AG Frankfurt a.M.: Bloßes Unbehagen genügt für DSGVO-Schadensersatzanspruch nicht
Im Internet frei zugängliche personenbezogene Daten können Menschen unter Umständen besonders schmerzhaft bloßstellen. Aus diesem Grund sind Unternehmen nach der DSGVO an strenge Datensicherheitsvorgaben gebunden. Kommt es dennoch zu einem Datenleck, können Betroffene nach der DSGVO unter anderem den Ersatz der durch die Datenpreisgabe entstandenen Schäden verlangen. Dass ein bloßes Gefühl des Unbehagens für einen ersatzfähigen immateriellen Schaden nicht ausreiche, sondern vielmehr eine konkrete Beeinträchtigung bewiesen werden müsse, entschied jüngst das AG Frankfurt a.M. mit Urteil 10.07.2020 (Az. 385 C 155/19 (70)) zu einem Datenleck im Buchungssystem einer Hotelkette. Lesen Sie mehr zur Entscheidung.
Inhaltsverzeichnis
I. Der Sachverhalt
Die Beklagte, eine Hotelkette, speichert Buchungs- und Aufenthaltsdaten ihrer Kunden in einem Registrierungssystem. Dabei kam es zu einem internen Fehler, wodurch personenbezogene Kundendaten im Internet frei zugänglich einsehbar waren.
Der Kläger, ein regelmäßiger Gast der Hotels der Kette, verlangte mit Schreiben vom 09.01.2019 Auskunft von der Beklagten, ob und welche Daten zu seiner Person an Dritte gelangen konnten.
Daraufhin erhielt er eine Zusammenstellung von Bildschirm- und Tabellenausdrucken. Nach Meinung des Klägers wären diese Informationen jedoch verspätet und unvollständig bei ihm angekommen.
Besonders die Tabellenausdrucke seien nicht vollständig gewesen.
Aus diesem Grund habe der Kläger ein Gefühl des Unbehagens gehabt, weil er den Missbrauch seiner Daten durch Dritte befürchtet habe. Verstärkt werde das Gefühl durch das Unwissen, welche personenbezogenen Daten überhaupt abhandengekommen oder weiterverwendet worden seien.
Der Kläger ging auf die nach seiner Ansicht unzureichende Auskunftserteilung also dazu über, einen Schadensersatzanspruch auf Grundlage von §82 Abs. 1 DSGVO gegen die Beklagte geltend zu machen.
Die Beklagte hielt dagegen, sie habe die Anfrage im Angesicht der Anzahl der Betroffenen (5000) rechtzeitig beantwortet. Auch fehle eine konkrete Beeinträchtigung des Klägers durch das Datenleck.
II. Die Entscheidung
Das AG Frankfurt am Main wies den Schadensersatzanspruch mit Urteil vom 10.07.2020 (Az. 385 C 155/19 (70)) zurück, da dieser nicht ausreichend begründet sei.
Zunächst sei unstrittig, dass die Beklagte gegen Art. 5 DSGVO verstoßen habe, so das Gericht. Die personenbezogenen Daten seien nicht ausreichend gesichert worden.
Die Beklagte habe jedoch nicht gegen die Mitteilungsfrist gemäß Art. 39 DSGVO verstoßen. Die Hotelkette habe unmittelbar nach Kenntnisnahme des Datenlecks eine Pressemitteilung veröffentlicht. Auch auf die individuelle Anfrage des Klägers habe die Beklagte ausreichend schnell geantwortet, wobei die hohe Anzahl an individuellen Anfragen zu berücksichtigen gewesen sei.
Der damit gegebene alleinige Verstoß gegen Art. 5 DSGVO sei jedoch nicht ausreichend, um einen pauschalen Schadensersatzanspruch zu begründen. Es habe an einem kausalen Schaden bzw. an dessen Darlegung durch den Kläger gefehlt. Die Verletzung müsse zwar nicht schwerwiegend, aber dennoch spürbar sein. Ein Gefühl des Unbehagens oder ein Bagatellverstoß seien nicht ausreichend.
Die Darlegungs- und Beweislast liege in dem vorliegenden Fall beim Kläger. Seiner Darlegungspflicht sei der Kläger jedoch nicht hinreichend nachgekommen. Aus diesem Grund sei der Schadensersatzanspruch abzuweisen.
III. Fazit
Das AG Frankfurt a. M. entschied mit Urteil vom 10.07.2020 (Az.: 385 C 155/19) über einen Schadensersatzanspruch aufgrund eines Datenlecks im Registrierungssystem einer Hotelkette und bestätigte einmal mehr, dass die pauschale Behauptung eines immateriellen Schadens durch eine ungewollte Datenfreigabe für die Anspruchsbegründung nicht genügt.
Die Entscheidung des Amtsgerichts bewegt sich damit auf einer Linie mit weiteren erstinstanzlichen Entscheidungen zum Ersatz immaterieller Schäden nach der DSGVO (s. etwa das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 11.03.2019 (Az. 65 C 485/18)).
Ein DSGVO-Schadenersatzanspruch besteht nur bei ernsthaften datenschutzrechtlichen Beeinträchtigungen, die vom Betroffenen aktiv nachgewiesen werden müssen. Die Behauptung eines grundsätzlichen Unbehagens genügt ebenso wenig wie die Berufung auf bloße Bagatellverstöße.
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