Werbung für Arzneimittel – Teil 1 – Fragen Sie Ihren Arzt oder… Anwalt!
Tipp: Weiterführende Informationen finden Sie hier: "Verkauf von Arzneimitteln / Homöopathika"
Werbeverbote im sog. „wirklichen Leben“ gelten selbstverständlich auch in der Online-Welt. Teilweise gibt es im Internet sogar strengere Regeln. Dies gilt insbesondere für die Werbung für Arzneimittel. Für sie darf nicht vollkommen frei und in jeder Form geworben werden. Vor allem das Heilmittelwerbegesetz enthält einige Werbebeschränkungen – auch andere Gesetze müssen beachtet werden. Lesen Sie dazu jetzt mehr im 19. Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei über die rechtlichen Aspekte der Werbung im Internet.
Keine Macht den Drogen
Zugelassene Arzneimittel können starke Wirkungen und Nebenwirkungen haben, die nicht unterschätzt werden sollten. Häufig hängt es von der richtigen Dosierung eines Medikaments ab, ob es hilft oder gar tötet. Insoweit sei an die Tode von Michael Jackson oder dem Schauspieler Heath Ledger erinnert. Daher ist eine fachkundige Beratung und Begleitung von Arzneimittel-Anwendungen unbedingt geboten.
Je nach Risiko und Gefährlichkeit eines Arzneimittels ist der Zugang hierzu mehr oder weniger eingeschränkt: manche sind frei verkäuflich, manche apothekenpflichtig und viele sogar verschreibungspflichtig. Auf diese Weise ist gesichert, dass vor dem Kauf eines Medikaments eine fachkundige Beratung erfolgen kann.
Der Gesetzgeber hat jedoch nicht erst den Kauf von Medikamenten reguliert, sondern bereits eine Stufe zuvor eingegriffen. So ist bereits die Werbung, insbesondere wenn sie sich explizit an Verbraucher, d.h. nicht an Fachleute, wendet, nur eingeschränkt möglich und mit einer Reihe von Informationspflichten verbunden.
Welche Gesetze sind bei der Arzneimittelwerbung zu beachten?
Im Mittelpunkt steht das Heilmittelwerbegesetz (kurz: HWG), das vor allem, aber nicht nur auf Arzneimittel Anwendung findet. Es regelt, welchen Inhalt Werbung für Arzneimittel haben darf bzw. haben muss, an wen sie sich im Einzelfall richten darf, etwa ob die Werbung nur für Fachleute wie Ärzte bestimmt sein darf oder auch Patienten Werbeadressaten sein können. Verstöße gegen die Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes können zweierlei Folgen haben. Zum einen kann ein Verstoß eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit darstellen, zum anderen sind – wie so oft – wettbewerbsrechtliche Konsequenzen denkbar.
Dies sind jedoch nicht die einzigen gesetzlichen Regelungen, die bei der Werbung für Medikamente beachtet werden müssen. So können sich markenrechtliche Probleme ergeben, etwa im Zusammenhang mit Generika oder Parallelimporten. Zudem ergeben sich bereits unmittelbar aus dem Wettbewerbsrecht Einschränkungen für die Werbung für Arzneimittel.
Das Heilmittelwerbegesetz
Der Anwendungsbereich des Gesetzes
Zunächst muss bestimmt werden, auf welche Arten von Arzneimitteln das Heilmittelwerbegesetz überhaupt Anwendung findet. Nach § 1 HWG finden das HWG Anwendung auf Arzneimittel im Sinne des § 2 des Arzneimittelgesetzes, auf Medizinprodukte im Sinne des § 3 des Medizinproduktegesetzes sowie andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht, sowie operative plastisch-chirurgische Eingriffe, soweit sich die Werbeaussage auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit bezieht.
Nach § 1 Absatz 2 HWG können auch kosmetische Mittel sowie Gegenstände zur Körperpflege nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz vom Anwendungsbereich des HWG umfasst sein.
1. Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes
Insbesondere fallen somit Arzneimittel im Sinne des § 2 des Arzneimittelgesetzes in den Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes. Was genau ein Arzneimittel dieser Art sind, wird dort recht kompliziert umschrieben. Vereinfacht dargestellt sind Arzneimittel:
„…Stoffe, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind.“
Auch Diagnosemittel wie etwa Kontrastmittel im Zusammenhang mit MRT-Untersuchungen werden von dem Begriff des Arzneimittels erfasst. Nicht darunter fallen jedoch u.a. Lebensmittel und Futtermittel.
2. Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes
Die Grunddefinition dessen, was unter dem Begriff der Medizinprodukte zu verstehen ist, findet sich in § 3 des Medizinproduktegesetzes. Dort heißt es in Nr. 1:
„Medizinprodukte sind alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke
a) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,
b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,
c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder
d) der Empfängnisregelungzu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann.“
Diese reichlich komplizierte, nicht nur für Laien nur schwer verständliche Definition ist nicht abschließend, denn in § 3 des Medizinproduktegesetzes sind weitere Definitionen enthalten, die den Anwendungsbereich noch genauer bestimmen. Plastische Beispiele für Medizinprodukte dieser Art sind der Rollstuhl, Kondome sowie Brustimplantate
3. Eingeschränkter Anwendungsbereich des HWG im Internet
Eine Besonderheit für den elektronischen Handel von Arzneimitteln enthält § 1 Absatz 6 HWG. Demnach findet das HWG beim elektronischen Handel (E-Commerce) mit all seinen Pflichten und (Werbe-)Beschränkungen keine Anwendung auf das Bestellformular und die dort aufgeführten Angaben, soweit diese für eine ordnungsgemäße Bestellung notwendig sind. Diese Lockerung der Regelung bezieht sich nicht generell auf Werbung für Arzneimittel im Internet, sondern nur auf den entsprechenden Bestellvorgang.
Pflichtangaben in der Werbung mit Arzneimitteln
Speziell für Arzneimittel sind im Heilmittelwerbegesetz einige Informationspflichten geregelt, denen der Werbende bzw. das werbende Unternehmen nachkommen muss. Eine entsprechende Liste, welche Angaben die Werbung hierfür enthalten muss, ist in § 4 HWG aufgeführt. Daraus ergeben sich folgende Pflichtangaben, die von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt, abgegrenzt und gut lesbar sein müssen:
1. den Namen oder die Firma und den Sitz des pharmazeutischen Unternehmers,
2. die Bezeichnung des Arzneimittels (und des Wirkstoffes in der Form „Wirkstoff: xyz“, falls das Medikament einen einzigen wirksamen Bestandteil hat),
3. die Zusammensetzung des Arzneimittels
4. die Anwendungsgebiete,
5. die Gegenanzeigen,
6. die Nebenwirkungen,
7. Warnhinweise, soweit sie für die Kennzeichnung der Behältnisse und äußeren Umhüllungen vorgeschrieben sind,
8. bei Arzneimitteln, die nur auf ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen, der Hinweis "Verschreibungspflichtig",
9. die Wartezeit bei Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen.
10. bei einer Werbung außerhalb der Fachkreise ist der Text "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt anzugeben (bei Arzneimitteln für Tiere muss statt vom „Arzt“ vom „Tierarzt“ die Rede sein). Dieser berühmte Satz muss nicht angegeben werden, wenn das entsprechende Medikament nicht apothekenpflichtig ist und keine Nebenwirkungen hat. Nach einer Werbung/einem Werbespot in audiovisuellen Medien (insbesondere TV und Kino, teilweise auch Internet) ist der Hinweistext einzublenden, der im Fernsehen vor neutralem Hintergrund gut lesbar wiederzugeben und gleichzeitig zu sprechen ist.
Eine Werbung für traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz registriert sind, muss zudem folgenden Hinweis enthalten:
"Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Anwendung bei... (dann muss das spezifiziertes Anwendungsgebiet(e) folgen) ausschließlich auf Grund langjähriger Anwendung".
Diese umfangreichen Informationspflichten gelten jedoch nicht in jedem Fall der Webung für Arzneimittel. Bei der sog. Erinnerungswerbung muss ein Großteil der Angaben nicht gemacht werden.
Fazit
Rechtssichere Werbung für Medikamente ist kein Selbstläufer. Werbende müssen eine Vielzahl von rechtlichen Vorschriften beachten, wenn sie insbesondere keine Bekanntschaft mit dem Straf-, dem Ordnungswidrigkeiten- oder dem Wettbewerbsrecht machen wollen.
Das Heilmittelwerbegesetz findet auf alle üblichen und als solche von der Bevölkerung angesehenen Arzneimittel Anwendung. Wer für sie wirbt, muss dabei grundsätzlich eine Reihe von Informationspflichten nach § 4 HWG erfüllen. Davon können bei der sog. Erinnerungswerbung Ausnahmen gemacht werden.
Was es mit der Erinnerungswerbung auf sich hat und welche weiteren Vorschriften nach dem HWG und anderen Gesetzen bei der Werbung für Arzneimittel beachtet werden müssen und welche Werbung daher unzulässig ist, können Sie demnächst im zweiten Teil dieses Beitrags lesen.
Den zweiten Teil des Beitrags – zugleich 20. Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei zu den rechtlichen Aspekten der Werbung im Internet – können Sie an dieser Stelle am 9.7.2010 lesen!
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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