BGH: An Werbung mit Prüfzeichen sind gleiche Anforderungen zu stellen wie an Werbung mit Testergebnissen
In einem erst kürzlich veröffentlichten Urteil hat sich der BGH dazu geäußert, welche Informationspflichten den Verkäufer treffen, der sein Produkt mit einem Prüfzeichen bewirbt (Urteil v. 21.07.16 – Az.: I ZR 26/15). Im Ergebnis hat des oberste Zivilgericht die Werbung mit Prüfzeichen der Werbung mit Testergebnissen gleichgestellt und verlangt die Zugänglichmachung von Informationen zu den Prüfkriterien und der Art der durchgeführten Prüfungen.
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Die Beklagte hatte auf ihrer Internetseite für ein Haarentfernungsgerät geworben. Neben der Produktabbildung und dem Preis waren die Zeichen "LGA tested Quality" und "LGA tested safety" angebracht. Die Werbung enthielt keine Information bezüglich der den Prüfzeichen zugrundeliegenden Prüfkriterien und der Art der durchgeführten Prüfungen. Die Zeichen "LGA tested Quality" und "LGA tested safety" werden von einem von der Beklagten unabhängigen Unternehmen vergeben, wenn das Produkt ein entsprechendes Prüfverfahren erfolgreich durchlaufen hat. Zu den einzelnen Zertifizierungen gab es auch außerhalb der Werbung keine Veröffentlichung, die nähere Informationen zu den Prüfkriterien enthielt.
Die Klägerin war der Ansicht, dass das Werben mit Prüfsigeln gem. § 5a Abs. 2 S. 1 UWG unlauter ist, wenn dem Kunden nicht gleichzeitig Informationen zur Verfügung gestellt würden, an Hand derer er die für die Vergabe des Prüfsiegels relevanten Prüfkriterien nachvollziehen könne.
Prüfkriterien sind für den Verbraucher wesentliche Informationen, die diesem nicht vorenthalten werden dürfen
Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2).
Eine Information ist nach Ansicht des BGH i.S.d. § 5a Abs. 2 UWG wesentlich, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
"Eine Information ist nicht allein schon deshalb wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn (1) ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und (2) ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zudem ein erhebliches Gewicht zukommt."
Nach Ansicht des BGH waren im vorliegenden Fall beide Kriterien erfüllt.
Berücksichtigung beidseitiger Interessen
Der BGH hat die Wesentlichkeit einer Information i.S.d. § 5a Abs. 2 UWG unter anderem davon abhängig gemacht, dass das Interesse des Verbrauchers an der Information eventuellen Interessen des Unternehmers daran, diese nicht zu erteilen, überwiegt.
Als auf Unternehmerseite zu berücksichtigende Interessen hat der BGH den zeitlichen und den kostenmäßigen Aufwand für die Beschaffung der Information, die für den Unternehmer mit der Informationserteilung verbundenen Nachteile sowie dessen möglicherweise bestehenden Geheimhaltungsbelange identifiziert.
Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte das Prüfsiegel nicht selbst vergeben, sondern damit ein externes Unternehmen beauftragt. Auch existierten keine redaktionell aufgearbeiteten und veröffentlichten Texte, in denen die Prüfkriterien und die Art der durchgeführten Prüfungen zusammengefasst waren. Trotzdem sah der BGH den Aufwand, den die Beklagte hätte betreiben müssen um die erforderliche Information zur Verfügung zu stellen, als gerechtfertigt an.
Verbraucher kann erwarten, dass ihm eine eigenständige Prüfung ermöglicht wird
Das Interesse des Verbrauchers, Klarheit über die dem Zertifizierungsverfahren zugrundeliegenden Prüfkriterien zu erlangen überwiege, da dieser ansonsten nie wisse, was genau Gegenstand der vorgenommenen Prüfung gewesen sei – so der BGH. Der Verbraucher könne erwarten, dass ihm die Überprüfung der Hintergründe und damit die eigenständige Beurteilung ermöglicht werde, ob die Prüfzeichen verlässliche und zutreffende Aussagen enthielten.
Allerdings verlangte der BGH nicht, dass die erforderliche Information in der Werbeanzeige selbst enthalten ist. Ausreichend wäre es gewesen, wenn die Anzeige einen Verweis, z.B. auf eine Internetseite enthalten hätte, unter dem für den Verbraucher nähere Informationen in Form von kurzen Zusammenfassungen der bei der Prüfung herangezogenen Kriterien zur Verfügung stehen.
Prüfzeichen sind mit Testergebnissen vergleichbar
Der BGH stellte fest, dass sich Prüfzeichen nicht maßgeblich von Qualitätsurteilen wie etwa derjenigen der Stiftung Warentest unterscheiden. In beiden Fällen ginge der Verbraucher davon aus, dass das Produkt nach objektiven Vorgaben geprüft beziehungsweise beurteilt wurde und die für den jeweiligen Test erforderlichen Mindestanforderungen erfüllt. Genauso wie auf die Fundstelle der Testveröffentlichung zu verweisen sei, müssen bei einer Werbung mit Prüfzeichen ein Verweis auf die der Prüfung zugrundeliegenden Kriterien enthalten sein.
Fazit
Der BGH stellt die Werbung mit Prüfsiegeln der Werbung mit Testergebnissen im Wesentlichen gleich. In beiden Fällen ist dem Verbraucher die dem jeweiligen Ergebnis zugrundeliegende Information zur Verfügung zu stellen. Ebenso wie bei der Werbung mit Testergebnissen ist es für den BGH irrelevant, ob der Werbende das Prüfverfahren selbst durchgeführt hat. Das zur Verfügung stellen der Information muss nicht in der Werbung selbst erfolgen, solange diese einen Verweis zu einer Fundstelle enthält.
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