Bücherverzeichnis ZVAB: Stellen die vorgegebene Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular ein Risiko für die Händler dar?
So manche Verkaufsplattform stellt ihren Verkäufern Rechtstexte wie AGB oder Widerrufsbelehrung zur Verfügung. Was zunächst ein guter Ansatz ist, kann für den Händler jedoch brenzlig werden, wenn die Sache schlecht umgesetzt wird. Wir beleuchten das am Beispiel ZVAB näher.
Inhaltsverzeichnis
- ZVAB gibt Verkäufern Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular vor
- Eigenkreation als Widerrufsbelehrung“
- Unvollständiges Muster-Widerrufsformular“
- Kritik an der bereitgestellten Widerrufsbelehrung
- Mehrere Anknüpfungspunkte für Fristbeginn – kumulativ
- Auch unternehmerischen Käufern wird ein Widerrufsrecht eingeräumt
- Bezug zu digitalen Inhalten, obwohl Belehrung hierfür völlig ungeeignet
- Kritik an dem bereitgestellten Muster-Widerrufsformular
- Kann ich die bereitgestellten Texte gefahrlos nutzen?
- Ausweg eigene Rechtstexte?
- Fazit
ZVAB gibt Verkäufern Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular vor
Bei der Plattform ZVAB.com handelt es sich um einen etablierten Marktplatz für antiquarische Bücher.
In letzter Zeit erreichen uns viele Anfragen von Händlern, die Bücher via ZVAB verkaufen, da es laut diesen Anfragen neuerdings die Vorgabe gibt, die von ZVAB zur Verfügung gestellte Widerrufsbelehrung sowie das von ZVAB bereitgestellte Muster-Widerrufsformular zu verwenden.
Eigenkreation als Widerrufsbelehrung“
ZVAB gibt den Händlern nach den Informationen, die wir den Anfragen entnehmen konnten, dabei die folgende Widerrufsbelehrung an die Hand:
„WIDERRUFSBELEHRUNG
Widerrufsrecht
Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen.
Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag
• an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen haben bzw. hat wenn Sie eine Ware oder mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt haben und die Ware bzw. Waren einheitlich geliefert wird bzw. werden;
• an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die letzte Ware in Besitz genommen haben bzw. hat, wenn Sie mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt haben und die Waren getrennt geliefert werden; oder
• an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht Beförderer ist, die letzte Teilsendung oder das letzte Stück in Besitz genommen haben bzw. hat, wenn Sie eine Ware bestellt haben, die in mehreren Teilsendungen oder Stücken geliefert wird.
Wenn mehrere der vorstehenden Alternativen vorliegen, beginnt die Widerrufsfrist erst zu laufen, wenn Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht Beförderer ist, die letzte Ware oder die letzte Teilsendung bzw. das letzte Stück in Besitz genommen haben bzw. hat.
Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns [Daten des Verkäufers], mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. Sie können auch eine andere eindeutige Erklärung auf der Webseite „Meine Bestellungen” in Ihrem „Nutzerkonto” elektronisch ausfüllen und übermitteln. Machen Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, so werden wir Ihnen unverzüglich (z. B. per E-Mail) eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs übermitteln. Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.
Folgen des Widerrufs
Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass Sie eine andere Art der Lieferung als die von uns angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt haben), unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist. Für diese Rückzahlung verwenden wir dasselbe Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben, es sei denn, mit Ihnen wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart; in keinem Fall werden Ihnen wegen dieser Rückzahlung Entgelte berechnet. Wir können die Rückzahlung verweigern, bis wir die Waren wieder zurückerhalten haben oder bis Sie den Nachweis erbracht haben, dass Sie die Waren zurückgesandt haben, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist. Sie haben die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem Sie uns über den Widerruf dieses Vertrags unterrichten, an [Daten des Verkäufers], zurückzusenden oder zu übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn Sie die Waren vor Ablauf der Frist von vierzehn Tagen absenden.
Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Sie müssen für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit ihnen zurückzuführen ist.
Ausnahmen vom Widerrufsrecht
Das Widerrufsrecht besteht nicht bzw. erlischt bei folgenden Verträgen:
• Zur Lieferung von Zeitungen und Zeitschriften oder Illustrierten, mit Ausnahme von Abonnement Verträgen;
• Bei der Lieferung digitaler Inhalte (ebooks), die nicht auf einem körperlichen Datenträger (z.B. einer CD oder DVD) geliefert werden, wenn Sie dem Beginn der Ausführung vor der Bestellung ausdrücklich zugestimmt und zur selben Zeit bestätigt haben, dass mit der Ausführung begonnen werden kann und Sie Ihr Widerrufsrecht verlieren, sobald die Ausführung begonnen hat.
ENDE DER WIDERRUFSBELEHRUNG“
Unvollständiges Muster-Widerrufsformular“
Aus den uns übermittelten Informationen geht hervor, das ZVAB den Verkäufer derzeit das folgende Muster-Widerrufsformular an die Hand gibt:
„Muster-Widerrufsformular
(Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden Sie es zurück)
An:
(hier ist der Name, die Anschrift und gegebenenfalls die Faxnummer und E-Mail-Adresse Ihres jeweiligen Verkäufers einzufügen)
___________________________________________________________________
Hiermit widerrufe(n) ich/wir* den von mir/uns* abgeschlossenen Vertrag über den Kauf der folgenden Waren*/ die Erbringung der folgenden Dienstleistung*
Bestellt am*/erhalten am*: __________________________________________
Name des/der Verbraucher(s): _______________________________________
Anschrift des/der Verbraucher(s): ____________________________________
___________________________________________________________________
___________________________________________________________________
Unterschrift des/der Verbraucher(s) (nur bei Mitteilung auf Papier):
__________________________________________________________________
Datum: ___________________________________________________________
*Unzutreffendes streichen.“
Kritik an der bereitgestellten Widerrufsbelehrung
Mehrere Anknüpfungspunkte für Fristbeginn – kumulativ
Die Widerrufsbelehrung sieht (entgegen des Ausfüllhinweises im gesetzlichen Muster) mehrere Anknüpfungspunkte für den Beginn der Widerrufsfrist vor. Dazu werden drei der Textbausteine des gesetzlichen Muster für den Fristbeginn parallel verwendet. Im Rahmen der Ausfüllhinweise zum gesetzlichen Muster wird jedoch gefordert, nur einen Textbaustein in die Widerrufsbelehrung einzusetzen.
Erschwerend kommt hier hinzu, dass sich darunter die folgende Erläuterung befindet:
„Wenn mehrere der vorstehenden Alternativen vorliegen, beginnt die Widerrufsfrist erst zu laufen, wenn Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht Beförderer ist, die letzte Ware oder die letzte Teilsendung bzw. das letzte Stück in Besitz genommen haben bzw. hat.“
Dies erweckt nach Ansicht des LG Frankfurt am Main beim Verbraucher den Eindruck, als könnten mehrere der Anknüpfungszeitpunkte parallel gegeben sein, welches mit Beschluss vom 21.05.2015, Az.: 2-06 O 203/15) eine nahezu wortlautgleiche Formulierung als wettbewerbswidrig erachtet hat.
Auch unternehmerischen Käufern wird ein Widerrufsrecht eingeräumt
Die Widerrufsbelehrung wird nicht durch eine entsprechende Einleitung ausschließlich an Verbraucher im Sinne des § 13 BGB adressiert (nur solche haben nach dem Gesetz ein Widerrufsrecht).
Damit räumt ein Händler bei Verwendung dieser Widerrufsbelehrung Unternehmern auf Käuferseite (freiwillig) ein vertragliches Widerrufsrecht ein, was eher nicht in dessen Sinne sein dürfte und nach unserer Erfahrung häufig zu Streitigkeiten führt.
Bezug zu digitalen Inhalten, obwohl Belehrung hierfür völlig ungeeignet
Die Widerrufsbelehrung stellt einen Bezug zu „digitalen Inhalten“ her, vgl. den Ausschlussgrund ganz am Schluss der Belehrung. Dies vermittelt hier den Eindruck, als wolle ZVAB diese Widerrufsbelehrung auch für den Kauf digitaler Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden (wie etwa „Ebooks“) verwenden.
Das funktioniert jedoch schon deswegen nicht, weil in diesem Fall die Widerrufsfrist bereits mit dem Vertragsschluss zu laufen beginnt, die hiesige Widerrufsbelehrung den Zeitpunkt des Vertragsschlusses gerade nicht als für den Fristbeginn maßgeblichen Zeitpunkt bestimmt.
Die korrekte Belehrung zum Fristbeginn bei digitalen Inhalten müsste vielmehr lauten:
„Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses.“
Ferner betrachten wir auch den genannten Ausschlussgrund als kritisch, da das Widerrufsrecht bei „digitalen Inhalten“ nur dann vorzeitig erlischt, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrages begonnen hat, nachdem der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass er mit der Ausführung des Vertrages vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen soll und der Verbraucher dem Unternehmer seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass der Verbraucher durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.
Ob bei ZVAB diese umfangreichen Voraussetzungen (ausdrückliche Erteilung der Zustimmung und Bestätigung des Verbrauchers, dass er um den Verlust seines Widerrufsrechts weiß) überhaupt technisch zu realisieren sind (z.B. Vorhalten einer entsprechenden Checkbox möglich), ist dabei fraglich.
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Kritik an dem bereitgestellten Muster-Widerrufsformular
Unter „An“ fehlen hier die Daten des Widerrufsadressaten. Das Muster fordert den Nutzer vielmehr auf, hier selbst diese Daten des Verkäufers einzutragen.
Das Gesetz sieht jedoch vor, dass diese vom Unternehmer in das Formular einzutragen sind, vgl. die Ausfüllhinweise zur Anlage 2 zum EGBGB, denn dort heißt es ausdrücklich, dass diese Daten durch den Unternehmer einzufügen sind. Muss sich der Verbraucher diese Daten erst mühsam zusammensuchen, wir der Sinn eines solchen Formulars konterkariert.
Kann ich die bereitgestellten Texte gefahrlos nutzen?
Aus den vorstehend geschilderten Gründen rät die IT-Recht Kanzlei ausdrücklich von der Nutzung der von ZVAB derzeit bereitgestellten Widerrufsbelehrung und des Muster-Widerrufsformulars ab, da diese einige Ansatzpunkte für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung bieten.
Ausweg eigene Rechtstexte?
Es scheint technisch zumindest nicht ausgeschlossen zu sein, auch aktuell bei ZVAB noch eine eigene Widerrufsbelehrung sowie ein eigenes Muster-Widerrufsformular zu hinterlegen.
Allerdings sehen wir darin keinen Ausweg, da auch die Darstellung zweier abweichender Widerrufsbelehrungen bzw. Muster-Widerrufsformulare für sich genommen einen Wettbewerbsverstoß darstellen dürfte. Der Verbraucher weiß im Zweifel schließlich nicht, welche Belehrung bzw. welches Formular letztlich Geltung haben soll.
Fazit
Den Verkäufern bei ZVAB sind derzeit die Hände gebunden, soll jedes Abmahnrisiko in Bezug auf die Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular ausgeschlossen werden. Hier ist zu hoffen, dass der Plattformbetreiber das Problem erkennt und handelt.
Die Rechtsprechung ist hierbei knallhart – der Händler kann sich in aller Regel nicht darauf berufen, wenn der Plattformbetreiber „Mist baut“.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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2 Kommentare
Daneben noch eine Ergänzung: ZVAB-Anbieter handeln mit antiquarischen/gebrauchten Dingen. Dies trifft auch auf die Zeitschriften zu, die dort angeboten werden und diese kann man sicher nicht so einfach, wie hier geschieht, vom Widerrufsrecht ausschliessen. Und eine Frage: Kann im Falle einer Abmahnung die Plattform haftbar gemacht werden?