Werbung mittels E-Mail, Social-Media, Telefon, Brief etc. – was ist erlaubt?
Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten ist Werbung für Unternehmen ein besonders wichtiges Instrument der Absatzförderung. Allerdings hat der Gesetzgeber einige Formen der Werbung, die sich bei den Unternehmen nicht zuletzt wegen ihrer einfachen und kostengünstigen Umsetzbarkeit besonderer Beliebtheit erfreuen, stark reglementiert, so dass diese nur noch unter engen Voraussetzungen zulässig sind. Im nachfolgenden Beitrag befassen wir uns mit den gängigsten Formen der Werbung und deren Zulässigkeitsvoraussetzungen.
Inhaltsverzeichnis
- I. UWG vs. Datenschutz
- 1) Wettbewerbsrecht
- 2) Datenschutz
- II. E-Mail-Werbung
- 1) Grundsatz: Einwilligung erforderlich
- 2) Ausnahme: Entbehrlichkeit der Einwilligung nach § 7 Abs. 3 UWG
- III. Werbung via Social-Media
- IV. Sonderfall: Inbox-Werbung
- V. Werbung per Fax
- VI. Telefonwerbung
- 1) Werbung gegenüber Verbrauchern
- 2) Werbung gegenüber Unternehmern
- VII. Briefwerbung
- VIII. Folgen bei Verstößen
I. UWG vs. Datenschutz
Wenn es um die Frage der Zulässigkeit bestimmter Werbeformen geht, muss aus rechtlicher Sicht zwischen den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen einerseits und den datenschutzrechtlichen Anforderungen andererseits differenziert werden.
1) Wettbewerbsrecht
Das UWG regelt insbesondere in § 7 die Zulässigkeitsvoraussetzungen verschiedener Werbeformen.
Danach ist grundsätzlich jede Werbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers als belästigende Werbung anzusehen und deshalb unzulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob damit Verbraucher (B2C) oder Unternehmer (B2B) angesprochen werden. Irrelevant ist in der Regel auch, ob es sich bei den Werbeempfängern um Neu- oder Bestandskunden handelt.
Allerdings sieht das Gesetz für einige Werbeformen und für einige Situationen Ausnahmen vor. Diese können so weit reichen, dass auf eine vorherige ausdrückliche Einwilligung gänzlich verzichtet werden kann.
2) Datenschutz
Da im Zusammenhang mit Werbung häufig auch personenbezogene Daten (insbesondere die der Empfänger) verarbeitet werden, sind neben wettbewerbsrechtlichen Vorgaben immer auch die Vorgaben der DSGVO zu beachten.
a) Personenbezogene Daten
Personenbezogene Daten sind nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Entscheidend ist also, ob durch die erhobenen Daten ein Personenbezug hergestellt werden kann.
Bei Daten, die typischerweise im Zusammenhang mit Werbung verarbeitet werden (wie etwa Name, E-Mail-Adresse, Postadresse), liegt ein Personenbezug eindeutig vor.
b) Rechtfertigungsgrund
Damit die Verarbeitung von personenbezogenen Daten rechtmäßig ist, muss mindestens ein Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO vorliegen. Die Einwilligung stellt im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 S.1 DSGVO nur eine von mehreren möglichen Rechtfertigungsgrundlagen dar.
Art. 6 Abs. 1 S.1 lit. f DSGVO ermöglicht die Datenverarbeitung ohne Einwilligung der Empfänger, wenn eine ausführliche Interessenabwägung zugunsten des Werbenden ausfällt. Konkret erlaubt diese Vorschrift die Verarbeitung personenbezogener Daten, wenn sie „zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich“ ist, „sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen“.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden (hierzu ausdrücklich Erwägungsgrund 47, Satz 7 DSGVO). Aus Sicht der DSGVO ist damit eine Einwilligung von vornherein nicht zwingend notwendig, wenn es um „übliches” Direktmarketing geht.
c) Betroffenenrechte
Auch im Falle einer gerechtfertigten Datenverarbeitung stehen dem Betroffenen nach der DSGVO besondere Rechte zu. Dies beinhaltet insbesondere auch den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO. Danach hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:
- die Verarbeitungszwecke;
- die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;
- die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;
- falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;
- das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung;
- das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;
- wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten;
- das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 und – zumindest in diesen Fällen – aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.
Wer personenbezogene Daten für eigene Werbezwecke verarbeitet, muss daher auch dann mit entsprechenden Auskunftsverlangen von Betroffenen rechnen, wenn die Datenverarbeitung datenschutzrechtlich gerechtfertigt ist. Ein entsprechender Arbeits- und Zeitaufwand sollte unbedingt einkalkuliert werden.
II. E-Mail-Werbung
1) Grundsatz: Einwilligung erforderlich
E-Mail-Werbung (z.B. per Newsletter) ohne vorherige ausdrückliche und nachweisbare Einwilligung des Empfängers wird nach § 7 UWG als belästigende Werbung angesehen und ist deshalb grundsätzlich unzulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob mit der E-Mail Verbraucher (B2C) oder Unternehmer (B2B) angesprochen werden.
Eine Einwilligung erfordert eine informierte Entscheidung des Empfängers, die freiwillig erfolgen muss. Ferner muss der Werbende das Vorliegen einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung im Streitfall nachweisen können, was in der Praxis besondere Maßnahmen der Beweissicherung erfordert.
Welche Voraussetzungen eine wirksame Einwilligungserklärung nach § 7 UWG erfüllen muss, erläutern wir eingehend in diesem Beitrag.
Eine wirksame Einwilligungserklärung für E-Mail-Werbung sollte zusammenfassend folgenden Inhalt haben:
- Identität des werbenden Unternehmens,
- Art der beabsichtigten Werbung (Brief, E-Mail/SMS, Telefon, Fax),
- Produkte oder Dienstleistungen, für die geworben werden soll,
- zeitliche Frequenz der Werbenachrichten (streitig),
- Hinweis auf Widerrufsmöglichkeit.
2) Ausnahme: Entbehrlichkeit der Einwilligung nach § 7 Abs. 3 UWG
Nach § 7 Abs. 3 UWG ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn
1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Nach Art. 95 DSGVO gilt die Vorschrift des § 7 Abs. 3 UWG als „besondere Regelung“ aus der ePrivacy-Richtlinie (Art. 13 2002/58/EG) auch unter der DSGVO fort. Das bedeutet: § 7 Abs. 3 UWG bleibt auch unter der DSGVO erhalten, mit der Folge, dass E-Mail-Werbung im Rahmen bestehender Kundenverhältnisse weiterhin ohne Einwilligung möglich ist. Liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG kumulativ vor, benötigen Unternehmer keine Einwilligung ihrer Kunden für den E-Mail-Newsletter-Versand.
Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG beleuchten wir eingehend in diesem Beitrag.
Wichtig ist insoweit insbesondere, dass der Kunde schon bei der Erhebung der E-Mail-Adresse (und danach bei jeder weiteren Verwendung der E-Mail-Adresse) deutlich darauf hingewiesen wird, dass er dieser Nutzung jederzeit widersprechen kann. Wird die E-Mail-Adresse etwa in einem Online-Shop erhoben, üblicherweise im elektronischen Bestellformular, so muss bereits an dieser Stelle ein entsprechender Hinweis erfolgen. Nicht ausreichend wäre es etwa, den Hinweis lediglich in der Datenschutzerklärung des Shops zu platzieren, da er dort leicht übersehen werden könnte.
III. Werbung via Social-Media
Abseits der klassischen E-Mail-Werbung nutzen Unternehmen immer häufiger Social-Media-Kanäle wie etwa Facebook, XING oder LinkedIn für Werbezwecke. Dabei werden über interne Messenger-Dienste Werbenachrichten an andere Nutzer dieser Kanäle gesendet. Häufig gehen die Versender dabei davon aus, dass es sich um erlaubte Werbung handle, da die Nutzer ihre geschäftlichen Profile ja gerade auch deshalb eingerichtet hätten, um von anderen Nutzern zu geschäftlichen Zwecken kontaktiert zu werden. Diese Rechtsauffassung ist jedoch nicht zutreffend.
Werbenachrichten via Social-Media sind als elektronische Post im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG zu qualifizieren (vgl. BGH, Beschluss vom 30.01.2020, Az. I ZR 25/19) und unterliegen daher denselben Zulässigkeitsvoraussetzungen, wie klassische E-Mail-Werbung (siehe oben). In einem sozialen Netzwerk darf daher nur dann Werbung an Dritte verschickt werden, wenn der Empfänger vor Erhalt der Nachricht ausdrücklich in deren Empfang eingewilligt hat. Die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG greift in solchen Fällen in der Regel nicht, da der Unternehmer die E-Mail-Adresse in der Regel nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Empfänger erhalten hat.
Update vom 13.09.2023:
Mit Beschluss vom 03.05.2023 – 18 U 154/22 - hat das OLG Hamm klargestellt, dass unter den Begriff der elektronischen Post auch Nachrichten über Social-Media-Dienste fallen und diese grundsätzlich nur nach vorheriger Einwilligung zulässig seien.
Auszugsweise führte das Gericht hierzu wie folgt aus:
Der Europäische Gerichtshof hat anlässlich der Vorlagefragen durch Urteil vom 25.11.2021 diese Auffassung bestätigt und klargestellt, dass der Begriff der elektronischen Kommunikationsmittel aus technologischer Sicht entwicklungsfähig und mit Blick auf das Regelungsziel, dass den Nutzern der öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste der gleiche Grad des Schutzes personenbezogener Daten und der Privatsphäre geboten werden soll, weit auszulegen sei (vgl. EuGH, Urteil vom 25.11.2021 - C-102/20, GRUR 2022, 87 Rn. 38, 39, beckonline).
Daher fallen unter den Begriff der elektronische Post im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. neben E-Mails, SMS und MMS auch sämtliche Nachrichten über Social Media-Dienste wie Xing, Facebook, LinkedIn oder WhatsApp (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 15.01.2019 - 3 U 724/18, GRUR-RR 2019, 170 Rn. 59, beckonline; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 41. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 264; Ohly/Sosnitza/Ohly, 8. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 86).
IV. Sonderfall: Inbox-Werbung
Bei der so genannten Inbox-Werbung schaltet der Werbende Werbeanzeigen, die als Banner in E‐Mail-Postfächern von Nutzern eines kostenfreien E‐Mail-Dienstes angezeigt werden. Diese Nachrichten werden eingeblendet, sobald die Nutzer des E-Mail-Dienstes ihre Inbox öffnen, wobei sowohl die betroffenen Nutzer als auch die eingeblendeten Nachrichten zufällig ausgewählt werden. Sie unterschieden sich dadurch optisch von der Liste der anderen E-Mails des Kontonutzers, dass das Datum durch die Angabe „Anzeige“ ersetzt ist, dass kein Absender angegeben ist und dass der Text grau unterlegt ist.
Mit Urteil vom 25.11.2021, Az. C-102/20, entschied der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens, dass die Einblendung von Werbenachrichten in der E-Mail-Inbox in einer Form, die der einer tatsächlichen E‐Mail ähnlich ist, eine Verwendung elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung im Sinne der Richtlinie 2002/58 darstellt. Diese Nachrichten begründen nach Auffassung des EuGH eine Verwechslungsgefahr, die dazu führen kann, dass ein Nutzer, der auf die der Werbenachricht entsprechende Zeile klickt, gegen seinen Willen auf eine die betreffende Werbung enthaltende Internetseite weitergeleitet wird.
Auf Grundlage dieser EuGH-Entscheidung entschied der BGH mit Urteil vom 13.01.2022, Az. I ZR 25/19 – Inbox-Werbung II, dass eine wirksame Einwilligung in Inbox-Werbung, die eine Werbung unter Verwendung elektronischer Post im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG darstelle, nicht vorläge, wenn der Nutzer, der eine unentgeltliche, durch Werbung finanzierte Variante eines E-Mail-Dienstes gewählt hat, sich allgemein damit einverstanden erklärt, Werbeeinblendungen zu erhalten, um kein Entgelt für die Nutzung des E-Mail-Dienstes zahlen zu müssen. Erforderlich sei vielmehr, dass der betroffene Nutzer vor einer Einwilligungserklärung klar und präzise über die genauen Modalitäten der Verbreitung einer solchen Werbung und insbesondere darüber informiert wird, dass Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden.
V. Werbung per Fax
Zwar dürfte es sich beim Telefax aufgrund modernerer Alternativen um ein aussterbendes Werbemittel handeln. Gleichwohl wird es immer noch von zahlreichen Unternehmen für Werbezwecke genutzt.
Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.
Anders als für die Werbung unter Verwendung elektronischer Post sieht das Gesetz für die Faxwerbung keine Ausnahme vom Einwilligungserfordernis vor, so dass diese nur dann erlaubt ist, wenn der Empfänger zuvor ausdrücklich in den Empfang von Werbefaxen eingewilligt hat. Insoweit gelten für die Einwilligungserklärung dieselben Voraussetzungen wie für die Werbung per E-Mail (siehe oben).
VI. Telefonwerbung
Telefonanrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung der angerufenen Person sind nach § 7 UWG als belästigende Werbung anzusehen und deshalb grundsätzlich unzulässig. Dies gilt sowohl bei Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern (B2C) als auch gegenüber Unternehmern (B2B).
1) Werbung gegenüber Verbrauchern
Wer mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher wirbt, hat gemäß § 7a UWG dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form zu dokumentieren und ordnungsgemäß aufzubewahren. Die werbenden Unternehmen müssen den Nachweis ab Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung fünf Jahre aufbewahren.
Zur Dokumentation der Einwilligung gibt es Auslegungshinweise der Bundesnetzagentur als zuständige Aufsichtsbehörde. Verstöße gegen die Dokumentationspflicht kann die Bundesnetzagentur mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro ahnden.
2) Werbung gegenüber Unternehmern
Für Werbeanrufe gegenüber Unternehmern (B2B) genügt nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG eine mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen.
Insoweit hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 05.02.2001, Az. I ZR 87/02) entschieden, dass ein Gewerbetreibender Telefonwerbung akzeptieren muss, wenn sie „seinen Interessen noch in einem solchen Maße entspricht, das die damit verbundenen Belästigungen als hinnehmbar erscheinen“. Im Urteil wurde dies für den Fall bejaht, dass ein Telefonbuchverlag im Rahmen eines Datenabgleichs für den kostenlosen Basiseintrag auf kostenpflichtige Erweiterungsoptionen hinweist. Das LG Hannover (Urt. v. 03.11.2009 - Az.: 18 O 113/09) hielt es für notwendig, dass für den Anruf ein konkreter und aus dem Interessensbereich des Anzurufenden herzuleitender Grund vorliegt. Der werbende Anrufer müsse daher von einem konkreten Bedarf der beworbenen Mittel ausgehen können.
Eine mutmaßliche Einwilligung kann beispielsweise vorliegen, wenn der Anrufer zu dem Angerufenen in einer spezifischen Geschäftsbeziehung steht. Im Übrigen wird man von einer mutmaßlichen Einwilligung nur ausgehen können, wenn der Anruf einen hinreichend spezifischen Sachbezug zum Unternehmen des Angerufenen aufweist. Ein lediglich theoretisches allgemeines Interesse des Angerufenen genügt nicht für die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung. Auch die bloße Angabe einer Telefonnummer auf einer Webseite oder in einem Telefonverzeichnis lassen ohne weitere Umstände noch nicht auf eine mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen schließen. Der Anrufer trägt insoweit das Risiko der Fehleinschätzung.
VII. Briefwerbung
§ 7 Abs. 1 UWG erklärt die unzumutbare Belästigung von Marktteilnehmern durch Werbung für unzulässig und stellt die Wettbewerbswidrigkeit insbesondere in Fällen fest, in denen der Marktteilnehmer die werbliche Ansprache erkennbar nicht wünscht.
Weil die Briefwerbung in § 7 UWG in keinem der in den einzelnen Nummern geregelten Spezialtatbestände erwähnt wird, ist sie grundsätzlich zulässig und bedarf insbesondere nicht einer zuvor geäußerten ausdrücklichen Einwilligung des Adressaten. Wettbewerbswidrig kann die Briefwerbung allerdings werden, wenn sich der Unternehmer über einen erkennbaren entgegenstehenden Willen des Empfängers hinwegsetzt.
Ein entsprechender entgegenstehender Wille kann vom Empfänger etwa wie folgt geäußert werden:
- Sperrvermerk an Briefkasten
- direkte Erklärung gegenüber Werbendem
- Eintragung in sog. „Robinson-Liste“
Als weitere wettbewerbsrechtliche Anforderung für die Briefwerbung regelt § 5a Abs. 4 UWG das Verbot, den kommerziellen Charakter der Postsendung zu verschleiern. Dabei greift der Tatbestand erst nach Öffnen des Versandumschlags bzw. Kuverts ein. Nach Öffnen der Sendung muss für den Empfänger der Werbecharakter allerdings eindeutig erkennbar werden. Stets unzulässig sind daher postalische Werbemaßnahmen, die suggerieren, es handle sich nicht um eine werbliche Maßnahme, sondern um einen redaktionellen Inhalt oder gar die persönliche Empfehlung einer Privatperson.
Nähere Informationen zu den wettbewerbsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Anforderungen an Briefwerbung enthält dieser Beitrag.
VIII. Folgen bei Verstößen
Unlautere Werbemethoden können als Ordnungswidrigkeiten bußgeldbewehrt sein. Zudem können sie wettbewerbsrechtliche Ansprüche von Mitbewerbern oder aktivlegitimierten Verbänden auslösen. Sofern die unlautere Werbung gegenüber anderen Personen als Mitbewerbern erfolgt, kommen bei geschäftlichen Adressaten auch Ansprüche nach den Grundsätzen des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie bei privaten Adressaten nach den Grundsätzen des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Betracht. Unlautere Werbemaßnahmen können somit schnell zu erheblichen Kosten führen, die den mutmaßlichen wirtschaftlichen Vorteil (etwa durch einen kurzfristig erhöhten Umsatz) überwiegen können.
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