Verschärfung der Regelungen zum Zahlungsverzug für Unternehmer ab sofort
Zum 29.07.2014 ist das Gesetz zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr in Kraft getreten, welches die Bestimmungen der Richtlinie 2011/7/EU umsetzt und durch die Einführung von gesetzlichen Zahlungsfristen und zusätzlichen Auflagen für säumige Schuldner die Zahlungsmoral im Geschäftsverkehr verbessern soll. Zwar finden die neuen Regelungen zum Schutze kleiner und mittelständischer Unternehmen vor pflichtvergessenen Großabnehmern grundsätzlich nur im B2B-Bereich Anwendungen, können sich teilweise aber auch auf Verbrauchergeschäfte auswirken.
Im Folgenden werden die neuen Bestimmungen und deren Auswirkungen zusammenfassend dargestellt.
1.) Eindämmung von überlangen Zahlungs- und Überprüfungsfristen in AGB
Um die Möglichkeit einzuschränken, Zahlungs-, Abnahme und Überprüfungsfristen per AGB-Klausel beliebig hinauszuschieben, wurden für den B2C-Bereich in §308 BGB Zeitspannen definiert, deren Überschreitung grundsätzlich die Unwirksamkeit der Vereinbarung zur Folge hat.
Ab sofort gilt, dass
- eine Bestimmung, mit der sich der Verwender eine Frist von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Leistung oder alternativ nach Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung zur Erfüllung einer Entgeltforderung vorbehält, im Zweifel unangemessen lang und daher unwirksam ist (§308 Nr. 1 lit. a BGB n.F.)
- eine Bestimmung, die vor der Begleichung einer Zahlungsforderungen eine Überprüfungs- oder Abnahmefrist von mehr als 15 Tagen vorsieht, im Zweifel unangemessen lang und somit unwirksam ist (§308 Nr. 1 lit. b BGB n.F.)
Hinweis: die Verwendung der Formulierung „im Zweifel“ bedeutet, dass die Unwirksamkeit beim Vorbehalt längerer Zahlungsfristen grundsätzlich vermutet wird. Exkulpieren kann sich der Verwender nur, wenn er beweisen kann, dass eine Überschreitung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt war.
2.) Längere Fristen zwischen Unternehmern nur durch Individualvereinbarungen
Aus der Verschärfung der Wirksamkeitsvoraussetzungen für Fristenklauseln in den AGB geht hervor, dass längere Fristen im B2B-Bereich künftig nur noch individuell vereinbart werden sollen.
§271a BGB sieht aber grundsätzlich nur eine Verdoppelung der für AGB maximal möglichen Zeitspanne vor, sodass
- eine individuell vereinbarte Zahlungsfrist 60 Tage nicht überschreiten soll (§271a Abs. 1 BGB n.F.)
- eine individuell vereinbarte Überprüfungs- oder Abnahmefrist 30 Tage nicht überschreiten soll (§271a Abs. 3 BGB n.F.)
Vereinbarungen über mehr als 60-tägige Zahlungsfristen oder mehr als 30-tägige Überprüfungs- und Abnahmefristen sind dennoch nicht per se unzulässig.
Allerdings muss für deren Wirksamkeit der Zahlungsschuldner beweisen können, dass die Vereinbarung ausdrücklich getroffen wurde und den Gläubiger nicht unangemessen benachteiligt, §271a Abs. 1, Abs. 3 BGB n.F.
Ist die Vereinbarung unwirksam, ist die Zahlung sofort fällig, §271 Abs. 1 BGB. Im Übrigen bleibt der Vertrag jedoch unberührt, §271a Abs. 4 BGB.
Wichtig: Obiges gilt nur im B2B-Bereich für Schuldverhältnisse, die nach Inkrafttreten des Gesetzes entstehen. Gleichermaßen werden von den Bestimmungen Vereinbarungen über Raten- und Abschlagszahlungen ausgenommen, §271a Abs. BGB n.F.
3.) Verkürzung von Zahlungsfristen der öffentlichen Hand
Lässt sich die öffentliche Hand als Zahlungsschuldner bestimmte Fristen einräumen, dürfen diese grundsätzlich 30 Tage nicht überschreiten, §271a Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F. Bei Zahlungsfristen von 31 bis zu 60 Tagen hängt die Wirksamkeit davon ab, dass der öffentliche Auftraggeber darlegen kann, dass die Vereinbarung ausdrücklich getroffen wurde und aus der Natur des Schuldverhältnisses sachlich gerechtfertigt ist.
Vereinbarungen über Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen sind nach §271a Abs. 2 Nr. 2 BGB n.F. stets unwirksam.
Bei Überprüfungs- und Abnahmefristen gelten für öffentliche Auftraggeber die gleichen Bestimmungen wie für andere Unternehmer (grundsätzlich maximal 30 Tage, mehr nur bei ausdrücklicher Vereinbarung und Zumutbarkeit für Gläubiger, §271a Abs. 3 BGB n.F.)
4.) Erhöhter Verzugszins und zusätzliche Verzugspauschale
Im B2B-Bereich wurde der Verzugszinssatz nach §288 Abs. 2 BGB n.F. von 8% auf 9% angehoben, um säumige Unternehme zur schnelleren Forderungsbegleichung zu bewegen.
Gleichzeitig wurde in §288 Abs. 5 BGB n.F. eine Verzugspauschale in Höhe von 40€ für gewerbliche Zahlungsschuldner eingeführt, die auch für Abschlags- und Ratenzahlungen gilt und neben die geschuldeten Verzugszinsen tritt (vgl. den Wortlaut „zudem“ in §288 Abs. 5 BGB n.F.)
Die Pauschale dient dem Ausgleich etwaiger Mahn- und Inkassogebühren und ist im Falle des Verzugs stets fällig, kann aber auch auf einen Schadensersatzanspruch aus weiterer Rechtsverfolgung angerechnet werden.
Der vollständige Ausschluss des Anspruchs auf die Pauschale oder den Ersatz der Kosten aus der Rechtsverfolgung in AGB oder per Individualvereinbarung ist stets unwirksam, §288 Abs. 6 BGB n.F. Beschränkungen der Ansprüche sind nur zulässig, sofern sie mit Blick auf die Belange des Gläubigers nicht unbillig sind.
Wichtig: Auswirkungen des Pauschalanspruchs auf Verbrauchergeschäfte
Zwar soll der Anspruch auf die Pauschale nicht bestehen, wenn der Zahlungsschuldner ein Verbraucher ist. Umgekehrt bedeutet dies aber, dass er dann einem Verbraucher gegen einen Unternehmer zusteht, wenn ersterer Zahlungsgläubiger ist.
Praktische Relevanz entfaltet dies vor allem in den Fällen des Widerrufs, in denen ein Unternehmer mit der Rückzahlung des Kaufpreises in Verzug gerät. Hier könnte der Verbraucher die Pauschale in Höhe von 40€ aus §288 Abs. 5 BGB n.F. verlangen, sofern dem Unternehmer kein Zurückbehaltungsrecht (etwa wegen noch ausgebliebener Rückgewähr der Kaufsache durch den Verbraucher) zusteht.
5.) Fazit
Die Neuregelungen mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr sollen säumige gewerbliche Schuldner zusätzlich belasten und dadurch die Zahlungsmoral erhöhen.
So wurde nicht nur die Wirksamkeit von Fristvereinbarungen in AGB oder individuellen Abreden an zeitliche Voraussetzungen geknüpft, sondern zudem die Rechtsposition des Gläubigers im Verzugsfall gestärkt. Zu beachten ist, dass trotz der Anwendungsbeschränkung der Vorschriften auf den B2B-Bereich der Anspruch auf die Verzugspauschale ausnahmsweise auch dem Verbraucher gegen den Unternehmer zustehen kann.
Um Abmahnungen und abweichenden Rechtsfolgen vorzubeugen, empfiehlt die IT-Recht-Kanzlei, insbesondere die AGB mit Blick auf die neuen Regelungen zu überarbeiten. Dabei sollten nicht nur die nunmehr gesetzlich normierten Höchstfristen, sondern auch der neue Verzugszins von 9% berücksichtigt werden.
Hinweis: Die Rechtstexte der IT-Recht Kanzlei entsprechen natürlich der neusten Rechtslage.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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7 Kommentare
Es ist grundsätzlich die pauschale fällig sobald das Datum der lohnzahlung überschritten ist. Zu richten ist sich stets nach den Eintrag des Arbeitsvertrag. Zbs..ist dort festgehalten das zum ende eines jeden Monats das Gehalt bzw Abschlagzahlung fällig ist und dieses aber immer erst zum 1 eines Monats somit ist die Pauschale von 40€ fällig. Das gilt für jeden Monat
Lg
Oliver
unter Ziffer 1 schreiben Sie "...wurden für den B2B-Bereich in §308 BGB Zeitspannen definiert ...". Auf § 308 BGB können sich aber doch gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB Unternehmer gerade nicht berufen, sondern nur Verbraucher, sodass die neuen Regelungen nicht im "B2B" (=Business to Business), sondern nur im "B2C" (Business to Customer/Verbraucher) Anwendung finden. M.a.W.: Zwischen Unternehmen können nach wie vor auch längere Zahlungsziele per AGB vereinbart werden. Dies gilt demnach nur nicht mehr bei AGB, die von einem Unternehmer einem Verbraucher gegenüber verwendet werden.