Gilt Widerrufsrecht auch bei Lieferung und Montage von Treppenliften?

Das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht darf beim Kauf und Einbau eines Treppenliftes nicht ausgeschlossen werden. Dies entschied das LG Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 08.02.2019 (Az.: 7 O 5463/18).
Inhaltsverzeichnis
Der Sachverhalt
Die Parteien stritten um die Zulässigkeit mehrerer Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten. Diese vertreibt Treppenlifte. Auf dem Bestellformular sind die folgenden Klauseln rückseitig aufgeführt:
Zitat
„§ 3 Widerrufsrecht
Ein Widerrufsrecht im Hinblick auf die Bestellung des Kunden besteht nicht, da die Treppenlifteinheit insbesondere was die Länge und Befestigung der Laufschiene angeht, nicht vorgefertigt werden kann, sondern nach den individuellen örtlichen Verhältnissen, Wünschen und Bedürfnissen des Kunden geplant, zugeschnitten und befestigt werden muss. (§ 312g Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 BGB) ."
§ 7 Untersuchungs- und Rügeobliegenheit
Der Kunde muss den gelieferten und montierten Treppenlift unverzüglich kontrollieren und offenkundige Mängel spätestens 2 Wochen nach Montage schriftlich bei der Firma P(...) unter Angabe der Bestellnummer anzeigen. Geschieht dies nicht, sind Ansprüche des Kunden wegen der Mangelhaftigkeit ausgeschlossen.“
§ 8 Gewährleistung
Ist der gelieferte Treppenlift mangelhaft oder fehlen die zugesicherte Eigenschaft, ist (...) nach ihrer Wahl zur Ersatzlieferung oder Nachbesserung berechtigt. Mehrfache Nachbesserung ist zulässig. [...]"
/ZItat
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Nach Ansicht des Klägers verstoßen die Klauseln gegen § 307 I, II BGB.
Die Beklagte beantragte die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung
Das LG Nürnberg-Fürth folgte der Ansicht des Klägers und erklärte die Klauseln überwiegend für unwirksam.
§ 3 der AGB verstoße gegen § 307 I, II Nr. 2 BGB, da diese mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht übereinstimme. Es handele sich bei dem vorliegenden Vertrag um einen Werkvertrag, da der Schwerpunkt des Vertrages in der Herstellung einer funktionierenden Einheit, nämlich einem funktionierender Treppenlift, liege. Auf diesen sei § 312g II Nr. 1 nicht anwendbar. Vielmehr gelte für Werkverträge nach §§ 631 ff. die Vorschrift des § 357 VIII BGB, welche gerade keinen Ausschluss des Widerrufsrechts vorsehe.
Hinsichtlich § 7 der AGB sei ein Verstoß gegen § 309 Nr. 13 b) BGB anzunehmen, da für den Verbraucher die Mängelanzeige in schriftlicher Form zu erbringen sei, hierdurch jedoch eine strengere Form als die Textform normiert werde.
Die Gewährleistungsregelung in § 8 der AGB ist hingegen jedoch nur teilweise unwirksam. Nicht zu bestanden sei, dass die Beklagte als Werkunternehmerin zwischen Nachbesserung und Nachlieferung die Wahl habe, da dies ebenso in § 635 BGB normiert ist.
Die weitergehende Regelung einer mehrfachen Nachbesserung sei demgegenüber jedoch unwirksam, da dies gegen das in § 307 I S. 2 normierte Transparenzgebot verstoße. Für den Verbraucher sei hieraus nicht erkenntlich, bis zu welchem Zeitpunkt eine Nachbesserung erfolgen könne. Zwar sei grundsätzlich eine mehrfache Nachbesserung zulässig, diese finde jedoch dann eine Grenze, wenn der Besteller bereits erfolglos eine Frist zu Nachbesserung gesetzt habe. Denn mit Fristablauf sei der Werkbesteller grundsätzlich zur Ausübung seiner Sekundärrechte berechtigt.
Der Beklagten wurde es daher untersagt, die streitgegenständlichen Bestimmungen oder inhaltsgleiche Regelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen in ihre Verträge einzubeziehen, sowie sich auf diese Bestimmungen zu berufen.
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