Konkretisierung hat die Stiftung „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ in einer Liste eine Aufzählung der den privaten Haushalten vergleichbaren Stellen veröffentlicht.
Diese Liste kann hier aufgerufen werden.
Eine schematische Betrachtung dieser Liste zeigt, dass die „vergleichbaren Stellen“ zumindest auf dem Bereich des Gewerbes stets einen handwerklichen Bezug aufweisen, also entweder auf die handwerkliche Herstellung von Waren oder aber die Erbringung handwerklicher Dienstleistungen ausgerichtet sind.Insofern ist allen Betrieben aus der Liste gemein, dass beim Ankauf von Produkten einem Weiterverkauf stets ein eigenständig von ihnen zu erbringender Fertigungsschritt vorangehen muss.
Reine Handelsunternehmen, die sich nur dem gewerblichen An- und Verkauf widmen, ohne die Kaufgegenstände aufzubereiten oder zu verarbeiten, werden von der Liste aber gerade nicht erfasst.
Daraus folgt, dass Handelsunternehmen der gesetzgeberischen Intention nach keine den privaten Haushalten vergleichbaren Stellen im Sinne des § 3 XI VerpackG und mithin keine „privaten Endverbraucher“ sind. Somit sind Transportverpackungen als Verpackungen, die typischerweise bei diesen Handelsunternehmen als Abfall anfallen, auch allgemein nicht lizenzierungspflichtig. Es fehlt an der Lizenzierungsvoraussetzung des typischen Anfalls der Verpackung beim „privaten Endverbraucher“ (§ 3 VIII VerpackG)
Als Faustregel für eine B2B-Handelskette kann also formuliert werden, dass Transportverpackungen, die dem Transport von einem B2B-Händler zu einem anderen B2B-Händler dienen, nicht lizenziert werden müssen. Der B2B-Händler, bei dem die Transportverpackung als Abfall anfällt, ist nämlich keine einem privaten Endverbraucher vergleichbare Stelle.
Anders formuliert: stehen sich 2 Händler so gegenüber, dass der eine verkauft und der andere ankauft, sind Transportverpackungen für die Kaufgegenstände nie lizenzierungspflichtig, weil der ankaufende Händler keine „vergleichbare Stelle“ ist.
Ergebnis: nicht lizenzierungspflichtig
Nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei kann man davon ausgehen, dass der Online-Händler den Versandkarton (inkl. Klebeband) im Fallbeispiel nicht lizenzieren muss.
Exkurs: B2B-Abnehmer ist kein Handelsunternehmen
Achtung: Ist das abnehmende Unternehmen bzw. die abnehmende Einrichtung kein Händler, sondern in einem anderen Bereich tätig, können Transportverpackungen aber lizenzierungspflichtig sein, weil dann das Unternehmen/die Einrichtung eine einem privaten Haushalt vergleichbare Stelle sein kann, bei der die Transportverpackung als Abfall anfällt.
Zu prüfen ist hier in 2 Schritten:
1. Ist das kaufende Unternehmen/die kaufende Einrichtung eine „vergleichbare Stelle“ nach 3 Abs. 11 VerpackG ist (hierfür ist die konkretisierende Liste der Stiftung „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ maßgeblich)?
2. Fällt die Transportverpackung dort typischerweise als Abfall an?
Die zweite Voraussetzung, also das Anfallen als Abfall, kann grundsätzlich wiederum in 2 Fällen bejaht werden:
1. Das Unternehmen/die Einrichtung bestellt für den Eigengebrauch. In diesem Fall wird die Ware aus der Transportverpackung geholt und muss die Transportverpackung entsorgt werden.
2. Das Unternehmen/die Einrichtung bestellt, um die Ware handwerklich weiterzuverarbeiten oder aufzubereiten, um sie nach einem Zwischenschritt weiterzuverkaufen. Auch in diesem Fall wird die Ware aus der Transportverpackung geholt und die Transportverpackung muss entsorgt werden.
Müssen beide Prüfstufen mit „Ja“ beantwortet werden, ist die Folge die Lizenzierungspflicht der Transportverpackungen.
Zur Konkretisierung zwei Beispiele:
Beispiel 1:
Man stelle sich in Anlehnung an das Eingangsbeispiel ein Gefängnis vor, das eine Vielzahl von Schlössern zur Ausbesserung der Zellenschließvorrichtungen bestellt. Es liegt zwar auch ein B2B-Kauf vor.
Das Gefängnis ist als öffentliche Einrichtung aber eine „vergleichbare Stelle“ im Sinne des § 3 Abs. 11 VerpackG (Liste Nr. 11.2. – „Justizvollzugsanstalt“), bei der die Transportverpackung auch typischerweise als Abfall anfällt, weil das Gefängnis die Schlösser selbst nutzen will und die Transportverpackung daher entsorgen müsste. Die Verpackungen sind lizenzierungspflichtig.
Beispiel 2:
Eine Gärtnerei bestellt bei einem Großhändler eine Vielzahl von Blumensamen, die ihr in großen Kartons geliefert werden. Die Gärtnerei will die Samen einpflanzen, die daraus wachsenden Setzlinge aufziehen und später ausgewachsene Pflanzen verkaufen.
Die Gärtnerei ist nach der Liste eine „vergleichbare Stelle“ (Liste Nr. 9.8.). Auch fallen die Kartons als Transportverpackungen bei ihr typischerweise als Abfall an, weil sie die Samen auspackt und die Kartons entsorgen muss, weil sie für diese keine Verwendung mehr hat. Die Kartons sind lizenzierungspflichtig.
IV. Problem: Kommt Online-Händlern eine Prüfpflicht zu?
In dem Fallbeispiel ist der Produzent Erstinverkehrbringer der Plastikdosen und insoweit lizenzierungspflichtig. Sollte er seiner Systembeteiligungspflicht nicht nachkommen, begeht er eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße belangt werden ( § 34 II VerpackG).
Aber wie würde sich die Nichtlizenzierung der Plastikdosen durch ihn als Erstinverkehrbringer weiter auswirken? Darf im Fallbeispiel etwa der Online-Händler einfach "automatisch" davon ausgehen, dass der Produzent schon seiner verpackungsrechtlichen Verantwortung ausreichend nachgekommen ist? Oder trifft den Online-Händler insoweit doch eine Prüfpflicht?
Zu dieser Frage findet sich im Verpackungsgesetz (im Unterschied etwa zum Elektrogesetz, das unter bestimmten Voraussetzungen eine "Herstellerfiktion" zu Lasten des Online-Händlers als Vertreiber annimmt) nicht viel.
Jedoch sollten Online-Händler die Problematik dennoch ernst nehmen - bestimmt doch § 7 I S. 3 VerpackG , dass es verboten ist, nicht-lizenzierte systembeteiligungspflichtige Verpackungen in den Verkehr zu bringen. Das VerpackG droht insoweit mit einem Bußgeld von bis zu hundertausend Euro (§ 34 II VerpackG).
Daher - im Zweifel lieber beim Erstinverkehrbringer nachfragen...
Tipp: Die IT-Recht Kanzlei stellt ihren Mandanten exklusiv ein kostenloses Muster zur Verfügung, mit dem sich Händler eine Vorlizenzierung, etwa durch den Erstinverkehrbringer, bestätigen lassen können.
Tipp: Sie möchten Ihre Verpackungen günstig lizenzieren - ohne lange Vertragsbindungen?
Gerade für kleine Online-/Versandhändler ist Reclay eine wirtschaftlich zumutbare Lösung. Die Lizenzierung von Verpackungsmengen kann bereits mit wenigen Euros erledigt werden.
Wir konnten für unsere Mandanten uns Leser auch für das kommende Jahr wieder hohe Rabatte mit Reclay aushandeln. Informieren Sie sich hier.
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2 Kommentare
Der Hersteller einer zu verpackenden Ware kauft – wie in unserem Fall - Verpackungsmaterial wie Kartons, Flaschen, Dosen und Tüten wiederum von einem Hersteller oder Händler für Verpackungsmaterial. Ist dieses Unternehmen nicht dann der erstmalige in Verkehrbringer?