Getränke müssen nicht mit Gesamtpreis inklusive Flaschenpfand beworben werden

Getränke müssen nicht mit Gesamtpreis inklusive Flaschenpfand beworben werden
Tipp: Weiterführende Informationen finden Sie hier: "BGH: Pfand ist in Preisangaben separat auszuweisen"

Für Getränke muss laut OLG Köln nicht mit einem Gesamtpreis inklusive Flaschenpfand geworben werden. Ein Wettbewerbsverband, der dies von zwei großen Handelsketten erreichen wollte, unterlag nun auch in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Köln.

Aus der Pressemitteilung des OLG Köln:

Der Wettbewerbsverband hatte die Beklagten dazu verpflichten wollen, bei der Werbung mit pfandpflichtigen Getränken den Gesamtpreis inklusive Pfand anzugeben. Das Landgericht Köln hatte die Klagen in zwei parallel geführten Verfahren abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Urteilen vom 06.03.2020 zurückgewiesen.

Der Kläger war der Auffassung, die Beklagten seien verpflichtet, bei der Bewerbung von Getränken einen Gesamtpreis einschließlich des Pfandes anzugeben. Soweit nach § 1 Abs. 4 der Preisangabenverordnung (PAngV) gerade kein Gesamtbetrag zu bilden sei, dürfe die Vorschrift mangels Grundlage im Recht der Europäischen Union nicht mehr angewendet werden. Dies ergebe sich aus Art. 7 Abs. 4 lit c) und Art. 3 Abs. 5 der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.

Dieser Auffassung folgte der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln (Urteile vom 06.03.2020, Az. 6 U 89/19 und 6 U 90/19) nicht. Nach deutschem Recht - § 1 Abs. 4 PAngV - sei die Einbeziehung des Pfandes in den Gesamtpreis unzulässig. Es könne keinen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch auslösen, dass die Beklagten das deutsche Recht eingehalten hätten. Zwar habe die deutsche Vorschrift keine Grundlage im Recht der Europäischen Union. Sie sei jedoch geltendes deutsches Recht und daher vom Gericht gerade auch im Hinblick auf das in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes niedergelegte Rechtsstaatsprinzip anzuwenden. Der deutsche Gesetzgeber habe trotz der geltend gemachten Bedenken bis heute keine Veranlassung gesehen, die Preisangabenverordnung zu ändern. Das Gericht sei an das geltende Recht gebunden und nicht befugt, eine bestehende Vorschrift zu ignorieren.

Es könne sich insbesondere nicht aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz bewegen. EU-Richtlinien hätten keine unmittelbare Geltung in den EU-Mitgliedsstaaten und eine richtlinienkonforme Auslegung von § 1 Abs. 4 PAngV sei nicht möglich.

Darüber hinaus ist der Senat aber auch der Auffassung, dass die Vorschrift des § 1 Abs. IV der PAngV außerhalb des vollharmonisierten Regelungsbereichs der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken stehe und vom deutschen Gesetzgeber nicht gestrichen werden musste. Die Vorschrift verfolgt den umweltpolitischen Zweck, Benachteiligungen von Mehrweggebinden gegenüber Einweggebinden bei der Preisangabe zu vermeiden, weil andernfalls Mehrwegflaschen teurer erschienen.

Der Senat betont auch, dass die Preisauszeichnung gemäß § 1 Abs. 4 PAngV die Interessen der Verbraucher wahrt und gerade nicht spürbar beeinträchtigt. Die separate Auszeichnung von Warenpreis und zu zahlendem Pfand sei nicht nur marktüblich, sondern auch in hohem Maße transparent. Sie trage erheblich dazu bei, Rechenfehler bei der Ermittlung des relevanten Warenpreises ohne Pfand zu vermeiden. Der Auffassung einiger Landgerichte, wonach § 1 Abs. 4 PAngV nicht mehr angewendet werden dürfe, sei nicht zu folgen. Es gebe keine tragende Begründung für die Forderung, geltendes Recht zu ignorieren.

Achtung: Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung oder einer eindeutigen gesetzlichen Regelung verbleibt eine Rechtsunsicherheit, die zu Lasten der Online-Händler geht. In dieser Hinsicht gibt es im Augenblick keine "best practice" für Online-Händler. Es bleibt abzuwarten, bis die Frage höchstrichterlich geklärt werden wird.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle: Stock Studio 4477 / shutterstock.com

Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

0 Kommentare

Beiträge zum Thema

Abmahnfalle Google-Anzeigen: Fehlende Mindestbestellmenge
(18.03.2025, 07:54 Uhr)
Abmahnfalle Google-Anzeigen: Fehlende Mindestbestellmenge
Da ist was krumm: Rabattwerbung von Aldi für Bananen fällt beim EuGH durch
(04.10.2024, 15:52 Uhr)
Da ist was krumm: Rabattwerbung von Aldi für Bananen fällt beim EuGH durch
LG Berlin: Lagergebühren als Zusatzkosten im Online-Shop unzulässig
(23.09.2024, 11:38 Uhr)
LG Berlin: Lagergebühren als Zusatzkosten im Online-Shop unzulässig
LG Amberg: Grundsatzentscheidung zur Darstellung von Preisermäßigungen
(25.07.2024, 16:30 Uhr)
LG Amberg: Grundsatzentscheidung zur Darstellung von Preisermäßigungen
OLG Schleswig-Holstein: Hinweis auf Differenzbesteuerung in Artikelbeschreibung
(23.05.2024, 17:14 Uhr)
OLG Schleswig-Holstein: Hinweis auf Differenzbesteuerung in Artikelbeschreibung
LG Darmstadt: Pflicht zur Grundpreisangabe auch in allgemein zugänglichem B2B-Shop
(26.04.2024, 11:30 Uhr)
LG Darmstadt: Pflicht zur Grundpreisangabe auch in allgemein zugänglichem B2B-Shop
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder
Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de
© 2004-2025 · IT-Recht Kanzlei