Selbstverständlich? Ist Werbung mit dem Zusatz „Original“ zulässig?
„100% Originalwaren“! so oder so ähnlich lässt sich in Zeiten von chinesischen Plagiatsfällen immer noch gut werben. Aber ist das überhaupt zulässig? Streitpunkt: Selbst wenn der Zusatz zutreffend ist und es sich tatsächlich um ein Originalprodukt und nicht um eine Fälschung handelt, kann es eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten und damit irreführend sein. Die Gerichte sind sich bei der Beantwortung dieser Frage uneins....
Werbung mit Selbstverständlichkeiten: Bedeutet was?
Bei der sog. Werbung mit Selbstverständlichkeiten handelt es sich um eine besondere Art der wettbewerbsrechtlichen Irreführung. Das auffällige an diesem Irreführungstatbestand ist zunächst: Es handelt sich grundsätzlich um eine Werbung mit zutreffenden Tatsachen – also erstmal alles richtig gemacht nach den Werbegrundsätzen der Klarheit und Wahrheit.
Aber:
Sofern der angesprochene Verkehr annimmt, dass mit der Werbung tatsächlich ein Vorzug gegenüber anderen Produkten gleicher Art und Güte hervorgehoben wird, dann wird mit einer Selbstverständlichkeit geworben. Das ist insbesondere immer dann der Fall, wenn dem Verkehr nicht klar ist, dass es sich bei der hervorgehobenen Eigenschaft um einen gesetzlich vorgeschriebenen oder zum Wesen der Ware gehörenden Umstand handelt.
Apropos Hervorhebung:
In einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil v. 19. März 2014, Az. I ZR 185/12) wurde klargestellt, dass für es die Annahme einer irreführenden Werbung mit Selbstverständlichkeiten auf eine hervorgehobene Darstellung nicht ankomme, entscheidend sei vielmehr Platzierung und Wortwahl.
Für unseren konkreten Original-Fall bedeutet dies:
Dass eine Ware Original und keine Fälschung ist, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit – wer dies also besonders herausstellt, der suggeriert, dass dies eine besondere Qualität seiner Angebote im Vergleich zu den Konkurrenzangeboten ist. Das ist aber irreführend, denn eine solche Rechtsfehlerfreiheit sollte jedem Produkt immanent sein. Genauso gut wie etwa die Mangelfreiheit neuer Waren. Wer damit wirbt, wirbt mit Selbstverständlichkeiten und führt in die Irre. Die Gegenansicht argumentiert, dass eine solche Werbung ohnehin den Vorstellungen des Verkehr entspräche und damit schon keine Irreführung gegeben sein kann.
Rechtsprechung: Keine klare Linie
Zu der Problematik gab es in der Vergangenheit einige Urteile – die aber nicht einheitlich waren. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung, die endlich Klarheit schaffen würde, existiert aber noch nicht.
- Das LG Frankfurt (Az. 2-03 O 205/13) hält die Bewerbung der Ware als Original für irreführend gemäß §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 3 UWG. Ein Online-Händler bot auf Ebay Sammlermünzen an und warb, er garantiere für die Echtheit der Münzen. Dieser Hinweis sei irreführend, so das Landgericht, denn jeder Online-Händler sei dazu verpflichtet, Originalwaren zu liefern. Mit einer herausgestellten Garantieaussage werde der Verbraucher getäuscht, dass ein Mehr an Leistung vorliegt, als ohnehin gesetzlich geschuldet ist. Diese Meinung hat das LG Frankfurt im Ergebnis auch jüngst wieder vertreten (Beschluss v. 18.4.2018, Az. 3-06 O 33/18).
Weitere Entscheidungen aus der Vergangenheit:
- Auch das LG Bochum (Az.: I-12 O 12/09) entschied 2009 in einem Fall, in dem Parfums bei Ebay als „100% Originalwaren“ angepriesen wurden, dass Werbung mit Originalware unzulässig sei. Mit der auffälligen Herausstellung einer Garantiezusage hinsichtlich der Echtheit der Ware täusche der Anbieter seine Kunden. Er gebe vor, ihnen einen besonderen Vorzug zu gewähren, der eigentlich nicht bestehe. Damit werde ein ungerechtfertigter Vorteil gegenüber dem redlichen Verkäufer geschaffen.
- Dagegen urteilte das OLG Hamm in der nächsten Instanz (Az.: I-4 W 121/10), dass die Werbung mit Originalwaren keine unzulässige Werbung mit einer Selbstverständlichkeit sei. Die Werbung diene der Abgrenzung zu Anbietern von Imitaten und Fälschungen. Gerade auf dem Markt des Textilhandels gebe es zunehmend unseriöse Anbieter, die mit Plagiaten handeln, von denen sich der seriöse Online-Händler abgrenzen wolle. Dies sei zulässigerweise auch mit dem Hinweis auf Originalware möglich.
- Ähnlich auch eine Entscheidung des LG Köln (Az.: 33 O 126/09). Hier wurden ebenfalls Parfümerieartikel als „absolute Originalware“ beworben. Das Gericht stellte fest, dass der Kunde beim Erwerb eines Produktes zwar grundsätzlich Originalware erwarte. Dies sei aber gerade keine außergewöhnliche Eigenschaft eines Produkts, die nur der Verkäufer anzubieten habe. Es diene lediglich der Abgrenzung von gefälschter Ware und Produktpiraterie und sei keine Selbstverständlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang zu § 3 Nr. 10 UWG.
- Auch das AG Meldorf (AZ. 84 C 200/10) sieht keine Täuschung im Sinne des UWG, wenn Textilhändler mit „Originalware“ werben. Schließlich haben die potenziellen Käufer ein berechtigtes Interesse daran, sicher zustellen, dass es sich um Originalware handelt. Der Händler werbe also nicht nur mit einer „Echtheitsgarantie“, sondern erkläre vielmehr ausdrücklich die Beschaffenheit, die die Ware zum Zeitpunkt der Übergabe vorzuweisen habe.
- Dass die Bewerbung eines Produkts mit zahlreichen Pendants anderer Hersteller als „Das Original“ zulässig sein kann, entschied für ein Diätlebensmittel mit Urteil vom 16.07.2020 (Az. 29 U 3721/19) jüngst das OLG München. Lesen Sie hier mehr zum Urteil.
Fazit: Soweit so unklar
Wir sehen: Eine einheitliche Antwort kann auf die Frage, ob die Werbung mit dem Zusatz „Original“ oä. zulässig ist, wohl nicht gegeben werden. Letztlich wird es wohl mehr denn je auf den Einzelfall und das beworbene Produkt ankommen. Eine höchstrichterliche Klärung würde hier endlich für Klarheit sorgen - aber das ist nicht in Sicht. Wer auf Nummer sicher gehen will, der sollte aber in jedem Fall auf die Zusätze „Originalware“ & Co. jetzt schon verzichten.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
© guukaa - Fotolia.com
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
5 Kommentare
Und dieses einseitige Denken, wenn etwas nicht original ist, ist eine Fälschung, ist Blödsinn. Es gibt haufenweise Nachbauten, die völlig legal sind.
Wenn ich bspw. ein Ersatzteil fürs Auto brauche und explizit ein "Original" möchte, bedeutet dies, dass es original vom Hersteller (OEM) sein muss. Die anderen Teile anderer Hersteller sind keine Originalen, damit aber auch keine Fälschungen und völlig legal, sofern keine Patente verletzt werden.
auch mein Unternehmen hat eine Abmahnung ezüglich des Wortes original in der Beschreibung erhalten. Aussteller RA Sandhage im Auftrag der Sachse GBR. Da es viele unterschiedliche Urteile gibt, habe ich die Unterlassungserklärung nicht unterschrieben.
wir haben jüngst eine Abmahnung bekommen in der uns nahegelegt wird die Bezeichnung "Original" beim Verkauf von Tonern für Drucker zu unterlassen.
Da es aber bei den Tonern nun mal originale, kompatible sowie wiederbefüllte gibt kann es doch wohl unmöglich rechtens sein wenn uns beim Verkauf unserer Originaltoner die Verwendung des Begriffs "Original" untersagt wird, oder? Unfassbar....
wie ist es bei Produkten wo das Wort 'Original' ein Teil des Produktnamens der vom Hersteller vergeben ist? Das wäre nach meinem Verstand eine ausnahme wo man das Wort benutzen darf?