Werbung mit Garantien – Was Verkäufer und Hersteller dabei beachten müssen!
Verkäufer und Hersteller werben gerne damit, dass sie den Verbrauchern eine besondere Garantie einräumen. Denn damit wird dem Verbraucher suggeriert, die Produkte seien von besonderer Qualität. Zudem wird dem Verbraucher damit die Angst genommen, das Produkt könnte schon bald kaputt gehen und der Kauf habe sich insofern nicht gelohnt. Die Werbung mit Garantien ist aber rechtlich nicht unproblematisch und birgt die Gefahr von Abmahnungen. Lesen dazu jetzt mehr im 18. Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei über die rechtlichen Aspekte der Werbung im Internet.
Inhaltsverzeichnis
- Die Grundirrtümer der Verbraucher
- Die rechtliche Gefahr für Verkäufer
- Die Anforderungen an eine Garantieerklärung nach dem BGB
- Werbung mit Garantien unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten
- Hersteller räumen ihren Kunden eine 40 Jahre-Garantie ein – geht das?
- Fazit
- Check-Liste – Werbung mit Garantien
Die Grundirrtümer der Verbraucher
Die Verbraucher, in der Regel juristische Laien, verwechseln gerne eine „Garantie“ mit der gesetzlichen Gewährleistung. Das ist jedoch nicht dasselbe. Während die Gewährleistungsrechte dem Käufer bereits von Gesetzes wegen zustehen, ist eine Garantie etwas, das der Verkäufer oder Hersteller dem Verbraucher zusätzlich gewährt. Des Weiteren ist Verbrauchern oft nicht klar, wer ihnen die Garantie im Einzelfall eigentlich verspricht: der Verkäufer selbst oder gar der Hersteller? Diesen Irrtümern will das Gesetz vorbeugen, indem es die Garantiegeber dazu verpflichtet, die Verbraucher klar und deutlich über die Garantie und ihren Umfang zu informieren.
Die rechtliche Gefahr für Verkäufer
Für Verkäufer ist die Werbung mit Garantien durchaus attraktiv. Es wird von Verbrauchern sehr positiv aufgefasst und suggeriert eine gewisse Qualität, wenn der Verkäufer (oder auch der Hersteller) damit wirbt, dass er die Mängelfreiheit des Produkts für einen gewissen Zeitraum garantiert. Da eine solche Werbung bei Verbrauchern eine starke Wirkung haben kann, ist die Gefahr umso größer, dass Verbraucher durch eine ungenau oder gar unrichtige Werbung in die Irre geführt werden. Daher stellt das Recht an die Werbung mit Garantien hohe Anforderungen, was etwa die Information der Verbraucher anbelangt. Wer als Verkäufer diesen hohen Anforderungen bereits in der Werbung nicht genügt, handelt wettbewerbswidrig und muss mit entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen, wie etwa Abmahnungen, rechnen.
Die Anforderungen an eine Garantieerklärung nach dem BGB
Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie nach § 443 BGB
In § 443 BGB ist im Hinblick auf Garantien, die der Verkäufer dem Käufer einräumt, Folgendes geregelt:
„(1) Übernimmt der Verkäufer oder ein Dritter eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache oder dafür, dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält (Haltbarkeitsgarantie), so stehen dem Käufer im Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche die Rechte aus der Garantie zu den in der Garantieerklärung und der einschlägigen Werbung angegebenen Bedingungen gegenüber demjenigen zu, der die Garantie eingeräumt hat.
(2) Soweit eine Haltbarkeitsgarantie übernommen worden ist, wird vermutet, dass ein während ihrer Geltungsdauer auftretender Sachmangel die Rechte aus der Garantie begründet.“
Aus Absatz 1 dieser Vorschrift ergibt sich, dass nicht nur der Verkäufer, sondern auch ein „Dritter“ dem Käufer eine Garantie einräumen kann. Oft ist dies der Hersteller, der dem Käufer – unabhängig vom Verkäufer – eine sog. Herstellergarantie einräumt. Aus der Vorschrift ergibt sich zudem, dass eine Garantie stets etwas Zusätzliches ist – sie tritt rechtlich gesehen neben die normalen, dem Käufer bereits von Gesetzes wegen zustehenden Gewährleistungsrechte, die dieser dann geltend machen kann, wenn die Sache bei Übergabe einen Mangel hat.
Von besonderer Bedeutung ist die Vorschrift in Absatz 2. Demnach wird von Gesetzes wegen vermutet, dass ein Garantiefall vorliegt, wenn während er Garantiezeit ein Mangel auftritt, es sei denn der Verkäufer bzw. der Dritte (i.d.R. der Hersteller) kann etwas Anderes beweisen, d.h. die Vermutung widerlegen. Aufgrund dieser gesetzlichen Vermutung kann es für einen Käufer einfacher sein, Rechte aus der Garantie geltend zu machen statt gesetzlicher Gewährleistungsrechte. Den Nachweis, dass der Mangel bereits bei Übergabe des Pordukts bestand, muss der Käufer im Garantiefall im Gegensatz zum Gewährleistungsfall nicht erbringen.
§ 477 BGB und der Verbrauchsgüterkauf
Sonderbestimmungen für Garantien bzw. Garantieerklärungen sind in § 477 BGB geregelt. Bei § 477 BGB handelt es sich um eine Vorschrift im Verbrauchsgüterkaufrecht. Aus § 474 Absatz 1 BGB folgt, dass § 477 BGB nur im Verbraucher-Unternehmer-Verhältnis gilt, d.h. nur dann, wenn ein Verbraucher etwas bei einem Unternehmer kauft. Wer Verbraucher und wer Unternehmer ist, wird in den §§ 13, 14 BGB geregelt. Somit findet die Regelung des § 477 BGB etwa dann keine Anwendung, wenn ein Unternehmer etwas bei einem Unternehmer oder einem Verbraucher oder aber ein Verbraucher etwas bei einem Unternehmer kauft.
Die Voraussetzungen des § 477 BGB
Aus § 477 Absatz 1 Satz 1 BGB ergibt sich, dass eine Garantieerklärung (eines Verkäufers oder eines Herstellers) einfach und verständlich abgefasst sein muss. Präzisiert wird dies noch in § 477 Absatz 1 Satz 2 BGB. Dort heißt es, dass die Garantieerklärung den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass diese gesetzlichen Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, enthalten muss. Darüber hinaus muss die Erklärung den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angabe, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, enthalten. Dies sind insbesondere die Dauer und der räumliche Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Name und Anschrift des Garantiegebers.
Während aus der Vorschrift relativ klar hervorgeht, welche Informationen Garantiegeber an die Verbraucher weitergeben müssen, ist nicht klar, zu welchem Zeitpunkt die Informationen den Verbrauchern übermittelt werden müssen. Ganz konkret stellt sich die Frage, ob es ausreicht, dass ein Verkäufer oder Hersteller erst mit dem Kauf eines Produkts oder sogar erst danach den Käufer entsprechend über die Garantie und ihre Bedingungen informiert oder ob die Informationen bereits vor Abschluss des Kaufvertrags den Verbraucher erreichen müssen. Insbesondere ist klärungsbedürftig, ob bereits die Werbung, z.B. auf der Internetseite eines Online-Shops, die Informationen gemäß § 477 BGB beinhalten muss, wenn mit der Garantie geworben wird. Die Gerichte haben dies anfangs verneint. Zuletzt hat sich jedoch die Rechtsprechung gewandelt. Seit neustem gibt es eine starke Tendenz dahingehend, dass bereits im Rahmen der Werbung die Voraussetzungen des § 477 BGB beachtet werden müssen. Wenn somit ein Verkäufer damit wirbt, dass er für seine Produkte eine bestimmte Garantie gibt, so muss bereits die Werbung den Anforderungen des § 477 BGB genügen.
Folgen eines Verstoßes gegen § 477 BGB
Was passiert nun, wenn ein Verkäufer gegen die Pflichten aus § 477 BGB verstößt? Welche Folgen hat das? Zunächst ist klar, dass ein Verstoß gegen § 477 BGB nicht zur Folge hat, dass die Garantieerklärung unwirksam ist. Dies würde sonst bedeuten, dass dem Verbraucher ein Nachteil entsteht, obwohl nicht er, sondern der Verkäufer etwas falsch gemacht hat. Dies kann selbstverständlich nicht sein. Dies ist zur Klarstellung auch in § 477 Absatz 3 BGB geregelt.
Neben möglicherweise dem Käufer zustehenden zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen sind bei Verstößen gegen § 477 BGB vor allem wettbewerbsrechtliche Folgen denkbar.
Werbung mit Garantien unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten
Werbung mit Garantien kann sich in dreierlei Hinsicht auf das UWG (=Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) auswirken. Zum einen kann eine Werbung, die insbesondere nicht die Informationen nach § 477 BGB enthält, irreführend nach § 5 UWG sein. Darüber hinaus ist denkbar, dass eine solche Werbung ein Verstoß nach § 4 Nr. 11 UWG ist, wenn es sich bei § 477 BGB um eine sog. Marktverhaltensregelung handelt. Schließlich ist auch ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG denkbar.
Ergibt sich aus den Regelungen des UWG, insbesondere aus den oben genannten Vorschriften, dass eine Werbung unlauter ist, so stehen den Anspruchberechtigen, insbesondere Verbraucherschutzverbänden und Mitbewerbern (Konkurrenten), die entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Ansprüche, wie etwa auf Unterlassung, zu.
Werbung mit Garantien als irreführende Werbung
Werbung, in der Verkäufer dem Käufer eine Garantie einräumen, kann irreführend im Sinne von § 5 UWG sein, wenn die dortigen Angaben entgegen von § 477 BGB nicht klar und einfach verständlich oder gar falsch sind. Insbesondere wenn der Käufer sich aufgrund der Werbung und der dortigen ungenauen oder unrichtigen Formulierungen bzw. der ganzen Aufmachung falsche Vorstellungen über die Garantie oder ihre Bedingungen macht, ist ein Wettbewerbsverstoß denkbar.
§ 477 BGB als Marktverhaltensregelung
In § 4 Nr. 11 UWG heißt es:
„Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.“
Aber auch ohne Irreführung liegt nach neuerer Rechtsprechung ein Wettbewerbsverstoß gemäß § 4 Nr. 11 UWG vor, wenn der Verkäufer gegen § 477 BGB verstößt, d.h. wenn die Werbung nicht den dortigen Voraussetzungen entspricht. Ein Wettbewerbsverstoß liegt deshalb vor, da viele Gerichte mittlerweile der Ansicht sind, dass § 477 BGB eine sog. Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG ist. Dies bedeutet, dass automatisch jeder Verstoß gegen § 477 BGB ein Wettbewerbsverstoß ist, so dass sich daraus wettbewerbsrechtliche Sanktionen ergeben. Jeder Mitbewerber im Sinne des UWG und alle anderen Anspruchsberechtigen können daher Ansprüche gegen denjenigen geltend machen, der im Rahmen seiner Werbung gegen § 477 BGB verstößt. Wer sich daher nicht an die Vorgaben des § 477 BGB hält, ist höchst abmahngefährdet. Jeder Verkäufer sollte daher unbedingt darauf achten, die Vorgaben dieser Vorschrift zu beachten.
Die Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG
In § 4 Nr. 4 UWG heißt es:
„Unlauter handelt, wer bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt.“
Da die Rechtsprechung heute weitgehend § 477 BGB als Marktverhaltensregelung versteht, stellt ein Verstoß hiergegen bereits einen Wettbewerbsverstoß dar (siehe oben). Es kommt daher an für sich nicht mehr darauf an, ob eine Werbung daneben auch gegen eine andere Vorschrift des UWG verstößt. Dennoch, rein rechtlich gesehen, liegt in den Fällen, in denen ein Verkäufer gegen § 477 BGB verstößt, in aller Regel zugleich ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG vor, da man eine vom Verkäufer oder Hersteller eingeräumte Garantie als Zugabe in diesem Sinne auffassen kann.
Hersteller räumen ihren Kunden eine 40 Jahre-Garantie ein – geht das?
Worin besteht das Problem, wenn ein Hersteller den Verbrauchern auf seine Produkte eine Garantie von z.B. 40 Jahren gibt? Das ist doch ein Vorteil für die Verbraucher, warum soll das nicht möglich sein?
In der Tat hat sich der BGH in der Vergangenheit schwer damit getan, eine derart lange Garantie für rechtmäßig zu halten. Der Hintergrund ist, dass das BGB für zivilrechtliche Ansprüche eine maximale Regelverjährungsfrist von 30 Jahren vorsieht. Da das BGB selbst in § 202 Absatz 2 BGB bestimmt, dass diese Verjährungsfrist nicht (vertraglich) verlängert werden darf, hatte der BGH ein solches Garantieversprechen für rechtswidrig gehalten, das länger als die Regelverjährungsfrist gelten sollte.
Seit 2008 wird dies vom BGH jedoch anders beurteilt. Nun versteht der BGH eine derart lange Garantiezeit (40 Jahre) nicht mehr als vertragliche Verlängerung der Verjährungsfrist (die gegen § 202 Absatz 2 BGB verstößt), sondern als eigenständigen Garantievertrag, der seiner Art nach ein Dauerschuldverhältnis ist und somit gar nicht der Verjährung unterliegt. Dieser juristische Kniff führt dazu, dass auch solche Garantieerklärungen rechtswirksam sein können, die eine Garantiezeit von mehr als 30 Jahren vorsehen. Die Bedingung dafür ist jedoch, dass bei normaler Abnutzung der Ware eine entsprechend lange Lebensdauer besteht und somit die Garantieerklärung nicht praktisch bedeutungslos ist.
Wie vor diesem Hintergrund so genannten „lebenslängliche“ Garantien rechtlich zu bewerten sind, ist damit jedoch noch nicht endgültig geklärt. Hier könnte und müsste wohl eine höchstrichterliche Entscheidung einmal für endgültige Klarheit sorgen.
Fazit
Wie sich gezeigt hat, sind die Anforderungen, denen eine Werbung mit Garantien genügen muss, vor allem im BGB geregelt (§ 477 BGB) , während sich die Folgen eines Verstoßes insbesondere aus dem UWG ergeben (insbesondere drohen Abmahnungen). Um wettbewerbsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden, sollte daher jeder Verkäufer darauf achten, dass er bei der Werbung mit Garantien die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben einhält.
Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass kein Verkäufer von Rechts wegen dazu verpflichtet ist, im Rahmen seiner Werbung über die Garantie, die er seinen Kunden einräumt, zu informieren. Aber wenn in der Werbung die Garantie angesprochen wird, so müssen die Vorgaben des § 477 BGB eingehalten werden.
Check-Liste – Werbung mit Garantien
Wenn man sich § 477 BGB anschaut, ergeben sich im Konkreten folgende Vorgaben und Inhalte, die sich bei einer Werbung mit Garantien wiederfinden müssen:
- Die Formulierung der Garantieerklärung muss für den durchschnittlichen Verbraucher gut verständlich sein, d.h. es darf keine umständliche und verklausulierte Sprache verwendet werden
- Verkäufer müssen in der Werbung darauf hinweisen, dass neben der Garantie auch die gesetzliche Gewährleistung besteht, dass die Garantie somit unabhängig von der gesetzlichen Gewährleistung ist und die gesetzlichen Rechte durch sie nicht eingeschränkt werden.
- Die Werbung muss darüber informieren, was genau die Garantie beinhaltet, ob sie sich etwa auf die Funktionsfähigkeit einer Sache insgesamt oder nur auf bestimmte Teile bezieht.
- Es muss sich aus der Werbung ergeben, wie der Käufer die Garantie geltend machen kann, ob er also die Ware an eine bestimmte Reparaturstelle bringen bzw. sie zu dieser hinschicken muss, ob der Kassenbeleg benötigt wird etc. Insbesondere sind der Name und die Adresse des Garantiegebers anzugeben.
- Selbstverständlich ist anzugeben, wie lange die Garantiezeit ist (Dauer der Garantie)
Den 19. Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei zu den rechtlichen Aspekten der Werbung im Internet können Sie an dieser Stelle am 28.6.2010 lesen!
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
© DeVIce - Fotolia.com
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
2 Kommentare
Unter dem Oberbegriff "§ 477 BGB und der Verbrauchsgüterkauf" schreiben Sie: ...Somit findet die Regelung des § 477 BGB etwa dann keine Anwendung, wenn ein Unternehmer etwas bei einem Unternehmer oder einem Verbraucher oder aber ein Verbraucher etwas bei einem Unternehmer kauft.
Ist der letzte Teil (...oder aber ein Verbraucher etwas bei einem Unternehmer kauft.)wirklich korrekt? Denn gerade wenn ein Verbraucher etwas bei einem Unternehmer kauft, findet doch der §477 Anwendung.