Das Widerrufsrecht für Dienstleistungen ab dem 28.05.2022

31.03.2022, 10:18 Uhr | Lesezeit: 4 min
Das Widerrufsrecht für Dienstleistungen ab dem 28.05.2022

Zwar steht Verbrauchern im Fernabsatz auch für Dienstleistungen ein Widerrufsrecht zu. Anbieter können es aber frühzeitig zum Erlöschen bringen, wenn die Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist vollständig erbracht wurde. Zusätzlich gelten Sonderregeln für den Wertersatz im Widerrufsfall. Zum 28.05.2022 tritt für das Dienstleistungswiderrufsrecht ein neuer Rechtsrahmen in Kraft. Was für Anbieter zukünftig gilt, zeigen wir inklusive Formulierungsbeispielen in diesem Überblick.

I. Das Widerrufsrecht für Dienstleistungen nach aktueller Rechtslage

Das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen unterliegt Besonderheiten.

Damit soll berücksichtigt werden, dass es vorkommen kann, dass der Anbieter die Dienstleistung schon vollständig erbracht hat, bevor die gesetzliche Widerrufsfrist abläuft.

Um hier die vertraglichen Interessen von Anbietern nicht zu gefährden und durch einen Widerruf ihre Leistungen zu entwerten, kann das Widerrufsrecht für Dienstleistungen bei vollständiger Leistungserbringung vorzeitig zum Erlöschen gebracht werden.

Zusätzlich erkennt das Gesetz Sonderbestimmungen für den Wertersatz an, wenn bis zum Widerruf des Verbrauchers Teilleistungen schon erbracht worden sind.

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1.) Der Ausschluss des Widerrufsrechts für Dienstleistungen

Nach aktueller Rechtslage können Unternehmer gemäß § 356 Abs. 4 BGB das Verbraucherwiderrufsrecht für Dienstleistungen frühzeitig zum Erlöschen bringen, wenn sie

  • vom Verbraucher die Zustimmung einholen, mit der Ausführung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist zu beginnen und sich bestätigen lassen, dass mit vollständiger Vertragserfüllung das Widerrufsrecht erlischt und sodann
  • die Dienstleistung vollständig erbringen

Verhindert werden soll dadurch, dass Verbraucher nach vollständiger Dienstleistungserbringung noch innerhalb der Widerrufsfrist den Vertrag widerrufen können und dem Anbieter damit wirtschaftlichen Schaden zufügen.

Für den wirksamen frühzeitigen Ausschluss ist erforderlich, dass der Verbraucher bei Vertragsschluss seine Zustimmung und Bestätigung erteilt.

Dies kann durch eine zwingend anzuhakende Checkbox auf der finalen Bestellseite sichergestellt werden, ohne deren Betätigung der Bestellbutton nicht klickbar ist.

2.) Der Wertersatz für Dienstleistungen

In Bezug auf den Wertersatz für Dienstleistungen gelten ebenfalls Sonderregelungen.

Adressiert werden sollen hierbei Fälle, in denen der Anbieter die Dienstleistung innerhalb der Widerrufsfrist nicht vollständig erbringen und mithin das Widerrufsrecht nicht erlöschen lassen kann.

Dann gilt nach § 357 Abs. 8 BGB, dass der Verbraucher Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungsteile schuldet, wenn der Verbraucher der Ausführung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist zugestimmt hat (etwa über eine Checkbox, s.o.).

Für die Berechnung des Wertersatzes muss der vereinbarte Gesamtpreis zu Grunde gelegt und dann mit den erbrachten Leistungsteilen ins Verhältnis gesetzt werden. Ist der vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch, ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung zu berechnen.

II. Das Widerrufsrecht für entgeltpflichtige Dienstleistungen ab dem 28.05.2022

Für Dienstleistungen, die nur gegen Zahlung einer Vergütung erbracht werden, werden die Anforderungen für das frühzeitige Erlöschen des Widerrufsrechts ab dem 28.05.2022 der früheren Rechtslage entsprechen. Auch die Vorschriften über den Wertersatz bleiben inhaltlich gleich.

Damit ein Verbraucherwiderrufsrecht mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist wirksam ausgeschlossen werden kann, müssen Unternehmer nach dem neuen § 356 Abs. 4 Nr. 2 BGB bei Vertragsschluss

  • einerseits die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers einholen, vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Erbringung der Dienstleistung zu beginnen und andererseits
  • die Kenntnis des Verbrauchers davon bestätigen lassen, dass sein Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer erlischt

Anders als für den Ausschluss des Widerrufsrechts für entgeltpflichtige digitale Inhalte müssen Unternehmer bei Fernabsatzverträgen über vergütungspflichtige Dienstleistungen den Ausschluss des Widerrufsrechts nicht nachvertraglich auf einem dauerhaften Datenträger bestätigen.

III. Umsetzung der Schritte für ein wirksames Erlöschen des Widerrufsrechts für entgeltpflichtige Dienstleistungen ab dem 28.05.2022

Damit Anbieterdas Widerrufsrecht für entgeltpflichtige Dienstleistungen ab dem 28.05.2022 wirksam zum Erlöschen bringen können, müssen Sie bei Vertragsschluss die Zustimmung des Verbrauchers in die Leistungserbringung vor Widerrufsfristablauf und die Bestätigung des dadurch erlöschenden Widerrufsrechts einholen.

Hierfür ist eine Checkbox auf der finalen Bestellseite einzubinden:

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IV. Fazit

Das Widerrufsrecht für entgeltpflichtige Dienstleistungen kann nach aktueller und auch nach künftiger Rechtslage vorzeitig zum Erlöschen gebracht werden, wenn der Verbraucher zustimmt, dass er sein Widerrufsrecht mit vollständiger Leistungserbringung vor Ablauf der Widerrufsfrist verliert. Dies soll den Anbieter vor wirtschaftlichen Nachteilen schützen.

Wird die Leistung innerhalb der Widerrufsfrist nicht vollständig erbracht und erlischt deswegen das Verbraucherwiderrufsrecht nicht vollständig, schützen bei Widerruf bestimmte Wertersatzvorschriften den Anbieter. So kann er für bereits erbrachte Teilleistungen den Wert von der zu erstattenden Vergütung abziehen.

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2 Kommentare

D
D. Oegema 24.10.2023, 14:26 Uhr
Deutsche Glasfaser Vertrag
Wir haben am 04. Januar 2023 ein internet Vertrag mit der Deutsche Glasfaser (DG) abgeschlossen, der Mitarbeiter der DG hat versprochen das der Anschluss im April/Mai aktiv sein soll. Seit Januar 2023 haben wir nichts mehr gehört oder gesehen von der DG.
Jetzt möchten wir das noch nicht aktive Vertrag kündigen, geht das?
v
van der Wal 12.12.2022, 00:22 Uhr
unlautere Geschäftspraktiken Online Dienstleister
Aufgrund einer Nachlassklärung benötige ich einen Grundbuchauszug und bin auf einen Internetanbieter hereingefallen, der wohl mit der Informationsseite des Gerichtes verlinkt war und mir wurde die ganze Zeit suggeriert, dass ich auf der Internetseite des Grundbuchamtes wäre und dort den Grundbuchauszug beantragen kann. Aufgewacht bin ich bei der Zahlung mit Paypal- es war ein Verlag und nicht das Amt, aber der Klick war schon gemacht. Ich habe sofort widerrufen und bei Paypal einen Konflikt gemeldet. Ich bezahle nun 100 €, zuzüglich der Kosten für die Auszüge nochmals direkt an das Amt. Mein Widerspruch wird mit diesen Worten abgewiesen-
Bei Ihrer Bestellung greift das gesonderte Widerrufsrecht (§ 356 Abs. 4 Satz 2 BGB), da wir die Bestellung vor Ablauf der Widerrufsfrist von 14 Tage vollständig erfüllen.
Über dieses gesonderte Widerrufsrecht unserer Dienstleistung wurden Sie informiert und haben dieses ausdrücklich mit einem Häkchen am Ende der Antragstellung akzeptiert. Als ich das Häkchen machte, dachte ich immer noch es wäre das Amt.
Im Nachhinein habe ich auf der Gerichtsseite gesehen, dass vor solchen Unternehmen gewarnt wird und online kein Grundbuchauszug ausgegeben wird. Diese Geschäftspraktiken sind in meinen Augen höchst zweifelhaft. kann man sich noch irgendwie dagegen wehren?

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