BGH: Bewertungsportal „Yelp“ auf dem Prüfstand

Ob bei der Suche nach dem besten Restaurant, nach dem kompetentesten Arzt oder nach dem qualitativ hochwertigsten Fernseher: Geteilte Erfahrungen anderer Nutzer auf Bewertungsportalen helfen Usern dabei, (Kauf-)Entscheidungen zu treffen. Eines dieser Bewertungsportale muss sich nun vor dem Bundesgerichtshof behaupten.
Der zugrundeliegende Sachverhalt: Yelp bezieht nur „empfohlene“ Beiträge in die Gesamtbewertung ein
Bei dem Bewertungsportal „Yelp“ können angemeldete Nutzer Unternehmen durch die Vergabe von einem bis zu fünf Sternen und einen Textbeitrag bewerten. Wird ein Unternehmen bei Yelp aufgerufen, zeigt das Portal die Gesamtbewertung des jeweiligen Unternehmens an. Dieses setzt sich bei Yelp ausschließlich aus den „empfohlenen“ Beiträgen zusammen, die das Portal nach einem bestimmten Algorithmus als solche einstuft.
Unter „empfohlene Beiträge“ fallen nach den Angaben von Yelp folgende: „Was sind empfohlene Beiträge? Unsere User veröffentlichen […] Millionen von Beiträgen. Aus diesem Grund benutzen wir eine automatisierte Software, um die hilfreichsten Beiträge hervorzuheben. Diese Software zieht mehrere Faktoren in Betracht, wie z.B. die Qualität, die Vertrauenswürdigkeit und die bisherige Aktivität des Users auf […]. Dieser Vorgang ist gleich für alle Geschäftsauflistungen und hat nichts damit zu tun, ob ein Unternehmen ein Anzeigenkunde bei uns ist oder nicht. Die Beiträge, die nicht direkt in die Gesamtbewertung einberechnet werden, sind aber unten aufgeführt. Hier mehr darüber erfahren." Darunter befindet sich die Überschrift „[Anzahl] Beiträge für [Unternehmen] werden momentan nicht empfohlen" mit dem nachfolgenden „Hinweis: Die Beiträge unten werden nicht in der gesamten Sternchen-Bewertung für das Geschäft berücksichtigt." Danach folgt die Wiedergabe der nicht empfohlenen Beiträge.
Einem Betreiber zweier Fitnessstudios war diese Bewertungspraxis ein Dorn im Auge. Das eine Fitnessstudios wurde bei Yelp mit lediglich 2,5 von 5 Sternen bewertet. Das andere Fitnessstudio erreichte eine Gesamtbewertung von 3,5 von 5 Sternen. Diese (schlechten) Gesamtergebnisse beruhten insbesondere auch darauf, dass sie auf Basis von lediglich zwei von insgesamt 76 Bewertungen, bzw. auf Basis von nur drei von insgesamt 78 Bewertungen ermittelt wurden. Die restlichen Bewertungen von überwiegend 4 bzw. 5 Sternen wurden als „(momentan) nicht empfohlen“ eingestuft und damit nicht bei der Gesamtbewertung berücksichtigt. Diese Unterscheidung zwischen „empfohlenen“ und „(momentan) nicht empfohlenen“ Beiträgen sei, so die Auffassung des Fitnessstudio-Betreibers, willkürlich und erfolge nicht anhand nachvollziehbarer Kriterien, wodurch ein verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild entstehe.
Der Fitnessstudio-Betreiber mahnte Yelp daraufhin ab und forderte das Portal auf, es zu unterlassen, für die Fitnessstudios eine Gesamtbewertung auszuweisen, in die die nicht empfohlenen Beiträge und Bewertungen nicht einbezogen werden. Eine Unterlassungserklärung gab Yelp jedoch nicht ab. Yelp argumentierte damit, dass die Filterkriterien dazu beitragen, Manipulationen sowie hilfreiche Bewertungen zu erkennen. Die Parteien trafen sich schließlich vor Gericht wieder.
Landgericht München: Kriterien lassen keine Willkür erkennen
Laut Pressemitteilung des BGH scheiterte der Fitnessstudio-Betreiber in erster Instanz mit seiner Argumentation vor dem Landgericht München (Urteil vom 12.02.2016, Az.: 25 O 24644/14). Die Richter stellten fest, dass die von Yelp in der Software benutzten Kriterien, mit denen die abgegebenen Bewertungen gefiltert werden, keine Willkür erkennen lassen. Es handele sich bei den Kriterien um nachvollziehbar auf sachlichen Gründen beruhende Kriterien, die geeignet sein können, manipulierte bzw. aus Sicht des Bewertungsportals weniger relevante Bewertungen zu identifizieren. Die von Yelp aufgeführten Kriterien, wie die verwendete IP-Adresse, 5 Sterne-Bewertungen als einzige Bewertung des Nutzers sowie die Beurteilung einer Bewertung als hilfreich durch andere Nutzer, seien geeignet, den Sachvortrag Yelps, die Software ziele darauf ab, Manipulationen zu erkennen sowie aus ihrer Sicht hilfreiche Bewertungen zu erkennen, zu stützen.
OLG München: Nachvollziehbarer Grund für Gesamtbewertung nicht ersichtlich
In zweiter Instanz hatte der Fitnessstudio-Betreiber hingegen Erfolg. Das Oberlandesgericht München entschied, dass die ausgewiesene Gesamtbewertung von 2,5 bzw. 3 Sternen zum Nachteil des Fitnessstudio-Betreibers erheblich vom rechnerischen Durchschnitt der Einzelbewertung abweiche (Urteil vom 13.11.2018, Az.: 18 U 1280/16). Einen nachvollziehbaren Grund dafür, die Studios schlechter zu bewerten, als es dem rechnerischen Durchschnitt der abgegebenen Bewertungen entspricht, habe Yelp aber nicht dargelegt.
Das Portal beruft sich darauf, dass sie durch den verwendeten Algorithmus gefälschte oder von dem beurteilten Unternehmer beeinflusste Bewertungen ausscheide, so dass allein die ihrer Gesamtbewertung zugrunde liegenden „empfohlenen“ Einzelbewertungen von tatsächlichen Nutzern des jeweiligen Unternehmens unbeeinflusst abgegeben und damit aussagekräftig seien. Unter den offengelegten Kriterien seien, so die Richter am OLG, einige unmittelbar einleuchtend wie etwa der Umstand, dass die Beurteilung von der IP-Adresse des beurteilten Geschäfts abgegeben wurde, oder auch dass Bewertungen mehrerer Nutzer von derselben IP-Adresse aus abgegeben wurden. Andere Kriterien erscheinen dagegen nicht nachvollziehbar wie etwa der Umstand, dass die bewertenden Nutzer „nicht auf der Plattform vernetzt sind und nur diesen einen Beitrag hinterlassen haben“.
BGH: Entscheidung steht noch aus
Das Verfahren ist zurzeit beim BGH anhängig. Welche Position der BGH dabei einnehmen wird, ist noch offen. Die IT-Recht Kanzlei wird sie selbstverständlich über das weitere Verfahren auf dem Laufenden halten.
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