OLG Köln: Werbung mit Einführungsrabatt unter der Angabe „bis zu …” nicht irreführend

OLG Köln: Werbung mit Einführungsrabatt unter der Angabe „bis zu …” nicht irreführend
08.11.2007 | Lesezeit: 4 min

Mit Urteil vom 12.10.2007 - 6 U 80/07 – entschied das OLG Köln, dass Werbung für Nutzfahrzeuge unter Angabe eines Einführungsrabatts mit dem Zusatz „bis zu …“ weder irreführend noch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebotes unlauter ist.

In dem dem Urteil zugrunde liegenden Fall wurde ein Anbieter von Nutzfahrzeugen von einem Wettbewerbsverein auf Unterlassung von Werbeaussagen in Anspruch genommen, die er in einem Prospekt über Nutzfahrzeuge seiner Modellreihe D.K. tätigte. Der Prospekt zeigte auf grauem Untergrund über vier abgebildeten Fahrzeugen einen roten Kreis mit dem rot gedruckten Text “bis zu € 8 000,– einführungsrabatt…*” und dem weiß gedruckten Zusatztext “ab € 15 800,– zzgl. MwSt.**…”; die Sternchenhinweise wurden wie folgt aufgelöst:

“*Gegenüber der unverbindlichen Preisempfehlung. Angebot für Gewerbetreibende bei allen teilnehmenden Händlern gültig bis zum …” und “**Um die Ersparnis reduzierte unverbindl. Preisempfehlung.”

Der klagende Wettbewerbsverein hielt die Werbung für wettbewerbsrechtlich unlauter, weil sie die Bedingungen der Verkaufsförderungsmaßnahme nicht klar und eindeutig bezeichne und außerdem irreführend sei.

Dem schloss sich das Gericht – anders als noch die Vorinstanz – jedoch nicht an. Es hielt den vom Kläger geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch (§§ 3, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG) unter keinem der von ihm – wahlweise – angeführten Unlauterkeitsaspekte für begründet. Weder stelle sich die Werbung der Beklagten als irreführend dar (§ 5 UWG) noch verstoße sie gegen das Gebot, bei Preisnachlässen die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme klar und eindeutig anzugeben (§ 4 Nr. 4 UWG) .

Ob eine Werbung irreführend ist, bestimme sich nach der Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet. Maßgeblich sei, ob der angesprochene Verkehr die Werbung auf Grund ihres Gesamteindrucks in einem von den tatsächlichen Verhältnissen abweichenden Sinn versteht, wobei es von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob mehrere in einer Werbeschrift vorkommende Angaben als zusammengehörig aufgefasst werden oder nicht.

Dieses Verkehrsverständnis spreche hier im Ergebnis gegen eine Irreführung. Die Werbung richte sich nicht an das allgemeine Publikum, sondern ausschließlich an Gewerbetreibende. Ein durchschnittlich informierter, verständiger und situationsadäquat aufmerksamer Marktteilnehmer aus diesem Kreis – auf den abzustellen sei (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 5 UWG, BT-Drucks. 15/1487, S. 12 [19]) – verfüge über ein so geübtes wirtschaftliches Verständnis, dass er den angegebenen höchstmöglichen Preisnachlass nicht demjenigen Fahrzeug mit dem niedrigstmöglichen Preis zuordnen wird. Die Abbildung von vier verschieden großen Fahrzeugen und die jeweils in eine Richtung offenen Betragsangaben “bis zu …” und “ab …”) würden ihn nicht annehmen lassen, dass der höchste Rabatt gegenüber der unverbindlichen Preisempfehlung ausgerechnet bei dem – preiswertesten – Fahrzeugmodell erzielt wird.

Als unlauter würde sich die beanstandete Werbung nach alledem nur darstellen, wenn ihr gerade bei Pflichtangaben nach § 4 Nr. 4 UWG die notwendige Transparenz fehlte. Im Ergebnis sei dies jedoch nicht anzunehmen.

Nach Auffassung des Gerichts sei – was die genaue Angabe der Rabatthöhe betrifft – eine differenzierte Betrachtung der Transparenzanforderungen je nach der konkreten Art der Werbung geboten. So hänge der Umfang bestimmter Pflichtangaben unter anderem von der Art des Werbemediums ab, so dass etwa für die Fernsehwerbung andere Kriterien gelten als für die Printwerbung. Aber auch im Bereich der gedruckten Werbemittel sei es der Verkehr gewohnt, in Bezug auf die Genauigkeit der erwarteten Angaben zwischen der Werbung für einzelne Waren und der Werbung für ganze Warengruppen zu unterscheiden. Die Angabe der genauen Rabatthöhe mag deshalb zwar bei einer auf einzelne Artikel bezogenen Rabattankündigung zu verlangen sein, ist nach der Auffassung des Gerichts aber noch nicht bei allgemeineren Formen der Werbung mit Preisnachlässen erforderlich. § 4 Nr. 4 UWG verbiete es insbesondere nicht, ganze Warengruppen in der Form zu bewerben, dass einzelne Waren im Preis mit “ bis zuX” reduziert seien.

Im Einzelnen führte das Gericht hierzu folgendes aus:

"§ 4 Nr. 4 UWG verbietet es insbesondere nicht, ganze Warengruppen in der Form zu bewerben, dass einzelne Waren im Preis mit “ bis zuX” reduziert seien (Senat, GRUR-RR 2006, 196 [197] – Urlaubsgewinnspiel). Beschränkt sich eine Werbung auf die Ankündigung, der Kunde finde an den betreffenden Verkaufsstellen innerhalb eines bestimmten Warenbereichs eine Anzahl von im Preis bis zuX % oder X € reduzierten Artikeln, ist dies für sich genommen klar und eindeutig genug. Eine Verletzung des Transparenzgebots ist in derartigen Fällen erst dann gegeben, wenn besondere Umstände hinzutreten, die zu einer Verunsicherung der angesprochenen Kaufinteressenten über die Voraussetzungen der ausgelobten Preisreduzierung – insbesondere über die Abgrenzung der von der Rabattaktion erfassten Warengruppe gegenüber anderen Teilen des Sortiments – führen können.“

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Fazit

Die Rechtsauffassung des OLG Köln ist keineswegs unumstritten. So führt das Gericht in seiner Entscheidung selbst aus, dass nach einer im wettbewerbsrechtlichen Schrifttum vordringenden Ansicht, die sich auf die Anlage zum geänderten Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Verkaufsförderung im Binnenmarkt berufen kann, zu den Bedingungen der Inanspruchnahme eines Preisnachlasses, die der Werbende gemäß § 4 Nr. 4 UWG klar und eindeutig anzugeben hat, die genaue Höhe des Rabatts – entweder als Prozentangabe vom Normalpreis oder in absoluten Zahlen gehört. Es bleibt also abzuwarten, ob sich die Rechtsprechung des OLG Köln langfristig durchsetzen wird.

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Bildquelle:
Claudia Hautumm / PIXELIO

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