Informationspflicht über wesentliche Produkteigenschaften: korrekt umsetzen
Online-Händler sind einer Fülle an Informationspflichten ausgesetzt, die vor allem im eigenen Shop wegen der Gestaltungsfreiheit Probleme bereiten können. Besonders tückisch ist hier die Pflicht zur Angabe sog. wesentlicher Eigenschaften von Produkten, die gleich an zwei Stellen im Shop relevant wird. Wie gelingt eine korrekte Umsetzung im Online-Shop?
Die Informationspflicht über wesentliche Produkteigenschaften: bestimmt unbestimmt
Im Fernabsatzhandel mit Verbrauchern, also insbesondere im E-Commerce, sind Online-Händler verpflichtet, eine Reihe von Angaben zu ihrer Identität, Preisen, vertraglichen Bedingungen und den angebotenen Produkten zu machen.
Bezüglich produktspezifischer Informationen schreibt der Gesetzgeber in Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB vor, dass Online-Händler die wesentlichen Eigenschaften der von Ihnen angebotenen Waren und Dienstleistungen darzulegen haben.
Welche Eigenschaften einer Ware oder Dienstleistung nun konkret „wesentlich“ und damit von der Informationspflicht umfasst sind, hat der Gesetzgeber hierbei aber bewusst offengelassen und nicht weiter definiert.
Dies ist einerseits zwar gerechtfertigt, weil die „Wesentlichkeit“ von Eigenschaften sich stets am konkreten Produkt messen lassen und von dessen Art und Einsatzzweck abhängen muss. Andererseits werden dem Online-Händler dadurch die Entscheidung über den konkreten Pflichtgegenstand und -umfang und das damit einhergehende rechtliche Risiko aufgebürdet.
Ist auch eine allgemeingültige Bestimmung der „Wesentlichkeit“ von Produktmerkmalen nicht möglich, so herrscht zumindest gerichtlicher Konsens darüber, wie diese „Wesentlichkeit“ in Abhängigkeit vom jeweiligen Produkt zu ermitteln ist.
Nach gesetzgeberischer Intention sollen wesentliche Produkteigenschaften den Verbraucher in die Lage versetzen, vor einer Kaufentscheidung das Leistungsangebot des Händlers bewerten und mit anderen Angeboten vergleichen zu können.
Wesentlich sind daher zusammengefasst also die Merkmale, ohne deren Kenntnis ein durchschnittlicher und vernünftig denkender Käufer, der sich einen gewissen Überblick über den betreffenden Markt verschafft hat, die Ware nicht erwerben würde.
Zu den wesentlichen Eigenschaften können grundsätzlich Angaben zu folgenden Umständen gehören:
- Lieferumfang
- Farbe
- Größe/Maße
- Gewicht/Füllmenge
- Technische Details
- Einsatzzweck/Eignung
- Verwendungsbeschränkungen
- Kompatibilität
- Zusammensetzung
Eine besondere Gruppe im Geltungsbereich wesentlicher Produkteigenschaften bilden zusätzlich gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnungselemente, also Pflichtangaben, die Spezialgesetze für bestimmte Produkte und Produktkategorien on- und/oder offline etablieren.
Hierzu gehören auszugsweise:
- die Textilkennzeichnung
- Lebensmittelinformationen (Zutatenverzeichnis, Nährwertdeklaration, Allergene etc.)
- die biologische/ökologische Produktion
- die Energieeffizienz von energieverbrauchsrelevanten Produkten
- Inhaltsstoffe von Kosmetika (s. OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.09.2018 – Az.: 6 U 84/17)
- Gefahr- und Warnhinweise (etwa für Spielzeug, Biozide etc.)
Wesentliche Produkteigenschaften im Online-Shop: wo sind sie anzuführen?
Die Kenntnisnahme der wesentlichen Produktmerkmale durch den Verbraucher erachtet der Gesetzgeber als so essentiell, dass er deren Anführung gleich an zwei Stellen im Online- Shop vorschreibt.
1.) Angabe auf Produktdetailseiten
Einerseits ist es danach gemäß § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB erforderlich, über die wesentlichen Produkteigenschaften in Produktbeschreibungen auf Produktdetailseiten zu informieren.
Als Produktdetailseiten gelten solche Unterseiten im Online-Shop, die das Produkt präsentieren und von denen aus es in den virtuellen Warenkorb gelegt werden kann.
Die wesentlichen Eigenschaften müssen in klarer und verständlicher Weise angegeben werden, eine gesonderte Hervorhebung ist dahingegen nicht erforderlich.
2.) Angabe auf der Bestellseite
Tückisch ist die Informationspflicht über wesentliche Produkteigenschaften aber vor allem deswegen, weil sie im Online-Handel zusätzlich unmittelbar vor der Abgabe der Bestellung eines Verbrauchers erneut zu erfüllen ist (§ 312j Abs. 2 BGB) .
Nach dieser Vorschrift müssen Online-Händler im eigenen Shop auf der letzten Seite des Checkouts (also der Bestellabschlussseite), auf welcher der Bestell-Button eingebunden ist, die wesentlichen Produkteigenschaften nochmals anführen.
Hierbei sind sogar bestimmte Darstellungsvorgaben zu beachten:
Die Angabe muss klar, verständlich, unmittelbar und in hervorgehobener Weise erfolgen.
Die Unmittelbarkeit ist hierbei sowohl räumlich als auch zeitlich zu verstehen.
Dies hat einerseits zur Folge, dass maßgeblicher Ort für die Pflichtangaben zwingend die Bestellabschlussseite sein muss. Eine Anführung der wesentlichen Eigenschaften nur im Warenkorb oder nach Abschluss der Bestellung genügt nicht).
Andererseits ist in räumlicher Hinsicht erforderlich, dass die wesentlichen Produkteigenschaften auf der Bestellabschlussseite textlich niedergeschrieben werden und eine räumliche Nähe zum „Bestell-Button“ aufweisen müssen.
Nicht ausreichend ist eine Anführung per Verlinkung (etwa zurück auf die Produktdetailseite) oder über die Bereitstellung einer Download-Möglichkeit).
Online-Händler müssen also unbedingt sicherstellen, dass ihr Shopsystem es ihnen ermöglicht, die wesentlichen Produkteigenschaften
- auf der Bestellabschlusseite
- in Textform (also niedergeschrieben)
- in Nähe zum Bestellbutton (also ohne übermäßiges Scrollen)
erneut darzustellen.
Fazit
Im Online-Handel mit Verbrauchern besteht die Pflicht, Verbraucher über die wesentlichen Eigenschaften einer Ware oder Dienstleistung zu informieren.
Welche Eigenschaften konkret „wesentlich“ sind, hängt einzelfallbezogen vom jeweiligen Produkt ab. Richtwert für die Beurteilung der Wesentlichkeit ist die Frage, über welche Merkmale ein Verbraucher zwingend informiert sein muss, um eine fundierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können.
Sind die wesentlichen Merkmale identifiziert, müssen sie einerseits auf der jeweiligen Produktdetailseite in der Produktbeschreibung und andererseits zusätzlich unbedingt auf der Bestellabschlussseite angeführt werden. Dort ist zu beachten, dass nur die Angabe in Textform (also nicht per Verlinkung oder Download) zulässig ist und eine gewisse räumliche Nähe der Informationen zum Bestell-Button gegeben sein muss.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Maks_lab
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
0 Kommentare