OLG Zweibrücken: Werbung für Prostitution darf nicht zu detailliert ausfallen
Derjenige, der in Inseraten sowie Internetseiteneine detaillierte Leistungsbeschreibung einschließlich Zeit- und Preisangaben für sexuelle Dienste unterbreitet, verstößt gegen das Werbeverbot des § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG - so das OLG Zweibrücken.
Inhaltsverzeichnis
Dies gelte, so das OLG Zweibrücken (Az.: 1 Ss 178/07, Beschluss vom 07.04.2008 ), unabhängig von der Frage, ob aufgrund des Inkrafttretens des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20. Dezember 2001 (Bundesgesetzblatt I 2001, 3983) am 1. Januar 2002 eine einschränkende Auslegung des Werbeverbotes nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG vorzunehmen ist.
Das OLG Zweibrücken führte hierzu aus:
„Die detaillierten Leistungsbeschreibungen sowie die Zeit- und Preisangaben widersprechen eklatant dem Anforderungsprofil des Bundesgerichtshofs an eine zulässige Werbung. Die Internetwerbung des Betroffenen ist weder nach Aufmachung, Inhalt oder Umfang in der gebotenen zurückhaltenden Form erfolgt. Sie ist nach Art des Werbeträgers und seiner Verbreitung geeignet, schutzbedürftige Rechtsgüter, Belange der Allgemeinheit einschließlich des Kinder- und Jugendschutzes, zu beeinträchtigen. Die dargestellte Kommerzialisierung von sexuellen Handlungen verstößt auch unter Berücksichtigung eines geänderten Verständnisses in der Bevölkerung dem Anstandsgefühl der Allgemeinheit.“
Zudem sei § 120 Abs.1 Nr.2 OWiG auch nicht zu unbestimmt gefasst:
„Der Bestimmtheitsgrundsatz gebietet, dass eine gesetzliche Ermächtigung der Exekutive zur Vornahme von Verwaltungsakten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so dass das Handeln der Verwaltung messbarund in gewissem Ausmaß für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar ist. Rechtsvorschriften sind so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Unbestimmte, auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe sind regelmäßig zulässig,ebenso Generalklauseln. Lediglich die äußeren Grenzen des Spielraums müssen abgesteckt und damit die Möglichkeit richterlicher Überprüfung der Einhaltung der Grenzen gegeben sein (Jarass/Pieroth, Kommentar zum GG, 7. Auflage, Art. 20 GG Rdnr. 61).
Der Bundesgerichtshof hat in drei Entscheidungen vom 13. Juli 2006 in ausreichendem Umfang die Kriterien für eine zulässige bzw. unzulässige Werbung festgelegt. Für den Normadressaten ist dadurch eindeutig erkennbar, wann seine Werbung den durch die Rechtsprechung neu geschaffenen Spielraum überschreitet. Soweit der Betroffene im Einzelfall versucht die Grenzen zu verschieben oder auszutesten, trägt er das Risiko einer Ahndung seines Verhaltens als Ordnungswidrigkeit.“
Hintergrund: Die Linie des BGH
Der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs vertritt die Auffassung, dass aufgrund des Inkrafttretens des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20. Dezember 2001 am 1. Januar 2002 sowie dem gewandelten Verständnis in der Bevölkerung an einem generellen Verbot jeder Werbung für entgeltliche sexuelle Handlungen nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG nicht mehr festzuhalten sei. Das Verbot sei vielmehr auf solche Fälle zu beschränken, in denen durch die Werbung eine konkrete Beeinträchtigung von Rechtsgütern der Allgemeinheit, insbesondere des Jugendschutzes, eintritt.
Eine konkrete Beeinträchtigung von Rechtsgütern, die ein Verstoß gegen § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG darstellt, sei etwa anzunehmen, wenn die Werbung nach Aufmachung, Inhalt oder Umfang nicht in der gebotenen zurückgehaltenen Form erfolgt oder nach Art des Werbeträgers und seiner Verbreitung geeignet ist, die schutzbedürftigen Rechtsgüter zu gefährden. Nicht erforderlich für ein Eingreifen des § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG sei, dass die Werbung geeignet ist, andere zu belästigen oder in grob anstößiger Form erfolgt, wie dies § 119 Abs. 1 OWiG voraussetze. Die Vorschrift des § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG, die die Werbung für sexuelle Handlungen gegen Entgelt betrifft, greife nach ihrem Sinn und Zweck bereits unterhalb der Schwelle des § 119 Abs. 1 OWiG ein. Das Verbot setze aber eine konkrete Eignung der Werbung voraus, den Schutz der Allgemeinheit, vor allem denjenigen von Kindern und Jugendlichen, vor den mit der Prostitution generell verbundenen Gefahren und Belästigungen zu beeinträchtigen (BGH Urteile vom 13.07.2006, 1 ZR 241/03 und1 ZR 231/03, jeweils zitiert nach Juris und BGH Urteil vom 13.07.2006, 1 ZR 65/05 in NStZ 2008, 87).
Hinweis
Das OLG Zweibrücken stellte klar, dass die vom Betroffenen unterhaltene Internetseite auch unter Berücksichtigung der einschränkenden Auslegung durch den 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG erfüllt.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
I.Friedrich / PIXELIO
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
1 Kommentar